Rheinhessische Weine:
Marientreff in Köln - die blaue Nonne in den Katakomben

Liebes Forum,

Nun ist es passiert ­ der ultimate Sieg des Professionalismus über die Amateure, der Schreiber über die Schreiberlinge, der Journal-isten über die Chron(os)-isten. So wie Michael Schumacher zur Zeit seine Konkurrenz in Grund und Boden fährt, so sieht sich der Chronist ÜBERRUNDET ! Und wie Ralf der Mund offen steht, wenn sein Bruder an ihm vorbeibrettert, so ist auch der Chronist nur noch sprachlos. Während er mühselig die Worte zusammenklaubt für den Bericht über die Februarprobe und darüber keine Zeit mehr findet an der Märzprobe teilzunehmen, setzt sich sein Namensvetter in die Probe, süffelt Wein für Wein, und hat am NÄCHSTEN TAG die Chronik fertig !! Kann doch keiner ahnen ! So schämt er sich denn, der Chronist, dass seine Chronik diesmal in dem Buch der Bücher an der falschen Stelle steht ­ chronologisch gesehen....

Supermarkt Cara in Belo Horizonte, Mino Gerais, Brasilien. Da sehe ich sie zum ersten Mal. Regungslos steht sie und läßt sich ungeniert anschauen. Schlank ist sie, kühl und süß. Nicht nur ich schaue mich nach ihr um und es sind nicht nur Männer, die sie begehren. Es ist immer etwas Besonderes, in der Ferne eine Landsmännin zu treffen. Aber gerade diese ?

Das nächste Mal treffe ich sie im Flughafen von Birmingham. Kein Gramm hat sie zugenommen in den Jahren, wo ich sie aus den Augen verlor. Ihr Aussehen verspricht noch mehr Süße unter der dunkelbraunen Verkleidung, obwohl...es ist wohl ihre jüngere Schwester, denn Altwerden verträgt sie nicht.

Im Wine and Liquor Shop Moon Township, Pennsylvania, USA stockt mir der Atem, als sie mir wieder gegenübersteht. Gerade will sanft ich grüßen , als rauhe Farmerhand den Schwanenhals umfasst und sie herunterzerrt. Sprachlos bin ich und will nach Hilfe rufen, doch fehlt mir noch das englisch Wort für diese Freveltat. Klar, Männer haben Frauen immer schon geraubt, doch eine Nonne ?

Still lag sie da ­ und willig. Seh schließlich diesen Farmer ein paar Dollar zücken und am Ausgang auf den Tresen legen, bevor er dann mit meiner Nonne im Pick-Up verschwindet. O tempora ­ o mores! Käufliche Nonnen ! Ich verstand die Welt nicht mehr.

Blue Nun ­ die blaue Nonne ! Auch Liebfrauenmilch genannt. Kommt ursprünglich und auch heute meistens aus Rheinhessen.

Rheinhessen ! Klar, es gibt die Rheinfront: Nierstein und Nackenheim, Gunderloch, St. Antony und Heyl zu Herrnsheim. Und dahinter liegt das Hügelland. ......

Lustig flattert die Fahne im Wind. Hochaufgerichtet steht der blonde Genossenschaftsleiter neben der Flagge mit dem Rücken zur Fahrtrichtung. Ein stolzes Lächeln umspielt seine Mundwinkel, während die stahlblauen Augen konzentriert die Abstände in der Phalanx der 12 Vollerntemaschinen taxieren, die wie ein Zug von Kranichen über die Rebflächen fliegen. Ein kleiner Wink zum Fahrer und majestätisch schwenkt die vordere Maschine in die Kehre ­ wieder eine Zeile abgeerntet. Während auch die anderen Maschinen eine nach der anderen zur Wende fahren ­ 12 Zeilen sind so getan ­ preßt die mitfahrende Pneumatikkelter die Trauben und führt sie dem Tank mit den Turbohefen zu. Nach weiteren 500 Metern, wenn die Parzelle wieder durchquert wurde, wird der Wein vergoren (100 Meter), ausgebaut (250 Meter), geschön t, filtriert und abgefüllt (50 Meter), die AP-Nummer eingeholt (der Prüfer fährt mit ­ wegen der Qualität im Glas ­ 50 Meter) und fertig verpackt mit Aufkleber für den Versand sein (50 Meter). Am Weinhügelende stehen die gelben Postautos, die die Pakete dann zum Flugzeug bringen. So geht sie auf Reisen in alle Welt ­ meine blaue Nonne, Qualitätswein b.A. (klingt wie Bachelor) aus Rheinhessen.
(Traum eines Moselwinzers beim Mittagsschläfchen auf der Steillagenterrasse)

Und damit sollte die Kölner Seilschaft nun den Nachmittag verbringen. Wohl auch wegen der Finanzmisere war Rheinhessen auserkoren und der Rösrather hatte keinen Niersteiner und keinen Nackenheimer dabei. O tempora : vor 10 Jahren hätte man uns noch bemitleidet. Niersteiner Gutes Domtal (der eben nicht aus Nierstein kommt), Bechtheimer Pilgerpfad, Oppenheimer Krötenbrunnen ­ meine Oma sagt: "Kenn ich !" Und Tante Hillary, die Mutter von dem Fußballclub, der aber einem Russen gehört und vielleicht von einem Praktikanten stammt, meint nur: "Blue Nun, I know!" Was ungefähr dasselbe ist.


Doch hört selbst:

1.. 2000er Spätburgunder "R", QbA trocken, Wg. Wagner-Stempel, Siefersheim, 13% vol.Alk., 16,50 Euro:
rubinrot, kräuterige Nase (Dill) mit Pinot Noir Aromen im Hintergrund. Dazu Holztöne. Am Gaumen Kirsche, Kräuter und Holz. Fester Wein ohne allzu viel Körper. Der Holzgeschmack hat etwas grüne, bittere Nuancen, die etwas stören. Die Rund vergibt ziemlich einheitlich 13,5 ­ 14,0 Punkte.

2.. 2001er Mölsheimer Silberberg, Spätburgunder QbA trocken ­ Barrique -, Wg. Göhring, 14,5% vol. Alk., 9,60 Euro:
rubinrot, verhaltenes Bukett nach Holz und roten süßen Früchten. Im Mund Bonbontöne und süße Vanille. Recht nachhaltig . Der Alkohol ist nicht zu schmecken, macht den Wein aber süß. Insgesamt wirkt er ziemlich bonbonglatt. 12,5 ­ 13,0 Punkte. Rot war hier die blaue Nonne ­ vielleicht schämte sie sich ja der Herkunft. Obwohl es dazu keinen Grund gab. Zwar konnte sie uns nicht so ganz begeistern, aber so richtig schlecht wars auch nicht.
Wobei die Reblaus einen ziemlich unbekannten Weinführer hervorgekramt hatte, der dem ersten Wein stolze 86 und dem zweiten mäßige 71 Punkte vergeben hatte. Wir werteten nicht ganz so extrem wie dieser Herr Hofschuster.

Nicht geplant sondern einfach noch mitgebracht hatte der Rösrather den nächsten Wein, der von einem der Urväter des ökologischen Weinbaus in Deutschland stammt:

3.. 2003er Sauvignon blanc QbA trocken, Wg. Sanders, Mettenheim, 13,5% vol.Alk., gespendet (ca. 7,50 Euro):
blaßgelb jung, attraktives Bukett nach Brennessel. Im Mund sehr primärfruchtig, Birnen. Voller runder Wein, sehr gefällig im positiven Sinne und erstaunlich für einen deutschen Sauvignon. Sehr angetan vergibt die Runde 15,0 ­ 15,5 Punkte
Kein Führer hat den neuen Jahrgang schon bewertet, wohl aber den Jahrgang zuvor. Da vergab der Sam 73 Punkte für einen grasigen Wein, während der GM 86 Punkte zückte. Sollte der Wein wie der 2003er gewesen sein, würde die Seilschaft sich hier auf die Seite von Armin Diehl stellen.

4.. 2002er Oppenheimer Kreuz M***, Silvaner QbA trocken, Wg. Manz, 13,5% vol.Alk, 5,20 Euro:
grüngelb. Kräftige Nase mit Pfirsich-, Brennessel- und etwas Hefetönen. Pfirsiche und Birne am Gaumen. Würziger Wein, der besonders für den Preis sehr gefällt: 14,0 ­ 14,5 Punkte

5.. 2002er Grüner Silvaner "S", QbA trocken, Wg. Wittmann, 13,0% vol. Alk., 14,90 Euro:
gelbgold mit grünen Reflexen. Speck, Rauch, Vanille und etwas Gummi meint die Nase zu finden. Vanille und Birne im Mund. Kraftvoller, saftiger Wein mit Delikatesse und Nunancenreichtum findet die Mehrheit und vergibt 15,5 ­ 16,0 Punkte. Für unsere Reblaus dagegen ist der Wein nicht sortentypisch und zu breit.
Silvaner ­ eine der Spezialitäten der Gegend. Schöne blaue Nonnen. Fand wohl auch Sam, der dem Manz 87 Punkte und dem Wittmann (allerdings aus 2001) 88 Punkte gab. Da steht die Reblaus wohl im Walde ­ ganz still und stumm . Und ob des Sams Bewertung ­ da guckt sie dumm !

6.. 2002er Weisser Burgunder "S", QbA trocken, Wg. Wittmann, 13,5% vol. Alk., 19,80 Euro:
sattes Gelbgold, blumige Nase nach Pfirsich und Birne. Birne mit Barriquetönen am Gaumen. Noch sehr holzgeprägt. Die Reblaus findet das Barrique für Weißwein im allgemeinen und für diesen im Besonderen ein Verbrechen (12,0 Punkte), eine andere Minderheit sieht viel Potential (15,0 Punkte), für die Mehrheit paßt der Wein zumindest jetzt nicht recht zusammen und er ist ihr 13,0 ­ 13,5 Punkte wert.
Wobei der Sam zur Weihnacht diesen Wein mit bester Balance erlebte und 88 Punkte gab. Da scheint der Fasteleer das Nönnchen arg erschreckt zu haben...

Riesling, endlich Riesling...und was für einer.:

7.. 2002 Vom Porphyr, Riesling QbA trocken, Wg. Wagner-Stempel, Siefersheim, 7,20 Euro:
dichtes Gelbgold. Attraktive Nase nach Zitronen und Limonen, Am Gaumen gesellt sich noch eine schöne Mineralik hinzu. Langer Nachhall. Saft, Eleganz und eine Portion Delikatesse machen diesen Wein zum ersten Anwärter auf das beste Preis - Genussverhältnis am Abend. Die Runde ist einheitlich sehr angetan: 15,0 ­ 16,0 Punkte.
89 Punkte von Sam und 86 vom Gault-Millau lassen uns gnädig zu beiden Führern nicken.

Jetzt kommt einer der geheimen, gar nicht mehr geheimen Geheimtipps der letzten Jahre. Und gleich doppelt:

8.. 2002er Würtz 2, Riesling QbA trocken, Wg. Dirk Würtz, Gau-Odernheim, 12,5 % vol. Alk., 8,80 Euro:
Gelb. Würziges Bukett nach gelben Früchten . Im Mund Mineralien und Zitrone, aber wenig Frucht. Geschmeidig, fest, dicht und ziemlich verschlossen. So nur 13,0 ­ 14,0 Punkte.

9.. 2001er Würtz 2, Riesling QbA trocken, Gau-Odernheim, 12,5 % vol. Alk., 8,80 Euro:
Gelb. Verhaltenes Bukett nach Kräutern und gelben Äpfeln. Zur auch hier zu findenden Mineralik und Zitrustönen gesellen sich gelbe Äpfel auch im Geschmack. So etwas fruchtiger als der neuere Jahrgang und der Mehrheit ist dieser Wein dann wegen seiner Kraft auch 15,0 ­ 15,5 Punkte wert. Nur eine Minderheit stört, dass dies laut allgemeiner Einschätzung "kein Frauenwein" ist und vergibt 14,0 Punkte.
Der Sam gibt 88 und 87 Punkte. Uns ist das beim jungen Wein doch sehr suspekt, wobei wir zubilligen, dass er in einem Jahr vielleicht doch besser kommt.

10.. 2002er Oppenheimer Sackträger M***, Riesling Spätlese trocken, Wg. Manz, 13,5 % vol. Alk., 7,50 Euro:
gelb mit leichter Bläschenbildung. Nicht allzu kräftiger Pfirsichcreme-Nuss-Bukett. Etwas parfümierte Pfirsichschale am Gaumen. Recht saftig und kraftvoll. Ein Weinfreund bringt es auf den Punkt: typischer Manz-Wein, die trink ich weg, ohne nachzudenken, und der Familie gefallen sie auch. Das ist einer Minderheit Grund, wegen mangelnder Eigenständigkeit nur 12,0 Punkte zu zücken, die Mehrheit trinkt mit Spaß und vergibt 14,0 ­ 14,5 Punkte.
Sams 81 sind dŽaccord.

Zu großen Taten schritten die Winzer und wir tun uns die großen Gewächse, sozusagen die Blue Abbots Rheinhessens rein:

11.. 2002er Siefersheimer Heerkretz, Riesling Großes Gewächs, Wg. Wagner-Stempel, 13,0% vol. Alk. , 15,50 Euro:
strohgelb. Attraktive Nase nach Heu und Pfirsichen. Am Gaumen Pfirsichschale und mineralische Töne. Feste Säuren, viel Saft, langer Nachhall, recht harmonisch. Kritische Gemüter bemängeln fehlende Komplexität, andere würdigen die feste Struktur. Das dieses Große Gewächs "nur" auf dem gleichen Niveau wie der Porphyr gesehen wird, spricht nicht gegen ihn, sondern nur für den Porphyr. 15,0 ­ 16,0 Punkte.
Das der GM 89 Punkte gibt, ist o.k. Das Sam ihn nicht getrunken hat, ist schade ­ für ihn.

Der nächste Wein erschien mit einer Augenklappe und einem Goldring im Ohr. Captain Hook sozusagen - ganz klarer Pirat. Damit wollte der Norbert (Kreutzer) die Nonne erschrecken ­ hat er aber nicht.

12.. 2002er Kallstadter Saumagen, Riesling Selection, Wg. Benderhof, Pfalz, ca. 11,- Euro:
gelbgolden. Kräftiges Pfirsichbukett. Diese Früchte auch im Mund. Schön präsente, eingebundene Säuren. Recht charmanter Wein mit Tiefe und Delikatesse. 15,0 ­ 16,0 Punkte

Und dann stand sie wieder vor mir. In einem silberfarbenen Kleid, geschlossen bis zur Halskrause. Verstecken wollte sie sich, aber trotzdem habe ich sie gleich erkannt: die blaue Nonne. Aber diesmal das Original:

13.. 2001er Wormser Liebfrauenstift ­ Kirchenstück, Riesling, Wg. Gutzler, 13,%, Preis ? (2. Pirat von N. Kreutzer):
die Ursprungsmilch der Lieben Frau kommt strohgelb daher. Schiefer (?), Zitrus und gelbe Früchte in der Nase, Pfirsich und Zitrus im Mund. Saftig, recht nachhaltig und süffig-geschmeidig. 14,0 ­ 15,0 Punkte.
Was kann dagegen der nächste Wein schon sein. Liebfrauenmilch und Vogelkacke ! Obwohl: Sam konstatiert die Struktur eines Atombunkers und vergibt 92 Punkte. Welcher beschissene Atombunker hat 92 Punkte verdient ??

14.. 2001er Würtz 1 Geyerscheiss, Riesling QbA trocken, Wg. Dirk Würtz, Gau-Odernheim, 20,70 Euro:
blaßgelb. Pfirsich und Mineralien in der Nase, gelber Apfel im Mund. Zwar kraftvoll aber mit wenig Frucht präsentiert sich der Wein momentan nicht als Überflieger. Wir waren enttäuscht. Je nach Grad der Enttäuschung 12,5 bis 14,5 Punkte (wobei die Mehrheit doch eher an der oberen Grenze lag.

15.. 2002er Westhofener Kirchspiel, Riesling Großes Gewächs, Wg. Keller, 13,0% vol. Alk., ca. 19,- Euro:
gelbgolden. Kräftige, nicht unangenehme Nase nach Schwefel, Pfirsichschale und Hefe. Am Gaumen nur die Frucht. Sehr langer Nachhall, dichter Wein. Kraft und Eleganz paaren sich. Hervorragender Wein mit 16,0-17,0 Punkten ­ meint die Minderheit. Eine knappe Mehrheit hat völlig andere Wahrnehmungen, findet die Nase unerfreulich und den Wein verblüffend kurz. Hier 13,5 ­ 14,0 Punkte.
Sam und der GM schließen sich hier der Minderheit an und vergeben in trauter Eintracht 90 Punkte (wobei die von Sam mehr wert sind).

16.. 2002er Westhofener Kirchspiel, Riesling Großes Gewächs, Wg. Wittmann, 13,0% vol. Alk., 21,90 Euro:
sattes Gelb. Etwas verschlossene Nase nach Kräutern und Pfirsich. Im Mund dann nur Pfirsich. Runder, saftiger, dichter Wein, der jetzt andersherum polarisiert: die Kellerfans finden den Wein etwas arg gefällig (15,0 Punkte), denn anderen gefällts halt (16,0 ­ 17,0 Punkte)
Das der GM hier wieder 90 Punkte gibt, kann nicht die eine und nicht die andere Fraktion erfreuen, sehen beide doch einen Klassenunterschied zwischen den Weinen. Das Sam aber einen Jahrhundert ­ Riesling draus macht (98 Punkte) - das versteht so recht keiner.

Es wird wohl am Kirchspiel liegen, dieses beinahe Schisma in der Seilschaft. Der Chronist ist sicher, dass in früheren Zeiten, wo in Köln noch ein Glaube und eine Kirche das Sagen hatte, eine einheitliche Meinung über das Spiel, dass einer Kirche würdig ist, bestanden hätte. Aber seitdem auch mal ein Erzbischof fast Protestant geworden wäre, sind auch im hillije Kölle die Dinge nicht mehr so einfach, wie sie zu Engelberts Zeiten mal waren

17.. 2002er G-Max, Riesling Großes Gewächs, Wg. Keller, Flörsheim-Dalsheim, 56,55 Euro:
sattes Gelbgold. Feine, recht komplexe Nase mit Pfirsich- und Rauchtönen. Dies auch am Gaumen. Der Wein steht trotz seiner Jugend schon schön im Glas, wird sich aber sicherlich noch einige Jahre entwickeln. Volle, reiche, fleischige Frucht, unendlicher Nachhall. Lebendige Säuren und alles sehr harmonisch zusammengeführt zu einem Wein mit hoher Komplexität. Dazu kommt viel Eleganz und macht in Summe einen unbestritten großen Wein aus. Einheitlich vergibt die Runde 18,0 ­ 18,5 Punkte.
Sam schwärmt (99 Punkte), wir schwärmen mit. Die 94 vom GM sind nur klar, wenn man die fehlende Süße als Punkte abzieht. Wie soll denn ein trockener Riesling 6 Punkte besser sein ? Und, obwohl die Assoziation zum G-Punkt verlockend ist, haben wir einen besseren Namen für diesen Wein: Blue Pope !

Das war der Höhepunkt des Abends, aber Kölner Naschkätzchen brauchen was Süßes. Und ist die blaue Nonne nicht auch der Inbegriff von Lieblichkeit:

18.. 2002er Oppenheimer Kreuz, Riesling Spätlese halbtrocken, Wg. Manz, 12,5 % vol. Alk. , 5,20 Euro:
strohgelb. Attraktives Bukett nach Pfirsichschale, Pfirsich im Mund. Süffig saftiger Wein, der durch seine nette Frucht nach dem trockenen Riesen G-Max bestehen kann. 13,0 ­ 14,5 Punkte.

Natürlich war das mehr zum Übergang, aber jetzt wird sie richtig süß:

19.. 2002er Dalsheimer Hubacker, Riesling Auslese, Wg. Keller, 18,35 Euro:
gelbgolden. Reiches bukett mit Pfirsich- und mineralischen Noten. Aprikose und Pfirsich am Gaumen. Langer, langer Nachhall, lebendige, aber milde Säuren. Viel Harmonie und Eleganz, Tiefe und Nuancenreichtum. Der Wein gefällt allgemein (16,0 Punkte), aber einer Minderheit noch mehr (17,0 Punkte)
Sieht man das Rebenmeer des Hügellandes, wird manch uninformierter Pseudoökologe über Monokultur klagen. Weit gefehlt ! Die Artenvielfalt ist erstaunlich ! Zwar alles blaue Nonnen und alles vitis vinifera, aber dann tut sich der Regenwald auf: Albalonga, Siegerrebe, Heroldsrebe, Huxelrebe, Rapunzelrebe, Verliererrebe, Asticorta; Morio, Cabernet Dorio, Rieslaner und Fiesrahner ­ die gemeine Reblaus wird ganz doll ob dieser Vielfalt und schließt sich der Initiative für übersichtliche Speisekarten an (Exkurs: die gemeine Reblaus hat zwei Bedeutungen: hier gemeint ist gemein wie ordinär , alltäglich, massenhaft vorhanden. Das kann man von der anderen Reblaus nicht behaupten, die nur extraordinär (außerordentlich) gemein genannt werden kann ­ etwa mit dekantierten Tetrapackweinen. Obwohl Werner ja auch die gemeine Reblaus Typ 1 für seine wurzelechten Reben echt gemein findet).

20.. 1999er Niederflörsheimer Frauenberg, Huxelrebe Beerenauslese, Wg. Göhring, 10,5% vol. Alk., 0,5 l. = 14,- Euro:
gelbgold. Kräftige Nase nach Stachelbeer und geröstetem Brot. Stachelbeere auch im Mund. Vollsaftig, dicht und rund. Je nach Stachelbeer-Akzeptanz alle Schattierungen zwischen 13,0 und 15,5 Punkte

21.. 1985er Huxelrebe Beerenauslese, Wg. Schales, Flörsheim-Dalsheim, 13,30 Euro:
sattes Gold. Kräftiges Aprikosenbukett, zusammen mit Pfirsich auch am Gaumen. Reifer Wein, der jetzt getrunken sein will. Saftig, rund und dicht. Einige meinen, im Mund sei er trotz der schönen Nase schon recht tot. So 13,0 ­ 15,0 Punkte.

22.. 1986er Albalonga Trockenbeerenauslese, Wg. Schales, halbe Flasche 20,- Euro:
bernsteinfarben. Oxidative Honigtöne in der Nase, Tabakwürze am Gaumen. Langer Abgang, aber schon etwas über die Zeit: der Wein ist nur gerade noch süß und beginnt ein wenig auseinanderzufallen. 12,5 ­ 14,0 Punkte.

23.. 1986er Dalsheimer Sauloch, Rieslaner Eiswein, Wg. Schales, halbe Flasche = ? :
stumpfes Gold. Kräftiges Bukett und auch im Mund Aromen nach Honig und Pfirsich, aber ebenfalls schon etwas oxidierter Eindruck und etwa 3 Jahre über den Höhepunkt hinaus. Langer Abgang und durchaus noch rund und saftig. 14,0 ­ 15,0 Punkte.

Lustig flattert die Fahne im Wind. Hochaufgerichtet steht die blaue Nonne neben der Flagge mit dem Rücken zur Fahrtrichtung. Ein stolzes Lächeln umspielt ihre Mundwinkel, während die nußbraunen Augen konzentriert die Abstände der Phalanx der 12 Vollerntemaschinen taxieren, die wie ein Zug von Kranichen über die Rebflächen fliegen. Ein kleiner Wink zum Fahrer und majestätisch schwenkt die vordere Maschine in die Kehre ­ wieder eine Zeile abgeerntet. Während auch die anderen Maschinen eine nach der anderen zur Wende fahren ­ 12 Zeilen sind so getan ­ preßt die mitfahrende Pneumatikkelter schonend die Trauben. Der Chronist läuft hinter der Maschine her und wartet auf den Augenblick, wo sie den G-Max, das Kirchspiel, den Hubacker, den Porphyr und besonders sie ­ meine blaue Nonne aus dem Wormser Kirchenstück ­ in seine fangbereiten Hände ausspuckt...
träumt der überrundete Wolfgang vom Schlaraffenland

wohl mit allen rheinhessischen Qualitätswinzern, die mit ihrem Schweiß und viel, viel Arbeit meiner blauen Nonne wieder zu Respekt verhelfen.

PS: die Kölner Seilschaft dankt neben dem Rösrather, der die Probe organisierte, besonders auch dem Tino Seiwert, der bei den Weinen, die er für unsere Probe beisteuerte, den Eichel-Anteil (MwSt) aus eigener Tasche bezahlte. Wir geben Andreas Ansat recht ­ solch weitsichtige Händler braucht das Land: in der Seilschaft zählt jeder schon die Penunzen für die Keller-Weine ab. (Sollte Tino den Eichel-Anteil nicht bezahlt haben, danken wir Hans Eichel und meinen, solch weitsichtige Finanzminister braucht das Land - aber leider müssen wir annehmen, dass der Tino steuerehrlich ist).