Blanc de Blanc Champagner/Sekt
zusammengestellt von Fritz Zickuhr



Protokoll: Wolfgang Martin



Probiert wurde :
0. Verdeckter Pirat der Reblaus - Dragon Seal Sparkling Wine brut VR China
1. Blanc des Blancs, Pennet-Lebrun, AC Champgagne
2. Chardonnay Sekt b.A, Menger-Krug, Pfalz
3. Cramant blanc des blancs, Voiron-Jumel, AC Champagne 1er Cru
4. Cramant brut, Chardonnay, Guy Larmandier, AC Champagne Grand Cru
5. Cramant extra brut, Chardonnay, Guy Larmandier, AC Champagne Grand Cru
6. Grand Reserve 1er Cru, Chardonnay, Paul Michel, AC Champagne 1er Cru
7. Weissburgunder Sekt b.A., Wilhelmshof, Pfalz
8. Chouilly blanc des blancs, Chardonnay, Legras & Haas, AC Champagne Grand Cru
9. 1999er Blanc de Chardonnay, Duval Leroy, AC Champagne Millésimé
10. 2002er Blanc des blancs, J.de Telmont, AC Champagne millésimé
11. 1990er Comtes de Champagne blanc des blancs, Chardonnay, Taittinger, AC Champagne millésimé
12. Erbacher Marcobrunn, Riesling, Schloss Vaux, Sekt b.A.
13. Blanc des blancs, Chardonnay, Ruinart, AC Champagne
14. 2002er Cramant brut, Chardonnay, Guy Larmandier, AC Champagner Grand Cru
15. Brut Tradition, Egly-Ouriet, AC Champagne Grand Cru


Keine Milch vom Charolais - blanc des blancs fast gelb in Kölner Katakomben

Da hatte uns ein Weinfreund überredet, unsere jährlichen Champagner-Proben mit dem letzten Thema abzuschließen, das noch ausstand. Nach Jahrgangschampagner, Rosé-Champagner, Blanc des noirs-Champagner und gar kein Champagner (heißt es gab deutsche Sekte), gabs diesmal Blanc de Blancs.
Der Weinfreund erschien übrigens nicht zur Probe - sollte das ein schlechtes Zeichen sein ?

Denn natürlich hatte man sich auch den Chronisten vorher nicht zu fragen bequemt. Der hatte in Französisch zwar ein Mangelhaft, kann aber immerhin noch Blanc des Blancs als "Weißer von Weißen" übersetzen.
Wein kann das nicht sein ! Wein ist entweder purpurrot oder blaß- bis goldgelb! Sollte dem Chronisten jemand weißen Wein vorsetzen, wird sich dieser sofort als radikaler Abstinenzler outen und jede Affinität zu Alkohol weit von sich weisen.

Pastis in Wasser ist weiß, Kokosmilch und Kuhmilch sind weiß ! Kokosnüsse sind dagegen braun (wenn die Milch weiß ist), Anis ist nicht weiß, gibt es weiße Kühe ?
Jawohl - im Charolais . Also muss blanc des blancs die Milch von Charolais - Rindern sein. Das erscheint nur logisch.

Denn Charolais Rinder sind eigentlich eine Fleischrasse und die geben kaum Milch - das erklärt den hohen Preis der Probe. Dann stammen Charolais Rinder aus dem Departement Nièvre im Burgund.
Wir tranken aber Champagner und der darf - wie Australier, Kalifornier, Spanier und deutsche Sektproduzenten bitterlich erfahren mußten - nur in der Champagne hergestellt werden.
Wahrscheinlich werden die Rinder also jeden Tag zum Melken die hundert Kilometer aus dem Burgund in die Champagne geschafft und beim Transport arg durchgeschüttelt - das erklärt die Perlen in der Milch.

Der Chronist ging also ohne viel Hoffnung auf anständigen Alkohol zur Probe.
Wie viele Mitseilschafter diesmal war er dabei in weiblicher Begleitung.
Erst wollte er - wegen der Milch - eine seiner sechs- bzw. siebenjährigen Töchter mitnehmen, aber dann dachte er an die zotigen Bemerkungen, die ab dem fünften Glas in der Kölner Runde Gang und gebe sind und entschied, dass Kölner Seilschaft per se nicht jugendfrei ist, selbst wenn es nur verschiedenen Fanta-Sorten zum Verkosten gäbe. Er entschied sich also für seine Göttergattin.

Das brachte neue Probleme mit sich.
Normalerweise wird der Chronist irgendwann im Laufe der Probe als Vertreter der einzig wahren Meinung gefesselt und geknebelt, geschmäht, gedemütigt und erniedrigt.
Das stört ihn gewöhnlich nicht, denn schließlich ist er nur der Chronik verpflichtet und muss deshalb wie viele seiner Kollegen in der Weltgeschichte der Wahrheit wegen leiden.
In vino veritas - das weiß ab dem dritten Glas nur noch der Chronist, während der gemeine Trinker in die Traumwelt seiner Allmachtsphantasien entfleucht und beginnt, den großen Weinkritikaster zu spielen.

So ist die gemeine Schmähung nun mal Schicksal des Chronisten. Aber wenn die Göttergattin dabei ist? Schließlich hat man Verantwortung der Familie gegenüber und darf den Respekt nicht verlieren.

Also redete der Chronist auf dieser Probe der Masse nach dem Mund. Wobei sich die Masse durchaus nicht nur aus massiven Läusen sondern auch recht schlanken Herrschaften zusammensetzen kann. Der Chronist redete also der Masse nach dem Mund und zwar bevor die Masse den Mund aufmachen konnte.
Das erstaunte die Masse, die in alter Gewohnheit nach jedem einleitenden Kommentar des Chronisten tief Luft holte, um ihn genussvoll niederzumachen, sehr und führte zu tiefer Verunsicherung, hatte der Chronist doch in Ton und Wortlaut genau getroffen, was sie ihm als Replik entgegen schleudern wollte.
In ihrer Verwirrung lobten sie die läuternde Wirkung der Institution Ehe auf renitente Charakterlebern und hatten abends dann ihre liebe Not und Mühe, den bohrenden Fragen ihrer Lebensabschnittsgefährten standzuhalten.

Nebenbei - wenn man sein Forum kennt, ist es nicht schwer, everybodies darling zu sein. Man muss nur den 83er Haut Brion vollmundig äußerst enttäuschend finden und schon hat man gewonnen.
Das hat der Chronist dereinst auf Schloss Aul versäumt, weil seine Gattin schon nach Hause gefahren war. Kein großes Kunststück also der Masse nach dem Mund zu reden.

Zum Erstaunen des Chronisten gab es dann doch keine Milch von Charolais Kühen. Es gab auch nichts weißes, wenn man vom Schaum auf dem Gelben absieht.
Und das Gelbe war eigentlich alles von reifen Trauben, also auch von Gelben. Das interessierte außer dem Chronisten natürlich keine Sau, denn nur er ist schließlich der Wahrheit verpflichtet.
Paulchen und Lieschen, Huitzli und Pochtli, Jean et Jeanne tranken blanc des blancs.
Jaune des Jaunes trank die Seilschaft also, normalerweise aus der Champagne, aber dreimal auch aus deutschen Landen und einmal sogar…..

hört selbst.

0. Verdeckter Pirat der Reblaus
Mittelperlender mittelsaftiger Sekt, recht robust und einfach,
etwas flach, aber durchaus trinkbar.
Selbst die Reblaus hatte schlimmeres befürchtet. Allerdings keine Offenbarung und für 14,- Euro viel zu teuer.
Es war ein Dragon Seal Sparkling Wine brut, Chardonnay, aus der VR China.
11,5 - 12,5 Punkte

Nach dieser in der Seilschaft durchaus üblichen von der Reblaus gelegten Falle, in die prompt alle hineingetappt sind, ging es mit offenem Visier weiter.
Dabei hatte die Regie des nicht anwesenden Herrn der Katakomben (der von seiner Göttergattin nur die Einwilligung zur Teilnahme an 10 Seilschaftsproben im Jahr bekommt, wenn er auf diese eine zu ihren Gunsten verzichtet) durchaus eine bunte Mischung vorgesehen, die vom Preis recht unabhängig war.
Die meisten Champagner waren im Anbaugebiet aus Supermärkten, Fachgeschäften und Sektkellereien zusammengekauft. Deshalb sind die angegebenen Preise auch meist französisch .


1. Blanc des Blancs, Pennet-Lebrun, AC Champgagne
20,- Euro
Kleine Perlen und von gelber Farbe.
In der Nase alte reife Äpfel, die am Gaumen durch eine lebendige Säure erheblich frischer schmecken.
Diese Säure polarisiert: die einen finden sie ein wenig spitz und damit den Sekt eindimensional von der Säure getragen
13,5 - 14,0 Punkte,
die anderen mögen ihre Frische und werten 14,5 - 15,0 Punkte

2. Chardonnay Sekt b.A, Menger-Krug, Pfalz
17,- Euro
Viele, aber recht grobe Perlen.
Verhaltenes Bukett nach gelben gewachsten Äpfeln.
Ziemlich apfelmostig am Gaumen.
Der Sekt gefällt wenig, flach und ziemlich breit, mit klarem Unterschied zum vorangegangenen Champagner.
13,0- 13,5 Punkte

3. Cramant blanc des blancs, Voiron-Jumel, AC Champagne 1er Cru
20,- Euro
Viele, aber grobe Perlen.
In der Nase nur Schwefel, im Mund keine Frucht und brennender Nachgeschmack.
Der Sekt ist kaum trinkbar. Es stellt sich die Frage, ob es sich um einen Flaschen- oder einen Ausbaufehler handelt.
So nur 10,5 - 11,5 Punkte

4. Cramant brut, Chardonnay, Guy Larmandier, AC Champagne Grand Cru
22,- Euro
Viele große Perlen.
Verhaltenes, aber feines Bukett nach grünen Äpfeln.
Am Gaumen eine Mischung aus grünen und gelben Äpfeln.
Feine Nase, lebendige gut eingebundene Säuren, eleganter, rassiger Schaumwein.
Einheitliche 16,0 Punkte.

5. Cramant extra brut, Chardonnay, Guy Larmandier, AC Champagne Grand Cru
22,- Euro
Relativ wenig Perlage.
Gelbe Äpfel in Nase und Mund, die Säuren milder als beim Vorgänger, hat aber ähnliche Eleganz .
Gegenüber seinem Vorgänger zeigt er weniger Frucht, was der Moselpatriarch gleich auf die "fehlende tragende Restsüße" zurückführt.
Deshalb nicht ganz so gut bewertet wie dieser:
15,0 - 15,5 Punkte

6. Grand Reserve 1er Cru, Chardonnay, Paul Michel, AC Champagne 1er Cru
30,- Euro
Feine Perlen.
Reife gelbe Äpfel in Nase und am Gaumen.
Eher kräftig und kernig als elegant.
14,0 - 15,0 Punkte

7. Weissburgunder Sekt b.A., Wilhelmshof, Pfalz
12,- Euro
Feine Perlage.
Blüten und gelbe Äpfel im verhaltenen Bukett.
Blüten auch am Gaumen.
Süffig, aber recht einfacher Sekt. Anderer Charakter als die Chardonnay-Champagner.
12,5 - 13,5 Punkte

8. Chouilly blanc des blancs, Chardonnay, Legras & Haas, AC Champagne Grand Cru
30,- Euro
Feine gelbe Äpfel in der Nase, eher grüne Äpfel am Gaumen.
Langer Nachhall, Fülle und Delikatesse.
Besitzt am Gaumen die Feinheit, die bei der Nr. 4 im Bukett begeisterte.
Die Mehrheit wertet deshalb ein wenig besser und vergibt 16,5 Punkte, eine Minderheit nur 15,5 Punkte.

9. 1999er Blanc de Chardonnay, Duval Leroy, AC Champagne Millésimé
30,- Euro
Feine Perlage.
Gelbe angegorene Äpfel in der Nase, gelber weiniger vollsaftiger Apfelmost am Gaumen.
Langer Nachhall, viel Delikatesse.
Das Gegenprogramm zum Larmandier: voller, mostiger, dabei weniger rassig ohne aber Eleganz vermissen zu lassen.
Sehr schön und einheitliche 16,5 Punkte

10. 2002er Blanc des blancs, J.de Telmont, AC Champagne millésimé 16,90 Euro
Kleine Perlen.
Etwas Schwefel und Äpfel in der Nase.
Am Gaumen etwas eindimensional nach Äpfeln.
Mittelsaftiger, einfach getsrickter aber durchaus trinkbarer Champagner, der in der Probe trotz seiner Jahrgangsangabe falsch steht und gegen seine Vorgänger natürlich nicht an kann.
Dafür kostet er auch nur die Hälfte und zeigt damit eine gutes Preis-Leistungsverhältnis.
14,0 - 15,0 Punkte

11. 1990er Comtes de Champagne blanc des blancs, Chardonnay, Taittinger, AC Champagne millésimé
80,- Euro
Der teuerste und älteste Champagner des Abends kommt goldgelb mit feiner Perlage daher.
Reiches Bukett mit gelben, gereiften Äpfeln.
Am Gaumen Röstaromen, Malz, Äpfel und einige Alterstöne.
Langer Nachhall, viel Harmonie. Ein reicher, delikater Champagner.
Man kann davon nicht viel trinken, aber als Aperititiv sicher Klasse.
Je nach Großzügigkeit beim Punkteverteilen 17,0 - 19,0 Punkte

12. Erbacher Marcobrunn, Riesling, Schloss Vaux, Sekt b.A.
29,95 Euro
Mittelviele kleine Perlen.
Kräftige Apfelaromen in der Nase und am Gaumen.
Runder, saftiger, dichter Sekt mit Delikatesse und Reichtum.
Der Sekt, der auf einem Grundwein des VdP - Weingutes Langwerth von Simmern beruht, ist mit das beste in Deutschland und hält mühelos mit den Champagnern mit, meint nicht nur der Chronist.
16,5 - 17,5 Punkte

13. Blanc des blancs, Chardonnay, Ruinart, AC Champagne
48,- Euro
Helles strohgelb.
Schwefel und Äpfel in der Nase, faule Eier und Äpfel am Gaumen.
Der Sekt ist weit überschwefelt und macht so nur einen sehr schlichten Eindruck.
12,5 - 13,5 Punkte

14. 2002er Cramant brut, Chardonnay, Guy Larmandier, AC Champagner Grand Cru
35,- Euro
Helles Gelb.
Feine gelbe Äpfel in der Nase.
Honig und Äpfel im langen Nachhall.
Saftiger leckerer Wein.
Der Honigton polarisiert: die Mehrheit wertet 14,0 Punkte, die Minderheit 16,0 Punkte.

Als Abschluss gab es noch eine kleine Abstimmung, ob zu guter letzt - einfach so zum Vergleich - eine klassische Champagner-Cuvée zusätzlich aufgemacht werden sollte. Natürlich gab es keinen Widerspruch und so gab es gegen einen Fünfer Sekt Nr. 15.

15. Brut Tradition, Egly-Ouriet, AC Champagne Grand Cru (degorgiert 2006)
80,- Euro
Feine mittlere Perlage.
Reiches, attraktives Bukett nach Röstaromen, Äpfeln und roten Blüten.
Im langen Nachhall finden sich Blüten, Äpfel und Brioche.
Saftiger, eleganter runder Sekt mit festen lebendigen Säuren . Viel Delikatesse.
17,5 - 18,5 Punkte.

Als der Chronist ein kleines Fazit zog, dass blanc des blancs rassiger und sicher zu Austern gut geeignet sei, die Cuvées mit roten Trauben aber doch mehr Fülle und Aromenvielfalt verleihen, klappte der Mund der Masse endgültig auf und sie vergaßen, den Chronisten zu foltern, zu teeren und zu federn, wie das sonst Brauch gewesen war und damit konnte dieser beschwingt und heiter wie der Rest der Probanden mit seiner Göttergattin nach Hause eilen.

Wolfgang

PS: es wäre sicher interessant zu untersuchen, mit welcher seiner Frauen der Große Karl blanc des blancs getrunken hatte:
mit der früh verstoßenen Himiltrud, der verhaßten Desiderata, der geliebten Hildegard (die er vom 13. Lebensjahr an solange schwanger hielt, bis sie mit 29 Jahren entkräftet dahinschied), der dämonischen, morbid schönen Fastrada oder der bescheiden sportiven Luitgard ?
Schließlich gehörten ihm die Weinberge zu dieser Zeit.
Wir wissen es nicht, aber wir denken, dass seine schöne Tochter Hrothrud, nachdem sie den Türken nicht heiraten durfte, sich mit Graf Rorich von Mainz beim blanc des blancs tröstete, während die kräftige Bertha mit ihrem Abt Angilbert wohl eher Landwein zu sich nahm.

Sicher ist aber, daß "nur Guntrada, die Nichte des Königs, die Siegespalme der Keuschheit erhielt, denn nur ihr gelang es, unter dem sinnlich nach dem Manne Rasenden, ohne zu Straucheln im Sinne der Begierden, die Sinneslust zu überwinden" .
Sicher ist also, dass Guntrada gar keinen Champagner sondern Milch vom Charolais getrunken hat.