Champus Rose + Blanc Noir 27.8.2005
(Torsten Goffin/Fritz Zickuhr)



Protokoll: Dominik Ziller (unsere Reblaus)


Probiert wurde :
1. Champagne Franck Bonville Rosé Brut Grand Cru
2. Champagne Castellane Brut Rose
3. Segura Viudas Rosado
4. Champagne Nicolas Feuillatte Rose Brut 1999
5. Champagne Paul Goerg Brut Rose
6. Schloss Vaux Rose Brut
7. Champagne Moet et Chandon Rose
8. Champagne Billecart-Salmon Brut Rose
9. Weingut Fürst - Rose Mousseux 2002
10. Champagne Gosset Grand Rose
11. Champagne Laurent Perrier Brut Rose
12. Champagne Ruinart Rose Brut
13. Champagne Billecart-Salmon Cuvee Elisabeth Brut Rose
14. Champagne Moet et Chandon Dom Perignon Brut Rose 1995
15. Champagne Taittinger Comtes de Champagne Brut Rose 1993
16. Champagne Ruinart, Dom Ruinart Brut Rose 1990

"Rot-gruen kippt - die Seilschaft kippt mit."



Rot-gruen kippt. Das wissen wir seit der Kanzler vor einem Jahr beschlossen hat, Muenteferien vom Parteivorsitz zu machen. Nun kippt auch noch Muentefering und zwar vom Podest bei der Wahlkampfveranstaltung im Saarland.
Joschka kippt sowieso und zwar am liebsten guten Rotwein.

Die Koelner Seilschaft ist gluecklicherweise unabhaengig von den Ereignissen der Tagespolitik und kippt jeden Monat.
In diesem Monat , nehmen wir es als oenologischen Abgesang auf die Toskana-Fraktion und die "gauche caviar", kippte die Seilschaft sogar besonders feudal mit Rosechampagner.

Es ging los mit:

1. Champagne Franck Bonville Rosé Brut Grand Cru
Knappe aber durchaus angenehme Pinotnase, im Mund vor allem dominiert von einer kraeftigen Saeure, die viele stoerte.
Etwas diffuses Aromenbild Apfel, Nussbrot, Pain au Chocolat und ein wenig Erdbeere, leider das Ganze sehr kurz, es bleibt nur ein leicht bitterer Muskatton im Abgang.
Mit 24,95 Euro auf jeden Fall zu teuer.
Ein *harmloser" Champagner, der zwischen 12 und 13,5 Punkten erhielt.
Kein Leitmotiv, kurz, inhaltlich alles andere als ueberzeugend, der Gregor Gysi unter den Champagnern.

2. Champagne Castellane Brut Rose
Sehr knappe Nase, eigentlich nur etwas Hefe.
Am Gaumen eher einfach, nicht sehr tiefgruendig, aber recht rund. Mit der Zeit kommt die Nase noch ein wenig, ein leichter Erdbeerton stellt sich ein.
Auch am Gaumen wird er etwas voller, es fehlt aber noch immer an Tiefe und Komplexitaet. Wenig Charakter oder wie es ein Seilschafter auf den Punkt brachte "der hat keinen Fehlton, der hat naemlich ueberhaupt keinen Ton!"
30 Euro, 13 Punkte, na ja.
Charakterlos, ohne klare Aussage, oberflaechlich dieser Champagner koennte in der Politik wohl ueberall Karriere machen, vielleicht am besten in der FDP, als kuenftiger Aussenminister Wolfgang Gerhardt?

3. Segura Viudas Rosado
Ein Pirat aus Spanien, der nicht in Optimalform angetreten war. Einige Seilschafter kannten den Sekt aus frueheren Proben und schworen Stein und Bein, er habe einen Fehlton.
Kork war es nicht, eher eine metallisch-stechende Note, kuenstlich wirkend, die nicht wirklich zu der gar nicht mal unangenehmen Himbeersaft-Aromatik passte, die neben dem Fehlton auch noch wahrzunehmen war.
Keine Wertung.
Fehlton im Stechschritt? Das waere in der Politik dann ja wohl der Sekt fuer NPDler. Champagner haben die sowieso nicht verdient.

4. Champagne Nicolas Feuillatte Rose Brut 1999
Sehr feine, nervige, fast schon vibrierende Nase, pinotig, im Mund fuer die meistens eher cremig, feine rote Fruechte, viel Schmelz, schoene Struktur, noch sehr jugendlich.
Feine Bitternote, nur die Kohlensaeure ist nicht richtig eingebunden.
29 Euro, 15 bis 16,5 Punkte.
Jugendlich, ueberschaeumend und mit klarer Struktur, der Friedrich Merz unter den Champagnern.

5. Champagne Paul Goerg Brut Rose
Ein "Kellerfund", der bereits vor etwa zehn Jahren degorgiert worden sein muss.
Dennoch war es nicht der *grausige Fund", den bei Aktenzeichen XY immer die Spaziergaenger machen, die in den laienspielhaften Filmsequenzen geradezu unausweichlich in Begleitung eines Rauhaardackels sind.
Schon etwas aeltlich in der Nase, sherryartige Firne, auch schon ein wenig muede, aber wie das so oft bei Rosechampagnern geschieht, ist er mit dem Alter weiniger geworden.
Und das obwohl die Kohlensaeure durchaus noch kraeftig ist.
Die Haelfte der Seilschafter findet ihn deutlich zu alt, die andere Haelfte *mag so etwas" und freut sich am langen Abgang.
12 bis 14 Punkte. Preis unbekannt.
Tja, er kommt mit den Rezepten von gestern, saeuerlich, er polarisiert, das kann eigentlich nur der Lafontaine unter den Champagner sein.

6. Schloss Vaux Rose Brut
Wieder ein Pirat, leicht wachsige Nase, recht verschlossen.
Im Mund Erdbeernoten, etwas Kirsche, leider recht schlank und kurz.
Nur im Anklang etwas opulenter, ein kleiner Blender, eher oberflaechlich.
13 Euro, 13 Punkte.
Der Leichtmatrose der Probe, das koennte der Westerwelle unter den Schaumweinen werden.

7. Champagne Moet et Chandon Rose
Zurueckhaltende Nase, im Mund relativ wuerzig, ein Hauch von Muskat und Anis, viel rote Fruechte, dazu sehr viel Saeure, wirkt sehr alkoholisch.
Die Wuerze reduziert sich, er bleibt aber insgesamt eine Spur zu gefaellig.
Und an dieser Stelle kommt es, wie es in der Koelner Seilschaft immer kommt.
Es entbrennt eine Diskussion.
Und zwar darueber ob Rosechampagner allgemein und dieser Rosechampagner insbesondere als *feminin" zu bezeichnen sei.
Fuer den eher gefaelligen Moet ist die Antwort schnell gefunden: Ja, der ist feminin, so gefaellig, wie er ist.
Denn eine Frau will ja auch immer jedem gefallen.
32,50 Euro bei 14 bis 15 Punkten.
Unauffaellig, tut nicht weh, feminin, man kaeme aber auch ohne aus. Das muss die Renate Schmidt unter den Champagnern sein.

8. Champagne Billecart-Salmon Brut Rose
Endlich mal eine weinigere Nase!
Opulenter Duft, am Gaumen voll und dicht, rote Fruechte und ein leichter Haselnusston, vielschichtig, tiefgruendig.
Sehr cremig, fast samtig, fein, mit dichtem, elegantem, sehr langem Nachhall.
Da hagelt es zwischen 16 und 17,5 Punkten.
Kostet aber auch 43 Euro.
Vornehm, intellektuell, der Richard von Weizsaecker unter den Champagnern.

9. Weingut Fürst - Rose Mousseux 2002
Noch einmal ein Pirat, aus Weissburgunder und Spaetburgunder hergestellt.
Interessante Kraeuternase, etwas Estragon, etwas Minze, dazu ein leichter Marzipanton, ein wenig kommt auch das Holzfass durch, in dem der Grundwein ausgebaut worden ist.
Leider fehlt es an Frucht, was dem Sekt das Praedikat *rotgepresster Chardonnay" einbringt.
Sehr heterogenes Stimmungsbild, mit Punkten recht gleichmaessig zwischen 14,5 und 17.
Ein polarisierender Franke, der Wuerze in die Diskussion bringt und holzend schon mal aneckt, ganz klar, der Michael Glos unter den Schaumweinen.

10. Champagne Gosset Grand Rose
Viel rote Frucht in der Nase, vor allem Erdbeere, im Mund Cremigkeit pur, extrem weich, dicht, sehr voll und sehr, sehr lang.
Die herrliche erdbeerige Frucht zieht sich bis ganz ans Ende des Abgangs.
Komplex, viel Charakter, vielschichtig, cremig und doch tiefgruendig.
Die relativ hohe Dosage laesst ihn ein wenig suesslich wirken.
Und wieder besteht Einigkeit dieser Champagner ist feminin, merkt Euch das, Franzosen, deswegen heisst er ab sofort nicht mehr Le Champagne, sondern La Champagne, ganz wie die Region!
Recht einheitlich 17 Punkte, mit einem kleinen Ausreisser auf 16 Punkte.
33 Euro, das ist der Preis-Leistungs-Hit.
Suesslich, weich, feminin, das muss der Wowereit unter den Champagnern sein!

11. Champagne Laurent Perrier Brut Rose
Eher knappe Nase mit einem interessanten Feuersteinton, im Mund eine recht maskuline, wuerzige Erdbeerfrucht mit einer Spur unterholzigem Waldchampignon.
100 Prozent Pinot Noir, deswegen fehlt es ihm an jener Eleganz, die der Pinot Meunier mitzubringen pflegt.
Schwer und traege, etwas eindimensional. Am Ende bleibt vor allem Saeure.
Im rechnerischen Mittel sieht die Seilschaft den Stoff bei 14,75 Punkten, das Spektrum reicht hier aber von 13 bis 16 Punkten.
40 Euro sind fuer diese Flasche allerdings ein Wort.
Eindimensional, saeuerlich und geht fuer uns alle ins Geld, das muss der Trittin unter den Champagnern sein.

12. Champagne Ruinart Rose Brut
Sehr attraktive, wenn auch etwas verhaltene Pinotnase.
Im Mund wunderbar weich, himbeerige Frucht, leicht konfitiert, schoene Fruchtsuesse.
Guter, runder, feiner Abgang.
Leider fehlt es etwas an Tiefe, Komplexitaet und Struktur insbesondere im Vergleich zum Gosset, hinter dem er doch deutlich zurueckbleibt.
15 bis 16,5 Punkte, 42 Euro.
Vordergruendig, etwas oberflaechlich der Peter Hintze unserer Probe.

13. Champagne Billecart-Salmon Cuvee Elisabeth Brut Rose
Feiner erdbeeriger Duft.
Im Mund sehr weich und cremig aber auch recht stahlig und sehr trocken, was ihm etwas an Fuelle und Frucht nimmt.
Recht oxidativ ausgebaut, trotzdem wirkt er frisch, offenbar sind die Grundweine hervorragend.
Im Glas legt er noch etwas zu, bekommt einen feinen Karamellton, wird auch *waermer", rotfruchtiger, sehr lang und komplex im Abgang.
Mit 85 Euro aber dann doch etwas zu teuer.
17 bis 18 Punkte.
Trocken, stahlhelmig und lang, das muss der Peter Struck-Champagner sein.

14. Champagne Moet et Chandon Dom Perignon Brut Rose 1995
Nase etwas nussig, kommt langsam aber gewaltig.
Im Mund sehr feine Frucht mit charmanter Suessspitze, dazu ein leichter, nicht unangenehmer Bitterton.
Aber hoppla, was passiert dann, ploetzlich faellt er in ein kleines Loch und bricht am Gaumen ziemlich weg.
Nur um im Abgang gewaltig aufzuerstehen und regelrecht mit dem Hammer ans Zaepfchen zu schlagen.
Wird im Glas mit der Zeit immer feiner und karamelliger, intellektueller, das Loch kann er aber nicht schliessen.
Und das ist fuer einen Champagner, der 215 Euro kostet, dann doch etwas zu teuer.
16,5 bis18,5 Punkte, im Schnitt sind es knappe 17,5 Punkte.
Intellektuell, mit feiner Klinge, zwischendrin mal lange weg vom Fenster, dann aber mit fulminantem Comeback der Biedenkopf unter den Champagnern.

15. Champagne Taittinger Comtes de Champagne Brut Rose 1993
Sehr firniger, buttriger Ton in der Nase, im Mund cremig, oxidativ, sehr rauchig und das bis tief in den Abgang hinein.
Buttrig, brotig, mandelig, sehr weinig, knackige Saeure, wirkt aelter als er ist.
Polarisiert sehr, weil er dem einen oder anderen viel zu alt und zu oxidativ ist, die meisten aber gerade diese Reifenoten und die Weinigkeit besonders schaetzen.
Punkte zwischen 15 und 19, im Schnitt etwa 18 Punkte, dreimal wurde aber auch die glatte 19 gezogen. 95 Euro.
Sproede, erst im Alter richtig gut, na logisch der Otto Schily unter den Champagnern.

16. Champagne Ruinart, Dom Ruinart Brut Rose 1990
Leicht har(t)zige Liebstoeckl-Nase mit etwas Gummi, im Mund recht alkalisch, dabei aber sehr ueppig, zugleich cremig und wuerzig.
Viel Saft und eine tolle Laenge, unglaublich voller Abgang.
Wie ein grosser, guter Burgunder am Gaumen. Vielleicht der komplexeste Champagner der Probe und mit 18,25 im Punkteschnitt auch der beste.
Die Mehrheit haette zwar den Comtes de Champagne bevorzugt, dem haben aber diejenigen, die die alten Weine nicht so schaetzen, den Schnitt versaut.
Mit 180 Euro ist der Dom Ruinart allerdings fast doppelt so teuer wie der Taittinger.
Seit 1990 dabei, eher ueppig und vorne in der Waehlergunst, das kann nur die Angela Merkel unter den Champagnern sein, zumal er uns auch noch mindestens so teuer zu stehen kommt wie Angie (ich sage nur Mehrwertsteuererhoehung). Angesichts des Kopf-an-Kopf-Rennens mit Otto Schily erscheint aus oenologischem Blickwinkel eine grosse Koalition aber immerhin nicht ausgeschlossen.

Fazit:
Eine sehr interessante Probe! Wieder einmal hat sich gezeigt, dass der etwas hoehere Preis fuer Rosechampagner nur in wenigen Faellen gerechtfertigt ist.
Die weissen Sprudelweine machen in den meisten Faellen deutlich mehr Spass.
Ihre Staerke haben die Roses im Alterungspotenzial, weil sie mit Verlust von Frische und Kohlensaeure nicht einfach oxidieren, sondern im Optimalfall sehr weinig werden koennen und an grosse Burgunder erinnern.

Weiteres Fazit:
Es gibt weder einen Schroeder-Champagner noch einen Fischer-Champagner.
Offenbar sind Kanzler und Aussenminister oenologisch schon Geschichte.
Ach ja, noch eines: Auch Ruettgers Club scheint in der Koelner Seilschaft trotz Beheimatung in NRW nicht mehrheitsfaehig zu sein.

Dominik