Gereifte Untermosel
zusammengestellt von Michael Herr und Wolfgang Martin



Ahl un droech ? Seniorendisco in Koelner Katakomben - gereifte Untermoselrieslinge



Probiert haben wir :

1999er Pündericher Marienburg, Spätlese halbtrocken, Clemens Busch
1999er Winninger Hamm, Spätlese halbtrocken, Löwensteinhof
1999er Winninger Röttgen, Spätlese trocken, R. + B. Knebel
1999er Winninger Uhlen, Spätlese trocken, Rüdiger Kröber
1999er Winninger Uhlen, QbA trocken, Heymann-Löwenstein
1999er Merler Königslay-Terrassen, Albert Kallfelz, Auslese halbtrocken
1998er Koberner Uhlen, Spätlese trocken, Dötsch & Haupt
1997er Pommerner Rosenberg, QbA Hochgewächs trocken, Wg. Zensen
1997er Koberner Weißenberg, Spätlese trocken, Dötsch & Haupt
1996er Winninger Uhlen, Auslese trocken, R.+B. Knebel
1996er Winninger Röttgen, Auslese halbtrocken, Richard Richter
1995er Winninger Uhlen, QbA trocken, Heymann-Löwenstein
1995er Winninger Röttgen, QbA, Heymann-Löwenstein
1995er Neefer Frauenberg, QbA halbtrocken, Reinhold Franzen
1993er Winninger Uhlen, Spätlese trocken, Freiherr v. Heddesdorf
1993er Bremmer Calmont, QbA trocken, Reinhold Franzen
1992er Pündericher Nonnengarten, Auslese halbtrocken, Wg. Paul Busch
1990er Winninger Uhlen, QbA trocken, Heymann-Löwenstein
1990er Pündericher Marienburg, Auslese halbtrocken, Clemens Busch
1983er Pommerner Sonnenuhr, Auslese trocken, Wg. Zensen
1993er Winninger Röttgen, Auslese, Richard Richter
1988er Winninger Röttgen, Auslese, Werner Kröber
2002er Winninger Uhlen, Spätlese trocken, R. und B. Knebel
2002er Winninger Bruckstück, Spätlese halbtrocken, R. und B. Knebel


Da hatten wir doch letztes Jahr eine Untermoselprobe, in der die 5 großen Lagen Merler Königslay-Terrassen, Neefer Frauenberg, Bremmer Calmont, Winninger Uhlen und Winninger Röttgen nebeneinander gestellt wurden.
Der Vergleichbarkeit halber kamen dabei fast nur 2002er Rieslinge auf den Tisch - was allen zwar geschmecket, aber manchem mit Herodes-Komplex auch in ethische Selbstzweifel stürzte.

Besonders eines unserer jüngeren (i.e.: moralisch noch nicht ganz so heruntergekommenen) Mitglieder bekam doch arge Gewissensbisse ob dieses zwanzigfachen Babymordes und beschloss sofort seinen Respekt vor dem Alter zu bekunden.
Er setzte sich also ins Auto und fuhr die Untermosel von oben nach unten und von unten nach oben ab, um alte Weine zu ergattern.

Exkurs: hier zeigt sich, dass man doch beim alten Namen Untermosel bleiben sollte und nicht so einfach auf Terrassenmosel umschwenken kann. Weil der Michael, als er von oben nach unten fuhr, wirklich von der Obenuntermosel an die Untenuntermosel immer am Fluss lang gefahren ist, während es von den Obenterrassen zu den Untenterrassen zwar schneller aber auch um 90 Grad verkehrt herum und schließlich von den Untenterrassen zu den Obenterrassen überhaupt nur mit Hilfe eine Monorackbahn geht, wobei die ehrwürdigen alten Weine viel zu sehr geschüttelt würden. Bleiben wir also bei Untermoselrieslingen.

Und der Michael war so in Fahrt, dass er von unten nach oben gar nicht aufhören wollte zu fahren und deshalb auch Weine aus Pünderich besorgte, das Dorf, das wir in der ersten Probe ausdrücklich auf zehn Seiten begründet noch der Mittelmosel zugeordnet hatten.
Aber es hört ja eh keiner zu, wenn was erklärt wird, und von PISA kennt die Seilschaft auch nur den schiefen Turm....
Außerdem befand der Hein: "es wird getrunken was auf den Tisch kommt !"

Zwischendurch scheint dem Michael auch mal das Benzin ausgegangen zu sein. So konnten wir außer Winningern, Bremmer, Neefer, Pündericher und Merler Weinen auch solche aus Pommern und Kobern-Gondorf genießen.
Zudem beschränkte er sich nicht auf die 5 Lagen der ersten Runde, so dass wir hier einerseits unseren Horizont erweitern, andererseits aber besonders beim Röttgen durchaus Wiedererkennbares vorfinden konnten.

Vom hohen ethischen Anspruch, den der Michael trieb, konnten bald an der gesamten Untermosel die Winzer ein Lied singen.
Dies Anliegen wurde so unmoralisch leidenschaftlich vorgetragen, dass zu Tränen gerührte Weinerzeuger in ihre geheimsten Schatzkammern griffen, um doch noch die Flasche herauszuholen, von der sie gerade selbst noch gedacht hatten, dass sie schon lange aufgetrunken sei. In der Überzeugung, ein wahrhaft gutes Werk zu tun, vergaßen sie darüber hinaus des öfteren, dass sie eigentlich von ihrem Wein doch leben wollten und schenkten die Flaschen einfach her.
So war es uns möglich, die gesamte Probe für unter 10 Euro pro Weinnase zu gestalten
- dafür sei allen spendablen Winzern der Dank der Kölner Seilschaft gewiß.

Als der Chronist die Probenliste zu sehen bekam, dachte er nur: ahl un dröch !
Alt war es in der Tat - kein Wein stammte aus diesem Jahrtausend. Was ihm bei edelsüßen Weinen ja kein Unbehagen entlockt hätte.
Doch zwanzig der zweiundzwanzig Weine waren dröch und janz dröch - trocken und halbtrocken.
Unbesehen hätte er davon vielleicht die 99er gekauft, beim Rest hätte der Verdacht überwogen, dass sie über die Mosel bzw. die hier in Köln nähergelegene Wupper sein könnten.

Ahl un dröch - und zu so was meldet sich dann auch noch der Bernd Schulz an. Der vor vier Jahren noch ellenlange Gefechte gegen angereifte Rieslinge geführt hatte.
Das konnte ja heiter werden und der Chronist packte vorsichtshalber noch mal alles in eine Kiste, was von den 2002ern noch übrig war, um bei Ausfall von mehr als einem Drittel der Weine wenigstens noch was trinkbares dabei zu haben (als ob es in den Katakomben unseres geliebten Frischmarktes nicht genug Wein gäbe - aber von der Untermosel hat der Fritz wirklich nur den Uli Stein).

Ahl un dröch hatte sich wohl der weibliche Teil der Seilschaft gedacht und ward deshalb bei dieser Veranstaltung nicht gesichtet (aber wehe, wenn es rosa Champagner gibt - dann müssen Fritze, Reblaus und Chronist die Kinder hüten und der Hein darf auch nur die Eröffnungsrede halten und dann seiner Helga Glas und Händchen halten).

Aber sie haben was verpasst, unsere weiblichen Genießerinnen. Die Senioren legten eine unerwartet flotte Sohle aufs Parkett. Und die jungen Weine des Chronisten waren nicht vonnöten - ahl und dröch, aber doch fast alle quicklebendig präsentierte sich die Untermosel in den Katakomben.

Es beginnt mit einer Reihe 99er, die - klar, weil am jüngsten - noch am meisten verfügbar waren.

1. 1999er Pündericher Marienburg, Spätlese halbtrocken, Clemens Busch
12,5% vol.Alk.,brillantes Gold. Attraktive Nase nach weißem Pfirsich und etwas Petrol.
Am Gaumen Pfirsiche und Mineralien. Lebendige, gut eingebundene Säuren, viel Harmonie.
Nicht der komplexeste Wein, aber sehr gefällig im positiven Sinne.
Die Mehrheit ist vorsichtig mit 14,0 bis 14,5 Punkten. Eine Minderheit greift aufgrund der Harmonie zu 15,5 Punkten.

2. 1999er Winninger Hamm, Spätlese halbtrocken, Löwensteinhof
11,5% vol.Alk.,Gelbgold. Sehr schöne Nase nach Stachelbeere und Maracuja.
Eher Pfirsich am Gaumen. Reif, aber ohne Firnetöne. Nicht ganz so saftig wie der Vorgänger, aber von gleicher Harmonie.
Positive Überraschung dieses nicht ganz so bekannten Weingutes.
Die Runde vergibt 13,5 - 14,5 Punkte; einige stellen den Wein auch über den Vorgänger.

3. 1999er Winninger Röttgen, Spätlese trocken, R. + B. Knebel
korkt

4. 1999er Winninger Uhlen, Spätlese trocken, Rüdiger Kröber
12,5% vol.Alk,Gelbgold. Orangenmaoam in der Nase, dabei nicht unangenehm.
Am Gaumen aber doch deutliche Alterstöne, dazu steinige Mineralien und Orange. Noch feste Säuren, aber doch bereits ein Stück Frucht verloren.
Wirkt so etwas dünn und war letztes Jahr sicher besser.
Aber noch 12,5 - 13,5 Punkte.

5. 1999er Winninger Uhlen, QbA trocken, Heymann-Löwenstein
12,0% vol.Alk,Sattes Gold im Glas. Kräuterton in der Nase, Kräuterhonig, Mineralien und Marzipan im Mund. Langer Nachhall.
Voller, dichter, harmonischer Wein, der etwas geteilte Meinung hinterlässt: für Heymann-Löwenstein eher enttäuschend (15,0 - 15,5 Punkte) bis: dieser Wein macht heute Freude und hat noch Entwicklungspotential (16,0 - 16,5 Punkte)

6. 1999er Merler Königslay-Terrassen, Albert Kallfelz, Auslese halbtrocken
gelbgold. Schöner Honigton in der Nase, Zitrus und Pfirsich am Gaumen.
Dem Wein geben wir noch etwas Entwicklungsfähigkeit. Saftig, rund und elegant.
Auch hier geteilte Meinungen: etwas undifferenziert im Abgang (14,5 - 15,0 Punkte) gegen: klassisch, feiner Moselwein (15,5 - 16,5 Punkte)

Es geht ins Jahr 1998. Der nächste Winzer ist umstritten. Hei, wie es da gleich emsig zugeht in der Seilschaft !
Endlich bietet sich die Möglichkeit trefflich zu streiten und alle und jeden der absoluten Ahnungslosigkeit, missgestalteter Geschmackspapillen oder aufweichender Gehirnsubstanz zu bezichtigen ohne dabei durch alle Koryphäen selber mangelnder Urteilskraft überführt zu werden (den Aufstand gegen sämtliche Koryphäen und alle Seilschafter z.B. bezüglich Tetrapak-Weinen oder ominösen 83er Haut Brions wagen nur wenige - einer schreibt das Protokoll !).
Und so führte das lange Hefelager des Wg. Dötsch & Haupt auch gleich zur Dreiteilung der Runde.

7. 1998er Koberner Uhlen, Spätlese trocken, Dötsch & Haupt
11,0% vol.Alk.,Brillantes Gelbgold. Kräftige nuancierte Nase nach Cassis und Steinen.
Gleiche Aromen im Mund, wobei die Mineralität noch überwiegt. Der Wein ist noch nicht am Ende seiner Entwicklung. Nicht allzu voll, strahlt er trotzdem Kraft aus.
Ein Teil findet ihn dagegen dünn und mit wenig Extrakt (13,5 Punkte), ein weiterer Teil findet ihn als sehr charaktervollen Wein (15,0-15,5 Punkte), eine kleine Minderheit vergibt sogar 16,5 Punkte.
Wohl wahr, ein umstrittener Winzer. Schön, dass es solche gibt!

Den nächsten Wein hat der Winzer dem Michael nur mit Bauchschmerzen überlassen, da er wegen der kleinen Qualitätsstufe nicht sicher war, ob der Wein noch in Ordnung sei.
Aber der Chronist hat schon einige QbA erlebt, die sich lange gehalten haben und traut ihnen an der Mosel aufgrund ihres höheren Alkoholgehaltes eigentlich immer ein längeres Leben als einem Kabinett zu.
Also lassen wir uns überraschen:

8. 1997er Pommerner Rosenberg, QbA Hochgewächs trocken, Wg. Zensen
Gelbgold. Erdige Töne in der Nase. Alterstöne und etwas spitze Säuren zeigen, dass der Wein vielleicht 2 Jahre über seinen Höhepunkt hinaus ist.
Aber in keinster Weise tot, immer noch recht fest und süffelbar.
12,5 - 13,5 Punkte.

Das Weingut Zensen braucht sich diesen Weins also nicht zu schämen.
Der nächste Wein stieß ebenfalls auf Kritik seines Erzeugers, der angab, hier zu früh gelesen zu haben und uns den 98er empfahl:

9. 1997er Koberner Weißenberg, Spätlese trocken, Dötsch & Haupt 10,0% vol.Alk. Sattes Gelbgold. Durchaus attraktive Nase nach Kamillenblüten.
Am Gaumen leider nur Brennnessel und auch etwas Muff. Mit spitzen Säuren macht der Wein nicht mehr viel Spaß.
So haben wir diesmal mit dem umstrittenen Winzer nicht gestritten: dieser Wein ist drüber. Mit 10% vol.Alk. liegt er zudem an der unteren gesetzlichen Grenze für Spätlesen an der Mosel und würde heute wahrscheinlich nicht mehr als solche verkauft werden.

Zwei etwas wacklige Kandidaten aus 1997 also.
Wird es mit den älteren Weinen weiter bergab gehen ?
Wir versuchen es erst einmal mit höheren Prädikaten aus 1996:

10. 1996er Winninger Uhlen, Auslese trocken, R.+B. Knebel Altgold im Glas. Steine und Blumen in der Nase, gelbe Äpfel im Mund. Wenn auch dieser Wein etwas fortgeschritten ist, so ist er dennoch aufgrund seiner festen Struktur und Lebenskraft mit Spaß zu trinken.
Die Wertungen liegen zwischen 14,0 und 14,5 Punkten

11. 1996er Winninger Röttgen, Auslese halbtrocken, Richard Richter
10,5% vol.Alk.,Sattes Gold. Nuancierte feine Nase nach Zitrus und reifen Früchten. Rote Grapefruit, Honig und Mineralien am Gaumen. Saftig und lebendig.
Vielleicht beginnt die Harmonie gerade zu bröckeln und einer Minderheit gefallen die Bittertöne nicht.
Für eine Mehrheit aber ist das ein klasse Wein, der jetzt getrunken sein will und ein typischer Vertreter des Röttgen ist:
15,5 - 16,0 Punkte

Es geht ein Jahr weiter, nach 1995:

12. 1995er Winninger Uhlen, QbA trocken, Heymann-Löwenstein
brillantes Gold. Kräftiges, attraktives, feines Bukett nach Brotrinde, Zitrus und Kamille. Viel Mineralität und ein kleiner Bitterschwanz im Mund.
Der Wein ist reif, aber noch durchaus lagerfähig.
Lebendige Säuren, viel Saft, kernige Struktur und Eleganz:
die Runde gibt 16,5 - 17,5 Punkte

Ein kleines Missgeschick, ein fehlendes Wörtchen, brachte durchaus Freude in die Runde.
Es fehlte das "trocken" hinter dem Qualitätswein. Liebliche Weine sollten eigentlich erst später kommen.
Einmal daneben gegriffen und alle Naschkätzchen leckten ihre Lippen:

13. 1995er Winninger Röttgen, QbA, Heymann-Löwenstein
sattes, brillantes Gold. Attraktive Nase nach Blüten. Rote Früchte, weißer Pfeffer (jetzt machen wir den Österreichern auch beim Pfefferl Konkurrenz!) und Orange am Gaumen.
Langer Nachhall, Tiefe, Rasse und Eleganz zeichnen den charaktervollen Wein aus, der bereits 3 Stunden geöffnet war und keinerlei Ermüdungserscheinungen zeigte, sondern sicher noch 5 Jahre auf diesem Niveau zu trinken sein wird.
16,5 - 17,5 Punkte

14. 1995er Neefer Frauenberg, QbA halbtrocken, Reinhold Franzen
gelbgold. Welke Blüten in der Nase, dazu viel Mineralität im Mund.
Ein dichter, eher mittelvoller Wein, der trotz seines Platzes hinter der süßen Auslese aus dem Röttgen nicht untergeht.
Er wäre ein Jahr zuvor vielleicht noch einen Tick besser gewesen.
Die Runde wertet 14,0 - 14,5 Punkte.

Das Jahr 1994 blieb für jetzt außen vor und wir griffen zu zwei 93ern.
Mittlerweile war die Seilschaft so ergriffen von den Methusalixen, dass Punktewertungen für solch altehrwürdigen Kreszenzen als mangelnde Achtung vor dem Alter gegeißelt und deshalb eingestellt wurde:

15. 1993er Winninger Uhlen, Spätlese trocken, Freiherr v. Heddesdorf
brillantes Gold. Kräftige, aber nicht nehr schöne Nase nach Firne und Brennnesesseln.
Der Wein ist einige Jahre zu alt.

16. 1993er Bremmer Calmont, QbA trocken, Reinhold Franzen
gelbgold. Ebenfalls Brennnesseln in der Nase, aber keine Firne.
Im Mund Kräuter und Mineralien. Auch dieser Wein ist einige Jahre zu alt, aber noch durchaus trinkbar und fest.

Und noch ein Jahr älter ein Wein unseres Forumfreundes Markus Busch (bzw. seines Vaters) :

17. 1992er Pündericher Nonnengarten, Auslese halbtrocken, Wg. Paul Busch
gelbgolden. Blumiges Kräuterbukett. Mineralik und süße gelbe Frucht im Mund. Recht langer Nachhall, runder Wein.
Wirkt frischer als der Vorgänger, da er durch seine Süße getragen wird.
In der Frucht aber doch etwas gezehrt, der Wein ist vielleicht ein, zwei Jahre über den Höhepunkt hinaus.

1991 war ein kleines Jahr in dem Sinne, dass nicht viele hohe Prädikate erzeugt werden konnten.
Folgerichtig hat auch der Michael keinen Wein ergattern können und wir setzten die Probe mit zwei 90ern fort:

18. 1990er Winninger Uhlen, QbA trocken, Heymann-Löwenstein
der Wein war aus unerfindlichen Gründen für die meisten Seilschafter nicht trinkbar.
Der Chronist stand ziemlich alleine gegen Gott und die Welt. Da die anderen aber außer halt "untrinkbar" nichts von sich gaben, hier die Beschreibung des Chronisten alleine:
brillantes Gold. Kräftige Kräuternase. Kräuter und ein kräftiger Bitterschwanz am Gaumen. Sehr lang im Mund. Kräftiger, kerniger Wein, dessen Säuren allerdings etwas spitz herausstechen.
Nicht nur trinkbar, sondern macht auch noch Freude, wenn der Wein vor 3 Jahren auch sicher noch besser war.
Meint - wie gesagt - der Chronist alleine.

19. 1990er Pündericher Marienburg, Auslese halbtrocken, Clemens Busch
sattes, brillantes Gold. Bohnerwachs und Mineralik in der Nase, Mineralien und Honig im Mund.
Langer Nachhall. Dichter, kraftvoller, kerniger Wein.
Reif und jetzt zu trinken, aber nicht über den Höhepunkt hinweg.
Hut ab ! ruft die Runde und will auf einmal doch wieder werten:
14,5 - 16,0 Punkte

Methusalix - der älteste Wein der Probe stand jetzt auf dem Tisch. 1983 war ein gutes Jahr und der Chronist würde jetzt jede edelsüße Auslese aus diesem Jahr sofort kaufen.
Aber ein trockener Wein ?

20. 1983er Pommerner Sonnenuhr, Auslese trocken, Wg. Zensen
gelbgold. Weiße Schuhcreme in der Nase. Kräuter und Alterstöne, aber keine Firne im Mund.
Die Alterstöne machen den Wein, der vielleicht anfängt, seine Frucht zu verlieren, pikant.
Die Säuren sind mild lebendig gut eingebunden. Erstaunlich frischer Wein, bei dem auch ein wenig der Verdacht aufkommt, dass er nachgefrischt wurde, aber Korken und Erzeuger verneinen dies.

Zwei edelsüße Rieslinge sollten diese Altweinprobe abschließen:

21. 1993er Winninger Röttgen, Auslese, Richard Richter
brillantes Gold. Reiches, attraktives bukett nach Honig und Kräutern. Im Mund endet Kräutertee mit einem Bitterschwanz.
Saftiger, fester, leckerer und reifer Wein,
der der Mehrheit 14,0 und der Minderheit 15,0 - 15,5 Punkte wert ist.

22. 1988er Winninger Röttgen, Auslese, Werner Kröber
wie bei Wein 18 meinte auch hier die Mehrheit der Runde, dass ein solcher Wein nicht mehr sein müsse, während wenige Unbelehrbare um den Chronisten, diesem Wein mehr als reine Trinkbarkeit bescheinigten.
Deshalb hier ihre Beschreibung: brillantes Gold. Die Brennnesseln in der Nase sind diesmal nicht unangenehm.
Im Mund wesentlich jünger und Pfirsicharomen. Langer Abgang, recht saftig und rund.
14,0 - 15,0 Punkte.

Doosch - die größte Strafe für den Kölschen. Deshalb hat auch unser Bier nicht soviel Alkohol, damit wir mehr davon trinken können. Und unsere Gläser sind auch nicht so groß, damit wir Fasteleer so 30 Stück verputzen können.

Nun hatten wir nach den 22 Weinen fast durch die Bank trinkbaren Weinen zwar nicht mehr unbedingt Dooosch, ävver - der könnte ja auf dem Heimweg kommen.
Also haben wir vorsichtshalber doch noch 2 von den jungen aufgemacht und damit auch ein wenig an Reinhard Knebel gedacht:

23. 2002er Winninger Uhlen, Spätlese trocken, R. und B. Knebel
12,70 Euro,dichte, goldene Farbe. Schwefel und Minerale in der Nase. Weiße Pfirsich und etwas Schwefel auch im Mund.
Ein junger Wein, dem man nach dem Genuß der alten die Unentwickeltheit deutlich anmerkt. Aber auch jetzt schon saftig, rund und delikat.
Gepunktet wurde nicht mehr, aber es wären wohl um die 15,0 Punkte gewesen.

24. 2002er Winninger Bruckstück, Spätlese halbtrocken, R. und B. Knebel
8,70 Euro, sattes Gold. Brotrinde und roter Pfirsich in der Nase; rote Früchte und Mineralien am Gaumen - das Bruckstück bestätigt sich als kleiner Röttgen.
Ein saftiger, geschmeidiger Wein, der momentan dem Vorgänger nicht nachsteht und für den Preis viel Genuß bereitet.

Ahl un dröch un nit kapott ! Das galt für mindestens 14 der 18 trockenen Weine aus dem vorigen Jahrhundert.
Der Chronist geht seitdem ob seines Unglaubens in Sack und Asche und verneigt sich vor den trockenen Senioren der Untermosel.

Wolfgang Martin