Gereifte Australier - 29.Oktober 2005
zusammengestellt von Fritz Zickuhr



Protokoll von Wolfgang Martin



Probiert wurde :
0.Vixen Sparkling Wine, Cabernet Sauvignon / Shiraz, Fox Creek, Mc Laren Vale
1.1998er Henry James Pinot Noir, Meadowbank Winery, Tasmania
2. 1997er 1309 Binder, Mouvedre / Grenache, Clement, Barissa Valley
3. 1997er Grenache / Mourvedre, Magpie, Barossa Valley
4. 1999er Grenache / Shiraz, Fox Creek, McLaren Vale
5. 1999er Johanns Garden, Grenache / Mourvedre / Shiraz, Henschke, Barossa Valley
6. 1992er Shiraz, Cape Mentelle, Western Australia
7. 1995er Black Pepper Shiraz, E & E Winery, Barossa Valley
8. 1996er Basket pressed Shiraz, Château Reynella, McLaren Vale
9. 1997er Brookman Shiraz, Clarendon Hills, McLaren Vale
10. 1998er Old Vines Shiraz, Lengs & Cooter, Clare Valley
11. 1999er Shiraz, Pikes, Clare Valley
12. 1999er Shiraz, Dowie Doole, McLaren Vale
13. 1996er Cabernet Franc, Château Xanadu, Margarete River
14. 1993er Cabernet Sauvignon, Wynns, Coonawarra
15. 1993er Cabernet Sauvignon, Garret Family, McLaren Vale
16. 1994er Cabernet Sauvignon, Yarra Yerring, Yarra Valley
17. 1996er Mentor, Cabernet Sauvignon, Peter Lehmann, Barossa Valley
18. 1997er Cabernet Sauvignon, Vasse Felix, Margaret River

Captain Cook kommt nach Hause - gereifte Australier in den Katakomben Kölns


Captain Hook ist der aus Peter Pan. Der immer vor dem Krokodil davonläuft, dass ihm die Hand abgebissen hat. Klar, dass man da keine Zeit hat, sich um Wein zu kümmern, sondern lieber kleine Mädchen erschreckt.
Darum erklärt die Kölner Seilschaft um ihren Gebietshein kategorisch, dass sie mit Captain Hook nichts zu tun haben will und der sich anmelden kann, sooft er will: er kommt nicht in die Katakomben !
Das mit den kleinen Mädchen erschrecken würden wir dem Captain ja verzeihen, aber sich wegen einem Krokodil nichts aus Wein zu machen... nein, das kann kein echter Seilschafter sein. Da laden wir lieber das Krokodil zur Probe.

Captain Cook dagegen hat ganz viel mit Wein und anderen Getränken zu tun. Klar, Wein gehört in die Küche und nicht an den Haken ! Captain Cook nämlich hat den Wein nach Australien gebracht (glaubt zumindest die Seilschaft).
Es war am 28. April 1770, als Captain Cook mit der Endeavour in die Bucht von Sydney einsegelte und am Strand der Botany Bay begeistert von den Aborigines gefeiert wurde.
"Endlich mal was Neues", riefen die seit ein paar hunderttausend Jahren ansässigen Australier, als sie der weißen Langnasen ansichtig wurden. Womit der Kontinent seinen Spitznamen als Neue Welt weghatte.

Es war besonders der Botaniker Joseph Banks, der den nun spontan entstehenden Marktplatz als Botany Bay bezeichnete.
Während Captain Cook gerade das übliche Tauschgeschäft Schießpulver gegen Edelsteine zu organisieren begann, tauschte Banks Eukalyptusbonbons gegen jene Pflanze, die uns als vitis vinifera besonders am Herzen liegt.
Während die Eukalyptus Bonbons die Mannschaft des Captain Cook auf der Heimreise vor vielerlei Erkältung schützte, das Schießpulver seinen Beitrag zur Ausrottung der Urbevölkerung begann und die Edelsteine in der Krone der englischen Königin verschwanden, ist über den Verbleib der ersten Reben und die Qualität des daraus gekelterten Jungfernweins wenig bekannt.

Das lag einerseits daran, dass die ab 1788 nach Australien geschafften Strafgefangenen als Mörder und Vergewaltiger bisher zu beschäftigt gewesen waren, um als Feinschmecker Karriere zu machen.
Zweitens ist es aber auch Captain Cook selber anzulasten, der auf seiner zweiten Reise nicht mehr den Botaniker Banks, sondern den Preußen Johann Reinhold Forster mit auf Weltreise nahm.

Wer sich in Australien auskennt, bei dem wird es schon klingeln: Forster - Fosters ?
Und richtig: der preußische Gelehrte scheint auch auf das Forschungsprogramm des Captain gegen die Skorbut großen Einfluß genommen zu haben. Die Mitnahme von Sauerkraut, Malz und Bierkondensat als Mittel gegen diese heimtückische Seefahrerkrankheit kann nur auf einen Preußen zurückgegangen sein.

So wurde auf der zweiten Reise dann vermutlich die größte Bierbrauerei der Welt gegründet und die Rebstöcke erst einmal vergessen.

Auf seiner dritten Reise soll Captain Cook dann 1780 auf Hawai erschlagen worden sein.
Das ist aber falsch, wie die Seilschaft seit kurzem ganz genau weiß. Captain Cook erlag auf Hawai einem Skorbutanfall, da es auf Hawai bekanntlich weder Bier, noch Wein, noch Sauerkraut gibt. In seinen Fieberphantasien erschienen ihm aber immer diese Rebstöcke, die jetzt alleingelassen auf dem 5. Kontinent vor sich hin photosynthesierten.
Nach überstandener Krankheit setzte er deshalb Segel und holte die ersten Fässer australischer Weine nach Europa zurück. Wobei er hartnäckig mit den Eingeborenen feilschen musste, die mittlerweile Geschmack an ihrem Wein gefunden hatten, und ein kleines Fässchen hier und ein etwas größeres Fass da nur gegen den Gegenwert von manch wertvollen Edelstein herauszurücken gewillt waren.
So drehen sich halt die Beziehungen und Schießpulver sollen sie uns auch schon angeboten haben, die Aussies.

Die Kölner Seilschaft durfte sich glücklich schätzen, diese Ladung - Wein natürlich, nicht Schießpulver - des Captain Cook exklusiv aufkaufen zu können.

Langer Rede kurzer Sinn: Ende Oktober standen bei uns gereifte, rote Australier auf dem Programm.

0.Vixen Sparkling Wine, Cabernet Sauvignon / Shiraz, Fox Creek, Mc Laren Vale,
14% vol.Alk., gekauft 2000, Preis damals ca. 13,00 Euro:
hochfarbig dunkelpurpur. Johannisbeerschorle in Nase und Mund.
Flache Säuren, molliger Körper. Eine kleine Minderheit (Lambrusco-Fraktion) könnte sich so einen Sekt zum Essen vorstellen und vergibt 14,0 Punkte.
Der Mehrheit fehlt jegliche Leichtigkeit, die ein Sekt nun mal haben sollte.
Sie wertet "widernatürlich" und "ein Getränk, dass die Welt nicht braucht" und möchte dem Captain auch nach 300 Jahren die Landeerlaubnis verweigern.

Nur für Kenner weniger exotisch: Spätburgunder vom 5. Kontinent

1.1998er Henry James Pinot Noir, Meadowbank Winery, Tasmania,
ca. 14,00 Euro:
bräunliches Purpur. Typische Pinot-Nase nach Waldlaub.
Am Gaumen wirkt der Wein aber doch recht fortgeschritten: Cassis, Brombeer, Waldlaub und viel Säure.
Da hätte sich der Captain doch ein bisschen beeilen sollen, vor 2 Jahren bestimmt besser.
So 11,5 - 12,5 Punkte.

Sie nennen sich nicht Rhone-Ranger wie ihre kalifornischen Gegenparts, aber anbauen tun sie die Rebsorten doch: Grenache und Mourvedre, vom Syrah ganz zu schweigen.
Bei uns folgte ein Flight von solchen Cuvées:

2. 1997er 1309 Binder, Mouvedre / Grenache, Clement, Barissa Valley,
ca. 18,00 Euro, 13.5% vol.Alk:
schwärzliche Farbe. Schwarze Beeren und weißer Pfeffer in der Nase. Beeren, Alkohol, Schweiß und etw. Tabaknote am Gaumen.
Der Wein ist recht kraftvoll und reif, sollte jetzt aber auch getrunken werden: der Captain ist gerade noch rechtzeitig gekommen.
Die Mehrheit vergibt 14,0 - 15,0 Punkte, nur eine Minderheit geizt mit 13,0.

3. 1997er Grenache / Mourvedre, Magpie, Barossa Valley,
14,0% vol.Alk:
dichtes Granatrot. Fruchtsüße in der Nase, schwarze Beeren, Pfeffer und ein etwas störender Bitterton im Mund.
Noch viel Frucht und mit dem Entladen muss es nicht so schnell gehen.
Die Mehrheit wertet wie den Vorgänger 14,5 - 15,0, die Minderheit setzt mit 16,0 Punkten noch einen darauf.

4. 1999er Grenache / Shiraz, Fox Creek, McLaren Vale,
14,5% vol.Alk.:
Granatrot Schwarze Beeren und Sandelholz in der Nase.
Sandelholz und Brombeere am Gaumen. Die Holztöne stehen bei diesem saftigen Wein etwas gegen die Frucht.  Der Wein ist reif, kann aber auch gemächlich von Bord gebracht werden.
Die Runde ist mit 15,0 - 16,0 Punkten mehr angetan als der Chronist (14,0 Punkte).

5. 1999er Johanns Garden, Grenache / Mourvedre / Shiraz, Henschke, Barossa Valley,
14,5% vol.Alk.:
Granatrot. Schwarze Beeren in der Nase, Brombeer im Mund.
Die Runde hält den Wein für etwas oberflächlich, aber im positiven Sinne auch gefällig. Der Wein sollte auch nicht mehr allzu lange auf dem Schiff verbleiben.
14,0 - 15,0 Punkte.

Shiraz - welche Erfolgsstory mit einer Rebsorte, die zwar schon lange an der Rhone zu Weltruhm gelangt war, hier aber unter neuem Namen zum neuen Markenzeichen einer fast autochthon geglaubten Sorte wächst.
Lasst uns sehen, wie sie die Schifffahrt überstanden hat:

6. 1992er Shiraz, Cape Mentelle, Western Australia,
13,0% vol.Alk.:
der schwärzliche Wein ist nicht (mehr?) klar, Kaffeesatz in der Nase, Kaffee und Kupfer im Mund, Frucht vollkommen weg.
Kein Vergnügen und wegen Überalterung keine Wertung. Da ist der Captain wohl einige Jahre in einer Flaute hängen geblieben.

7. 1995er Black Pepper Shiraz, E & E Winery, Barossa Valley,
14,5% vol.Alk. :
schwärzliches Granatrot. Sandelholz und Kräuterbonbons mit Kümmel in der Nase.
Die Beeren im Mund werden von einem deutlichem Eukalyptuston dominiert. Typisch australisch eben.
Ein runder, saftiger Wein, der gut gereift ist und beim Entladen keine Eile verlangt.
Bisher der beste Wein vermeint die Runde und vergibt 15,0 - 16,5 Punkte.

8. 1996er Basket pressed Shiraz, Château Reynella, McLaren Vale
14,0% vol.Alk.:
sattes dunkles Granat. Schöne Brombeer und Eukalyptus in der Nase.
Im Mund kommen Tannine und eine etwas nebenanstehende Säure dazu, was den Wein nicht ganz harmonisch erscheinen lässt.
Obwohl durchaus noch lagerfähig, wird der Wein wahrscheinlich nicht besser werden. Der Captain hätte das Fass bei der Überquerung des Äquators vielleicht an Deck bringen müssen.
Die Runde teilt sich die Bewertung in 14,0-14,5 Punkte hie und 15,0 - 15,5 Punkte da.

9. 1997er Brookman Shiraz, Clarendon Hills, McLaren Vale,
14,0% vol.Alk.:
trotz der schwärzlichen Farbe, scheint der Wein das Zeitliche gesegnet zu haben.
Maggitöne dominieren Nase und Mund und Frucht ist nicht mehr erkennbar. Nur eine Stimme meint, dass der Wein total verschlossen sei und sich wieder öffnen würde.
Wir stimmen auf Wiedervorlage in 3 Jahren und enthalten uns der Wertung.
Vielleicht hat das Fass ja auch in der Bilg gelegen und der Captain ist schuld.

10. 1998er Old Vines Shiraz, Lengs & Cooter, Clare Valley,
14,0% vol.Alk.:
schwärzliche Farbe. Eukalyptus und Minze in der Nase.
Eukalyptus und Brombeer im Mund. Ein saftiger, runder und delikater Wein, den der Captain genau zum richtigen Zeitpunkt gebracht hat.
Einige finden den Wein etwas marmeladig (15,0-15,5 Punkte), andere dagegen halten ihn für recht elegant (15,5 - 16,0 Punkte)

11. 1999er Shiraz, Pikes, Clare Valley
13,5% vol.Alk.:
bräunliches Granatrot. Laub und Erde in der verhaltenen Nase.
Maggi und Pflaume am Gaumen.
Der Wein ist noch süffig, aber für den Jahrgang schon sehr reif. Der Captain hätte etwas schneller segeln sollen.
13,5 - 14,0 Punkte.

12. 1999er Shiraz, Dowie Doole, McLaren Vale,
14,5 % vol. Alk.:
schwärzlich mit lila Rändern. Sandelholz und Speck in der Nase.
Bittertöne, Frucht und Sandelholz im Mund.
Vielleicht hätte dem Wein eine längere Seefahrt gut getan, den für die einen ist er etwas umharmonisch süßsauer/süßbitter (13,0-13,5 Punkte).
Andere loben die dichte Frucht und vergeben 14,0-14,5 Punkte.

Diese doch sehr durchwachsene Runde wurde von Cabernets abgelöst, der Rebsorte, die von den Roten wahrscheinlich am meisten in der Neuen Welt reüssierte:

13. 1996er Cabernet Franc, Château Xanadu, Margarete River,
ca. 25,00 Euro, 14,0% vol.Alk. :
bräunliches Purpur. Kräftige Nase nach Beeren und Orangen.
Am Gaumen ein Korb roter Früchte und Paprika. Lebendige Säuren, geschmeidige Tannine und viel Saft machen den Wein rund.
Schön gereift - der Captain ist zur rechten Zeit gekommen.
Die Runde ist angetan und wertet zwischen 15,0 und 16,0 Punkten.

14. 1993er Cabernet Sauvignon, Wynns, Coonawarra,
ca. 18,00 Euro, 13,5% vol. Alk.:
schwärzliches Granatrot. Paprika, Pfeffer und Cassis in der Nase.
Cassis und Paprika im Mund. Ein klassischer, eleganter Cabernet mit Tiefgang, meint die Mehrheit, die den Wein auf dem Höhepunkt sieht und wertet 15,5 - 16,0 Punkte.
Eine Minderheit wirft dem Captain Trödelei vor und findet den Wein auf dem absteigenden Ast: 14,0-14,5 Punkte.

15. 1993er Cabernet Sauvignon, Garret Family, McLaren Vale,
13,5% vol.Alk.:
schwärzliche Farbe. Malz in der Nase, viel Fruchtsüße im Mund.
Ein ausgewogenes Verhältnis von lebendig milden Säuren, geschmeidigen Tanninen und saftiger Frucht macht den Wein harmonisch und delikat.
Dazu kommt Eleganz. Alle sind der Meinung, das der Captain hier genau zum richtigen Zeitpunkt angekommen ist und vergeben um die 16,0 Punkte.

16. 1994er Cabernet Sauvignon, Yarra Yerring, Yarra Valley,
13,0% vol.Alk.:
schwärzlich in der Farbe, nicht allzu klar (unfiltriert ?). Reiches Bukett nach Pflaume und Cassis.
Eukalyptus, Cassis und würzige Tabaknoten im Mund. Ein eleganter, dichter und tiefer Wein.
Der einzige Wein, den der Captain dem Bernd Handschuh aus Victoria mitgebracht hat, ist auf dem Höhepunkt und der Gewinner des Abends.
Die Runde vergibt 16,0 -17,0 Punkte.

17. 1996er Mentor, Cabernet Sauvignon, Peter Lehmann, Barossa Valley,
ca.25,00 Euro, 13,5% vol.Alk.:
granatrot. Eukalyptus und Cassis in der Nase.
Eukalyptus, Vanille und Cassis im Mund.
Ein voller runder Wein, der auch noch 2 Jahre mehr beim Captain hätte verbringen dürfen.
Der einst im Forum so kontrovers diskutierte Wein polarisiert jetzt auf geringerer Stufe:
die einen halten ihn für etwas überkonzentriert und bitter und vergeben 14,5 Punkte.
Die anderen mögen, dass er rund aber nicht zu fett ist und zücken 15,5 Punkte.

18. 1997er Cabernet Sauvignon, Vasse Felix, Margaret River,
ca. 20,00 Euro, 14,0% vol..Alk
: schwärzliche Farbe. Eukalyptus und sehr grüne Paprika in der Nase.
Kaffee und Paprika am Gaumen. Rund, elegant, tief und nuanciert.
Mit dem Entladen kann sich der Captain Zeit lassen, aber reif ist der Wein schon. Den einen fallen etwas viel Röstaromen auf, die andern loben die Eleganz und den Nuancenreichtum.
Gewertet wird aber recht einheitlich zwischen 15,5 und 16,5 Punkte.

So war es dann recht unterschiedlich, was Captain Cook uns da mitgebracht hatte.
Hatte beim Pinot Noir sowieso keiner erwas Großes erwartet, konnten die Grenache / Mouvedre Cuvées die Erwartungen eher übertreffen und waren sechs- bis achtjährig durchaus mit Genuss trinkbar.
Eine kleine Katastrophe stellten dagegen die meisten Shiraz der Probe dar: da waren doch schon viele mit weniger als 10 Jahren über den Berg und nur der Black Pepper Shiraz konnte in diesem Alter als gut gereift gelten (sowie der jüngere Lengs & Cooter).
Das ist bei solch doch recht hochpreisigen Weinen eigentlich zu wenig.
Die Cabernets zum Schluss konnten dann die Runde wieder versöhnen: sie waren auch zwölfjährig noch top und hatten - ohne ihre australische Herkunft zu verleugnen - schön das Holz integriert und Harmonie der Reife erlangt.

So bekam Captain Cook dann schließlich doch noch seine Heuer für die 3. Reise (35,- Euro von jedem) und die Seilschaft war um einige Erkenntnis reicher.

Gruß Wolfgang