Unbekannte Spitzen aus Spanien: Vinos de Pago und Vinos de Finca zusammengestellt von Wolfgang Schön



Protokoll: Dominik Ziller



Probiert wurde:

Martue Especial 2007 Campo de la Guardia von den Bodegas Martue in La Mancha
Pago de los Balagueses 2008 von den Bodegas Vegalfaro in Utiel-Requena
Tres de 3.000 Crianza 2006 aus dem Hause Pago de Ayles in Carinena
Quincha Corral 2004 Finca El Terrerazo von den Bodegas Mustiguillo in Utiel-Requena
Petit Verdot 2005 von Dominio de Valdepusa, Marques de Grinon aus La Mancha
Pago Florentino 2008 von den Bodegas Y Vinedos La Solana aus der Mancha
Escena 2004 Finca Elez aus den Bodegas Manuel Manzaneque in La Mancha
Prado Irache 2006 der Bodegas Irache
Senorio de Arinzanon 2001 von Julian Chivite
Pulchrum 2006
Lajas 2007 Pagos Altos de Acered in der Carinena
Fin del Mundo Daniel Jiminez-Landi in Mentrida
Escolma 2008 von Luis Anxo Rodriguez Vazquez aus der DO Ribeiro
Finca Cascorrales 2006 von der Hacienda Solano aus der D.O. Ribera del Duero
Mathis 2006 von De Blas Serrano
Finca San Miguel 2008 von Bodegas y Vinedos Gallego Zapatero
Clos Mogador 2002 von den Bodegas Clos Mogador
Clos Erasmus 1997 von den Bodegas Clos I Terrasses


Häufig ist die Kölner Weinrunde mit der Runde des sagenhaften König Artus verglichen worden. Häufig? Na ja, wenn wir ehrlich sind, trifft das nicht ganz zu. Eigentlich ist es heute das erste Mal.
Zudem hinkt der Vergleich nicht, er fährt Rollstuhl. Denn es ist ja nicht so, dass die Kölner wie die edlen Ritter persönlich andauernd loszögen, um Drachen zu töten, Heldentaten zu vollbringen oder wenigstens Minnelieder halbwegs fehlerfrei über die gespitzten Lippen zu bringen.
Nee, der Kölner lässt arbeiten. Für zum Singen hat er die Höhner – auf Hochdeutsch Hühner – was wiederum selten gut zur Zielgruppe der Minneliedadressatinnen passt. Drachen sind eher selten geworden im Rheinland des einundzwanzigsten Jahrhunderts. Da kann man höchstens noch mittelrheinische Drachenfelsweine der Weingüter Blöser und Co. durch todesverachtendes Austrinken vernichten, was dann zugleich doch irgendwie noch den Tatbestand der Heldentat erfüllte, denn vom Essig sind diese Tropfen mit bloßer Leber manchmal kaum zu unterscheiden.

Damit nicht genug. Dem längst abgesetzten aber dennoch unverdrossen weiter amtierenden Vorsitzenden der Kölner Runde wächst der Rauschebart schon fast durch die Tischplatte, was wiederum wenig von Artus hat, sondern eher etwas von Barbarossa, doch demm singe Platz ist nicht in unserer Tafelrunde sondern am Kölner Ring.
Wobei so ein Ring am Rhing wiederum eher eine Sache für Nibelungen und nicht für Ritter aus dem perfiden Albion wäre.
Aber die Niebel-Jungen stehen laut Forsa eher hellgelb bei nur noch zwei bis drei Prozent – das ist kein Wert für Wein, das ist ja kaum noch einer für Bier – und an der Börse der Liberalen wird weiter auf Baisse spekuliert, das kann es also auch nicht sein.

So ists am Ende keine ritterliche Tafelrunde, die da in Köln alle Pappnas lang tagt, gerne auch in der Fastenzeit, sondern eine Schwafelrunde.
Ehe man sich zu sehr auf die Weine konzentriert wird zwischendrin noch schnell mit letzter Gültigkeit geklärt, ob der pastorale Gauck der richtige Präsident ist („aus Freude am Pfarrern“, den Slogan hat er von BMW geguttenbergt) oder ob man nicht Herrn Scheel noch einmal vom hohen gelben Leichenwagen holen sollte. Zumal der ja seit 33 Jahren mit Freude seinen Ehrensold auf den kahlen Kopf haut und dennoch meint, dem Wulff und den sieben Geisslern stehe nix zu.

Auch der FC steht regelmäßig zur Debatte, als spielte es eine Prinzen-Rolle, ob der – mit Poldi oder ohne – hoch in der zweiten oder niedrig in der ersten Liga schlechten Fußball spielt. Insgesamt wird der FC in Köln zu wichtig genommen, unter polnischen Teilungen versteht man hier selbst am 300. Geburtstag von Friedrich dem Großen nur den Umstand, dass Klose in Italien und Prinz Poldi noch immer am Rhein spielt.

Aber, ich gebe es ja zu, zwischendrin wird immer wieder auch mal ein Tröpfchen Wein gepichelt. Heute zum Beispiel gab es Spanier. Und zwar die Vinos de Pago und die Vinos de Finca.
Pagos, das kennt man aus dem Englischen „pagan“, was so viel wie heidnisch heißt. Also Weine, die mit einem Heidenspaß zu trinken sein sollten. Und damit das gelingt, hat der Spanier festgelegt, dass nur diejenigen Weine sich Vinos de Pagos nennen dürfen, die reine Erzeugerabfüllungen sind.
Es darf also nicht zugekauft werden. Ferner müssen die Weinberge in der Nähe der Kelter sein, also auch kein wochenlanges Herancatern der Weine per Ochsenkarren über alte Römerstraßen. Schließlich sollten Böden und Rebgärten ein klar definierbares Terroir haben, ein günstiges Mikroklima, das auch in mindestens fünf guten Jahrgängen dokumentiert sein muss, bevor das Gütesiegel Vinos de Pago verliehen wird.
Das Ganze steht außerhalb der Crianza, Reserva, GranReserva-Diskussion – was auch richtig ist, da es hier nicht darum geht, teils heftig überlagerten Mist mit pseudorelevanten Etiketten aufzumöbeln, sondern die Qualität im Mittelpunkt stehen soll.

Neun dieser Pago-Weine verkosteten wir, den Anfang machte der
Martue Especial 2007 Campo de la Guardia von den Bodegas Martue in La Mancha.
40 Prozent Cabernet-Sauvignon, 38 Prozent Syrah, 22 Prozent Merlot. 15 Prozent Alkohol, zu haben für 16,90 Euro.
Kräutrig-dunkelfruchtige Nase, geprägt von interessanten Garrigue-Ginster-Noten.
Am Gaumen steht der Alkohol leider zu sehr im Vordergrund, daneben eine recht deutliche, fast schokoladige Süße, würzige Noten, die ein wenig an Bratensaft erinnern, schwarze Johannisbeere.
Viel Druck, durchaus kraftvoll und sehr lang. Wenn er nicht so über den Alkohol holpern würde, könnte das ein ziemlich großer Wein sein.
Kräftige Säure, gelegentlich kommt auch ein ganz leichter Lösungsmittelton an die Oberfläche. Auf jeden Fall ein eigenständiger Tropfen, den wir sehr gerne in ein paar Jahren noch einmal nachverkosten würden. Insbesondere um zu sehen, ob sich das Gesamtbild mit mehr Reife noch etwas rundet.
84 bis 85 Punkte
– und obwohl es ein Wein aus La Mancha war, hatte unser Chronist hier noch nicht das Bedürfnis, die Barbierschale aufzusetzen, gegen den Strom zu schwimmen und als einziger die Riesen in der Ferne zu bekriegen. Wir waren uns in einer für Kölner Verhältnisse schon beängstigenden Weise einig!

Es folgte der
Pago de los Balagueses 2008 von den Bodegas Vegalfaro in Utiel-Requena,
100 Prozent Syrah, 14 Prozent Alkohol, 14,90 Euro.
Brombeerig-johannisbeerige Nase, auch hier wieder von kräutrigen Würznoten durchsetzt, allerdings etwas verhaltener als beim Martue. Dazu eine an feuchten Zement erinnernde Komponente und leider auch hier ein kleiner Lösungsmittelton.
Am Gaumen erstaunlich zugänglich für einen so jungen Wein. Etwas glatt vielleicht und ohne die Würznote, die in der Nase noch vorhanden war.
Dadurch wirkt er etwas mainstreamig, obwohl hinten heraus auch noch ein Eckchen ziemlich kratziges Tannin steht, das diesen Eindruck konterkariert.
83 bis 85 Punkte, im Schnitt kommt er nur knapp schlechter weg als der Vorgänger.

Auf Startplatz drei stand der
Tres de 3.000 Crianza 2006 aus dem Hause Pago de Ayles in Carinena,
eine Cuvee aus Cabernet-Sauvignon, Merlot und Grenache, 14 Porzent Alkohol, für 21,50 Euro im Handel.
Sehr cabernetbetonte Nase, aber auch mit einer Spur Würze und neuem Holz unterwegs.
Am Gaumen recht charmant, fast ein wenig bordelaisig, was ja angesichts der Rebsortenzusammensetzung nicht wirklich verwundern kann. Dürfte wohl nicht allzu viel Grenache enthalten, auch wenn am Gaumen neben der johannisbeerigen Frucht eine ganz dezente schokoladige Note anklingt.
Ansonsten wirkt er im Mund noch immer recht holzbetont, wobei die Tannine nicht durchweg reif erscheinen. Hinten heraus ziert ihn ein kleiner Bitterschwanz.
Insgesamt dürfte er etwas länger sein.
84 bis 86 Punkte, eine Einzelmeinung wertete ihn sogar nur mit 82.

An Position vier der
Quincha Corral 2004 Finca El Terrerazo von den Bodegas Mustiguillo in Utiel-Requena,
zu 100 Prozent aus der Bobal-Rebe gekeltert, aus 65 bi 90 Jahren alten Reben, 14,5 Prozent Alkohol. 4.500 Flaschen wurden gefüllt. Parker vergibt 93 Punkte. Im Handel für 54,90 Euro.
Endlich mal eine mineralische Nase, dazu schwarze Früchte und ein wenig Salbei.
Am Gaumen viel, viel dunkle Frucht, auch hier der Hauch Salbei und eine Spur Menthol, insgesamt wunderbar harmonisch, deutliche Extraktsüße im Antrunk, druckvoll in der Mitte und am Ende, sehr gute Länge, wenn auch hinten heraus etwas eindimensionaler als vorne und in der Mitte.
Schon recht reif, er weist nur noch ein wenig (reifes) Tannin auf. Mit rund 55 Euro schon eher mutig bepreist.
87 bis 90 Punkte, wobei die Mehrheit eher am unteren Ende dieses Spektrums lag.

Startnummer fünf trug der
Petit Verdot 2005 von Dominio de Valdepusa, Marques de Grinon aus La Mancha.
15 Prozent Alkohol, 93 Parkerpunkte, 26,90 Euro
Räucherspeck in der Nase, dazu auch ein Touch Sattelleder aber erfreulicherweise kein Schweiß und kein Brett, einfach nur ein etwas herberer Kandidat.
Am Gaumen erstaunlich feine Pflaumen-Fruchtsüße, die dann doch gewaltig mit der Nase kontrastiert. Der Speck fehlt auch hier nicht, hält sich aber vergleichsweise im Hintergrund.
Dazu auch eine Portion etwas säuerlicherer Noten, vielleicht Schlehen. Relativ kräftig, wenngleich noch eher jung anmutend. Viel Tannin, das aber zum Glück schön mürbe und feinkörnig dasteht.
Leicht metallisch. Gut abgepufferter Alkohol, auch daran merkt man, wie kräftig dieser Wein ist. Tolle Länge, schön dicht.
90 bis 91 Punkte aus der Runde.
Daneben gab es eine Einzelmeinung, die ihm nur 88 zubilligen wollte, und eine weitere, die gar nur bei 86 Punkten lag. Schon klar, beim zweiten Wein aus der Mancha musste unser angestammter Chronist natürlich auf die Windmühlen los. Aber dafür lieben wir ihn ja!

Als Sechster ging der
Pago Florentino 2008 von den Bodegas Y Vinedos La Solana aus der Mancha
an den Start, aus 100 Prozent Tempranillo gefüllt, mit 14,5 Prozent Alkohol, zu haben für 11,60 Euro.
Deutlich „spanischere“ Nase, marmeladig angehauchte Frucht, ein Schuß Kräuter, eine Prise Tresterkuchen und leider auch ein Hauch Lösungsmittel.
Am Gaumen deutlich stechender Alkohol, dazu auch noch heftige Tannine. Kühle dunkle Frucht, auch deutlicher Bitterton im Abgang.
Je wärmer er im Glas wird, desto bitterer wird er leider auch. Der dritte Wein aus der Mancha – und schon dreht die Seilschaft am Rad.
Nicht nur ein Windmühlenkämpfer trat hier in Erscheinung, sondern es waren gleich dreizehn.
Also alle außer mir, der ich als einziger Sancho Pansa die einzig wahren 81 Punkte aufnotierte, während die Quichottes den Tropfen zwischen 84 und 86 einsortierten.
Nicht ein Geisterfahrer, das sind hunderte… Ich bekam schon Angst um die Weinschläuche im Keller dieser Herberge.

Also schnell weiter zum siebten Wein, dem
Escena 2004 Finca Elez aus den Bodegas Manuel Manzaneque in La Mancha,
80 Prozent Tempranillo, der Rest setzt sich aus Syrah und Cabernet-Sauvignon zusammen. 13 Prozent Alkohol, 18 Monate im Barrique ausgebaut und mit einem Preisschild von 43 Euro versehen.
Sehr dunkelfruchtige Nase, opulent, mit einem dezenten Touch Kakao und einem ordentlichen mineralischen Lüftchen unterwegs.
Am Gaumen sehr voll, noch viel relativ frisches Holz aber die Tannine wirken fein, weich und reif. Dadurch wird der Stoff ungemein süffig.
Natürlich auch reichlich gefällig, international gemacht, etwas mainstreamig, wenn man denn meckern will. Das aber perfekt gemacht, mit guter Länge, wunderbar mundfüllend.
90 bis 91 Punkte aus der Runde. Diesmal waren die Quichottes wieder in der Minderzahl, zwei wollten nur mit 87 werten.

Zur Sicherheit verließen wir die Mancha – die ja bekanntlich flach ist wie die Schweiz (Seilschaftschronist bzw. Obelix der Gallier am hier nicht angegebenen Orte), allerdings deutlich heißer – und wandten uns Navarra zu.

Von dort war der
Prado Irache 2006 der Bodegas Irache
eingeflogen worden, 60 Prozent Cabernet-Sauvignon, 20 Prozent Merlot, 20 Prozent Tempranillo. 13 Prozent Alkohol, 12 Monate in der Alliereiche ausgebaut, derzeit für 64,90 Euro zu erstehen.
Hochelegante Nase, Heidelbeere, Holunder, dazu eine prächtige Mineralität und ein Klecks Cabernet-Paprika, ergänzt von einem zarten medizinalkräutrigen Element.
Am Gaumen samtig, Potpourri von dunklen Früchten, sehr elegant, perfekter Holzeinsatz, schöne Fülle, verschlankt sich im Abgang leider ein klein wenig. Etwas zu teuer?
90 bis 93 Punkte aus der Runde.

Der letzte Pago-Wein kam erneut aus Navarra, der
Senorio de Arinzanon 2001 von Julian Chivite,
42 Prozent Tempranillo, 40 Prozent Merlot, 18 Prozent Cabernet-Sauvignon, 14 Prozent Alkohol, 16 Monate im Barrique ausgebaut, 69,90 Euro.
Sehr kräutrig-garrigueige Nase, auch ein Spürchen malzig, reif bis sehr reif.
Am Gaumen ganz interessante Würze, dafür relativ wenig Frucht, wirkt so, als sei er fast schon ein wenig über den Punkt.
Vor allem hinten heraus flacht er etwas ab und er wirkt eher uncharmant.
Bei weitem nicht so elegant wie der Vorgänger.
87 bis 92 Punkte aus der Runde, ein Wein der ein wenig polarisierte, ohne klare Mehrheiten für die eine oder die andere Seite. Ziemlich mutiger Preis!

Nach der üblichen Pause zum Einatmen von Verbrennungsprodukten ging es weiter mit den Vinos de Finca. Einzellagenweine also, die ansonsten ähnlich strengen Anforderungen genügen müssen wie die Vinos de Pago.

Als erstes probierten wir den
Pulchrum 2006,
zu 100 Prozent aus der bei uns eher wenig bekannten Crespiello-Rebe gekeltert, die – nix genaues weiß man nicht – eventuell mit der Nebbiolo-Traube verwandt sein könnte. Aber wer will das mit den Familienverhältnissen heute noch so genau wissen, wenn selbst Bundespräsidenten – Skandal!!! – nicht mehr mit ihren Partnerinnen verheiratet sind. Jedenfalls bringt er 14 Prozent Alkohol mit und kostet etwa 35 Euro.
Röstaromen und Kräutertöne dominieren die Nase, in der auch ein kleines Lösungsmittellüftchen mitschwingt.
Am Gaumen eher karg, erinnert in der Tat ziemlich an Nebbiolo, allerdings einen klebstoffigen Nebbiolo, vielleicht hat man da irgendwo noch eine Tube Pattex mit eingekreuzt.
Auch ziemlich säurelastig, was ebenfalls eine Eigenschaft ist, die dem Nebbiolo nicht fremd wäre. Deutlich zu teuer.
85 bis 87 Punkte aus der Runde. Ich schwimme hier mal ein wenig gegen den Strom und bescheide mich mit 83.

Als Nummer zwei in dieser Abteilung wurde der
Lajas 2007 aufgetischt, aus dem Hause Pagos Altos de Acered in der Carinena.
100 Prozent Grenache aus alten Reben, 15 Monate im Barrique ausgebaut. 15 Prozent Alkohol, 28,90 Euro, auf reinen Schieferböden gewachsen.
Kräutrige Nase, Majoran, leicht mineralischer Einschlag, wahrscheinlich vom Schieferboden herrührend.
Am Gaumen noch recht verschlossen, lakritzig-mineralisch, deutlich zu jung. Schwer zu beurteilen.
Der Alkohol ist zwar recht gut eingebunden, was dafür spricht, dass er genügend Substanz mitbringt und auch eine ordentliche Haltbarkeit. Andererseits wirkt er im Abgang auch ein wenig bitter, das gibt sich in den seltensten Fällen.
88 bis 90 Punkte, zwei vereinzelte 87er waren auch zu verzeichnen.

Startnummer drei bei den Finca-Weinen war dem
Fin del Mundo auf die Brust geschnallt, aus dem Haus Daniel Jiminez-Landi in Mentrida.
Passender Name, vielleicht dem Maya-Kalender geschuldet? Oder doch eher topographisch zu verstehen? Oder bezieht er sich auf das Länderrating unserer iberischen Freunde?
Egal, jedenfalls gibt es nur 1.000 Flaschen davon, deren Inhalt sich aus 100 Prozent Grenache speist, die 14 Monate Badezeit in 500-Liter-Fässern hinter sich hat. 14,5 Prozent Alkohol.
Als erstes strömt ein leichter Lösungsmittelton in die Nase, dazu Zedernholz, Tabak, Zimt, ein wenig Rumtopf – der mit Luft immer stärker herauskommt.
Am Gaumen bestechende schokoladige Fruchtsüße und auch hier dieser rumtopfige Hauch.
Leider im Abgang ein wenig verflachend. Süffig, ja das ist er, aber nicht der Tiefgründigste. Wirkt deutlich reifer als er ist. Erinnert, so vermeldet unser Gastgeber aus der Nordkurve, frappierend an Mon Cherie.
85 bis 90 Punkte aus der Runde, wieder so ein Spalter.


Der Nächste bitte! Der
Escolma 2008 von Luis Anxo Rodriguez Vazquez aus der DO Ribeiro
drängelte sich schon aus dem Starthäuschen. 40 Prozent Caino Tinto, 30 Prozent Bancellao, 30 Prozent Ferrol, 18 Monate in genau drei Barriques gelagert, denn es gibt nur 900 Flaschen davon. 13 Prozent Alkohol. 36 Euro.
Ein Biberwein! Viiiiel neues Holz in der Nase. Auch eine Spur leicht medizinaler Minze, das Ganze getoasted ohne Ende.
Am Gaumen extrem vom Holz dominiert, Kaffee, Kakao, leider ein sehr deutlicher Bitterton.
Viel Stoff, reichlich Druck am Gaumen, aber schwer zu sagen, wohin sich dieser mit viel Holz verdroschene Rebensaft entwickeln wird. Eiche offenporig aus dem Rösrather Möbelzentrum? Wir rätselten, ob diese Rebsorten, die wir ja nicht jeden Tag probieren, das Holz vielleicht nicht vertragen, ob der Winzer den dezenten Holzeinsatz einfach noch nicht beherrscht, oder ob sich das mit weiteren zehn Jahren Reife vielleicht noch rundet.
Auf die dritte Variante mochten aber nicht viele tippen. So gab es viele Bewertungsverweigerer, die anderen zückten 82 bis 83 Punkte, einmal gab es auch eine 85.

Der fünfte im Bunde war der
Finca Cascorrales 2006 von der Hacienda Solano aus der D.O. Ribera del Duero.
100 Prozent Tempranillo aus über 100 Jahre alten Rebstöcken, 16 Monate im Barrique ausgebaut, 91 Parkerpunkte, 45,50 Euro.
Sehr feine Nase, etwas rotfruchtig, auch noch ein wenig hefig-brotrindig, viel Würze, die schön mit dezenter Mineralik spielt.
Am Gaumen ganz leicht stechender Alkohol, viel Pflaume, fast ein wenig rumtopfig, ganz im Hintergrund lauert ein sehr feiner mineralischer Ton.
Schmelzig, charmant, gewinnt mit Luft, wird sehr schön samtig, der Alkohol bindet sich besser ein. Langer, sehr feiner Abgang.
91 bis 92 Punkte mit einem Ausreißer auf 88 und einem auf 90.

Gleich noch ein Ribera, der
Mathis 2006 von De Blas Serrano,
100 Prozent Tempranillo, 15 Prozent Alkohol, auch wieder ein Kleinauflagenwein, gerade einmal 1.800 Flaschen gibt es davon. Zum Stückpreis von 46 Euro. Auf Kalkboden gewachsen.
Kühle, dunkle Frucht, elegant, feinziseliert in der Nase, dazu auch eine üppige Mineralik, die den Kalk der Böden spiegelt.
Am Gaumen fällt vor allem auf, wie toll der Alkohol eingebunden ist. Auch hier hochelegant, fein, ja, ich würde meinen adelig – denn das ist auch wieder so einer, dem man den Doktortitel vorschnell zutraute – kühle Anmutung, ein kleines Einsprengsel von weißem Pfeffer gibt ihm zwischendrin eine pikante Schärfe.
Wirkt fast noch jünger als er ist. Tolle Länge mit viel Druck im Abgang. Ist sein Geld allemal wert.
92+ Punkte aus der Runde, nur zwei Uneinsichtige meinten wieder einmal ein Sondervotum abgeben zu müssen und punkteten ihn auf 89 herunter.

Tres faciunt collegium –also gleich noch einen dritten Ribera hinterher, den
Finca San Miguel 2008 von Bodegas y Vinedos Gallego Zapatero.
Natürlich auch hier 100 Prozent aus Tempranillo und zwar aus vor 95 Jahren in den eisenhaltigen Boden des Gutes gepflanzten Reben. 14 Monate im frz. Barrique ausgebaut, 13,5 Prozent Alkohol, die 834 Flaschen gehen für 69 Euro das Stück über den Tresen.
Sehr feine Nase, Rhabarber, Kräuter, erstaunlich offen und vielfältig für einen so jungen Wein.
Am Gaumen Finesse pur, leicht rhabarberig auf einem Fundament zarter mineralischer Noten.
Samtig, recht dicht, trotz seiner Eleganz mit viel Druck unterwegs. Tiefgründig, differenziert im Abgang, sehr lang. Der leicht niedrigere Alkohol steht ihm besonders gut. Toller Wein!
92 bis 93+ Punkte, selbst der obligatorische Nörgler wich davon nur um einen Punkt nach unten ab.

Am Ende der Strecke standen zwei Priorat-Weine, als erstes der
Clos Mogador 2002 von den Bodegas Clos Mogador
– im Vergleich ein Massendreher mit seinen 18.000 Pullen pro Jahr. 40Prozent Grenache, 28 Prozent Cabernet-Sauvignon, 17 Prozent Syrah, 15 Prozent Carinena, 14,5 Prozent Alkohol, 90 Parkerpunkte, 65 Euro.
Na ja, ein eher durchschnittlicher Jahrgang, das erklärt auch die „nur“ 90 Parkerpunkte. Trotzdem gingen wir unvoreingenommen dran und erwarteten nicht weniger als Wunderdinge.
Außerordentlich teerige Nase, dazu ein kräftiger mineralischer Ton.
Am Gaumen ist die Mineralik deutlich weniger dominierend, dafür steht da ein ganzer Pflaumenbaum.
Schön vielschichtig, aber vielleicht eine Spur zu süß? Jedenfalls sehr süffig. Vielleicht fehlt der ganz große Druck, vor allem ab der Mitte, trotzdem ist er mit ordentlich Länge unterwegs.
Ganz hinten wirkt er fast schon ein wenig müde. Sicherlich schon eine Stufe jenseits des Höhepunkts.
Sehr einvernehmlich 89 bis 90 Punkte.

Den feierlichen Schlusspunkt sollte der
Clos Erasmus 1997 setzen, von den Bodegas Clos I Terrasses.
80 Prozent Grenache, der Rest verteilt sich auf Syrah und Cabernet-Sauvignon. 18 Monate im Barrique ausgebaut, 14,5 Prozent Alkohol. Für schwächere Jahrgänge wie diesen werden ca. 220 Euro aufgerufen, jüngere Spitzenjahrgänge liegen bei knapp 400 Euro.
Was natürlich alles wenig hilft, wenn ein Wein Kork hat. Ob dieser Erasmus nun korkte oder nicht, wurde trefflich diskutiert. Einen Muffton hatte er mindestens mal, ungefähr die Hälfte der Rundenteilnehmer sahen darüber hinaus KLAREN Kork, die andere Hälfte verleugnete diesen ebenso KLAR. Hinter dem Muff oder Kork oder was immer es gewesen war, stand jedoch ein toller Wein, so viel war klar zu erkennen.
Doch sehr sparsam in der Frucht, das spricht für einen Korkschleicher. Und letztlich möchte ich ihn mit der Mehrheit der Runde deswegen auch nicht bewerten man täte ihm wahrscheinlich Unrecht.

Fazit:
Eine Probe mit einigen sehr überzeugenden Weine aber ohne „Schnäppchen“, dafür sorgen schon die knappen Auflagen vieler dieser Weine.
Mir haben die drei Riberas ganz besonders gut gefallen, wahrscheinlich wären die Prioratweine aus ähnlich guten Jahrgängen und in ebenso perfektem Zustand aber noch besser gewesen.
Der Versuch, eine neue Toplinie zu etablieren, erscheint jedenfalls lohnend, das Crianza/Reserva-System allein ist sicherlich nicht mehr zeitgemäß.
Dort wo die Weine nicht in der Oberliga mitspielen, dürften Angebot und Nachfrage die zum Teil mutigen Preise noch ein wenig nach unten regulieren.
Oder wir hoffen darauf, dass die vier Kinder unseres Quichottes allesamt mindestens ebenso zahlreiche Nachkommenschaft zeugen und den Geschmack des Stammesvater erben, so dass sie den Minderheitsgeschmack von heute zum Mainstream von morgen machen können. Das Zeug dazu hätten sie, sind sie doch allesamt ebenso liebenswerte Zeitgenossen wie ihr Vater und fast ebenso durchsetzungsfähig.