Mar-uzzo: Marken und Abruzzen

Liebes Forum,

Fast wäre sie ja ausgefallen, die Januarprobe der Kölner Seilschaft. Aus Ressourcenmangel. Oder klarer ausgesprochen: wir waren Pleite. La Ladonne hier, la Mouline da, Beaucastelsche dort ­ die Rhone hatte Geld gekostet. Und selbst die bestverdienende Reblaus Europas (natürlich gegenüber den amerikanischen Schmarotzern grässlich unterbezahlt) war spätestens seit dem Mastkälberschlachten da, wo der Rest schon seit Weihnachten war: nahe der Gosse und einer trockenen dazu. Ärm Lück üvverall.
So war bald klar, dass weder die Romanee-Conti noch die Petrus ­ Probe realisiert werden konnte und selbst eine Vertikale von Opus One oder der direkte Vergleich von Vega Sicilia mit Penfolds Grange nicht zu finanzieren war. Auch Egon Müllers Trockenbeerenauslesen gegen Château dŽYquem mußte nach kurzem Zögern gestrichen werden. Jahrgangschampagner schien dann eher eine Alternative zu sein, aber Anrufe bei der Bank erbrachten, dass der dazu notwendige Kredit nicht vor Mitte des Jahres zu bekommen sei, weshalb wir den Termin auf Juni legten.

Ärm Lück ! Wing für ärm Lück jesoch ! Aldi ?? Nä, ess ja dür für wat et ess (säht dŽr Szämm) !

Die Erleuchtung kam unserem Hein, wo uns Kölnern immer die Erleuchtung kommt: im Dom. Nachdem er seine letzten 50 Cent geopfert hatte um die Mutter Gottes mit einer Kerze um ein Wunder anzugehen ­ er dachte wohl an eine Selters-Probe,die dann, wie dereinst in Kanaan, umgehend in eine veritable Grand Cru Weinprobe übergeht ­ hörte er aus dem Hauptschiff eine in Latein gelesene Messe. Nun ist die Sprache der Römer für uns Kölsche ja eigentlich Muttersprache, aber der Hein stammt nicht aus Köln. Und für Westfalen wie ihn, die sogar mit Gewalt den Varus daran gehindert haben, ihnen endlich etwas Kultur zu bringen und die Lederfelle nicht mehr als Unterhose (Lendenschurz) sondern als Handtäschchen zu tragen, liegt Rom nun mal in Italien und weckt Erinnerung an Essen.

So verließ unser Hein also den Dom und pfiff auf dem Bahnhofsvorplatz "Oh la la, willst Du eine Pizza ?" von den Höhnern vor sich hin, als ihm die glorreiche Idee kam, trotz Finanzflaute doch mal wieder die Familie zum Essen einzuladen. Le Moisonnier ­ sein eigentliches Stammlokal - war natürlich nicht drin und selbst für die Rotisserie war er noch nicht kreditwürdig genug. Aber Pizza Mamma Mia, Pizza wunderbar! Erinnerungen an die Kindheit (seiner Kinder) kamen hoch, als er noch direkt neben dieser Pizzeria wohnte und die verwöhnten Blagen solange die Blinis mit Störeiern auf getrüffelter Rebhuhnbrust nieder schrien, bis er ihnen versprach, am nächsten Tag eine Pizza Salami bei Mimmo und Santo zu bestellen.

Und so ging er denn des abends mit seiner Familie in die beste Pizzeria Kölns, umarmte Mimmo, nannte Santo Mamma (was der von Deutschen gewohnt ist), bestellte eine Margeritha mit extra viel Knoblauch und fühlte sich wie in jungen Jahren (aus denen er ja, wie wir alle wissen, seit Ende des Jahres heraus ist). Ehefrau Helga war ob des plötzlich entbrannten Feuers ihres Göttergatten so angetan, dass er sie auch zum Mond hätte ausführen können. Seine Kinder wären wohl lieber zu Le Moisonnier gegangen, hatten aber andererseits gerade das Dschungelcamp gesehen und spielten den Abend halt Lisa Fitz (Anna) und Costa Cordalis (Christian). Und als Christian dann stilgerecht "Den Wein von Samos" anstimmte, ließ sich unser Hein die Karte bringen und ihm gingen die Augen über: nix hundertsiebzig Euro (La Ladonne), nix hundertdreißeig Euro (La Turque), nix hundertfünfzehn Euro (Hommage a J. Perrin), nix hundert Euro (La Chapelle), noch nicht mal mehr fünfundvierig Euro (Beaucastel rouge). Siebzehn Euro für eine Flasche Ciro ­ und der Wein war gar nicht mal schlecht.

So entstand die Idee einer Probe italienischer Weine aus eher unbekannten Regionen. Der Hein kennt ja Hinz und Kunz, aber den Oliver kennen wir alle und der ist Weinhändler mit Schwerpunkt Italien. Ihm unser Dilemma zu schildern war nicht schwer ­ schließlich hatte er an den Rhone-Proben teilgenommen und war genauso abgebrannt wie wir. Glücklicherweise konnte er dem Hein die Ursprungsidee ("Pizzaweine") ausreden und dafür eine spannendere Alternative bieten: die Regionen Marche und Abbruzzen.

Zudem standen diese Regionen dem Ursprung der Idee und dem Herzen unserer Stadt, dem hillije Köln, nahe. In den Abbruzzen befindet sich mit dem Schleier der Veronika eine fast so bedeutende Reliquie wie unsere Heiligen Drei Könige und die Marken haben eine ebenso bewegte Geschichte hinter sich wie unser gutes, altes Köln. Nachdem ihnen dereinst von den Römern die Frauen geklaut worden waren (Raub der Sabinerinnen), haben sie sich danach auf die sichere Seite gestellt und das Papsttum unterstützt, wo sie nur konnten. So überstanden sie die Herrschaft des Barbaren Odoaker und stellten ihre Furloschlucht dem byzantischen Feldherrn Narses zur Verfügung, damit er dort die Ostgoten verprügeln konnte.
Im Kampf zwischen Papst und Kaiser standen sie wie die Domstadt mal auf der einen, mal auf der anderen Seite, so wie es ihre Interessen halt ergaben. Ironischerweise wurde der Stupor mundi, der Hohenstaufenkaiser Friedrich II, in einem Zelt in der Verdicchio-Kapitale Jesi geboren, war er doch der deutsche Kaiser, der sich mit Papst Gregor IX. den Höhepunkt des Machtkampfes zwischen weltlicher und geistlicher Macht lieferte. Wir denken dennoch, dass die Marken in dieser Zeit getreulich den Guelfen (Anhängern des Friedrich Rivalen Otto des Welfen und damit des Papstes) angehörten und nicht als Ghibellinen in den Schlachtruf des Kaisers ausbrachen. Auf alle Fälle wurde das Gebiet dann schnell Teil des Kirchenstaates und verblieb ­ von unseligen Episoden wie der Herrschaft Napoleons abgesehen ­ dort bis zum Jahre 1870.

So war das Gebiet für unsere Kölner Seilschaft durchaus akzeptabel und wir bedauerten nur, dass Oliver keine Jahrgänge von vor 1870 auftreiben konnte, die dann sozusagen direkt aus dem Vatikan ins hillije Köln verbracht worden wären. So mußten wir uns mit jüngeren Weinen zufrieden geben, die aber den großen Vorteil hatten, allesamt bezahlbar zu sein und uns damit unserer größten Sorge entledigten.

Nun sind die Gebiete zu klein, um nur eines alleine zu trinken. Soll heißen ­ trotz 25.000 ha hier (Marche) und 35.000 ha. Rebfläche da (Abbruzzen) ­ es kommt nicht genug an Qualitätswein heraus, als dass sich eine Einzelprobe gelohnt hätte. Außerdem liegen die beiden Gebiete direkt nebeneinander und sozusagen beide bei Rom übern Berg (wobei die Berge mit 2500 m. und 3000 m. ganz schön hoch sind !).

Also galt es, beide Regionen sozusagen miteinander zu vermählen und einen Ehenamen für sie zu finden. "Abbru-marche" klang zu sehr nach "Bärenmarke" und diesem Getränk haben wir seit unserem sechsten Lebensjahr bereits abgeschworen (und stehen auch der malolaktischen Gärung höchst kritisch gegenüber ­ zumindest in unseren deutschen Riesling gehört sowas genausowenig rein, wie Bärenmarke in guten schwarzen Kaffee).

Also kamen wir auf "Mar-uzzen". Das reimt sich so schön auf "verputzen". Und beim Schanett, unserer französischen Freundin, reimt es sich auch auf "bützen", was des Kölners liebste Beschäftigung in dieser fünften Jahreszeit ist. (Im übrigen reimt sich jetzt alles, was das Schanett spricht, auf "bützen"). Paßt also wie die Faust aufs Auge, der rote Hahn aufs Kirchendach oder Gerhard Schröder als neuer Erzbischof von Köln (wo der Münteferi ng doch schon den Posten kriegt, der ihm nach dem Papst der beste erscheint ­ Müntefering als Papst, da wird uns Kölle dann buddhistisch !).

So erreichten also zu Fuß oder mit der Straßenbahn 18 zerlumpte Gestalten die Katakomben unseres Frischmarktes um für kaum 15,- Euro neunzehn Weine zu verputzen (einer korkt !). Dabei konnte die glückliche Barbara Becker auf 17 mehr oder minder staatse Kerle blicken, während 17 mehr oder minder staatse Kerle auf die arme Barbara blickten. Das hatte natürlich überhaupt keinen irgendwie sexistisch angehauchten Grund. Nur kommt uns Barbara aus der Nä he von Düsseldorf und trinkt gewöhnlich mit den dortigen Neandertalern und so ein Exemplar gehört sich doch mal gehörig angeguckt. Aber schon nach ihrem ersten fachfr(a)euischen Urteil über den Anfangswein konnten wir sie genüsslich zusammen mit diesem voll Freude niedermachen und damit als Bärbelsche in unser Wein - Hänneschen ­ Theater aufnehmen.

Kurzer Rede langer Sinn ­ wir begannen mit einigen Weißen um das Vorurteil der Reblaus zu bestätigen, das italienische Weißweine grundsätzlich nichts taugen. Und Oliver hatte eine Reihe mit aufsteigendem Holzanteil ausgesucht. Es begann mit den Weißen vom Schloß von Jesi (der Stadt, in der sich jetzt keiner mehr an das Zelt und den Papstgegner Friedrich erinnern will, sondern die danach ganz schnell ein Schloß gebaut hat).

1.. 2002er Villa Bianchi, Verdicchio dei Castelli di Jesi Classico Superiore Denominazione di origine contrallata (mein Gott, da lern ich doch lieber die AP-Nummer auswendig !), Umani Ronchi, Marche, 13,0 % vol. Alk., 5,- Euro:
Gelbgolden, kräftiges Birnenbukett. Am Gaumen nur verhaltene Frucht und ein leichter Bitterton. Ein Terrassenwein, den der Chronist und einige ganz angenehm finden (12,5 ­ 13,0 Punkte), andere dagegen doch zu einfach. (11,5 Punkte)
Jetzt ein Wein mit einer winzigkleinen Prise Holz: 3% Barrique kündig te uns der Organisator an. (D.h. dass es diseen Wein in einer Mindestmenge von 33,3 x 225 Liter = 7450 Litern oder einem Vielfachen davon geben muss!)

2.. 2001er Casal di Serra, V.d.C.d.J.C.S. DOC, Umani Ronchi, Marche, 13,5% vol. Alk., 7,- Euro:
brillantes Gelbgold, kräftiger Karamellton in der Nase, Karamell, Birne, Alkohol und Bitterton im Mund. Die 3% Barrique schlagen ganz schön rein. Die Runde teilt sich wie zuvor in 11,0 und 13,0 bis 13,5 Punkte

3.. 2000er Plenio, V.d.C.d.J.C.S. DOC, Umani Ronchi, Marche, 14,5% vol. Alk., 30% Barriqueausbau, ca. 11,- Euro:
brillantes Gelbgold, attraktives Bukett nach Karamell, Birne und Blüten, schöne Birnenfrucht und ein Hauch Bittermandel im Mund. Eleganter ausgewogener, sehr schöner Wein findet eine Minderheit in der Nordkurve um den Chronisten und vergibt 15,0 Punkte.
Weißwein gehört nicht ins Holz findet eine Minderheit um die Reblaus und vergibt 12,5 Punkte. Die Mehrheit fürchtet das 2. Kölner Schisma, errechnet das arithmetische Mittel und wertet 13,5 ­ 14,0 Punkte.

Der nächste Wein kam aus den Abbruzzen und hatte 3 Gläschen im Gambero Rosso bekommen, was etwa 7,- Euro pro Glas macht:

4.. 2001er Marina Cvetic, Trebbiano dŽAbbruzzo DOC, Masciarelli, Abbruzzen, 15,0% vol.Alk., 22 ,- Euro:
brillantes Gold, Vanille und Birne in der Nase. Am Gaumen erst nur Holzvanille und ein wenig Leim, später kommt ein Zitronenton dazu. Kraftvoller, dichter Wein, der sicher noch ein paar Jahre braucht. Die Reblaus presst die Lippen aufeinander und weigert sich, auch nur ein Pünktchen abzugeben. Für den, der Holz im Weißwein für Sünde hält, ist dieser Wein des Teufels ! Diese Fraktion vergibt 11,0 Punkte. Wer Holz akzeptiert, erkennt an, dass unter dem Barriqueton eine interessante Frucht hervorscheint und der Wein alles andere als eindimensional zugeholzt ist. Hier werden 14,0 ­ 14,5 Punkte vergeben.
So haben wir vier Weine getrunken und keiner hat irgendwas fürs Leben gelernt. Aber wer will das schon, wenn er Wein trinkt. Den Chronisten beeindruckten die satten Farben, der kräftige Alkohol und die trotzdem lebendigen Säuren. Ziemlich anders als seine geliebten Möselchen, aber da, wo die Möselchen nicht passen, vielleicht ganz brauchbar.

Jetzt ging es zu den Roten. Wie schon bei den Weißen, überwiegen auch hier die autochthonen Rebsorten. Wobei die erste gleich was ganz besonderes ist. Die Italiener lassen sie solange hängen, bis es zum Weinen ist. Soll heißen, die Beerenhäute platzen auf und der Saft quillt heraus. Schluchzende Reben eben. So wird die Sorte auch "Lacrima", die Träne, genannt.

5.. 2002er Fonte del Rio, Lacrima di Morro di Alba, Umani Ronchi, Abbruzzen, 12,0% vol. Alk., 7,50 Euro:
schwärzlich lila. Holundersaftbukett. Solch ein Saft auch am Gaumen, dazu Sauerkirsch, Rauch und krautige Noten.
Eher einfacher Wein, vielleicht zu geschmorten Rippchen auf der Terrasse. Kann uns keine Freudentränen entlocken: 11,5 ­ 12,5 Punkte.

Jetzt der erste Wein aus der roten Leitsorte beider Gebiete: dem Montepulciano dŽAbbruzzo, der in den Abbruzzen und dem Rosso Conero reinsortig, im Rosso Piceno aber nur im Verschnitt mit etwas Sangiovese den DOC Status bekommt:

6.. 2001er Montepulciano dŽAbbruzzo, DOC, Umani Ronchi, Abbruzzen, 12,0% vol.Alk., 4,90 Euro:
dunkles granatrot. Sauerkirsch und Kräuter in der Nase, Kirsche im Mund. Artiger Wein, den wir uns in jeder Pizzeria wünschen würden. Wer immer noch wehmütig an La Mouline denkt, findet ihn leicht und etwas rauh (11,5 Punkte). Die Mehrheit aber vergibt 12,5 ­ 13,5 Punkte, was ein passables Preis-Genuß-Verhältnuis bedeutet

Der Serrano, Rosso Conero DOC von Umani Ronchi korkte und fiel damit aus der Probe. Oliver hatte jetzt eine Reihe von 2000ern besonders aus der unbekannteren Marche - Region Rosso Piceno zusammengestellt:

7.. 2000er Rosso Piceno, DOC, Rio Maggio, Marche, ca. 6,- Euro:
bräunlich schwarz. Liebstöckl (Maggi) und süße Frucht im Bukett, süße Brombeer, Kirschkern und eine chemische Note im Mund. Recht kurz und schlicht. Für die einen eine Strafe (10,0 Punkte), für die anderen wenigstens nicht fehlerhaft (12,0 Punkte)

8.. 2000er Rosso Piceno, DOC, 70% Montepulciano / 30% Sangiovese, Villa Forano, Marche, 13,5% vol. Alk., 6,- Euro:
lila-granatrot.eher verhaltenes Bukett nach Heu und Pferdeäpfeln, im Mund klare Sauerkirsch. Lebendige Säuren, süffiger Wein. 12,0 ­ 13,5 Punkte

Der nächste Wein wird im Kompendium der Probe mit "50% Montepulciano, 30% Sangiovese, Zementbecken" angegeben. Schauen wir also, wie 20% Zementbecken schmecken:

9.. 2000er Rosso Bello, Rosso Piceno DOC,Le Caniette, Marche, 13,5% vol.Alk., 6,50 Euro:
schwarzlila, Kräuter und Kirsch in der Nase, schwarze Cassis und süße Brombeere im Mund. Der Wein ist reif. Sauberer Charakter, recht komplex, lecker, tolles Preis-Leistungsverhältnis. Der schönste Rote bisher, der eigentlich alle erfreut: 13,5 bis 14,5 Punkte.

10.. 2000er Morellone, Rosso Piceno DOC, 70% Montepulciano / 30% Sangiovese, 60% neue Barrique, Le Caniette, Marche, 14,5% vol.Alk. 12,50 Euro:
schwärzlich. In der Nase der Geruch eines getrockneten Kuhfladens, in den gerade jemand hineintritt. Am Gaumen eine schöne Mischung aus Sauerkirsch und Vanille. Der Wein hat noch etwas Potential und ist von einiger Tiefe. Mittlere Länge. Wir vergeben 14,0 ­ 15,0 Punkte

11.. 2000er Nero di Vite, Rosso Piceno DOC, 70% Montepulciano / 30% Sangiovese, 100% neue Barrique, 40 hl. Hektarertrag, die Spitzencuvee von Le Caniette, Marche, 15,0% vol.Alk. 25,- Euro:
lilaschwarz, viel Potential. Kräftiges Bukett nach Vanille, Sandelholz und etw. Aceton. Am Gaumen Kokosnuß, aber die Frucht ist unter dem Holz schon jetzt zu schmecken. Saftiger, wuchtiger, dichter Wein. 15,0 bis 16,5 Punkte, ein einzelner wertet gar 17,0 Punkte.
12.. 2000er Jorio, Montepulciano dŽAbruzzo DOC, Einzellagenwein, großes Faß, Umani Ronchi, Abruzzen, 13,0% vol.Alk., 7,50 Euro: braunschwarze Farbe, verhaltenes Bukett nach Rinderbrühe, Pflaume am Gaumen. Der Wein ist reif, süffig, ansprechend und ein wenig robust. Einheitliche 13,0 bis 13,5 Punkte

13.. 2000er San Lorenzo, Rosso Conero DOC, 100% Montepulciano, Einzellage, großes Faß, Umani Ronchi, Marche, 13,0% vol.Alk., 7,50 Euro:
schwarz. Kräftige Nase nach kleinen schwarzen Früchten und Minze. Im Mund Fruchtdrops mit Cassisgeschmack (diese englischen). Geschmeidiger Wein mit mild lebendigen Säuren und einer gewissen Eleganz. Je nach Eleganzler 13,0 bis 14,0 Punkte

Wir hatten also unseren Favoriten gefunden ­ für das Jahr 2000 zumindest. Die drei Weine von Le Caniette machten allen richtig Freude und da kam Spaß auf.

Aber können die roten aus den Mar-uzzen auch altern ?

Wir begannen bei einem Wein, bei dem der Chronist sein neu erworbenes Wissen aus dem jüngsten Buch unseres Mit-Seilschafters Carsten Henn schlagkräftig einsetzen konnte: Weinwissen für Angeber, Bassermann-Verlag (Der Verlag ist aber kein Ableger von Bassermann-Jordan sondern von Random House, was früher Bertelsmann Bücherring hieß und bis heute noch keinen anständigen Wein in die Flasche gezogen hat). Als also ein hier nicht namentlich zu erwähnender Teilnehmer den nächsten Wein aus dem Kompendium als "Marke Rosso von Ssiu Ssiu" ankündigte, gelang es dem Chronisten gekonnt, die rechte Augenbraue hochzuziehen und den Barbaren zu korrigieren: "es heißt Schu Schu, lieber Weinfreund. Teure Weine trinken kann auch eine Kuh. Als Mensch sollte man wenigstens den Namen korrekt aussprechen können!"

Seit dieser Zeit fehlen dem Chronisten einige Vorderzähne, aber wozu braucht man Zähne zum Trinken ? Hat doch Recht, der Chronist, und wo Schu Schu so nett zu uns Schanett passt !

14.. 1998er Oppidum, 100% Montepulciano, Marche Rosso IGT, 1 Jahr Barrique, Weingut Ciu Ciu, Marche, 14,5% vol. Alk., 14,- Euro:
schwärzliches Granatrot. Kuhstall und Fruchtsüße in der Nase. Viel Fruchtsüße im Mund und würzige Orangentöne. Der Wein ist fest, aber reif und geschmeidig. Die Tannine polarisieren die Runde: die einen finden sie rauh und streng, die anderen als schöne Abrundung (die berühmte Kante) im Wein. So wertet die Runde je nach Zartheit der Geschmackspapillen 13,0 bzw. 14,0 bis 14,5 Punkte.

15.. 1997er Montepulciano dŽAbruzzo, DOC, großes Faß, unfiltriert, Biowinzer Emidio Pepe, Abruzzen, 12,0% vol.Alk. , 23,- Euro:
helleres Purpur. Nicht ganz sauberes Bukett nach Kuhstall, Phosphor (Streichholzköpfe) und später Maggi. Auch im Mund Maggi und Alterstön e. Später wird der Wein ein wenig harmonischer, aber wäre sicher zwei Jahre früher schöner zu trinken gewesen. 12,5 Punkte.

16.. 1997er Cumaro, Rosso Conero DOC, Umani Ronchi, 12,5% vol. Alk., 15,- Euro:
braune Ränder im granatroten Wein. Zedernsüße und Tabak in der Nase, Bitterschokolade, Kräuter und Alterstöne am Gaumen. Wie bei den weißen Barriqueweinen, kommt jetzt wieder eine Geschmackspolarisierung zustande: entweder man mag solche Alterstöne oder nicht. So finden die einen den Wein fortgeschritten und vergeben 12,0 bis 12,5 Punkte. Für uns andere ist der Wein reif, rund, recht tief, würzig und geschmeidig: 14,0 ­ 14,5 Punkte.

17.. 1997er Dorico, Rosso Conero DOC, 100% Montepulciano, 18 Monate im neuen Tonneau (110 Literfass), Weingut Moroder, Marche, 13,0% vol.Alk, 16,- Euro:
wieder polarisiert der Wein wie der vorherige. Die ihn für fortgeschritten halten, vergeben 12,5 bis 13,0 Punkte. Der Rest beschreibt ihn so: sattes Schwarz. Verhaltenes, attraktives und komplexes Bukett nach schwarzen Beeren, Kräutern und Holz. Würzige Extraktsüße im Mund, vielleicht etwas morbid und Alterstöne. Der Wein ist reif und muß jetzt getrunken werden, denn die Säuren sind schon einen Tick spitz. Noch aber viel Saft und Harmonie. Der Wein hat Tiefe. 14,0 bis 15,5 Punkte

Für alle Französischen und Chilenischen und Kalifornischen, die diese Bergaromen aus den Mar ­ uzzen zum ersten Mal über ihre verweichlichten Gaumen hatten fließen lassen müssen, hatte Oliver zum Schluß noch ein kleines Bonbon parat. Man muss der Seilschaft zugestehen, dass keiner hörbar tief aufatmete, als er aus der Wildheit der Montepulciano-Aromen in die internationale Zivilisation entlassen wurde. Aber unter dem Tisch hörte man doch einige Steine plumpsen, als der folgende Wein angekündigt wurde:

18.. 2000er Cabarena, Marche rosso IGT, Montepulciano / Cabernet Sauvignon, C. Ripani, Marche, 13,5% vol. Alk., 17,- Euro:
rotschwarz. Schwarze Beeren und Vanille in der Nase, Heidelbeer und Cassis im Mund. Mittelsaftig, rund, geschmeidig, fest, gut. Die einen lieben ihn (15,0 Punkte), die anderen finden ihn eher langweilig und international (14,0 Punkte) und fürchten, dass demnächst auf dem Gran Sasso ein BigMäc zu haben ist !

So war erwiesen, dass die Kölner Seilschaft sich auch für wenig Geld trefflich streiten kann und so wurde gleich für die nächste Probe die deutsche Massenweinregion Rheinhessen verabredet. Wobei der Chronist gespannt ist, ob eine Niersteiner Gutes Domtal Siegerrebe Trockenbeerenauslese Qualitätswein bestimmtes Anbaugebiet mit einem Verdicchio dei Castelli di Jesi Classico Superiore Denominazione di origine contrallata außer in der Länge mithalten kann.

Dank an Oliver für die spannende Probe
sagt
Wolfgang

und merkt sich den Le Caniette, denn bei Schanett reimt der sich (auf bützen natürlich)