Weine des
Weingutes Heymann-Löwenstein,
Winningen, Mosel

zusammengestellt von Dominik Ziller + Marcel Hürter



Protokoll Wolfgang Faßbender



Probiert wurde :
1. Schieferterrassen 2002
2. Schieferterrassen 2004
3. Kirchberg 2004
4. Kirchberg 2003
5. Kirchberg 2002
6. Kirchberg 2001
7. Stolzenberg 2004
8. Stolzenberg 2002
9. Röttgen 2004
10. Röttgen 1997
11. Uhlen R 2004
12. Uhlen R 2003
13. Uhlen R 2002
14. Uhlen B 2002
15. Uhlen L 2002
16. Uhlen R 2001
17. Uhlen 1997
18. Röttgen Auslese 2001
19. Röttgen alte Reben 2002
20. Uhlen Auslese 1995
21. Uhlen Auslese GK 1998


Die Kölsche Uhlen-Diktatur

Es gilt, ein Missverständnis auszuräumen. Das Kölner Weinforum nämlich ist mitnichten eine Demokratie, in der jeder einfach so daherplappern kann, wie ihm der Schnabel gewachsen ist.
Die zwischen Dom und Ring beheimatete Seilschaft von wein-plus ist viel eher mit der Ukraine zu vergleichen (wie sie vor den Zeiten des Viktor Juschtschenko existierte) - oder mit dem gleichgeschalteten Regime des weißrussischen Prügelknaben Lukaschenko.
Was natürlich nicht bedeutet, dass in der Colonia am Rhein körperliche Gewalt angewendet würde. Doch der Gebietshein, der auf Lebenszeit ernannte Diktator aller Kölner Weintrinker von Format, beschließt nun mal jeweils zu Beginn eines Jahres ex cathedra, welche Weine zu verkosten sind.

Dieses Mal war des Heins Wahl auf einen Winzer gefallen, der seit einigen Jahren sein Wesen an der Terrassenmosel treibt. Also in jenem Teil des Flusses, der offiziell Bereich Burg Cochem heißt, sich früher Untermosel nannte und mittlerweile als Löwenstein-Gegend fungiert.
Hier haust eine Spezies, die es dank ihrer Fähigkeiten zu einigem Ruhm gebracht hat. Mittels uriger Weinbereitungstechniken, langsamer Vergärung und natürlicher Hefen versteht es der verehrte Meister Löwenstein, Weine zu erzeugen, die auch einem Kölner Diktator zu schmecken geruhen. Jedenfalls meist.
Und wenn nicht, sorgte der Gebietschef per Wink dafür, dass man ihm schleunigst besseren Wein ins Glas zu schütten geruhe.

1. Beim ersten Wein wusste der Gebietshein (so der offizielle Diktatorentitel) allerdings noch nicht recht, wie ihm geschah.
Ein 2004er Schieferterrassen (Riesling - wie auch alle anderen Weine) kam sehr verhalten rüber, duftete nach Zitrusfrüchten, auch würzig, wirkte aber etwas diffus.
Ziemlich verschlossen, meldete die vom Hein zu Wortmeldungen autorisierte Runde. Trotz schöner Mineralik fehle der "Druck am Gaumen".
Notiert wurden 84 bis 88 Punkte - letztere waren aber ein Ausreißer nach oben.

2. Der Vergleichswein namens Schieferterrassen 2002
hatte Kork - was auch der oberste Diktator nicht verhindern konnte.

3. Es folgte der der Kirchberg 2004, der die sperrige Art des Jahrgangs fortsetzte.
Mineralisch, fest, dicht, aber auch erstaunlich sperrig.
Die Runde legte sich auf 86 bis 88 Punkte fest. Euphorie sieht anders aus.

4. Der Jahrgangsvorgänger Kirchberg 2003 löste auch nicht durchweg Begeisterung aus, der Gebietshein blickte streng.
Aprikosen, Orangenblüten, etwas verbranntes Gummi (wahlweise abgebrannte Streichhölzer), kraftvoll, markante Süße, mineralisch, im Nachklang etwas bitter.
Die Wertungen reichten von "für den Jahrgang gut" bis zu "schrecklich" und "unharmonisch". 84-87 Punkte.

5. Beim Kirchberg 2002 geruhte der Hein, sein komplexes und für Normalsterbliche nur zu bestaunendes Bewertungssystem offen zu legen.
Statt Punkten nämlich verteilt er Sterne. Große und kleine. Völlig geheim und undurchschaubar.
Der honigduftige, nach kandierten Früchten riechende Wein mit pikanter Säure, mineralischer Struktur, Länge, aber etwas wachsigem Nachklang riss den Chef zur Aussage "nicht mein Wein" hin.
Einige Probanden sahen es ähnlich und notierten 85-87 Punkte, andere ließen sich zu 89-90 Punkten hinreißen.

6. Kirchberg 2001
hatte Kork, mal wieder - und was für einen.
Der Hein runzelte die Stirn. Was so viel bedeutet wie: Jetzt reicht's.

7. Und das war's dann auch mit Kork.
Der Stolzenberg 2004 war TCA-frei, würzig, duftete nach kandierten Zitrusschalen, schmeckte komplex, kraftvoll, mineralisch, im Nachklang füllig.
Zwischen 85 und 91 Punkten schwankten die Noten, ein Teil der Runde fand den Wein "zu süß", gar "platt".

8. Platt war unstrittig der Stolzenberg 2002.
Sehr verhalten, wachsiger Duft, etwas disparat.
Flaschenfehler?
Vielleicht doch Kork, ein schleichender? Oder nur Oxidation?
84-85 Punkte, 88 waren ein Ausreißer nach oben, jemand verweigerte die Notengebung sogar.

9. Aber jetzt: Auch der Hein strahlte und malte Sternchen um Sternchen aufs Papier.
Röttgen 2004
begeisterte mit schöner Frucht, cremiger Fülle, etwas Mandarine, Kräutern, saftiger Art, Orangenschalen, dichter Struktur, mineralischer Länge.
90+ bis 93 Punkte.
Auch der Chronist korrigiert seine Note vom Herbst letzten Jahres nach oben.

10. Ob der 2004er so gut reift wie der 1997er Röttgen?
Der jedenfalls zeigte Noten von kandierten Früchten, eine Menge Botrytis, cremige Fülle, Struktur und einen etwas fülligen Nachklang.
Die Begeisterung kam erst später. Obwohl stundenlang dekantiert, gewann der Wein im Glas enorm dazu.
Auch wenn ihn eine Minderheit als "hinüber" wertete, zum Kochen verwenden wollte und mit 85 beurteilte, die Mehrheit vergab 89-93 Punkte

. 11. Uhlen R 2004
R wie Roth Lay. Begeisterung allenthalben.
Cremig, reife Früchte, Mirabellen, Kräuter, enorme Dichte, fest gewirkt und sehr nachhaltig. 92 bis 93+.

12. Der Uhlen R 2003
präsentierte sich dem Diktator und dem Rest der Truppe als Kind seines Herbstes.
Sehr cremig, üppig, kandierte Aprikosen, ein bisschen Mango, dicht, mit hintergründiger Säure, karamelligen Noten, aber nicht allzu lang.
"Ein 2003er halt" oder "prägnante Mineralik" lauteten die Kommentare. Oder auch "wirkt süßer, als er ist".
Ein Teilnehmer vergab ohne Genehmigung des Heins 86 Punkte ("flach"), der Rest blieb bei 90-92.

13. Da war er endlich, der Tabak, wie er von vielen Weinführern in den Löwensteinschen Tropfen entdeckt wird.
Uhlen R 2002.
Tabakig, würzig, auch fruchtig (Pfirsich), mineralisch, tolle Säure, entwickelt sich im Glas, der zunächst etwas welke Nachlang schwindet.
"Unheimlich Druck" und "vielschichtig", wenngleich "nicht sehr lang".
91-93 Punkte.

14. Der Nachbar, Uhlen B 2002,
machte es der Runde leider schwerer. B bedeutet so viel wie Blaufüßer Lay - und die kam karamellig daher, cremig, leicht zugänglich, ein bisschen reif, mit karamelligem Nachklang.

88-89 Punkte, die 85 sowie die 90 dienen mit diktatorischer Genehmigung als Streichresultate.

15. Uhlen L 2002
L wie Laubach. Oder wie legendär!
Vielschichtige Frucht, Steinobst, Pfirsich, Kräuter, viel Substanz, der trockenste Uhlen bis hierher, Druck, Länge, Tiefe.
94-95 Punkte - und zwar einheitlich!

16. Wer gedacht hatte, so würde es weitergehen, sah sich getäuscht.
Uhlen R 2001
kam leichter zugänglich daher, verführte mit offensiven Pfirsich- und Karamellnoten, roch etwas rauchig, schmeckte üppig, zeigte Substanz, wirkte allerdings auch füllig.
"Ein bisschen weit" oder "nur süß" kommentiert man.
86-90 Punkte, der Durchschnitt lag bei 88.

17. Ganz anders, aber noch mal besser: Uhlen 1997.
Ohne Rs, Bs und Ls. Aber von erdig-würziger-mineralischer Art, dicht, nachhaltig, von finessenreicher Säure geprägt, mit feinstem Nachklang ausgestattet.
"Feuerstein" und "braucht Karaffe".
Der "Essigstich" blieb eine Einzelmeinung.
93-94 Punkte.

18. Röttgen Alte Reben 2002.
Süß, aber oho. Zitrus, Limonen, Orangenschalen, Steinobst und Pfirsich; dicht, saftig, rassig, frisch.
91-93, der Chronist lässt sich zu 94 Punkten hinreißen.
Und der Diktator kann von dem Zeug gar nicht genug bekommen…

19. Von der Röttgen Auslese 2001
will er nix - und Recht hat er. Botrytis, Karamell, eindimensionale Art.
Nicht übel, aber für eine Löwenstein-Gegend? 84-87 Punkte.

20. Zum Glück wurde noch die Uhlen Auslese 1995
gereicht, die den Hein zur Überzeugung brachte, die richtige Probe angeordnet zu haben.
Etwas Karamell, würzige art, sogar eine Spur Bratensaft, cremig, saftig, dicht und charmant, noch voll da und mit feinster Säure ausgestattet.
91-95 Punkte.

21. War da noch was? Jawohl, die 1998 Uhlen Goldkapsel Auslese.
Cremige Botrytis, leicht karamellig, Mirabellen, saftig, gute Länge.
"Etwas müde", "könnte mehr Länge haben".
Nun ja, Klagen auf hohem Niveau.
86-92 Punkte.

Die Runde lag dem Diktator zu Knien. Keine Demonstrationen, keine Prügeleien durch herbeigerufene Polizei.
Nur die Bitte an den Hein, sich beim Meister Löwenstein dafür einzusetzen, künftig keine Korken mehr zu verwenden - sondern Glas, Schrauber oder Ähnliches.