Champagner-Probe 17.7.2004 von Dominik Ziller:


"Champagner fuer alle!"
ruft der angeberische Grosskotz im Lokal, wenn er sich wichtig machen will.
"Champagner fuer alle!"
ruft die Linke von den Barrikaden, weil das edle Zeug fuer sie der Inbegriff des Luxus ist und seine Proliferation an alle Gesellschaftsschichten ein Indiz fuer einen funktionierenden Sozialstaat.

Nun, wie die wenigsten vermuten werden, bin ich der Linken zuzurechnen. Wenn auch nur im engen Zirkel der Koelner Seilschaft, wo man - das werden die meisten wissen - fein saeuberlich zwischen links- und rechtsrheinischen Seilschaftern trennt.
Puristen werden mich aufgrund der rechtsrheinischen Geburt (in Bonn-Oberkassel) in die rechte Ecke stellen wollen, ich verweise dagegen auf die linksrheinische Zeugung (in Belgien) und den linksrheinischen Wohnsitz (in Bonn-Mehlem).
Und als echter Seilschaftslinker habe ich mich dann auch gleich dafuer stark gemacht, dass wir eine Champagnerprobe abhalten.
Denn mit der Toskanafraktion haben wir Koelner es nicht so sehr, oder hoechstens dann wenn die Frau Becker - ausgerechnet sie als Rechte im Koelner Sinne ist Sangiovese-Stalinistin reinsten Wassers - aus Duesseldorf eingeflogen kommt um uns zur Verkostung von Chiantis und Supertuscans zu verfuehren.

Gauche Caviar im engeren Sinne haette bei uns auch keinen Zweck. Kaviar kann man schliesslich nicht trinken. Zum Kaviar wird allerdings nicht selten Champagner gereicht.
Und Frankreich liegt ebenfalls linksrheinisch, also koennen wir als Koelner uns vermittelnd, denn wir sind die geborenen Kompromisshuber, als Gauche Caviar im weiteren Sinne proklamieren. Und unseren Kampfgenossen in Frankreich den Kaviar ueberlassen, waehrend wir den dazu passenden Champagner schluerfen.

Also wird Champagner getrunken!
Ja getrunken und nicht verkostet, denn Champagner spuckt man nicht, das schaeumt zu sehr. Und, um der Sache einen angemessen sozialistischen Anstrich zu geben, trinken wir nicht nur die Klassiker aus den grossen Haeusern, sondern auch die Arbeiter- und Bauernchampagner, die aus Kleinbetrieben besonders leistungsfaehiger Volksgenossen stammen.

Vorausschicken sollte man noch, dass wir selbstverstaendlich blind probierten, so dass die Champagner klassenlos vor uns aufmarschierten und wir sie ohne Ansehen der Herkunft objektiv bewerten konnten. Nach jedem einzelnen Wein wurde aufgedeckt.

Den Anfang machte so ein Kleinbetrieb

1. Grande Reserve, Champagne Edmond Barnaut, Bouzy
Ein Champagner von der Montagne de Reims und dementsprechend pinotlastig - zwei Drittel Pinot Noir, ein Drittel Chardonnay.
Schöne volle Nase, im Mund saeurebetont, dezente Apfelnote, cremige Frucht, angenehm zurueckhaltend, nicht gerade blutjung, schon eine leichte Reifenote, leicht toastig, zugleich sueffig, mittlere Laenge.
Als absolutes no name Produkt eine sehr positive Ueberraschung, zwischen 14 und 15,5 Punkten aus der Seilschaft, vier von fuenf Sternen aus der Revue du Vin de France. Und fuer gerade einmal 14 Euro sehr guenstig.


2. Brut Tradition, Champagne Egly-Ouriet, Ambonnay
Ein zweiter Erzeuger von der Montagne de Reims, deutlich bekannter als Barnaut, auch hochpreisiger, ebenfalls pinotgepraegt.
Fuer mich bei der Probenzusammenstellung vor Ort einer der besten Standard-Champagner ueberhaupt. Die in der Seilschaft verkostete Flasche blieb aber leider deutlich hinter der vor Ort verkosteten zurueck. Vielleicht war sie etwas ueberlagert.
Unsere Eindruecke:
Etwas zu saeurebetont, darunter deutlich voller als der Barnaut, ein fuer die meisten schon zu ausgepraegter Alterston, eher knappe Frucht. Am Gaumen wie in der Nase leicht hefig. Recht lang und relativ komplex.
Zwischen 14,2 (sic) und 15 Punkten. Von Parker 90 Punkte, dito vom Wine-Spectator, von der Revue du Vin de France volle fuenf Sterne, das spricht auch dafuer, dass unsere Flasche einfach nicht in Bestform war. Kostet 21 Euro.


3. Premier Cru, Larmandier-Bernier, Vertus
Kleines Haus an der Cote des Blancs, entsprechend Chardonnay-dominierte Cuvees.
Leicht medizinale Nase, im Mund recht breit angelegt, im Abgang ebenfalls relativ medizinal und deutlich hefig. Leichter Bitterton, zugleich relativ hohe Dosage, ueberzeugte uns nicht sehr.
14 bis 14,5 Punkte. Preis: 17,90 Euro.


4. Grande Reserve Sous Bois Premier Cru, Champagne de Méric, Ay
Kleines Weingut an der Cote des Blancs, dennoch setzt sich die Cuvee aus 80 Prozent Pinot Noir, nur 15 Prozent Chardonnay und 5 Prozent Pinot Meunier zusammen.
Der Wein wurde uns von Max Hendlmeier gespendet, wofuer wir ganz herzlich danken!
Ein von der Nase her eher in die Sherry-Abteilung einzusortierenden Champagner, ein deutlicher Alterston in Nase und Mund. Auch von der rotgoldenen Farbe her der reifste Champagner der Probe. Dazu feine Roestaromen, insgesamt sehr elegant. Fein und leicht, sehr harmonisch. Wuerde sicher gut zum Comte oder zum Beaufort passen.
14,75 bis 16 Punkte. Bisher klar der beste!


5. Brut Royal, Pommery, Reims
Um preislich wie qualitativ einen Vergleich zu den bekannten Markenchampagnern herzustellen, habe ich als abschreckendes Beispiel die Cuvee Generique von Pommery in die Probe aufgenommen. Kostet immerhin an die 25 Euro.
Sie wurde wie die anderen Weine auch blind probiert.
Wir waren entsetzt, ich zitiere repraesentativ aus den Bemerkungen der Seilschafter:
"Kaum Perlage, stinkt regelrecht, schweflig, faulig, hat etwas von Katzenpisse." Einige vermuteten einen Flaschenfehler und so wurde eine zweite Flasche eingekuehlt, die zwei Stunden spaeter ein aehnliches Bild abgab, vielleicht eine Spur weniger drastisch.
10 Punkte.
Leider sind viele Markenchampagner aus grossen Haeusern aehnlich schwach, ich habe nur ein besonders krasses Exemplar in die Probe aufgenommen, um zu unterstreichen, dass man mit den kleineren Haeusern oft nicht nur billigere sondern auch sehr viel bessere Champagner bekommt.
Natuerlich gibt es Ausnahmen wie Roederer, Duval-Leroy, Henriot und ein paar andere. Aber es gibt mit Moet, Mumm, Mercier und Lanson auch noch eine ganze Reihe sehr prominenter Erzeuger, deren Generiques mich eher schaudern lassen.
Also: nieder mit den imperialistisch-kapitalistisch gefuehrten Weltkonzernen! Friede den Huetten, Krieg den Palaesten, denn davon gibt es in der Champagne reichlich!
Ein der Koelner Linken angemessenes Statement.


6. Fleur de Champagne Premier Cru, Champagne Duval-Leroy, Vertus
Duval-Leroy zaehlt zu den Aufsteigern der letzten 15 Jahre, sowohl qualitativ als auch quantitativ.
Dem Premier Cru aus der Fleur-Linie stehen in der selben Linie noch ein Generique, ein Blanc de Blancs, ein Rosé und ein Extra Brut an der Seite.
Wir befanden: Elegant, harmonisch, schon in der Nase sehr volle, ueppige Frucht, im Mund ueppige Zitrusaromen, rosa Grapefruit vom Feinsten. Niedrige Dosage, cremig, tolle Harmonie und sehr gute Laenge.
Eine Poetin unter der diesmal sehr zahlreich vertretenen Damenschar der Seilschaft beschrieb den Wein bzw. seine Auro als "rosa, hellblau und gelb".
16 bis 16,5 Punkte - ca. 21 Euro, sehr gutes PLV.


7. Brut Premier, Champagne Roederer
Offenbar haben wir eine nicht ganz so gute Flasche erwischt, denn viele kannten den Champagner, der regelmaessig zu den besten Generiques ueberhaupt zaehlt, und hatten ihn noch besser in Erinnerung.
Vor allem die Nase war etwas unangenehm, da hatte sich ein leichter Fehlton eingeschlichen, der nach einiger Zeit fast ganz verflog.
Im Mund aber deutlich cremiger, der toastige Widerpart zum Duval, tolle Laenge, schoene Cremigkeit.
15 bis 15,5 Punkte (und damit etwa einen Punkt weniger als er sonst bekommen hat), 26 Euro.


8. Grande Reserve, Champagne Gosset, Ay
Von Torsten Goffin besorgt und einer seiner Leib und Magen-Champagner, wir merkten schnell warum!
Schoene Reife, feine Briochenoten, "kompletter Champagner", tolle Harmonie von Frucht und Saeure, sehr gute Laenge.
Natuerlich spaltet die leicht oxidative Note - die wir bei diesem und bei einigen anderen Champagnern vorfanden - die Seilschaft ein wenig, der eine mags mehr, der andere mags weniger, das Kollektiv kann nicht immer funktionieren, auch nicht in der Koelner Linken.
16 bis 17 Punkte, fuer die meisten der bis dahin beste Champagner.


8a. Champagne Veuve Monsigny
Nachdem die ALDI-Diskussion ja mal wieder um sich greift, habe ich - natuerlich ebenfalls blind - diesen "Gewerkschafts-Champagner" eingeschmuggelt.
Niemand hat ihn erkannt, was ja sowieso kaum geht, wenn der Inhalt der Abermillionen von Flaschen staendig wechselt.
Ich selbst habe den Champagner als sehr oberflaechlich empfunden und als den deutlich schwaechsten der Probe (bis auf den Pommery natuerlich). Aber ich wusste ja, was ich probierte und war deshalb vielleicht nicht ganz unvoreingenommen.
Eines ist aber auch klar, das muss man anerkennen: Wer bei ALDI Champagner aus dieser Partie gekauft hat, hat fuer 12 Euro keinen schlechten Griff getan, denn der Wein war korrekt und recht ordentlich, auch champagnertypisch, wenngleich ein wenig langweilig.
Die meisten von uns haben aber auch schon deutlich schlechtere Veuve Monsignys getrunken, bei denen man nicht einmal darauf gekommen waere, dass es sich ueberhaupt um einen Champagner handelt.
In der Nase allerdings stoerte zunaechst ein sehr kraeftiger Fehlton, schwefelig-faulig, der sich im Glas zum Glueck schon nach kurzer Zeit voellig gab.
Im Mund sehr fruchtbetont, es fehlt die "Cremigkeit", die große Champagner ausmacht. Sehr schoene Saeure, gut gereift und recht sueffig. Was ebenfalls fehlt ist die Komplexitaet.
Die Seilschaft vergibt 14 bis immerhin 16 Punkte, relativ gleichmaessig verteilt. Guter Einstiegschampagner fuer die Jungsozialisten.


9. Blanc de Blancs, Champagne Pierre Jamain, La Celle sous Chantemerle
Familienbetrieb im suedlichen Marnetal. Unsere Gebeitshein hat dort auf einer Hendlmeier-Weinreise gastiert und gleich mal eine gute Flasche fuer unsere Probe gebunkert und gestiftet. Vielen Dank, Egon!
Erst sehr fruchtige Nase, dann gesellt sich Dill hinzu, spaeter Salbei, den man auch im Mund wiederfindet.
Deswegen werden einige saloppe Vergleiche mit Hustensaft gezogen. Neben der kraeutrigen Wuerze hatte der Wein aber auch eine sehr schoene, weinige Frucht bei guter Saeurestruktur und relativ hoher Dosage.
Das Kollektiv ist nicht ganz einig und stimmt ab, 11 Genossen schaetzen den Champagner, 4 sprechen ihm das Misstrauen aus.
Der Genosse Vorsitzender wurde beauftragt, bis zur naechsten Probe die uebliche 99 Prozent-Mehrheit sicher zu stellen. 14,5 bis 15,5 Punkte. 14 Euro, sehr gutes PLV.


10. Grand Cru Brut, Champagne Guy Larmandier, Vertus
Mittelgrosser Betrieb im Herzen der Cote des Blancs. Der Grand Cru ist ein Blanc de Blancs.
Sehr fruchtige volle Nase, im Mund sehr, sehr cremig, feine Roestaromen, ausserordentlich elegant und sehr dicht, sehr gut, feine Laenge.
Nach einiger Zeit kommen auch florale Toene hinzu, Lindenblueten.
Ausgesprochen f risch, schoene Saeure. "Schoene champagnermaessige Eleganz" ruft die Suedkurve und verlangt Nachschlag.
Einheitliche 16 bis 16,5 Punkte. 4,5 von 5 Sternen in der Revue du Vin de France.
Fuer 14 Euro geradezu geschenkt, eine Sammelbestellung ist geplant.


11. Grand Cru Prestige 1998, Champagne Guy Larmandier, Vertus
Und wir setzen sofort noch einen drauf!
Erneut eine unheimlich fruchtige, frische, volle Nase, im Mund extrem saftig, voll und dicht. Leicht apfelige Frucht.
Hochelegant und sehr sehr lang. Noch cremiger und mundfuellender als der Vorgaenger. Im positiven Sinne gefaellig. Brillant, komplex gewebt!
Niedrige Dosage, gute Reife, jetzt voll auf dem Punkt.
Glatte 17 Punkte, einstimmig, das Kollektiv funktioniert wieder. 18,20 Euro, geschenkt!
Wenn wir schon sammelbestellen, muss der mit ins Paket!


12. Grand Cru 1996, Pascal Agrapart, Avize
Kleines Haus an der Cote des Blancs, Rebbesitz ausschliesslich in Grand Cru-Lagen.
Die Nase zeigt sich sehr voll, dabei changierend, mal mandelig, mal fruchtiger, mal etwas hefig.
Im Mund etwas zu hohe Saeure, etwas eindimensional, gute Frucht von Mango, Zitrone und Grapefruit, dabei auch recht beachtliche Laenge.
Etwas ueberlagert vielleicht, hier zeigt sich wieder das Schisma zwischen den Anhaengern der jugendlichen Frische und jenen, die auch einen etwas oxidativeren Stil gelten lassen wollen.
14 bis 15 Punkte von uns 4,5 von 5 Punkten in der Revue du Vin de France. 19 Euro.


13. L Avizoise Grand Cru 1996, Pascal Agrapart, Avize
Karamellige, sehr kraeftige Nase, im Mund Brioche, Karamell.
Tolle Laenge, sehr ueppig, dabei trotzdem voll und dicht.
Eine fabuliert "wenn ich Insulin waere, kaeme ich bei diesem Champagner freiwillig zurueck", was immer er uns damit auch sagen will.
Angenehm niedrig dosiert, kompromisslos im Mund, sehr komplex, feine nussige Toene eines aelteren Chardonnay, die einige nicht so sehr schaetzten.
So gab es zweimal die 15,5, ansonsten zogen alle zwischen 17,5 und 18 Punkten.
Die Revue verteilt 5 von 5 Sternen. Mit 26 Euro von den Champagnern aus einfacheren Haeusern schon einer der teuersten, aber auch einer der allerbesten.


14. Brut Special Club Premier Cru 1997, Larmandier-Bernier, Vertus
Oxidativ ausgebaut, "riecht wie ein Haufen ueberreifer Aepfel aus der Sonne" meint der eine, "riecht wie Inge Meysel, mit leichtem Zyankaliton" meint der andere.
Jedenfalls nicht so dicht und lang wie der Vorgaenger, vielleicht auch ein Spuerchen ueberlagert, wie Inge Meysel im Erdmoebel.
Einigen kam er schon sehr muede vor.
13 bis 14,75 Punkte von uns vier von fuenf Sternen in der Revue. 25 Euro, eher zu teuer!


15. Terre de Vertus Premier Cru 1999, Champagne Larmandier-Bernier, Vertus
Sehr komplexe, schoene Nase, leicht floral, erinnert an Birkenwaelder.
Schoene Cremigkeit im Mund. Sehr elegant, extrem lang.
Harmonisch gebaut, kraeftiger Koerper, nur im Abgang ganz leicht stechend.
Einige bemaengeln eine stoerende Bittermandel oder einen Alka-Seltzer-Ton.
14 bis 15,5 Punkte von uns 5 von 5 Sternen in der Revue, 21,70 Euro.


16. Fleur de Champagne Extra Brut 1997, Duval Leroy, Vertus
"Belanglos auf hohem Niveau aber sehr, sehr gut" wirft einer in die Runde, "nothing to write home about" ein anderer, und alle wissen, was gemeint ist: Es fehlen die Ecken und Kanten.
Obwohl dieser Kamerad einen hohen Extrakt aufweist, in Saeure, Fuelle und Dichte nichts zu wuenschen uebrig laesst, reisst er einen nicht mit.
15 bis 16,5 Punkte bei einem Preis von ca. 27 Euro.
So ganz schlecht kann er aber nicht gewesen sein, da Renate Zickuhr an dieser Stelle den demokratische Beschluss fasste, es werde jetzt alljaehrlich eine Champagnerprobe geben und damit basta.
Und zwar vor allem fuer die Frauen im Forum.
Ich suche seitdem nach einem guten Arzt fuer Geschlechtsumwandlungen, vielleicht hat jemand von Euch einen Hinweis, moeglichst in der Bonner Gegend?


17. Grand Cru Brut Cuvée Speciale, Champagne Egly-Ouriet, Ambonnay
Besondere Cuvee von Egly-Ouriet, teilweise im Holzfass ausgebaut.
In der Nase ein leichter Sherry-Ton, im Mund Erdbeere mit Rosmarin plus Grapefruit, ganz ausgefallen aber sehr gut.
Leicht toastig, leicht holzig aber herrlich balanciert und von sagenhafter Laenge.
Einigen ist es mit dem Holz etwas zuviel, dennoch werden stolze 17,5 bis 18 Punkte gezogen.
5 von 5 Sternen in der Revue, kostet stolze 36 Euro und ist sie mehr als wert.


18. Cristal 1990, Champagne Roederer, Reims
Bei diesem Tropfen fielen alle Schamgrenzen und wurden Comment wie Leckertabelle mit Fuessen getreten.
So ist in letzterer die Wertung "sauisch gut-lecker" nicht vorgesehen.
Der Genosse, der dieses Urteil auf den Lippen fuehrte, wird hiermit verwarnt, im Wiederholungsfall droht Sibirien.
Sensationelle Nase, die man einfach nicht in Worte fassen kann, unendlich cremig und schmelzig, ueppige Aprikosenfrucht, Rasse und Eleganz, Komplexitaet, Fuelle, unendliches Spiel, fuer mich kann man Champagner nicht besser machen.
Deswegen habe ich mich dazu hinreissen lassen - und noch heute fliessen im Nachklapp Traenen in die Tastatur, wenn ich an diesen Wundertropfen denke - eine glatte 20 zu vergeben, perfekt!
Da wollte die Restseilschaft dann doch nicht mit und beliess es bei 19, Neunzehneindrittel, 19,5 und 19,75.
Soll sein, es war jedenfalls fuer alle bis auf einen der beste Champagner des Abends.
Parker vergibt 97 von 100 Punkten.
Der Preis fuer dieses Meisterwerk duerfte so um die 150 Euro liegen, Fritz Zickuhr hat ihn uns aus seinen Bestaenden dankenswerter Weise deutlich guenstiger ueberlassen, frei nach der Devise "Champagner fuer alle".
Allerdings war fuer mich an dieser Stelle mit dem Kommunismus Schluss.
Schon die Fuehrung der Union der sozialistischen Sowjetrepubliken war sich darueber im Klaren, dass die in der Staatsfuehrung beschaeftigten Volksgenossen wegen ihrer besonderen Arbeitsbelastung gewisse Privilegien geniessen muessen.
Das gehoert schliesslich auch zur wahren Linken. Und so bin auch ich der Meinung, dass der Genuss dieses Champagners den Mitarbeitern der linksrheinischen Ministerialadministration vorbehalten bleiben sollte.


19. Brut 1988, Champagne Krug, Reims
Noch ein wenig teurer und noch etwas hoeher eingestuft (99 Punkte von Maryland-Bob), stand als naechstes der Brut 1988 von Krug auf dem Tisch.
Mit sehr kraeftiger, vanilliger Nase, in der neben satter Wuerze auch ein deutlicher Schwefelton wahrzunehmen war.
Fast ein wenig unangenehm. Auf der Zunge etwas zu vanillig, zu holzig, trotz weingruener Faesser hat er sich im Holz etwas eingefangen.
Andererseits auch extrem voll, sehr ueppig und von phantastischer Laenge.
Wie immer bei Krug - ein Champagner der spaltet.
Das etwas selbstherrliche Diktum von Krug, man fange dort an, Champagner zu machen, wo die Konkurrenz aufhoere, konnten wir nicht so richtig nachvollziehen.
Immerhin, einen grossen Fan, der ihn zum besten Champagner des Abends erklaerte, fand der Krug und bekam 19,5 Punkte von ihm.
Die anderen werteten zwischen 17 und 18,5.
Die Flasche hatte die Seilschaft dem Gebietshein zum 50. geschenkt und er hatte sie, grosszuegig und kommunistisch, wie er nun einmal ist, fuer diese Probe gestiftet. Herzlichen Dank, Egon!!!


20. Cuvée Louise 1995, Champagne Pommery, Reims
Den Abschluss machte dann die Spitzencuvée des Hauses Pommery, die als Ersatz fuer den eigentlich vorgesehenen Salon 1990 einspringen musste und von Wolfgang Faßbender gespendet worden ist.
Auch Dir ein herzlicher Dank!!!
Pikante Nase, recht wuerzig, faellt natuerlich gegen die beiden Vorgaenger hoffnungslos ab, waere sicher eine gute Cuvee Generique, bietet aber fuer einen Spitzenchampagner deutlich zu wenig.
15,5 bis 17 Punkte aus der Runde, mit starkem Schwerpunkt bei 16 Punkten.


Fazit:
Bei den grossen Marken sollte man nur noch sehr vorsichtig und selektiv kaufen, oft zahlt man sehr viel Geld fuer minderwertige Ware.
Wer einen guten kleinen Erzeuger findet, kann guenstig hervorragende Qualitaet beziehen.
Larmandier und Egly-Ouriet kann man in diesem Zusammenhang uneingeschraenkt herausheben, die anderen bei unserer Probe vertretenen Haeuser wie de Meric, Agrapart, Jamain, Larmanier-Bernier duerften ebenfalls in die obersten zehn Prozent gehoeren.
Fuer die absolute Spitze muss man dann allerdings wieder sehr tief in die Tasche greifen, einen Cristal findet man bei den kleineren Haeusern dann eben doch nicht.

Mit sozialistischem Brudergruss
Dominik, die Reblaus