Ribera del Duero, Spanien
zusammengestellt von Wolfgang Schön
Protokoll Wolfgang Martin
Probiert wurde :
1. 2001er Crianza, Bodega Vina Mayor,
2. 2002 Comenge, Bodega Comenge,
3. 2004er AVAN Nacimiento, Bod. Juan M. Burgos,
4. 2004er Alonso del Yerro, Vinedos A.d.Yerro,
5. 2003er Crianza, Bod. Pago de Carraovejas,
6. 2001er Crianza, Téofilo Reyes,
7. 2003er AVAN Concentration, Bod. Juan M. Burgos,
8. 2003er Aalto, Bodega Aalto (Mariano Garcia),
9. 2004er Maria Alonso del Yerro, Vinedos Alonso del Yerro,
10. 2001er Reserva, Bod. Pago de Carraovejas,
11. 2003er Flor de Pingus, dom. De Pingus, Peter Sissek,
12. 1995er Crianza, Finca Villacreces,
13. 1995er Crianza, Hacienda Monasterio,
14. 1995er Alion, Fam. Alvarez (Vega Sicilia),
15. 1996er Alenza, Condado de Haza (A. Fernandez),
16. 1989er Gran Reserva Val Soltillo, Bod. Ismael Arroyo,
17. 1994er Gran Reserva Pesquera, Alejandro Fernandez,
18. 1996er Valbuena 5°, Bod. Vega Sicilia,
Zweiter Versuch, den Don Quijote zu retten - Kölner trinken
Ribera del Duero
Vor langer, langer Zeit erwachte mitten in der Mancha das
edle Blut eines heruntergekommenen Adligen und ließ ihn
nach großen Taten dürsten !
Sollte der geneigte Leser jetzt irritiert sein - wegen
angeblich aufwachenden, womöglich gähnenden und sich
reckenden Blutes sowie dem Durst nach Taten statt nach
Wasser, Schnaps, Bier oder Rebensaft - so kennt er La
Mancha nicht.
Die ist zwar wahrscheinlich das größte
Weinanbaugebiet der Welt und stellt mit der Sorte Airen
die meistgepflanzte Rebsorte auf Erden, ist aber ansonsten
so verschlafen, dass das mit dem Wein bis heute noch
keiner richtig gemerkt hat und auch die roten Blutkörperchen
von Mensch, Vieh und Zecke ständig am Einnicken sind und
versäumen, Sauerstoff ins Zerebralsystem zu transportieren.
Im Sommer ist es zudem auf der staubigen Hochebene so heiß,
dass nur noch ein Bedürfnis bleibt - Durst ! Durst auf alles,
was denkbar ist.
"Ich habe Durst auf Dich", flüstert der
Verliebte seiner Braut ins Ohr;
"ich habe Durst auf Madrid",
ruft der dem Staub entfliehende, wenn er in den Bus zur
Hauptstadt steigt,
"tengo sed para dormir", murmelt das
rote Blutkörperchen, wenn das Gehirn wieder nach Sauerstoff
schreit.
Damit sind sie uns Kölschen sehr sympathisch, die Menschen
der Mancha, fürchten doch auch wir nichts mehr als - den
jroßen Doosch.
So kann also in La Mancha sehr wohl edles Blut erwachen
und nach großen Taten dürsten. Was auch heute noch passiert.
Es muss wohl ähnlich wie damals gewesen sein, als der Marques
de Grinon im Meer des Airen auf einmal Cabernet pflanzte und
mit seinem Dominio de Valdepusa einen Rotwein aus der Mancha
vorstellte, der als Flasche etwa soviel wie ein Hektoliter des
normalen Mancha - Rebensaftes kostete und sich dann aufmachte,
damit Ehre und Ruhm im Wettstreit mit den Edlen von Bordeaux
und Bourgogne zu gewinnen.
Es bleibt zu befürchten, dass
dieser Vorstoß eines einzelnen um die Qualität des
regionalen Weines der Mancha ebenso endet wie der
einsame Kampf des Ritters von der traurigen Gestalt
gegen die ruchlosen Yangüesen, als diese den Rosinante
verdroschen hatten - mit einer bitteren Niederlage.
Es ist lange her, dass das edle Blut erwachte, aber
für die Taten, die dieser Don Quijote zu tun gedachte,
war es wohl schon zu spät.
Und so berichtet die spanische
Nationallektüre auch meistens von der Prügel, die dieser
selbstlose Mensch einstecken musste, und wie er des öfteren
fast zu Tode gekommen ist, als er das goldene Zeitalter der
Ritterschaft wieder zum Leben erwecken wollte. Damit gleicht
er dem Chronisten, was die Prügel angeht, die dieser in
seinem Kampf um Wahrheit, Gerechtigkeit und Verteidigung
unschuldigster Reben für seine Protokolle zu bekommen pflegt.
Als Don Quijote von seiner ersten Ausfahrt zwar zum Ritter
aber auch sonst recht geschlagen zurückgebracht wurde,
waren seine Haushälterin und seine Nichte in größter Sorge.
Die Nichte fürchtete wohl um ihr Erbe und die Haushälterin
um ihren Job, das Abrutschen über Harz IV geradewegs in
Prekariat, was damals in Spanien mindestens so prekär war,
wie es heute bei uns klingt (wobei wahrscheinlich keiner so
genau weiß, was das ist. Aber auf die Söhne des Chronisten
macht es erheblich größeren Eindruck als die Warnung vor
der Landung in der Gosse, weil Gossen nur noch in Anwesenheit
von Baggern zu sehen sind, während das Prekariat jeden
Nachmittag in diversen Talkshows im Fernsehen zu
besichtigen ist.
Wahrscheinlich bezeichnet Prekariat
den finanziellen Zustand aller Pflichtversicherten,
die sich nach der Gesundheitsreform nicht mehr den
Zahnarzt leisten können und sollte eigentlich pre-kariös heißen).
Wie dem auch sei, Nichte und Haushälterin versuchten
das Übel an der Wurzel zu packen. Sie stifteten den
Barbier und den Lizentiaten an, die ganze Ritterbuchsammlung
des Don zu vernichten, wobei die Haushälterin in der
Nachfolge der gestrengsten Inquisition für alles und
jedes Büchlein den Scheiterhaufen und damit sein
vollständiges Ende forderte.
Frauen ! Als ob sie verstünden, warum wir Männer
verrückt werden ! Als ob ein Mann jemals durch das
Lesen von Büchern freiwillig vom Sofa heruntergekommen
und in die weite Welt geritten sei, wie es unser Don
Quijote dann tat.
Das macht Mann nur, wenn der Chef
das unbedingt will, wenn der Fußballverein ein
Auswärtsspiel hat, wenn Madonna in der Nachbarstadt
singt oder wenn Mann meint, dass Mann nicht zu Hause
ist und Mann deshalb unbedingt nach Hause will.
Da Don Quijote verbürgter Maßen keinen Chef besaß,
Real Madrid auch damals nicht so richtig gut war,
Madonnen zur Zeit der Geschichte still in Kirchen
standen, kann nur der letzte Grund den Ausschlag
für den Ritter gegeben haben, den Rosinante zu
satteln und loszuziehen. Er wollte nach Hause !
Was bringt einen Mann dazu, zu Hause zu sein und doch
nach Hause wollen und deshalb außer Haus zu stolpern?
Bücher bestimmt nicht. So hat doch der Chronist Prinz
Eisenherz gelesen und ist nicht den Gral suchen gegangen.
Und die Reblaus hat Nick den Raumfahrer verschlungen und
ist doch nicht ins All entschwunden, sondern versucht nur,
seine Ministerin auf den Mond zu schießen.
Und unser Hein
als Tarzan-Fan schützte jahrelang seine Riesen-Goldfische
vor den Fressgelüsten irgendwelcher Janes, die sein
(mittlerweile verheirateter) Sohn ins Haus schleppte.
Schopenhauer, der könnte einen vielleicht von zu Hause
fliehen lassen - aber wer liest schon Schopenhauer ?
Es kann nur einen Grund für den Ausritt des Don Quijote
von Hause nach zu Hause geben und das muss der Rebensaft
sein !
Nur der vermag einen Mann darin in die Irre zu
führen, wohin er eigentlich gehört. Ist es doch schon
manchem Seilschafter so gegangen, dass er nach der Probe
Stein und Bein geschworen hat, er sei in den Katakomben
unseres geliebten Frischmarktes zu Hause und wolle sich
auf der Palette mit Petrus zur Nachtruhe niederlegen, so
schlafe er schließlich immer.
Dass die Sache bei unserem
Don anders herum verlief, ist den meisten unter uns auch
bekannt: man sitzt im eigenen Weinkeller, hat gerade
seinen Lieblingswein ausgetrunken, kann somit den
Lieblingswein nirgends wo mehr finden, kann also
nicht in seinem Weinkeller sein und muss unbedingt
sofort raus nach Hause seinen Lieblingswein trinken....
Die Nichte und die Haushälterin, Lizentiat und Barbier
hätten also nicht die Bibliothek sondern den Weinkeller
des Edelmannes plündern und vermauern sollen ! Das hätte
den guten Don verbittert und griesgrämig zwar, aber
immerhin im eigenen Bett leiden und schließlich sterben lassen.
Da wir wissen, wie schlecht unser Edelmann von der Welt
draußen behandelt wurde und um ihn vor aller Prügel zu
schützen, die man ihm, seinem Pferd und seinem Knappen
dann verabreichte, machte sich die Kölner Seilschaft an
einen wirkungsvolleren Versuch, den Don Quijote zu retten.
Da wir nicht den Schlüssel zu seinem Weinkeller besaßen,
versuchten wir uns daran, alles Trinkenswerte aus seiner
Nachbarschaft wegzutrinken, was fast so verwegen wie die
Taten des Amadis oder des Gallagehars war, aber
entschieden mehr Spaß machte.
Nun war der Don ein Edelmann und hatte bestimmt keinen
Airen im Keller. Der Dominio de Valdepusa entfiel auch,
weil dieser - wie berichtet - ja erst von seinem Urenkel
erfunden worden ist.
Aber kastilisch musste der Wein
natürlich sein, schließlich hielt der Don auf seine
edle Herkunft und hätte nie vom Ebro oder gar den
Katalanen genascht.
Wir nahmen uns darum den Cervantes zu Hilfe:
"Hierauf,
um Euch als gelehrt in den schönen Wissenschaften und
als welt- und länderkundige Männer zu zeigen, legt es
so an, dass in Eurer Chronik der Fluss Tajo benannt
werde, und gleich seht ihr Euch wieder mit einer
wundersamen Anmerkung versorgt, indem Ihr hinsetzt:
"Der Fluss Tajo wurde nach einem spanischen König
so benannt; er hat seinen Ursprung an dem und dem
Ort und verliert sich im Großen Ozean, nachdem er
die Mauern der berühmten Stadt Lissabon geküsst,
und man meint, er führe Goldsand usw."."
Der Fluss Tajo wurde nach einem spanischen König benannt,
hat einen Ursprung, verliert sich im Großen Ozean, nachdem
wir die Lisbeth geküsst haben, und die Seilschaft trank
Ribera del Duero.
Als Lizentiat waren der Rösrather und als Barbier der
Herr der Katakomben aufgefordert, auszusuchen aus dem
teuflischen Weinkeller und uns das vorzusetzen, was wir
als Nichten und Haushälterinnen dann ihrem sicheren Ende
zuführen würden.
Die Chronik der Rettungstat sei hiermit
verkündet:
1. 2001er Crianza, Bodega Vina Mayor,
13,5% vol Alk., 12 Monate amerikanische Eiche, 11,90 Euro:
dunkle schwärzliche Farbe.
Brombeeren in der Nase, andere
schwarze Beeren dazu am Gaumen.
Fruchtig ohne marmeladig
zu sein. Es stört nichts, vielleicht fehlt es etwas an
Länge. Ein schöner Einstiegswein und ein wohlfeiler
Trunk für Sancho Panza.
14,0 - 14,5 Punkte von allen
2. 2002 Comenge, Bodega Comenge,
12,5% vol.Alk., 10 Monate französisches Barrique, 12,50 Euro:
dunkles Granatrot.
Dunkle Beeren und Sandelholz im Bukett.
Dunkle Beeren, etwas grüne Tannine und ein Bitterschwanz
im Geschmack.
Es fehlt an Harmonie, sonst hätte der Wein
vielleicht mehr Charakter als sein Vorgänger. Ein wenig
störrisch wie das Mietmaultier, als der Barbier in der
Sierra Morena beim Lizentiaten aufsteigen will.
13,5 Punkte von der Mehrheit,
einer findet den Wein flach (12,5 Punkte)
3. 2004er AVAN Nacimiento, Bod. Juan M. Burgos,
14,5% vol.Alk., 12 Monate Allier-Eiche, 15,90 Euro:
schwärzlich mit lila Rand.
Dunkle Beeren und Rumtopf
in der Nase.
Viel Beerensaft und etwas Marmelade im Mund.
Fester Wein, dessen Power die Mehrheit schätzt.
So stark wie der Arm, den der tapfere Ritter Königin
Mikomikona reicht. Nur dem Chronisten etwas zu alkoholisch
und marmeladig
(14,0 Punkte), der Rest vergibt 15,0 Punkte.
4. 2004er Alonso del Yerro, Vinedos A.d.Yerro,
13,0% vol.Alk., 12 Monate Allier-Eiche, 19,50 Euro:
Schwarzlila.
Sandelholz und dunkle Beeren in der Nase.
Bitterschokolade und Gewürze im Mund, dabei ein kleiner
Bitterschwanz.
Der Wein polarisiert: die einen schätzen
seine dichte und stämmige Struktur und denken, dass der
Wein zu jung ist und harmonischer werden wird (15,0 Punkte),
die anderen führen den Bitterton auf grüne Tannine zurück
(13,0-14,0 Punkte). Zur Wiedervorlage und wie Dulcinea
del Toboso, wie der unverständige Sancho Pansa sie beim
Weizensieben schaut.
5. 2003er Crianza, Bod. Pago de Carraovejas,
14,0 % vol.Alk, 60% amerikanische, 40% französische Eiche, 16,50 Euro
:
Sehr dunkle Farbe.
Vanille und Beeren in Nase und Mund.
Rund geschmeidig, "Frauenwein" recht nachhaltig.
Wie der Wanst des Lizentiaten.
14,5 - 15,0 von der
Mehrheit, wegen Vielschichtigkeit und guter Struktur
von einem Teil auch 16,0 Punkte.
6. 2001er Crianza, Téofilo Reyes,
neben dem üblichen Tempranillo auch 1% der Rebsorte Albillo,
16 Monate in französischer und amerikanischer Eiche, 18,00 Euro:
dunkel mit Orangerändern.
Neben dunklen Beeren etwas Liebstöckel
in der Nase.
Am Gaumen schon Reifetöne und Kräuter.
Nachhaltig,
sehr harmonisch und eine elegante Erscheinung wie die tugendhafte
Camilla, die erst nach solchem Weine sich dem Lotario hingab.
Alle einigen sich auf 15,5 - 16,0 Punkte
Nach dieser Runde junger Basisweine (allerdings von
Spitzenerzeugern der Region) hatte der Lizentiat
jetzt die Premiumweine derselben Erzeuger gestellt,
aus ebenso aktuellen Jahrgängen
7. 2003er AVAN Concentration, Bod. Juan M. Burgos,
14,0% Alk., alte Reben, 14 Monate Allier-Eiche, 27,50 Euro:
sattes Schwarzlila.
Wilde Waldbeeren in der Nase, dazu
Kräuter am Gaumen.
Wuchtiger Wein, der in (weiser)
Vorhersage des Boxkampfes am Abend "so reinhaut,
wie Axel Schulz gleich verprügelt wird" und so
unbesiegbar wie die Windmühlen, die den Don vom
Rosse werfen.
Den meisten etwas überkonzentriert
(15,0 Punkte), ein Wuchttrinker vergibt auch 16,0 Punkte.
8. 2003er Aalto, Bodega Aalto (Mariano Garcia),
14,5% vol.Alk, 18 Monate Allier-Eiche, 26,50 Euro:
Sehr dunkle Farbe.
Brombeere und etwas störenden
Alkohol in der Nase.
Im Mund Vanille und Beerenaromen.
Ein dichter, voller Wein mit Kraft und doch viel Eleganz.
Die schöne Schäferin Marcela.
Einhellige 16,0 - 17,0 Punkte
9. 2004er Maria Alonso del Yerro, Vinedos Alonso del Yerro,
14,0% vol.Alk. 18 Monate Darnajou- und Allier-Eiche, 39,80 Euro:
Opakes Schwarz.
Das Bukett erscheint fast gespritet.
Eukalyptus
und Minze am Gaumen.
Der Riese, der das Königreich Mikomikon
bedroht, sich aber nach mehreren Hieben des Ritters in der
Schenke nur als Weinschlauch mit Airen erweist.
Laut der
Reblaus der überflüssigste Wein des Monats (12,0 Punkte),
die anderen lassen etwas mehr Gnade walten (14,0 Punkte),
können aber auch die vom Weinhändler deklarierte Komplexität
und das lange Finale nicht finden.
10. 2001er Reserva, Bod. Pago de Carraovejas,
80% Tempranillo + 20% Cabernet Sauvignon, 12 Monate
französische Eiche, 33,50 Euro:
Schwarzlila.
Holz und dunkle Beeren in der Nase
.
Beeren, Walnuss, Holz und süße Extrakte am Gaumen.
Runder und reicher Wein mit Delikatesse, konzentriert
aber dabei nicht eindimensional. Wird im Glas harmonischer.
Der Wanst, den Sancho Panza haben wird, wenn er denn vom
Don die Insul geschenkt bekommt.
Einhellige 16,0 - 16,5 Punkte.
11. 2003er Flor de Pingus, dom. De Pingus, Peter Sissek,
14,0% vol.Alk., 15 Monate französische Darnajou-Eiche, 49,50 Euro:
dunkle Farbe.
Holz und Schwarzkirsche im Bukett.
Dies
zusammen mit einem Bitterton auch am Gaumen.
Etwas herbe
Tannine. So eckig wie unser Ritter auf dem Rosinante.
Ein Teil stuft den Wein wegen mangelnder Harmonie auf
14,0 - 14,5 Punkte herab, der Rest vergibt 15,0 - 15,5 Punkte.
Wir kamen jetzt zur Abteilung gereifter Weine.
12. 1995er Crianza, Finca Villacreces,
Tempranillo + Cabernet Sauvignon + Merlot,
14 Monate in französischer Eiche, 18,00 Euro:
leicht bräunliches Granatrot.
Etwas heftiges Bukett
nach Wild und Brett.
Waldkräuter, Kuhstall und Haut
de Gout im Mund.
Wild wie Cardenio, wenn ihn in der
Sierra Morena die Erinnerung an Don Fernando überfällt.
Auf Anraten von Dominik wird dieser Wein wegen
Brettanomyces als fehlerhaft und unbewertbar erklärt.
Obwohl der Chronist sein Glas durchaus nicht wegkippen
wollte - aber der hat ja auf dem großen Treffen auf
Schloss Aul auch den 83er Haut Brion ausgetrunken.
13. 1995er Crianza, Hacienda Monasterio,
Tempranillo + Merlot + Cabernet Sauvignon, 24,- Euro:
sattes Schwarzrot.
Dunkle Beeren, etwas Wildkräuter und
rohes Fleisch in der Nase.
Kräuter und Beeren am Gaumen.
Etwas markant gewordene Säuren. Eleganz. Die kluge
Dorothea als Hirtenknabe verkleidet.
Eine Minderheit
findet den Wein etwas zu alt (15,0 Punkte), die Mehrheit
rühmt die schönen Kräuteraromen und wertet den reifen
Wein mit 16,0 - 17,0 Punkten.
14. 1995er Alion, Fam. Alvarez (Vega Sicilia),
14 Monate Ausbau in Eiche, 28,00 Euro:
opakes
Granatrot mit bräunlichem Rand.
Ein Korb dunkler
Beeren und animalische Töne in der Nase.
Dunkle Beeren,
Vanille und Sandelholz am Gaumen.
Lebendige Säuren,
Tiefe und Eleganz. Die schöne Dorothea in der Tracht der
Königin Mikomikona.
Der Wein polarisiert, wobei sich
die Gruppierungen des Vorgängerweins umdrehen: jetzt
finden ihn die anderen 2 Jahre zu alt (14,5 - 15,5 Punkte)
während die einen die lebendige Säure und die Reife auf
den Punkt loben und 16,5 - 17,5 Punkte geben.
15. 1996er Alenza, Condado de Haza (A. Fernandez),
30 Monate amerikanische Eiche, 30,00 Euro:
Lila, Braun und Schwarz mischen sich.
Animalische Noten
und Kuhstall finden sich in Mund und Nase.
Trotz eines
langen Abgangs wird der Wein von denen, die ihn kennen,
als fehlerhafte Flasche eingestuft.
Eine Jagdmethode
nach Art des Wirtshauses, in dem Don Quijote den
Riesen köpft: in den Wein kann man Wild einlegen
und wenn das Wild darin eingelegt ist, ist es auch
erlegt.
Keine Wertung der Runde.
16. 1989er Gran Reserva Val Soltillo, Bod. Ismael Arroyo,
35,00 Euro:
schwärzliche Farbe.
Kirschen, Laub und Alterstöne in der
Nase.
Süße Extrakte, Kirsche und etwas Holztöne im Mund.
Langer Nachhall, Tiefe, Eleganz.
Auf den Punkt gereift
und ihn Würde gealtert, wie Don Quijote es vorhat, wenn
alle Drachen getötet, alle Jungfrauen befreit, sein Ruhm
verbreitet ist und er in der Nähe Dulcineas seiner Minne
frönen kann.
Alle einstimmig 16,0 - 17,5 Punkte.
17. 1994er Gran Reserva Pesquera, Alejandro Fernandez,
49,00 Euro:
Sehr dunkle Farbe.
Wild und Waldkräuter in der Nase.
Waldkräuter und Malzextrakt am Gaumen.
Milde lebendige
Säuren, Harmonie, Eleganz und Delikatesse.
Lucinda,
Camilla oder Dorothea - wie es Euch gefällt.
Der Wein
müsste zu feinen Wildgerichten perfekt sein. Kein
Vergleich mit dem Vorgänger statthaft, da beides
eigenständige Weine mit eigenem Charakter sind.
Jeder ist angetan: 16,0 - 17,0 Punkte
18. 1996er Valbuena 5°, Bod. Vega Sicilia,
Tinto Fino + Cabernet Sauvignon + Merlot + Malbec, 62,00 Euro:
satte schwärzliche Farbe.
Ein Korb voller Beeren in Nase und
am Gaumen - ein anfänglicher Uhu-Ton verfliegt.
Langer
Nachhall und Tiefe. Sehr lebendige Säuren.
Diese werden
von der Mehrheit als zu dominant gegenüber einer eher
schlanken Frucht wahrgenommen, und man zeigt sich
enttäuscht vom kleinen Bruder des großen Vega Sicilia
Unico (14,5 - 15,0 Punkte).
Eine Minderheit um den
Chronisten findet gerade diese Säure sehr pikant
und bescheinigt dem Wein Finesse und 16,0 - 17,0 Punkte.
Wie man in den nachfolgenden Wochen in den Zeitungen nachlesen
konnte, war das Ziel der Seilschaftsprobe aufs Vollkommene
erreicht:
an Meldungen über die Narreteien eines fahrenden
Ritters in der Mancha fand sich nämlich - gar nichts !.
Auch Cervantes hat in der Zwischenzeit keinen Anlass gehabt,
einen neuen Band des Don Quijote in die Welt zu setzen und
selbst vom Marques de Grinon sind keine neuen Heldentaten zu
berichten.
Wir können die Rettung des Edelmanns also als
gesichert melden.
Es ist allerdings anzunehmen, dass der Junker vielleicht
doch die Bibliothek mit seinem Weinkeller vertauscht und
heut mit Sancho Panza neben den Weinschläuchen Platz
genommen hat.
Bei der Qualität der Weine aus Ribera,
die wir im Glase hatten, kann wirklich keine Lust auf
andere Abenteuer kommen und von Dulcinea wird erst ab
dem nächsten Glas geträumt
denkt sich Wolfgang
PS: Und was den Valbuena angeht, so könnte der Wein mit
der schönen Schäferin Marcela am Grab des von eigener
Hand gemeuchelten, liebesbekümmerten Grisóstomos nur
anmerken:
"Der Himmel schuf Vega Sicilia, wie ihr saget,
schön. Und von solcher Schönheit, dass sie, ohne dass
ihr anders vermöchtet, euch zwinge, Vega Sicilia zu lieben;
und um der Liebe willen, die ihr mir bezeigt, sagt ihr,
ja fordert ihr, soll ich verpflichtet sein, euch zu lieben,
und euch nicht mit Säuren stechen. ....
Aber das kann ich
nicht begreifen, wie so aus dem einzigen Grunde, dass es
geliebt wird, dasjenige, was man um seiner Schönheit
willen liebt, auch verpflichtet sein soll, den
Liebenden wieder zu lieben.
Zumal es sich ja ereignen
könnte, dass der Liebhaber des Schönen hässlich wäre...."
(und sie waren so hässlich, die ziegenpetrig diesen Wein
bemeckerten...!)
PS: der Spucknapf in der Mitte der Tafel war am Ende der
Veranstaltung nur sehr mäßig gefüllt.
Dies lag an der Güte
der Weine, aber mehr noch daran, dass das, was der Herr der
Katakomben zum Napf erkoren hatte, ausgerechnet der Helm des
Mambrins war.