Koelner Weinforum Protokoll: Blanc de Noirs aus der Champagne und anderswo
Blanc de Noirs aus der Champagne und anderswo
zusammengestellt von Fritz Zickuhr und Kilian
Protokoll von Dominik Ziller
Probiert wurde:
1. Christophe Mignon Champagne Millesime 2002, 100% Pinot Meunier
2. Domaine de Carrigot Champagne Blanc de Noirs Brut
3. Jose Dambron et Fils Champagne Reserve Brut
4. von Buhl Spaetburgunder Blanc de Noirs 1999
5. Arnaud Billard Champagne Grande Reserve
6. Pommery Champagne "Wintertime"
7. Schloss Vaux Assmannshaeuser Hoellenberg Spaetburgunder Blanc de Noirs
8. Thierry Perrion Champagne Grand Cru Brut 2002
9. Egly-Ouriet Champagne "Les Vignes de Vrigny" Premier Cru
10. Arnaud Billard Champagne Vieilles Vignes
11. Duval Leroy Champagne Rosé de Saignee
12. Moet et Chandon Champagne "Les Sarments d´Ay" Blanc de Noirs
13. Maurice Philippart Champagne Brut Premier Cru "Cachet Rouge"
14. Veuve A. Devaux Champagne Blanc de Noirs
15. Vigne d´Or Blanc de Meuniers
16. Andre Clouet Champagne "1911"
17. Egly-Ouriet Blanc de Noirs Grand Cru "Les Crayeres"
Nachdem ich kürzlich noch vom Mehlemer Dom berichten durfte, folgt heute
wieder einmal ein Bericht aus den Katakomben der Koelner Dorfkirche, in
denen sich die Seilschaft regelmaessig zu ihren Andachten versammelt.
Man kennt das ja aus Koeln: Macht man etwas einmal, heisst es: Dat iss
jooot!
Macht man es im folgenden Jahr wieder, so gilt: Dat iss jooot, weil,
dat iss Tradition!
Macht man es im dann folgenden Jahr erneut, gilt fuer
alle Zeiten: Dat iss joot, weil, dat iss Brauchtum!
Das entscheidende beim
Brauchtum ist, dass es nahezu unmoeglich ist, ein einmal eingerissenes
Brauchtum jemals wieder abzuschaffen.
So fuegt sich der Koelner Jahr fuer
Jahr nur widerwillig in den Karneval. Der ja eigentlich albern ist. Aber
eben Brauchtum. Und damit nicht auch nur im Entferntesten zu hinterfragen.
Die Koelner Seilschaft hat vor drei Jahren im Herbst einmal den Messwein
ihrer Andachten durch Champagner ersetzt. Vor zwei Jahren wiederholte sich
das. Und auch im letzten Jahr hatten wir eine Sprudelweinprobe. Rumms war
die alljaehrliche Champagnerprobe Brauchtum!
Damit stand schon lange vor
Jahresbeginn 2007 fest, dass es nicht moeglich sein wuerde, eine
Champagnerprobe in diesem Herbst zu vermeiden.
Wobei wir Koelner bei Brauchtumsveranstaltungen dann nicht mehr von "Probe"
sprechen, sondern von der Session (bitte auf keinen Fall englisch
aussprechen - wir trinken ja auch keinen englischen Champagner - korrekt
artikuliert man vielmehr so, dass man zunaechst "Sess" wie die erste Haelfte
von Sessel ausspricht, dann eine kaum wahrnehmbare Pause macht und dann ein
-ion anhaengt, dass im Idealfall wie der Vorname von Tiriac klingt).
In
schweren Faellen, also bei besonders heftigen Proben, ist gelegentlich auch
die Bezeichnung "Kampagne" einschlaegig. Oder kurz "Kampa". Was wiederum
auszusprechen ist wie die ersten zwei Drittel von Campari - solange man zu
fehlerfreier Aussprache noch in der Lage ist. Das ist bei den Koelner
Sessionen regelmaessig so etwa bis zum 17. Wein der Fall.
Was folgt, ist nun also der Bericht von der Kampa 2007.
Es gab Blanc de
Noirs-Champagner:
1. Christophe Mignon Champagne Millesime 2002, 100% Pinot Meunier (18,00
Euro)
Sehr schoene Nase, feine Roestaromen, am Gaumen schon ein gewisser Reifeton,
sehr cremig, relativ kraeftige Saeure.
Etwas einfach gestrickt - der
Elbling-Sekt unter den Champagnern.
Frucht eher dezent, sehr reifer Apfel,
muerbe Birne.
Im Schnitt 84 bis 85 Punkte aus der Runde, wobei das Spektrum
von 80 bis 86 reichte.
2. Domaine de Carrigot Champagne Blanc de Noirs Brut (13,00 Euro)
Nase eher schlank, wenig attraktiv.
Am Gaumen unrund, etwas zu suess, keine
Frucht.
Unschoener metallischer Ton. Leichte Toastaromen.
Im Schnitt 76
Punkte, wobei das Spektrum von 70 bis 78 reichte.
3. Jose Dambron et Fils Champagne Reserve Brut (11,80 Euro)
Nase sehr hefig, brotig. Am Gaumen angenehme Brioche, dazu ein leicht
gaeriger Apfel.
Ziemlich lebhafte Perlage, relativ hohe Dosage. Davon
abgesehen aber sehr rund, recht kraeftig und ziemlich lang.
Angesichts des
zivilen Preises ein absoluter PLV-Knueller.
Das Spektrum in der Runde
reichte von meinen 83 bis hinauf zu 87 Punkten, wobei der Schnitt eher in
der oberen Haelfte des Spektrums lag.
4. Pirat: von Buhl Spaetburgunder Blanc de Noirs 1999 (15,00 Euro)
Ziemlich gealterte Nase, darin stoeren ein leicht waechserner Ton und eine
Spur Gummi.
Am Gaumen recht cremig, ziemlich kraeftige Perlage.
In der
Aromatik ein deutlicher Anklang an Spaetburgunder, jedoch ziemlich matt.
Dazu eine leichte Firne, die eher unangenehm auffiel und den Sekt unrund
machte.
80 bis 83 Punkte aus der Runde, zweimal gab es auch nur eine 75 und
die Wertung "fast fehlerhaft".
Eine gewisse Enttaeuschung, derselbe Sekt aus
demselben Jahrgang hatte bei frueheren Proben durchaus zu ueberzeugen
gewusst. Offenbar haben wir eine suboptimale Flasche erwischt.
5. Arnaud Billard Champagne Grande Reserve (Cuvee aus Pinot Noir und Pinot
Meunier, 15,00 Euro)
Nase hefig, dazu ein schon etwas aelterer Fallobstapfel, aber nicht
unangenehm.
Am Gaumen malzig, dazu wieder der muerbe Apfel. Relativ lang,
vor allem der Hefeton ist sehr persistent.
Kraeftig und voll, auch ziemlich
dicht, irgendwie aber nicht ganz ausgewogen.
Im Schnitt bekam er 85 Punkte,
das Spektrum reichte von einem Ausreisser bei 81 bis hin zu 87.
6. Pommery Champagne "Wintertime" (80 Prozent Pinot Noir, 20 Prozent Pinot
Meunier, 34,50 Euro)
Der Sieger des Abends! Jedenfalls waere er das gewesen, haetten wir einen
Wettbewerb um die geschmackloseste Flasche oder das haesslichste Etikett
veranstaltet.
Ansonsten mehr lari als fari - oder umgekehrt.
Nase muffig,
auch am Gaumen irgendwie muffig/unsauber. Dennoch ist hinter dem Muff ein
handwerklich guter Champagner versteckt, feine Perlage, gute Balance von
Suesse und Saeure.
Aber wir waren aus den Vorjahren gewarnt, wo wir bei
Pommery schon einmal auf Flaschenfehler getippt, eine zweite Flasche
aufgemacht und dieselben Schwaechen festgestellt hatten.
Ehe das mit der
Konterflasche bei Pommery Brauchtum wird, haben wir diesmal darauf
verzichtet. Brauchtum ist aber, dass Pommery verrissen wird.
Was wir auch
diesmal guten Gewissens tun konnten - das Spektrum reichte von meinen 72 bis
zu 82 Punkten, der Schnitt lag wohl irgendwo knapp unter 80.
By the way:
Fuer diesen Preis gegenueber den bisher verkosteten Gewaechsen klarer
Verlierer jedes PLV-Wettbewerbs!
7. Pirat: Schloss Vaux Assmannshaeuser Hoellenberg Spaetburgunder Blanc de
Noirs (19 Euro)
Feine, beerige Nase, pinotig.
Am Gaumen sehr filigran, zarte Perlage,
schoene erdbeerig-pinotige Frucht.
Wunderbar cremig, sehr gut balanciert,
tolle Laenge, ausserordentlich harmonisch.
Einhelliges Votum: 88 bis 89
Punkte, ein grossartiger Sekt!
8. Thierry Perrion Champagne Grand Cru Brut 2002 (aus der Magnum. 100
Prozent Pinot Noir, 30,00 Euro fuer die Magnum)
Feine, kreidig-hefige Nase, recht harmonisch.
Am Gaumen sehr weich, etwas zu
suess vielleicht, ich wuerde ihn niedriger dosieren.
Insgesamt ein wenig
oberflaechlich, vor allem im Abgang wirkt er sehr einfach. Alles andere als
rebsortentypisch.
81 bis 86 Punkte, der Schnitt lag um die 83.
9. Egly-Ouriet Champagne "Les Vignes de Vrigny" Premier Cru (100 Prozent
Pinot Meunier, 30,00 Euro)
Laengst ist Egly-Ouriet kein Geheimtipp mehr, fuer mich eines der Haeuser,
die in den letzten Jahren den Anschluss nach ganz vorne geschafft haben.
Sehr champagnereske Nase, ueberschwaenglich, mit angenehmen Roestnoten.
Am
Gaumen aehnlich charaktervoll, feine Frucht, kraeftige Roestnoten, leichter,
sehr angenehmer Reifeton.
Sehr weinig, wunderbar komplex, beachtliche Tiefe
und tolle Laenge.
Die meisten sahen ihn um die 91 Punkte, ich gehe sogar auf
92, zwei Kritiker, die mit dem Stil nicht so gut zurecht kommen, verteilen
geizige 83 und 85 Punkte.
10. Arnaud Billard Champagne Vieilles Vignes (Pinot Meunier und Pinot Noir
25,00 Euro)
Das Etikett ist Geschmackssache, sicherlich verfuegt es ueber eine hohe
Puffkompatibilitaet.
Nase etwas oxidativ, dazu ein kraeftiger Kraeuterton
und ein Hauch von Honigbonbon.
Am Gaumen relativ hefig, etwas schales Bier,
aber auch recht pikante, kraeutrige Noten.
Hohe Saeure. Nicht der
differenzierteste. Einige finden Hustinetten. Anderen sehen ihn als "guten
Bauernchampagner".
Im Schnitt 83 Punkte, einer vergab sogar eine einsame 86.
11. Duval Leroy Champagne Rosé de Saignee (100 Prozent Pinot Noir, 29,00
Euro)
Duval Leroy ist auch laengst kein Geheimtipp mehr und ausserdem eines meiner
Lieblingshaeuser.
Ebenso lange wie meine Begeisterung fuer Duval hat sich
aber auch meine Entgeisterung ueber den Rosé gehalten, der eigentlich
sowieso nicht in eine Blanc de Noirs-Probe gehoert haette.
Leider war auch
diese Flasche wieder hochgradig belanglos. Das ist um so schlimmer als der
Champagner bei einigen Importeuren in Deutschland sogar bis zu 45 Euro
kosten soll.
Wir notierten: Nase sehr erdbeerig, ziemlich eindimensional.
Am
Gaumen ebenfalls ziemlich erdbeerig, aber auch eindimensional.
Insgesamt zu
glatt, gefaellig und belanglos, wenn auch von ganz ordentlicher Laenge.
80
bis 83 Punkte.
12. Moet et Chandon Champagne "Les Sarments d´Ay" Blanc de Noirs (100
Prozent Pinot Noir, normal 99,00 Euro, wir haben ihn fuer die Haelfte
bekommen)
Nase kraeutrig-pikant, leicht oxidativ.
Am Gaumen wunderbar cremig, der
harmonischste von allen bis hierhin verkosteten Champagnern.
Exzellente
Laenge, perfekt dosiert, rund und elegant.
Phantastischer, toastig-cremiger
Abgang.
Das Spektrum reichte hier von 88 (einige fanden die Nase nicht ganz
rund) bis zu meinen 93 Punkte. Der Schnitt duerfte um die 91 gelegen haben.
13. Maurice Philippart Champagne Brut Premier Cru "Cachet Rouge" (26,00
Euro)
Nase eher cremig-hefig, insgesamt schlank.
Am Gaumen penetrant-metallisch.
Zwar feine Perlage, handwerklich gut, aber geschmacklich desastroes.
Die
meisten sehen ihn zwar wesentlich besser als ich, so richtig begruenden kann
das aber keiner.
Ich gebe 73 Punkte, die meisten so um die 82, einer auch 85
und ein Wahnsinniger gar 88.
14. Veuve A. Devaux Champagne Blanc de Noirs (29,50 Euro)
TCA - warum hat der keinen Schrauber?
15. Vigne d´Or Blanc de Meuniers (100 Prozent Pinot Noir, 46,00 Euro)
Sehr schoene champagnereske Nase, hefig mit leichtem Reifeton, etwas
oxidativ.
So auch am Gaumen, dabei feine Perlage, sehr cremig, eine Spur
Sherry in der Aromatik - der Krug des armen Mannes.
Na ja, des halb armen
Mannes, 46,00 Euro sind fuer diesen Champagner schon ein Wort.
88 bis 90
Punkte aus der Runde, ein Ausreisser vergibt nur 85.
16. Andre Clouet Champagne "1911" (100 Prozent Pinot Noir, 55,00 Euro)
Leicht stechend in der Nase, leichte Schaerfe auch am Gaumen.
Davon
abgesehen aber ein hervorragender Champagner.
Feine Frucht, leicht
oxidativer Reifeeinschlag, feine Cremigkeit, dicht, tolle Laenge, sehr
elegant.
90 bis 93 Punkte, wobei der Schwerpunkt bei den 93 lag.
17. Egly-Ouriet Blanc de Noirs Grand Cru "Les Crayeres" (100 Prozent Pinot
Noir, 72,00 Euro)
Kreidige, sehr differenzierte Nase, man meint die Cremigkeit fast schon zu
riechen.
Am Gaumen wunderbar kraeftig, differenziert.
Leichter Reifeton,
dennoch sehr frisch, herrlich balanciert, ausgewogenes Verhaeltnis von
Suesse, Sauere und Kohlensaeure.
Tief und lang.
91 bis 95 Punkte - mit
Schwergewicht bei 93/94.
Die Mehrheit sieht ihn als Sieger der Probe,
waehrend einige den Clouet bevorzugen.
Wenn wir auf dem Niveau weitermachen, steht einer weiteren Champagnerprobe
im kommenden Jahr nichts entgegen! Verhindern kann man sie aber sowieso
nicht: Brauchtum!!!
Gruesse aus der Domstadt Mehlem
Dominik