Vertikale Weingut Heymann - Löwenstein, Winningen
zusammengestellt von Dominik Ziller + Michael Herr



Protokoll: Dominik Ziller



Probiert wurde :


Die Weinlage "Winninger UHLEN" hat 3 Subapellationen - Roth Lay = R ; Laubach = L ; Blaufüßer Lay = B;
Sie ist in der VDP Lagenklassifikation eine "1.Lage".

1996er Uhlen
1998er Uhlen
1999er Uhlen
2000er Uhlen
2001er Uhlen R
2002er Uhlen R
2003er Uhlen B
2003er Uhlen L
2003er Uhlen R
2004er Uhlen B
2004er Uhlen L
2004er Uhlen R
2005er Uhlen B
2005er Uhlen L
2005er Uhlen R
2006er Uhlen L
2006er Uhlen R
2007er Uhlen B
2007er Uhlen L
2007er Uhlen R


Löwensteine setzen kein Moos ...

Da saßen sie wieder einmal, die Seilschafter. In den altvertrauten Katakomben des Kölner Weingewölbes. Und freuten sich darauf, sich ­ wie jeden Monat ­ über die zu verkostenden Weine zu streiten.
Streiten ist noch zu wenig gesagt.
Das große abendländische Schisma ist nichts gegen die Fehden, die Rechts-, Links- und Mittelrheinische austragen können, wenn es um die Flüssigkeiten im Weinglas geht. Wir sprechen in den Analogien zur Verdeutlichung der Tragweite unserer Auseinandersetzungen zwar trotzdem vom Schisma in unserer Seilschaft , aber nur deswegen, weil das Schisma für die frommen Kölner so ziemlich das Schlimmste ist, was man sich vorstellen kann.
Gäbs Schlimmeres, wir würden entsprechend sofort mit anderen Sprachbildern arbeiten als „nur“ über die Gegenpäpste von der schäl Sick zu lästern.

Dass es im Rahmen dieser seilschaftsinternen Auseinandersetzungen bisher noch nicht zu Tötungsdelikten gekommen ist, liegt nur teilweise an der alkoholinduzierten Verringerung der Treffgenauigkeit beim Pistolenschießen.
Der rheinische Dreiklang von jönne könne, et iss dann doch wie et iss und drink doch eene mit, regelt am Ende fast alle Streitigkeiten doch noch in friedlicher Toleranz ­ Weinökumene sozusagen.
Weswegen man sich auf den Streit um die Sache ja überhaupt nur freut. Wenn man zwischendrin alle halbe Stunde immer wieder Leute beerdigen müsste, wär das Verkosten ja fast nur der halbe Spaß.

Tja aber diesmal, ich weiß auch nicht. Diesmal gabs keinen rechten Streit.
Selbst der Serienchronist und gelernte Schismatiker wollte keine Haare in der Suppe finden. Und lehnte es wahrscheinlich gerade deshalb ab, das gewohnheitsrechtlich geschuldete Protokoll zu führen.
Und lässt mich damit hängen. Also jetzt mit der unangenehmen Aufgabe, flächendeckende Euphorie über eine herrliche Degustationsserie für die Nachwelt, Mitwelt, Weinwelt festzuhalten.

Na gut, ich gehe es mal an.
Wir hatten 21 Weine im Glas, alle aus dem Hause Heymann-Löwenstein, alle aus dem Winninger Uhlen. Und zwar aus den Jahrgängen 1996 bis 2007.
Um all denen, die schon auf den mosaischen Steintafeln eine zwangsläufige Probenfolge von jung nach alt kodifiziert sehen wollen, eine protestantische Nase zu drehen, haben wir uns bewusst entschieden, einmal von alt nach jung zu verkosten.
Und angefangen mit

1996er Winninger Uhlen
Nase ein klein wenig petrolig, wachsig, wenig Schiefer.
Am Gaumen auch schon erste Alterungsnoten, recht schlank, aber sehr nachhaltig, er bleibt schön am Gaumen.
Eher säurebetont.
Kommt mit Luft im Glas sogar noch ein wenig, wird voller, kräutriger, da ist plötzlich ein sehr schöner Honigton, etwas Apfel, etwas reife Melone, ein Hauch Grapefruit.
Sehr harmonisch und rund, gut gereift, noch nicht über den Punkt, wird aber auch nicht mehr zulegen. Ein sehr erfreulicher Wein, der sich ­ gerade für seinen niedrigen Restzucker ­ ganz hervorragend gehalten hat.
85 bis 88 Punkte aus der Runde, 87 von mir.

1998er Winninger Uhlen
Nase deutlich schiefriger, auch ein klein wenig firniger, wirkt fast älter als der 1996er. Daneben auch Kräutertöne in der Nase.
Am Gaumen ebenfalls feine Kräuternoten, dazu die schiefrige Mineralik und feine Honignoten. Wirkt dort jünger als der Vorgänger.
Runder, weniger Säure als der 1996er, aber auch noch länger, noch voller und noch feiner.
86 bis 89 Punkte aus der Runde, 88 von mir.

1999er Winninger Uhlen
Perfekte Nase, herrlich gereift, Schiefertöne, etwas Karamell, dezente reife Zitrusfrucht, Kräuter, genial.
Am Gaumen wunderbare Harmonie, herrliche Reife ohne die geringste Firne, voll, saftig, schöne Honigtöne, ganz leichte Restüße noch immer ein wenig spürbar, dicht, elegant, edel.
Allerdings war der 1998er ein klein wenig druckvoller, der 1999er wirkt insgesamt etwas leichter.
Vielleicht deswegen im Schnitt Gleichstand mit dem Vorgänger,
86 bis 89 Punkte aus der Runde, 89 und damit Nase vorn bei mir.

2000er Winninger Uhlen
Interessant, was auch aus diesem schwierigen Jahrgang herauszuholen ist. Immerhin, ein ganz leichter 2000er-Ton war in der Nase schon wahrzunehmen, ein Spürchen Sauerfäule vielleicht?
So zunächst auch am Gaumen, und das sogar relativ deutlich. Ohne den Vergleich zum wunderbaren 1999er wäre es vielleicht nicht sooo deutlich geworden, aber das ist halt das Verhängnis des Vergleichens, da gibt es immer einen Verlierer.
Mit Luft wird der Wein allerdings vielschichtiger, mehr und mehr kommen Schiefer und Mineralität in den Vordergrund.
Da wird er schön cremig am Gaumen, entwickelt gute Fülle und eine erstaunliche Länge.
Fast könnte man jetzt auch die Sauerfäule streichen und mehr von Botrytis sprechen.
Für den Jahrgang sensationell! Vor allem über die neun Jahre auch sehr würdevoll gealtert ­ viele Weine aus diesem Jahrgang waren ja absolute Kurzstreckenläufer.
86 bis 89 Punkte aus der Runde, einmal auch nur 84, von mir 86.

2001er Winninger Uhlen R
Wunderbare Nase, sanfte Kräutertöne, viel Schiefer, herrliche Reifenoten, jedoch keine Alterstöne, ohne jede Firne unterwegs.
Am Gaumen perfekte Harmonie, Pfirsichfrucht, Schiefermineralik, tolle Balance von Süße und Säure.
Viel Substanz, druckvoll und herrlich opulent!
Einmal 88 Punkte, ansonsten 91 bis 92, auch von mir 92 Punkte.

2002er Winninger Uhlen R
Nase zunächst noch einen Hauch schwefelig, recht anstrengend, auch nach sieben Jahren noch irrsinnig jung.
Unglaublich druckvoll am Gaumen, ewig lang, viiiel Stoff, leider noch immer nicht ganz zugänglich ­ genau wie der Röttgen alte Reben aus dem gleichen Jahrgang, die 2002er fordern Geduld.
Kommt mit Luft ganz unglaublich, ohne sich ganz zu öffnen, wird immer saftiger und voller.
Bei mir derzeit bei 90 Punkten mit Potenzial auf 93. Aus der Runde 88 bis 90 Punkte.

2003er Winninger Uhlen B
Nase ganz wunderbar, für 2003 unglaublich vielschichtig und differenziert. Hat sich toll entwickelt, mineralische Noten haben sich mehr und mehr an die Oberfläche gearbeitet und das etwas zu breite, etwas zu florale Element des Jahrgangs auf die Seite geschoben.
Am Gaumen sehr fein, etwas wenig Säure zwar, was ihn süßer erscheinen lässt als er ist.
Als „Süßwein“ aber toll ­ Mineralität, Stoff, Fülle, etwas viel Honig vielleicht, aber auch viel Saft, etwas Karamell.
Aus der Runde einmal 85, sonst 88 bis 89, auch von mir 89.

2003er Winninger Uhlen L
Nase deutlicher aus dem 2003er Jahrgang als bei B zuvor. Am Riechkolben vor allem Pfirsich, weniger Mineralik, viel Karamell, riecht fast schon süß.
Am Gaumen ein klein wenig zu karamellig, zu viel Honig, zudem fehlen mir so etwa zwei Gramm Säure.
Aaaaber für den Jahrgang trotzdem ein Erfolg, ohne jeden Bitterton, ohne florale Noten. Insgesamt ein runer Wein, der, jedenfalls jetzt noch, nicht so überzeugt wie der Blaufüßer.
85 bis 88 Punkte aus der Runde, 87 von mir.

2003er Winninger Uhlen R
Nase am typischsten für 2003 ­ der erste, der massive florale Noten hat. Sehr fette, sehr üppige Nase, auch ein wenig breit und dick.
Am Gaumen ebenfalls sehr floral, hinten heraus eher abflachend, vielleicht sogar ein klein wenig bitter?
Könnte sein, dass er einfach nur noch etwas mehr Zeit braucht, um die Mineralik frei zu lassen. Denn der B und der L waren in ihrer Jugend nicht völlig anders.
Die Runde sah ihn zum Teil sogar noch besser als ich es jetzt hier beschreibe ­ vergab 85 bis 89 Punkte, die 85 gab es auch von mir.

2004er Winninger Uhlen B
Phantastische Nase, voll, dicht, unglaublich vielschichtig.
Am Gaumen ungemein saftig, dicht, wunderbar tief, noch immer extrem jung, eine Wundertüte von Schiefer, Saft, Süße, Säure, fast perfekt, unglaublich konzentriert und lang.
Aus der Runde einmal 91 ansonsten 93 bis 94 Punkte, 94 auch von mir.

2004er Winninger Uhlen L
Nase noch sehr verschlossen, etwas Wachs, nicht ganz so verführerisch wie der Vorgänger.
Am Gaumen pikant, bringt fast ein Veltliner-Pfefferl mit. Nicht ganz der Druck des Vorgängers vielleicht, dafür etwas mehr Mineralität.
Ungemein dicht und wunderbar schiefrig, sehr harmonisch und warm wie Pfirsichlikör.
Einmal gab es die 89, ansonsten auch hier 93 bis 94 Punkte, von mir ebenfalls 94, der hat noch Potenzial.

2004er Winninger Uhlen R
Monumentale Nase, unglaubliche Power ­ am Gaumen der vielleicht beste Riesling, den ich in diesem Jahr bisher in Glas hatte, wahnsinnig voll, sehr viel Schiefer, perfekte Balance von Süße und Säure, tolle Mineralik, Abgang ohne Ende, großer Wein, riesengroßer Wein!!!
Aus der Runde einmal 94, einmal 95 bis 96 und ansonsten nur 97er-Wertungen. Die 97 gab es auch von mir.

2005er Winninger Uhlen B
Nase weniger charmant als der B aus 2004 sie hatte, aber schöne Mineralik, vielschichtig, Steinobst, viel Frucht.
Am Gaumen sehr verschlossen, vorne ein warmer Pfirsich, dann fast ein wenig zitronig, was auch an der recht hohen Säure liegen mag, hinten heraus macht er fast barrikademäßig dicht.
Sollte noch mindestens zwei Jahre lang ruhen, wird sicher noch zulegen.
Einmal 87, einmal 88, einmal 89 Punkte, ansonsten flächendeckend 91 bis 91+. 91 auch von mir.

2005er Winninger Uhlen L
Nase unglaublich kräutrig, voll, Power pur.
Am Gaumen ebenfalls granatenmäßig kräutrig, dazu Einschläge von brachialer Mineralität und Andeutungen von Frucht.
Da liegt Pfirsichlikör auf der Lauer, der sich über die Jahre sicher noch entfalten wird.
Wunderbar lang und dicht, Kraft pur, große Zukunft. Einmal 85 aus der Runde (Endlich: Schisma!), ansonsten 91 bis 94 Punkte, 93 von mir.

2005er Winninger Uhlen R
Nase noch relativ verschlossen, dicht, da bräuchte man eine Panzersprenggranate.
Am Gaumen unfassbar tief und groß. Geht das besser, voller, saftiger?
Noch immer sehr, sehr jung.
Viel Schiefer, viel Frucht, viel Fülle! Power, Süße, Säure, Mineralität in perfekter Balance.
Aus der Runde eine 94, eine 97, dreimal 97+, mehrfach 98, auch von mir 98.

2006er Winninger Uhlen L
Die Nase wirkt ein ganz klein wenig unrund. Oder jedenfalls nicht vollständig auf dem Niveau der Vorjahre ­ wahrscheinlich hat der schwierige Jahrgang dann doch kleinere Spuren hinterlassen.
Am Gaumen merkt man das an einer kleinen Karamellnote, vor allem im Anklang.
Mit der Zeit und mit Luft tritt dann aber die Mineralität in den Vordergrund.
Gute Länge aber nicht ganz so vielschichtig und voll wie die 2005er.
Aus der Runde einmal 88 Punkte, einmal 92 Punkte, ansonsten 90 bis 91. Von mir 89.

2006er Winninger Uhlen R
Auch hier in der Nase dieser leichte Jahrgangston.
Fast noch prägnanter als beim L, sehr karamellig am Gaumen, dazu aber auch hier diese wunderbare Mineralität, die sich mit mehr Luft herausarbeitet.
Dann wird er auch immer fruchtiger, Pfirsich dominiert.
Tolle Länge und Fülle, wird im Glas immer besser.
Aus der Runde 89 bis 91 Punkte, eine 92 und eine 94 sind auch dabei. 91 von mir.

2007er Winninger Uhlen B
Nase sehr fein, eher auf der eleganten Seite mit üppiger Mineralität.
Am Gaumen ebenfalls finessenreich, (noch?) nicht ganz so tief wie 2005 und 2004 waren, dafür eleganter und mit toller Länge unterwegs.
Im Abgang sehr feine Frucht, die ewig bleibt. Gute Balance, wird mit Luft immer fruchtbetonter, braucht sicher noch Zeit.
Aus der Runde 89 bis 91 Punkte, 90 von mir.

2007er Winninger Uhlen L
Nase fruchtbetont, zugleich aber auch noch ungemein verschlossen, deutet nur an, was er kann. Natürlich viiiel zu jung.
Am Gaumen aber spürbar mit unglaublich viel Stoff unterwegs.
Extrem dicht, tolle Länge, ungemein tief und lang. Im Abgang nussige Noten, Karamell, sehr saftig.
91 bis 93 Punkte aus der Runde, 93 auch von mir.

2007er Winninger Uhlen R
Unglaublich volle Nase, Mineralik, Schiefer, ein erster Hauch Frucht, allerdings so voll, dass man fast denken könnte, es sei ein 2003er ­ da ist fast eine florale Überopulenz.
Am Gaumen Aprikosenfrucht, tolle Mineralik, extrem saftig, dicht und ewig lang, Potenzial ohne Ende.
94 bis 97 Punkte aus der Runde, wobei die meisten noch ein plus dahinter machten. 97 Punkte auch von mir.

Pirat:
Hier gingen die Meinungen auseinander ­ „kein Löwensteinwein, aber dicht dran“ „Löwenstein ist besser“, „das ist kein Winninger“ „Mittelmosel“.
So kanns gehen ­ es war erneut der Uhlen R aus 2007, nur diesmal fünf Stunden karaffiert.
Hätte besser sein müssen als der nicht karaffierte, oder? War er aber nicht.
Sondern wirkte etwas parfümierter, etwas seifiger, warum auch immer.
Auch die Noten fielen ganz anders aus, 88 bis 92 gab es nur ­ womit wir dann doch noch ein Schisma hatten, denn derselbe Wein ist ja auf diese Weise dann doch noch ganz unterschiedlich beurteilt worden.
Vielleicht eine Flaschenvarianz, anders kann ich es mir nicht erklären. Denn ich wusste ja als einziger, dass es derselbe Wein wie der Vorgänger war und konnte trotzdem deutliche Unterscheide ausmachen, die sicherlich nicht durch das Karaffieren verantwortet waren.

Was für eine Probe. Ich kann mich kaum erinnern, mal so flächendeckend solche Topweine genossen zu haben, bei im Schnitt über 91 Punkte.
Eine Probe, die vor allem deswegen zustande kam, weil Reinhard Löwenstein uns bei der Zusammenstellung sehr unterstützt hat ­ herzlichen Dank dafür!!!
­ und weil das Weinstein in Berlin mir die älteren Jahrgänge zu Freundschaftspreisen zur Verfügung gestellt hat.
Was nur teilweise erklärt, warum das Weinstein mein Lieblingslokal in Berlin ist und bleibt.
Auch an das Weinstein ein herzlicher Dank!!!

Liebe Grüße

Dominik