Fränkische Weißwein Spitzen
zusammengestellt von Wolfgang Martin
Protokoll Guido Müller
Probiert wurde:
1) Bronnbacher Kemelrain 2004, Q. b. A. tr., Fürst Löwenstein
2) Müller-Thurgau 2004, QbA tr., Weingut J. Ruck
3) Müller-Thurgau pur mineral, 2005, Q. b. A. tr., WG Weingut P. Fürst
4) Bürgstadter Centgrafenberg Kabinett tr. 2004, WG Weingut P. Fürst
5) Casteller Schlossberg Spätlese tr. Gr. Gewächs 2004, Schloss Castell
6) Homburger Kallmuth (Asphodill) Spätlese tr. Gr. Gew. 2004, Fürst Löwenstein
7) Randesacker Pfülben Spätlese tr. Gr. Gew. 2004, Schmitt´s Kinder
8) Randesacker Sonnenstuhl Spätlese tr. Gr. Gew., 2004, J. Störrlein
9) Würzburger Stein Spätlese tr. Gr. Gew., 2002, Bürgerspital
10) Homburger Kallmuth, Spätlese tr. 2002, Fürst Löwenstein
11) Iphofener Julius - Echter Berg, Spätlese tr. 2002, J. Ruck
12) Bürgstadter Centgrafenberg Spätlese tr. 2004, Fürst
13) Homburger Kallmuth (Coronilla) Spätlese tr. Gr. Gew. 2004 Fürst Löwenstein
14) Randersacker Pfülben Spätlese tr. Gr. Gew. 2004, Schmitt´s Kinder
15) Escherndorfer Lump Spätlese tr. 2004, H. Sauer
16) Iphofener Julius - Echter Berg, Spätlese trocken, 2004, J. Ruck
17) Iphofener Julius - Echter Berg, Spätlese trocken, 2004, H. Wirsching
18) Randesacker Sonnenstuhl Spätlese tr. 2001, J. Störrlein
19) Homburger Kallmuth Spätlese tr., 2001, Fürst Löwenstein
20) Traminer "R" QbA tr. 2002, Fürst
21) Randersacker Marsberg Scheurebe Spätlese 2001, J. Störrlein
22) Bürgstadter Centgrafenberg, Riesling Spätlese Goldkapsel 1999, Fürst
23) Randersacker Sonnenstuhl, Silvaner Eiswein 2001, J. Störrlein
24) Escherndorfer Lump, Riesling TBA 2002, H. Sauer
"Wir geben uns einen Ruck!" -
Kölner Seilschaft probiert Weißweine aus Franken
Die Kölner Seilschaft hatte geladen, um die Tiefen der
chronistischen Vorratskammer auszuloten:
dort hatten sich
24 Weißweine aus Franken angesammelt, die der Chronist nunmehr
zur kritischen Bewertung stellen wollte.
In monatelangem Ringen
mit dem Hein um die Probefolge (Müller-Thurgau: ja oder nein?
Burgundersorten: ja oder nein? Eventuell ein ungarischer Pirat
als Absacker?) entstanden vier Verkostungsschwerpunkte:
zum
Warmtrinken etwas Müller-Thurgau (was dazu führte, dass die
weißen Burgunder in Gänze geopfert wurden, dies aber mit dem
Versprechen einer separaten Probe in naher Zukunft), sodann
Silvaner und Riesling und - zum Abschluss - einige süße
"Leckerchen".
Einen besonderen Wert hatte der ausrichtenden Chronist auf
die verschiedenen Böden gelegt: Weine vom Buntsandstein,
Keuper und Muschelkalk standen auf der akribisch
ausgearbeiteten Agenda - ob man wohl die Charakteristika
der einzelnen Böden in den Weinen wieder finden würde…?
"Frankenweine sind anders - und das nicht nur wegen der
Flaschenform des Bocksbeute." - so war es den einleitenden
Worten des Chronisten auf seinem Begleitmaterial zu entnehmen.
Und zumindest in einem Punkt ist dieser Aussage auch voll
beizupflichten - anders sind sie, nämlich beim Preis.
In dieser Probe war kein Riesling, kein Silvaner, den
es als Kabinett bzw. Spätlese unter einem zweistelligen
Eurobetrag nachzukaufen gäbe.
Das zeugt von
Selbstbewusstsein der fränkischen Winzer.
Und
provozierte im Probenverlauf doch das eine oder
andere Kopfschütteln…
I. Müller-Thurgau
1) Bronnbacher Kemelrain 2004, Q. b. A. tr., Fürst Löwenstein
(11,5 % Alkohol, Muschelkalk, 5,30 €)
Die Runde konstatiert eine fruchtige Nase mit erdigen Nuancen;
"anständige Qualität", eine leichte Bitternote im Abgang;
blumige Noten sind nicht zu entdecken;
"Terassenqualität",
die der Seilschaft 12 -12,5 Punkte wert sind.
2) Müller-Thurgau 2004, QbA tr., Weingut J. Ruck
(12%, Keuper, 7,00 €)
Verhaltene Nase, in der erdige Töne dominieren; schmale
Frucht, leider schon mit deutlichen Alterungstönen, kurz
im Abgang;
insgesamt unharmonisch;
die Runde vergibt
10 - 11 - 12 Punkte und ist wenig begeistert.
3) Müller-Thurgau pur mineral, 2005, Q. b. A. tr., WG Weingut P. Fürst
(12 %, Buntsandstein, 8,95 Euro)
In der Nase deutlich fruchtig blumiger als im Mund, hier wirkt der
Wein fruchtarm, mineralisch, was sich im mittellangen Abgang auch
fortsetzt.
Die Bewertungen hierfür gehen polarisierend weit
auseinander:11 -14 Punkte werden vergeben.
Den einen ist er
aufgrund seines Stils nicht sortentypisch genug, andere mögen
ihn allein deshalb.
II. Silvaner
4) Bürgstadter Centgrafenberg Kabinett tr. 2004, WG Weingut P. Fürst
(12 %, Buntsandstein, 10 Euro)
Blasses goldgelb; kräftige Nase, in der erdige Noten dominieren;
mittlerer Körper;
der Wein ist deutlich säurebetont, hat eine
leichte Bitternote im Abgang; auch im Abgang noch mal Säure,
was den Wein insgesamt etwas unharmonisch erscheinen lässt.
Schlecht ist er nicht, aber mehr als 13 -13,5 Punkte wollen
nicht vergeben werden.
5) Casteller Schlossberg Spätlese tr. Gr. Gewächs 2004, Schloss Castell
(13%, Keuper, 23,20 €)
Goldgelb; angenehm fruchtig-erdige Nase; im Mund gehaltvoll und
dicht, mit leichter Fruchtsüße - längerer, harmonischer Abgang;
vereinzelt ist aus der Runde zu hören, der Wein sei eher breit
als tief;
der Mehrzahl gefällt er aber, was sich in
14,5 -15 Punkten niederschlägt.
6) Homburger Kallmuth (Asphodill) Spätlese tr. Gr. Gew. 2004, Fürst Löwenstein
(12,5 %, Buntsandstein, 20 €)
Blasses goldgelb; auffallend zarte Nase; konzentrierte,
aber elegante Frucht, mit stimmiger, eher leichter Mineralität;
im Gegensatz zum Vorwein deutlich filigraner in der Stilistik;
längerer, harmonischer Abgang.
Die Seilschaft konstatiert,
dass der Winzer in allen Komponenten das richtige Maß
gefunden hat.
Unser Motto? Lasst Blumen sprechen:
15 - 16 - 18 Punkte!
7) Randesacker Pfülben Spätlese tr. Gr. Gew. 2004, Schmitt´s Kinder
(13%, Muschelkalk, 15,10 €)
Blasses goldgelb; schöne, leicht würzige Nase (Kräuter);
im Mund leichte Fruchtsüße, wirkt etwas diffus;
ein leicht
zugänglicher Wein, schmeichelnd, der im Abgang eine feine
Bitternote hat;
"Frauenwein" schallt es aus einer Ecke,
was aber zu hart ist: Noten zwischen 13 -15,5 fallen.
Dass die 15,5 von einer Frau kam, ist dabei allerdings
mehr als nur ein Gerücht…
8) Randesacker Sonnenstuhl Spätlese tr. Gr. Gew., 2004, J. Störrlein
( 14, Muschelkalk, 14,00 €)
Dichtes strohgelb; in der Nase zunächst Salbei (?), verfliegt
aber schnell im Glas.
Im Mund säurebetont und mineralisch dicht,
langer Abgang; im Gegensatz zum Vorwein deutlich robuster;
störend ist die Säure im langen Abgang, da sie einen
unharmonischen Eindruck hinterlässt.
13 - 15 - 15,5 Punkte hierfür.
9) Würzburger Stein Spätlese tr. Gr. Gew., 2002, Bürgerspital
(12%, Muschelkalk, 19,50 €)
Strohgelb; Deutliche Reifetöne entweichen dem Glas; kleiner
Körper, kurz im Abgang.
Der Wein ist deutlich über seinen Zenit.
Oder hat Kammerlagerung hier ihr übriges getan?
(Hofschuster
gibt 71 Punkte…und der war bestimmt noch nicht beim Chronisten
zu Hause, oder?)
Die Runde ist verwirrt: kann so ein großes Gewächs nach vier
Jahren so schmecken?!
Für uns ist es heute kein großes, eher ein totes Gewächs.
Einige Seilschafter erörtern nach dem Genuss des Weines spontan,
ihren Altersruhesitz bevorzugt in das Juliusspital zu verlegen.
Vorher zückten Sie noch 9 - 10 Punkte!
10) Homburger Kallmuth, Spätlese tr. 2002, Fürst Löwenstein
(12,5%, Buntsandstein, 12,50 €)
Kräftiges strohgelb; angenehm fruchtige Nase mit
Alterungstönen; ein Wein mit leicht exotisch anmutender
Frucht, der aber neben der deutlichen Säure (von einigen
als unharmonisch klassifiziert) schon deutliche Reifenoten
zeigt (daher vielleicht auch die Exotik);
Teile der
Runde denken, in seiner Jugend wäre er sicher besser
gewesen;
Tendenz aber allgemein: sehr bald austrinken:
13 - 14,5 - 16 Punkte hierfür.
11) Iphofener Julius - Echter Berg, Spätlese tr. 2002, J. Ruck
(12,5 %, Keuper, 18 Euro)
Goldgelb; deutliche Reifenoten in der Nase; die Frucht wirkt
gezehrt, alkoholisch; wenn man noch will, sollte man ihn sehr
bald austrinken.
Die Runde billigt diesem Wein (nur)
noch 10-12 -13 Punkte zu.
Fazit zu den Silvanern:
Sie sind eigenständig, teilweise
auch eigenwillig.
Neben der Gesteinsart ist es aber nicht
minder die Stilistik der Winzer, die prägend wirken.
Es machte bei den verkosteten Weinen den Eindruck, dass
man die Weine eher in ihrer Jugend bzw. den ersten
zwei/drei Jahren nach Abfüllung trinken sollte…
III. Riesling
12) Bürgstadter Centgrafenberg Spätlese tr. 2004, Fürst
(12,5 %, Buntsandstein, 15 Euro)
Helles goldgelb - würzig und erdig in der Nase, setzt
sich auch im Mund fort;
eher verhaltene (Zitrus-)Frucht,
mineralische Noten mit knackige Säure (einige empfanden
diese aber als "schon unharmonisch");
mittellanger Abgang;
ein charaktervoller Wein, der der Runde 12,5 -14,5 - 15 Punkte wert war.
13) Homburger Kallmuth (Coronilla) Spätlese tr. Gr. Gew. 2004 Fürst Löwenstein
(12,5%, Buntsandstein, 20 €)
Blasses Strohgelb; im Mund "weicher" als der Vorgänger,
aber auch etwas hohl in der Mitte;
leichter Restzucker
ist schmeckbar, die (Zitrus-)Frucht und die verspielte
Säure stehen harmonisch nebeneinander;
die Runde gibt
daher einheitlich 14,5 Punkte - Begeisterungsstürme
sind anders.
14) Randersacker Pfülben Spätlese tr. Gr. Gew. 2004, Schmitt´s Kinder
(13%, Muschelkalk, 15,20 €)
Blasses goldgelb; feinfruchtige Rieslingnase, im Mund cremiger
Schmelz.
Nasse Pappe. Deutliche Alkoholsüße.
Mir persönlich
ist er als gr. Gewächs zu charakterlos, er wirkt wie
"weichgespült": wenig Säure, wenig Mineralität.
Und
doch kann so etwas ja auch gefallen: 10,5- 13,5 -14,5 Punkte.
15) Escherndorfer Lump Spätlese tr. 2004, H. Sauer
(13 %, Muschelkalk, 12,90 €)
Goldgelb; in der Nase die typische Pfirsichfrucht und
ein Schwefelton; fruchtsüß; recht konzentriert,
insgesamt harmonisch und rund;
schlank und gefällig
im Abgang;
wenn er 5 Euro günstiger wäre, könnte
man sagen: ein schöner Alltagswein!
So aber... Punkte
hierfür: 13 - 14 -15
16) Iphofener Julius - Echter Berg, Spätlese trocken, 2004, J. Ruck
(13,5%, Keuper, 20 €)
Blasses goldgelb; deutlich Gummi in der Nase; kleiner Körper,
der insgesamt besser gefällt als die Nase;
dennoch eher
unspektakulär und breit;
im Abgang leider recht kurz;
dies schlägt sich auch in den Punkten nieder: 11 -13,5 Punkte.
17) Iphofener Julius - Echter Berg, Spätlese trocken, 2004, H. Wirsching
(13%, Keuper, 19,50 €)
Helles goldgelb; frische Zitrusnase; stilistisch deutlich fetter
angelegt als der Vorgänger, allerdings mit einer massiven Säure
(der Hein murmelt: sehr hoher Apfelsäureanteil!);
wirkt insgesamt
wenig elegant; schöner, langer Abgang, der eine leichte Bitternote
hat;
könnte mal ein besserer Wein werden, wenn sich die Säure noch
einpegelt.
So reicht es (nur) für 13 -13,5 -15 - 15,5 Punkte.
18) Randesacker Sonnenstuhl Spätlese tr. 2001, J. Störrlein
(12,5, Muschelkalk, 14 €)
Goldgelb; feine Reifenoten in der Nase, dazu eine typische
Rieslingfrucht, die nicht unbedingt auf Franken schließen
ließ.
Im Mund harmonisches Süß-Säurespiel, cremig und reif;
sehr gute Länge; höher bepunktet von denen, die eine Firnenote
beim Riesling mögen:
13 - 15 - 16 Punkte.
(Unser "Preis-Genuss-Gewinner" der Rieslinge).
19) Homburger Kallmuth Spätlese tr., 2001, Fürst Löwenstein
(12,5 %, Buntsandstein, 11,50 €)
Goldgelb; verhaltene Reifenoten (deutlich weniger als beim Vorwein),
weniger dicht und komplex im Mund, dafür mehr breite Frucht.
Kaum Reifenoten schmeckbar, die Frucht dominiert; etwas
ruppiger Abgang.
Die Runde erkennt recht einmütig auf 14,5 - 15 Punkte.
IV. Kategorie "watt noch fott muss un jet sößes" ;-)
20) Traminer "R" QbA tr. 2002, Fürst
(13,5%, Buntsandstein, 24 €)
Gelbgold mit kupferfarbenen Reflexen; blumige Nase,
leichte Reifenote; im Mund saftig, leichte Barrique-Note.
Es wurde eine untypische Stilistik vermerkt. Vielleicht
deshalb - wie zu Anfang beim dritten Müller-Thurgau die
brachialen Wertungsunterschiede:
der Wein spaltete die Runde nämlich gänzlich: 10 -13
auf der einen, 16,5-17,5 Punkte auf der anderen Seite…
oder wie es bei uns so schön heißt: SCHISMA!
21) Randersacker Marsberg Scheurebe Spätlese 2001, J. Störrlein
(12%, Muschelkalk, 6,50 €)
Strohgelb - typische Scheureben-Nase, dezent Katzenpipi
wird vernommen(?);
frisch und fruchtig im Mund; etwas
breit, aber harmonisch im Abgang.
Die Runde meint:
"gut gemachte Scheurebe!" und vergibt hierfür 14-14,5 Punkte.
22) Bürgstadter Centgrafenberg, Riesling Spätlese Goldkapsel 1999, Fürst
(10%, Buntsandstein, 15 €)
Goldgelb; in der Nase deutlich Gummi; fruchtbetont mit
deutlicher Fruchtsüße im Mund, im Abgang charmant;
insgesamt
aber wenig spektakulär: 14 -14,5 Punkte.
23) Randersacker Sonnenstuhl, Silvaner Eiswein 2001, J. Störrlein
(12,5 %, Muschelkalk, 37 €)
Dunkles goldgelb - in der Nase etwas schwefelig, Aceton;
im Mund
Rosine pur, dazu eine Zitrus- und Orangennote;
am Gaumen etwas
austrocknend;
im etwas zu kurzen Abgang leicht pappig.
Was diesem Wein spürbar fehlt ist die Säure.
Spaß macht er der
Runde aber dann doch, denn sie vergibt 14,5-15,5 Punkte.
24) Escherndorfer Lump, Riesling TBA 2002, H. Sauer
(6,5 %, Muschelkalk, 60 €)
Dunkles rostorange; typische Botrytisnase; im Mund
rosinig, mit Zitrusnoten; volle Süße, der eine deutliche
Säure gegenübersteht;
im Mund deutlich weniger gealtert,
als die Farbe vermuten ließ:
der Wein verführte den Hein
sogar dazu, uns sein legendäres Bewertungssystem aufzuschlüsseln -
sollte die Erdbebenwarte in Bensberg einen ungewöhnlichen
"Peak" verzeichnet haben, es könne wohl Dominiks Kinn gewesen
sein!
So gibt der Hein 4 für diesen Wein XXXX (sprich: vier
große Kreuze - und nur WIR wissen, was das heißt!), der
Rest der Runde punktet vergnügt mit 16,5 - 17 - 17,5 Punkten.
Den Abschluss bildete eine von W.F. mitgebrachte
Flasche 2005er Graacher Domprobst, Riesling Auslese 11 von Willi Schäfer…
Notizen habe ich mir zu diesem zartfruchtigen Wein nicht mehr gemacht,
denn als ich den stolzen Verkaufspreis von 38,50 Euro vernahm,
wurde es mir -dem Probenmotto folgend - ganz ANDERS.