Scheurebe gibt es die noch?
zusammengestellt von Torsten Goffin + Michael Herr



Protokoll:Wolfgang Martin



Probiert wurde:

1. 2005er Scheurebe brut Sekt b.A. Weingut Kissel, Pfalz
2. 2002er Scheurebe trocken, Sekt b.A, Weingut Pfeffingen, Pfalz
3. 2007er Scheurebe trocken, QbA, Weingut Juliusspital, Franken
4. 2007er Scheurebe Kabinett trocken, Schloss Proschwitz, Sachsen
5. 2007er Scheurebe trocken, QbA., Weingut Keller, Rheinhessen
6. 2007er Iphöfer Kronsberg, Kabinett trocken, Weingut Wirsching, Franken
7. 2007er Scheurebe Spätlese trocken, Weingut Pfeffingen, Pfalz
8. 2007er Haardter Scheurebe Kabinett trocken, Weingut Müller-Catoir, Pfalz
9. 2006er Quinterra Scheurebe, QbA. Weingut Kühling-Gillot, Rheinhessen
10. 2006er Scheurebe trocken, Weingut Wagner-Stempel, Rheinhessen
11. 2005er Durbacher Plauelrain Scheurebe Spätlese, Andreas Laible, Baden
12. 2006er Scheurebe trocken, QbA., Weingut Winter, Rheinhessen
13. 2007er Scheurebe trocken, Weingut Wittmann, Rheinhessen
14. 2007er Iphöfer Kronsberg Scheurebe, Spätlese trocken, Weingut Wirsching, Franken
15. 2005er "Estheria" Scheurebe, QbA, Johann Ruck, Franken
16. 2007er Iphöfer Kalb, Scheurebe Kabinett, Weingut Wirsching, Franken
17. 2006er Eschendorfer Lump, Scheurebe Spätlese, Horst Sauer, Franken
18. 2007 Haardter Mandelring, Scheurebe Spätlese, Müller-Catoir, Pfalz
19. 2002er Scheurebe Spätlese, Weingut Mohr, Rheingau
20. 1994er Forster Elster, Scheurebe Auslese, Weingut Heinrich Spindler, Pfalz
21. 2006er Herxheimer Honigsack, Scheurebe Beerenauslese, Weingut Benderhof, Pfalz
22. 1999er Rupertsberger Reiterpfad, Scheurebe Beerenauslese, Reichsrat von Buhl, Pfalz
23. 1994er Forster Elster, Scheurebe Beerenauslese, Weingut Heinrich Spindler, Pfalz
24. 2002er Scheurebe Beerenauslese, Andreas Laible, Baden
25. 1988er Wachenheimer Mandelgarten, Weingut Bürklin-Wolff, Pfalz


Scheues Reh gefangen - Kölner tranken Scheurebe



Es muß so kurz nach der Geburt unseres Herrn gewesen sein, als unsere Vorfahren sich aufmachten Scheurebe zu trinken. Genauer gesagt war es im September 2008, also vor Jahr und mehr als Tag, als die Seilschaft in den Tennisclub zog, indem unser Hein ebenso Hein ist, wie in der Seilschaft.
Das war uns kein ganz unbekannter Ort, weil sich hier genau 10 Jahre zuvor das konstituierende Besäufnis der Seilschaft zugetragen hatte, mit Weinen, die keiner mehr kennt und wahrscheinlich auch keiner mehr kennen mag, denn sie sind - da nie protokoliert - nicht in die Chronik aufgenommen und damit dem ewigen Vergessen anheimgefallen.

Fast wäre es den Scheureben vom September genauso ergangen. Denn das Protokoll galt als verschollen; der Chronist ging in Sack und Asche, hatte ein schlechtes Gewissen und bekam einen roten Kopf, sobald er Torsten und Michael - die Organisatoren der Probe - zu Gesicht bekam.

Doch, wie singt schon Katja Ebstein: "Wunder gibt es immer wieder"…und eines dieser Wunder war, dass der Chronist von seiner Firma Betriebsurlaub verordnet bekam und anfing, zu Hause seinen Schreibtisch aufzuräumen.
Aufräumen ! Das ist im Hause des Chronisten eine heikle Angelegenheit. Der Chronist legt etwas wohin (wo es logischerweise zu liegen kommen müßte), die Göttergattin räumt es auf, die jüngste Tochter räumt es weg, der älteste Sohn räumt es zur Seite, die ältere Tochter räumt es hin bis es der jüngere Sohn schließlich endgültig aus dem dreidimensionalen Raum entfernt und den verzweifelten Vater als einsam Suchenden im Calabi-Yau-Raum zurückläßt, dessen kompakte Kähler-Mannigfaltigkeit trotz des Verschwindens der ersten Chern-Klasse und einer bewiesenermaßen Ricci-flachen Metrik dem Chronisten ebenso den konkreten Sucherfolg verweigert wie der Generation unerfüllter Stringtheoretiker der letzten 30 Jahre.
Wie der Kölner an sich weiß: "Wat fott es, es fott !"

Darum lieben wir Kölschen unseren Hohen Dom so sehr: is alt widder wat fott, schauen wir aus dem Fenster, sehen unsere Bischofskirche und sagen: "ävver d´r Dom steiht noch do, wo er jestern och schon wor".
Das hilft auch beim Weintrinken. Nach der Leerung jeder fünften Flasche schickt die Seilschaft eins ihrer Mitglieder aus den Katakomben auf den Parkplatz.
Dieser vermeldet dann: " de Fläsch is leer, ävver d´r Dom steiht noch, maach noch ´ne Fläsch op".
(Erst wenn der Bote nicht mehr alleine die Treppe hinaufkommt und die Gewißheit über den Bestand unserer Kathedrale nicht mehr postuliert wird, werden die Bestände der Weinkeller geschont und endet die Probe durch kollektiven Aufbruch zur Domsuche).

So bedurfte es anderthalb Jahre bis der Chronist seine Notizen genau da wiederfand, wo er sie nun wirklich nicht vermutet hätte: in einem Ordner mit Probenprotokollen, den der Chronist ganz bestimmt nie selber angelegt hatte…. Aufgeräumt eben !

Natürlich war das nicht der einzige Grund des so sehr verspäteten Protokolls. Ganz gewiss trug die Menge der Weine, die mit 25 Flaschen die Anzahl der anwesenden Probanden fast ums Doppelte übertraf, dazu bei, dass durch die damit verbundene längere Erholungspause des Chronisten erst die Möglichkeit des parallelen Verflüchtigens von Alkoholpegel und Verkostungsnotizen entstand.

Der eigentliche Grund liegt aber in der Rebsorte selber begründet: scheu wie ein Reh ist sie - Scheurehbe eben.
Sie flieht den Trinker, versteckt sich in Regalen hinter ihren Verwandten, verabschiedet sich von Weingut zu Weingut und kommt einem einfach immer seltener zu Gesicht.
Dabei ist sie noch gar nicht so alt:
erst 1916 wurde sie von Justus Georg Scheu in Alzey gezüchtet - angeblich mal wieder aus Riesling und Silvaner.
Die Österreicher mit ihrem Gen-Gedöhns haben den Riesling bestätigt, aber den zweiten Faktor ebenso wenig erkennen können, wie der Chronist seine Notizen finden konnte, scheu ( r ) eben !
Sie haben ihn als eine Wildrebe beschrieben, die - wen wundert´s - mittlerweile verloren gegangen sein soll ! Weil sie sich so schämen, nennen sie die Rebsorte auch nur Sämling 88 und verweigern ihrem Züchter ebenso konsequent den Ehrennamen wie sie die in der Seilschaft korrekt unter Klosterneuburg 181-2-71 geführte Neuzüchtung sofort mit Züchternamen versahen.

Auch aus den Weingütern verflüchtigt sich die Rebe. Nicht nur im Spindler´schen Weingut wurden die wunderbaren Stöcke trotz des Protestes aller Kölner Kunden schnöde dem Dornfelder geopfert, auch sonst hat die Rebfläche der Sorte von 3126 ha im Jahr 1999 auf 1781 ha im Jahr 2007 fast um die Hälfte abgenommen.

Darum hatten die Organisatoren die Probe auch unter das Motto gestellt:
Scheurebe - gibt es die noch ?

Lasst uns also sehen, was die Rebe so zu bieten hat:

1. 2005er Scheurebe brut Sekt b.A. Weingut Kissel, Pfalz
10,90 Euro:
hellgelb, normale etwas grobe Perlage.
Gelbe Blumen in der Nase, Kräuter und Cassis am Gaumen.
Nicht sehr anhaltend im Mund aber sauber und sortentypisch.
12,5 Punkte

2. 2002er Scheurebe trocken, Sekt b.A, Weingut Pfeffingen, Pfalz
9,50 Euro:
Verdacht auf Kork, deshalb Wertung mit 11,5 Punkten sehr in Frage zu stellen.

Die nachfolgenden trockenen Stillweine waren aufsteigend nach Alkoholgehalt geordnet:

3. 2007er Scheurebe trocken, QbA, Weingut Juliusspital, Franken
5,95 Euro:
hellgelb. Schwarze Cassis und Kräuter steigen kräftig in die Nase, am Gaumen gesellen sich Grapefruit-Töne dazu.
Ein schöner Zechweine, dessen mäßige 11,5% Alkohol auch zum öffnen der nächsten Flasche verleiten.
Einheitliche 13,5 Punkte und schönes Preis-Leistungsverhältnis.

4. 2007er Scheurebe Kabinett trocken, Schloss Proschwitz, Sachsen,
12,60 Euro, 12,0 % vol.Alk:
hellgelb. Cassis im Bukett, verhaltene Grapefruit im Mund.
Lebendige, feine Säurestruktur, die dem Wein Rasse verleiht. Eine sehr angenehme Ausnahme von der Regel unserer allzu oft bestätigten Vorurteile über sächsische Weine.
Eine Minderheit wertet 14,0 Punkte, die Mehrheit gar 15,0 Punkte.

5. 2007er Scheurebe trocken, QbA., Weingut Keller, Rheinhessen
9,- Euro:
brillantes Strohgelb. Birnenduft in der Nase, am Gaumen gesellen sich Grapefruit und ein Bitterton dazu.
Eine Mehrheit preist die straffe klare Struktur und vergibt 15,5 Punkte.
Eine Minderheit um den Chronisten vermißt Länge und Sortencharakter und wertet nur 13,5 Punkte.

6. 2007er Iphöfer Kronsberg, Kabinett trocken, Weingut Wirsching, Franken
7,50 Euro, 12,5% vol.Alk.:
hellgelb. Cassisdrops in der Nase, dropsige Kräutertöne am Gaumen, dazu ein Bitterton.
Enttäuscht die zahlreichen Freunde des Weinguts ein wenig:
12,0 - 13,0 Punkte.

7. 2007er Scheurebe Spätlese trocken, Weingut Pfeffingen, Pfalz,
12,40 Euro:
helles Strohgelb. Kräuter und Cassis in der Nase. Kräuter, Grapefruit und mineralische Noten im Mund.
Ein gutes Drittel beeindruckt bei diesem Wein, neben den sortentypischen Fruchtaromen zum ersten Mal auch Mineralik zu finden und wertet 15,0 Punkte.
Ein zweites Drittel bemängelt fehlenden Nachhall: 13,0 Punkte. Der Rest liegt dazwischen.

8. 2007er Haardter Scheurebe Kabinett trocken, Weingut Müller-Catoir, Pfalz
9,- Euro, 13,0% vol.Alk.:
strohgelb. Brennessel und Cassis im Bukett.
Am Gaumen kommen dazu viel Schmelz und Mineralik. Mittellanger Nachhall. Harmonische Süffigkeit.
Der bisher rundeste Wein mit evtl. einem Tick zu viel Alkohol.
15,0 - 15,5 Punkte

9. 2006er Quinterra Scheurebe, QbA. Weingut Kühling-Gillot, Rheinhessen
7,95 Euro:
der Wein wird aufgrund von Sauerfäuletönen nicht bewertet.

10. 2006er Scheurebe trocken, Weingut Wagner-Stempel, Rheinhessen
7,50 Euro (dreißig Jahre alte Reben):
brillantes hellgelb. Brennessel in der Nase, dazu kommt Honig im Mund.
Die Mehrheit findet etwas mehr Charakter als im nicht bewerteten Vorgänger, bemängelt aber auch hier Botrytis, Breite und relative Kürze des Weins:
12,5 Punkte.
Eine Minderheit bestreitet die Mängel und wertet 14,0 Punkte.

11. 2005er Durbacher Plauelrain Scheurebe Spätlese, Andreas Laible, Baden
ca. 10,- Euro:
Nase und Mund nach frisch gemähtem Gras. Langer Nachhall, viel Saft und Delikatesse.
Der eher halbtrockene Wein gefällt allgemein mit beginnender Reife, es wird aber auch Wiedervorlage in 2 Jahren gefordert.
15,0 - 16,0 Punkte

12. 2006er Scheurebe trocken, QbA., Weingut Winter, Rheinhessen
7,90 Euro, 13,5% vol.Alk.:
brillantes Strohgelb. Kräftiges Bukett mit Grapefruit und Cassis.
Im Mund gesellen sich grüne Kräuter dazu. Recht kraftvoll und dicht, was die Runde spaltet an der Frage, ob man drei Gläser davon trinken mag: "nein!" meint die eine Hälfte und vergibt 13,0 - 14,0 Punkte, "Immer!", meint die andere und zückt 14,0 - 15,0 Punkte.

13. 2007er Scheurebe trocken, Weingut Wittmann, Rheinhessen
7,20 Euro:
Strohgelb. Grapefruit in der Nase, mineralische Töne und Cassis am Gaumen.
Dichter Wein, der die Runde dreiteilt: es fehlt an Harmonie (14,0 Punkte), schöne mineralische Töne, aber fehlender Druck am Gaumen (15,0 Punkte), konzentrierter Extrakt mit Wittmannscher Mineralik (16,0 Punkte).

14. 2007er Iphöfer Kronsberg Scheurebe, Spätlese trocken, Weingut Wirsching, Franken
11,50 Euro:
helles brillantes Goldgelb. Verhaltene Cassis in der Nase.
Rote Grapefruit und ein nicht störender Bitterton am Gaumen. Recht nachhaltig, voll und dicht. Hat Kraft.
Einheitliche 15,5 - 16,0 Punkte.

Es ging weiter mit restsüßen Weinen, die dem Prädikat nach geordnet waren.

15. 2005er "Estheria" Scheurebe, QbA, Johann Ruck, Franken
18,90 Euro, 12,5% vol.Alk.:
hellgelb. Altersfirne und Brennessel in Nase und Mund.
Relativ lang im Mund, wirkt der Wein fortgeschritten. Die Runde hält ihn für untrinkbar und fehlerhaft, wie nicht geschwefelt.
Der Chronist steht mit seiner Meinung nach Altersfirne allein.
Keine Wertung

16. 2007er Iphöfer Kalb, Scheurebe Kabinett, Weingut Wirsching, Franken
6,80 Euro, 12,0% vol.Alk.:
Cassis und Kräuter in der Nase, ein kleiner, nicht störender Bitterton dazu am Gaumen.
Süffiger, mittelsaftiger Wein, der als Zechwein wunderschön ist.
14,0 - 15,0 Punkte

17. 2006er Eschendorfer Lump, Scheurebe Spätlese, Horst Sauer, Franken
13,90 Euro, 12,5% vol.Alk.:
hellgelb. Sehr attraktive Nase nach Zitrone und (Frankfurter) Grüner Soße.
Am Gaumen Brennessel und ein kräftiger Bitterton.
Der Wein polarisiert: viel Extrakt loben die einen (15,0 Punkte), der Bitterton stört die anderen (13,5 Punkte).

18. 2007 Haardter Mandelring, Scheurebe Spätlese, Müller-Catoir, Pfalz
25,20 Euro, 10% vol.Alk.:
hellgelb. Reiches, feines Bukett nach Grapefruit. Cassis und Jugendsüße am Gaumen.
Langer Abgang. Voller Saft, dabei rund und sehr elegant. Delikates Weinerlebnis - toll und
16,5 - 17,0 Punkte.

Es kam der Zeitpunkt, wo der Chronist anscheinend seinen kleinen Aussetzer nahm, was durch die Aufräumarbeiten auch nicht mehr gut zu machen ist.
Vermutlich fielen die gelisteten 2004/2005er Spätlese/Auslese aus dem Durbacher Plauelrain von Andreas Laible aus und es gab stattdessen einen Rheingauer aus Lorch, dem mit eine sehr verkürzten Notiz Unrecht getan wurde:

19. 2002er Scheurebe Spätlese, Weingut Mohr, Rheingau
8,60 Euro:
internationale Scheurebe (was immer das heißen soll ?)
15,0 Punkte.

20. 1994er Forster Elster, Scheurebe Auslese, Weingut Heinrich Spindler, Pfalz
10,- Euro, 11,5% vol.Alk.:
Altgold. Cassis in der Nase zu der sich am Gaumen noch Tabaknoten mischen.
Langer Abgang. Immer noch saftig und delikat, meint zumindest der Chronist (15,5 Punkte).
Die Mehrheit bemängelt fehlende Rebsortencharakteristik, denkt der Wein ist zu Ziegenkäse o.k. und vergibt 14,0 Punkte.
(Das sind Momente, wo Chronistendasein als pure Leidensgeschichte erscheint !)

Mit den edelsüßen Weinen wurden auch die Notizen des Chronisten wieder vielfältiger, wobei der erste Wein zum üben war:

21. 2006er Herxheimer Honigsack, Scheurebe Beerenauslese, Weingut Benderhof, Pfalz
dreiteilt die Runde:
nur süß (13,0 Punkte),
keine schöne Nase und ein wenig jahrestypische Sauerfäule (14,0 Punkte),
vom Feinsten aber zu jung (15,0 - 16,0 Punkte).

22. 1999er Rupertsberger Reiterpfad, Scheurebe Beerenauslese, Reichsrat von Buhl, Pfalz
32,- Euro (halbe Flasche), 11,5% vol.Alk.:
Bernstein. Feine, attraktive Nase nach Honig und grünem Gras.
Am Gaumen Honig, Grapefruit, Cassis und ein schöner Bitterton.
Schöne Länge, die durch Süße und Frucht gleichermaßen getragen wird. Dazu kommt eine präsente Säure.
Jetzt reif, aber auch noch haltbar.
Einheitliche 17,0 Punkte.

23. 1994er Forster Elster, Scheurebe Beerenauslese, Weingut Heinrich Spindler, Pfalz
19,- Euro (für die 0,5 l. Flasche dereinst), 8,5 % vol. Alk., 139 g/l Restzucker, 15,4 g/l Weinsäure:
Bernstein. Reiches Bukett nach Tabak und Cassis.
Dazu kommen Brennesseltöne am Gaumen. Langer Nachhall, lebendige Säuren, runde Eleganz, saftige Delikatesse.
Das ist Scheurebe - oder war es vielmehr, denn die Stöcke sind herausgerissen.
16,0 - 16,5 Punkte von allen.

24. 2002er Scheurebe Beerenauslese, Andreas Laible, Baden
10% vol.Alk., (halbe Flasche):
funkelndes, dichtes Gold. Reiches Bukett nach Honig und Cassis.
Johannisbeere und Birne am Gaumen. Ewig langer Nachhall.
Dichte, nuancenreiche Struktur. Eleganz und viel Harmonie. Delikat !
Die Runde wählt ihn zum besten Wein des Abends.
18,0 Punkte

25. 1988er Wachenheimer Mandelgarten, Weingut Bürklin-Wolff, Pfalz
61,34 Euro (ganze Flasche), 10% vol.Alk.:
Tabakfarben. Reiches Bukett nach Tabak und Orangen.
Am Gaumen Tabak und Cassis.
Langer Nachhall, vollsaftig und rund.
Eine Minderheit findet einen störenden Botrytiston (14,5 Punkte), die Mehrheit ist aber wieder sehr angetan und vergibt 16,0 - 17,0 Punkte.

Es gab dann noch einen 1980er und einen 1976er Forster Elster Scheurebe irgendwelchen Prädikats, die als noch trinkbar, aber doch zu alt befunden wurden, wie es auch für die Probanden eindeutig zu spät geworden war.

Scheurebe - sie gibt es noch und sie soll es auch bitte weiter geben.
Wenn man so akribisch sucht wie unser Torsten findet man sogar noch eine Menge - was aber nur für eine Probe zuviel ist. Denn enttäuscht hat kaum einer der Weine (und alle waren sie besser, als diese scheußliche Spätburgunder-Auslese trocken* aus dem Graacher Himmelreich, die der Chronist zum Protokollschreiben trinken mußte und bei der der Winzer (sein Name wird nicht verraten) dem eh schon rustikal-alkoholischen Grundwein mit Barriqueeinsatz noch endgültig die fehlenden Bitterstoffe zusetzt, die die Schweine meiner Grippe hoffentlich endgültig die Flucht ergreifen und mich für einen Tag weinabstinent werden lassen (bis meine Frau die Flasche leergetrunken hat).
Das muss die Buße für die verschlampten Notizen gewesen sein !

So mögen Siegerrebe, Faber, Kanzler und Septimer des Herrn Scheu ruhig im Vergessen verschwinden, die Huxelrebe ein Nischendasein fristen, aber die Rebe seines Namens soll überleben und in den Kreis der Vitis vinifera aufgenommen werden, welch scheues Reh auch immer seine zweite Hälfte bilden mag.