Beaucastel - Schöne Burg am A...der Welt - Kölner proben einen Wein

Liebes Forum,

eigentlich ist ja Rom das Maß aller Dinge und alle Wege führen bekanntlich nur eben dahin. Und damit es dort auch an nichts fehlt ­ der Orvieto aus den Vororten ist vielleicht wirklich nicht der ganz große Bringer ­ rollen auf allen diesen Wegen die Fässer mit Chianti und Barolo, Primitivo und Negroamaro, Amarone und Pinot nero, Spumante und Vin Santo in die Stadt, die zwar nicht die Heiligen Drei Könige, aber immerhin den leiblichen Nachfolger Petri ihr eigen nennt. Der natürlich nur wegen dieser Fässer auf den Wegen in Rom verbleibt und nicht in den Schatten der Domtürme zieht. (Die Heiligen Drei Könige dagegen sind a) schon tot und b) etwas altersmilder, was zusammengenommen eher unser Kölsch und die Roten von der Ahr ertragen läßt).

Rom war der Mittelpunkt des Erdkreises in der Nachfolge Alexanders, war der Dreh- und Angelpunkt der Christenheit unter den Schutz der ottonischen Schwerter, ist der Nabel der Welt für alle Handtaschen-, Duftwässer- und Ledergürtelkäuferinnen, Ziel aller Billigflieger. Roma Sancta, urbs aeterna, urbs urborum.

Was hat das mit der letzten Probe der Kölner Seilschaft zu tun ? Eigentlich gar nichts. Aber mußte doch mal gesagt werden und soll die Enttäuschung der Italienfraktion (sozusagen des forum romanums) unter uns mindern, dass die Kölner schon wieder keine italienischen Weine tranken.

Und hintenrum hat das doch was mit unserem Pröbchen zu tun, denn die Nachfolger Petri waren nicht immer so gut beieinander wie der jetzige und italienischen Wein mochte auch nicht jeder. So ergab es sich im Jahre 1305, dass ausgerechnet Bertrand de Got , der Erzbischof von Bordeaux (!), zum Papst gewählt wurde und somit den geliebten Clairet im Stich lassen und sich auf einen Weg machen sollte, der ihn ­ wohin sonst ­ nach Rom führen mußte. Nun wissen wir nicht, welchen der Wege er einschlug. Für das Erreichen er Ewigen Stadt sollte das ja eigentlich keine Bedeutung haben. Hatte es aber doch.

Wir hätten ihm den geraden Weg durch Saint Emilion, Pomerol an die Loire, durch die Champagne an die Mosel, von dort den Rhein und Main herauf in die Wachau und dann kurz über den Brenner ins Alto Adige direkt über die Toscana ins Tibertal empfohlen und wären sicher gewesen, dass er solchermaßen gesund und glücklich im Lateranpalast angekommen ­ zumal ja in Bernkastel der Doctor wartete - und bis an sein selig Ende mit den inzwischen angesammelten Weinen froh geworden wäre.

Aber nein, auf uns hört ja keiner ! Clemens V., wie er sich als Papst nannte, wird wohl durchs Midi gezogen sein. Zu einer Zeit, als australische Winemaker noch nicht das Flugzeug zu besteigen pflegten. Zu einer Zeit, als die dort ansässigen Weinbauern nicht einmal wußten, dass es Känguruhs gibt, geschweige denn, wie man anständige Weine macht ! Und hierher verschlug es einen Bischof aus Bordeaux !

So kam, was kommen mußte: Clemens wurde krank und kränker und in Avignon wollte er nicht mehr weiter. Petrus trinken ist doch leichter als Petrus sein !

Clemens nahm die erstbeste Hütte in Beschlag, baute hier und da ein bißchen was dazu und residierte 9 Jahre als Bischof von Rom in Avignon. Mehrere seiner Nachfolger taten es ihm nach, so dass sich die Hütte zu einem veritablen Reihenhaus entwickelte. Die heilige Stadt fiel unterdessen an Ludwig aus Bayern, der im Gedenken an Erdinger Bier in der Toscana aus Rotem Weißwein zu machen versuchte. Barbarei gar überall !

Erst als Bischof de Grisac aus dem Midi zum Papst gewählt wurde, ergriff dieser gebildete Mensch 1367 die Gelegenheit, der Plörre seiner Vorväter zu entgehen und zog nach 63 Jahren babylonischem Exil als Urban V. zurück nach Bella Italia. Wobei ihm der deutsche Kaiser Karl IV. sogleich half, den Weinkeller im Lateranpalast mit bestem Moselkabinett zu füllen, da der vorhandene in den vergangenen 63 Jahren besonders in seiner trockenen Ausprägung doch ein wenig über den Höhepunkt hinaus gereift war.

Aber - wo einmal der Wurm drin ist, bleibt der Wurm drin. Und wie sich 1054 im griechischen Schisma die Retsina ­ Fraktion vom Rest der Weinwelt abgespalten hatte, so trennten sich 1378 im abendländischen Schisma die Frankreich- von der Italien-Fraktion. Bis zur Synode von Pisa wurden zum Abendmahl hie DOCG und da AC 1er Cru gereicht, residierten in Rom und Avignon 2 Päpste. Und auch nach dem Konzil von Konstanz kamen immer wieder Gegenpäpste aus Avignon.

Wiewohl man ernsthaft versichert, dass der heutige Gegenpapst an der Rhone nur eine Ferienwohnung sein eigen nennt, war einigen seiner Vorgänger die Hütte Clemens trotz ihrer Anbauten nicht mehr gut genug. Schon sein Nachfolger baute sich knappe 20 Kilometer außerhalb von Avignon ein neues Schloß als Sommerresidenz. Und während Clemens V. sich mit seinen weinbaulichen Aktivitäten nach wie vor im geliebten Bordelais ausgetobt hatte (Pape Clement in Graves), setzte besagter Johannes XXII. die Reben gleich im heimischen Garten ein, wobei er anscheinend von Klonenselektion und Edelsorten noch nichts gehört hatte, denn er pflanzte, was ihm gerade in die Hände fiel: mindestens 8 weiße und 8 rote Sorten findet man in diesem Garten, der nach dem neuen Schloss des Papstes Châteauneuf-du-Pape genannt wurde.

Der Garten ist heute ein kleines Dorf mit 300 Weinbauernfamilien, dass sich von anderen Dörfern nur dadurch unterscheidet, dass es statt einem Schützenkönig halt den Gegenpapst auf seinen Schild hebt: deren bisher letzter 1985 ­ verschämt als citoyen d´honneur verbrämt ­ als Bobby I. ausgerufen wurde. Wir Kölschen verweigern ihm natürlich jegliche Anerkennung und werden ihn deshalb weiter mit seinem bürgerlichen Namen Mister Parker rufen, denn wir denken, er denkt von Petrus wirklich, dass der in Pomerol begraben sei. Die Abartigkeit seiner Lehren zeigt sich alleine schon daran, dass er Weine hoch bepunktet, die im Gambero Rosso keinerlei Erwähnung finden, geschweige denn ein Gläschen erhalten.. Wie hartnäckig er auch heute noch das Schisma verteidigt, zeigt sich weiter in seiner Darstellung des Papstes Clemens. "Als im Jahre 1305 der Franzose Klemens V. zum Papst ernannt wurde, tat er, was jeder guter Franzose getan hätte: Er verlegte den Sitz des Papsttums nach Avignon" (Parker, Rhone 1997, S.381) .

Zwanzig Kilometer vor der kleinen Stadt Avignon liegt das kleine Dörfchen Châteauneuf-du-Pape. Hinter dem kleinen Dörfchen Châteauneuf liegt der klitzekleine Weiler Courthézon. Und dort an einem Wegelein, das mangels Masse ihren Namen trägt, liegt eine schöne Burg mit ein paar Rebstöcken: Beaucastel, 84350 Courthézon, Chemin de Beaucastel. Und genau von da waren die Weine her, über die hier die Chronik zu führen sein wird.

Von Rom aus gesehen also Weine vom A.... der Welt. Weshalb die Kölner Seilschaft denn auch ihren altgedienten Probenraum im heißgeliebten Frischmarkt verließ und zur Reblaus nach Bonn-Mehlem fuhr. Wer diese Bahnfahrt aus der Domstadt mitmachen mußte, unterschreibt: schöne Burg am A... der Welt. Also passend zum Wein.

Und so wie die Kölner Chronik nur die hartgesottensten Leser im Forum anspricht (3 Seiten bis zur ersten Verkostungsnotiz ­ mein Gott !), hatten wir trotz dieser unglaublichen Reisestrapazen zu einer der risikoreichsten Degustationsformen geladen: probiert werden sollte ein einziger Wein ! Es sollte wirklich nur den einen Wein geben, mal jünger und mal älter, aber immer nur den von der schönen Burg. Man stelle sich vor, der entpuppt sich als Plörre ! Erst junge und dann alte Plörre, den ganzen Abend lang nur Plörre ! Nix von Diversifikation, volle Konzentration auf das Kerngeschäft ! Raubtierdegustazionismus ! Na ja, der ein oder andere Pirat vielleicht, aber auch dem Johannes wird sicherlich hier und da mal ein geschenktes Möselchen untergekommen sein.

Angesagt war also eine Vertikale von Château Beaucastel, laut Parker "einen der größten und charaktervollsten Weine" des gesamten Rhonetals. Klar saß der Ketzer immer mit am Tisch und versuchte sich in die Bewertungen der Weine einzumischen. Kriegt er aber bei uns Kölschen keine Schnitte ­ solange Johannes Paul keine Punkte gibt, werden wir immer frei nach (unserer) Schnauze werten.

Die ersten beiden Weine gab es aus der Karaffe und gleich tat sich wieder diese kleine Kluft in der Seilschaft auf: hier diejenigen, die viel Wert auf Konzentration und Gehalt legen, dort diejenigen, die Eleganz, Feinheit und Finesse höher schätzen. Wenn diese beiden Gruppen sich einmal im positiven einig sind, dann, ja, dann haben wir einen wahrlich großen Wein vor uns, dem es an nichts fehlt.

1.. 2000er Beaucastel Rouge, 13,5%, ca. 42,- Euro:
purpurfarben, Brombeerbouquet. Am Gaumen daneben Cassis und junge, süße Tannine. Schöner Schmelz, in seiner primärfruchtigen Art ein wenig vollsaftige Fruchtbombe. Schöne Länge, delikat, aber zum großen Wein fehlt (noch ?) die Finesse. Parker gab 95 Punkte. Für uns war es ein schöner Einstieg und je nachdem, wie sehr die Finesse vermißt wurde gab es 16,0 ­ 17,0 Punkte, eine Einzelmeinung wertete gar 17,5 Punkte.

2.. 1999er Beaucastel Rouge, ca. 40,- Euro:
brillantes Granatrot. Feines Bukett nach Brombeer und Lakritzen. Waldbrombeer, Kirsche und Schoko im Mund, langer, langer Nachhall. Die lebendigen Säuren lassen den Wein schlanker erscheinen als den Vorgänger, aber eben auch eleganter und finessereicher. Feine Tannine, viel Delikatesse bejubeln diejenigen, die den Vorgänger (noch ?) etwas plump fanden. Und so dreht sich die Wertung um: 16,5 ­ 17,5 Punkte. Auf wessen Seite Parker mit seinen 91 Punkten steht, wird dabei auch klar. Wobei wir seine Prognose von 25 jähriger Entwicklungszeit bei diesem Wein doch arg in Frage stellen wollen

Der erste Pirat ergießt sich in die Gläser: schwarzlila, kräftige Kräuternase, kraftvolle, pelzige Tannine und Bitterschokolade am Gaumen. Jung ist der Wein und ganz bestimmt kein Charmeur. Er überzeugt aber mit seiner kernigen, vollen Art, ist dicht aber nicht dick. Unter den Gebieten, die geraten werden, ist auch das richtige:

3.. 2001er Hécate, Domaine Laffont, Madiran, 14,5 %, ca. 25,- Euro:
Ein Wein zur Wildsau und in diesem Zusammenhang bekommt er doch auch für die Eleganzler das gewisse Etwas. So einheitliche 16,0 Punkte mit einem + fürs Potenzial und einer vergibt gar 17,0
Genauso schwarzlila kommt der zweite Pirat daher. Kalter Kaffeesatz und Nelken in der Nase, Kaffee und schwarze und rote Früchte im Mund. Langer Abgang, viel Körper, geschmeidiger als der Vorgänger aber immer noch sehr kraftvoll, vielleicht ohne den wilden Charme des Madirans:

4.. 1999er Le Cedre, Verhaerge et Fils, Cahors:
die Rebläusin liebt den Wein, weil keine Larifari-Weibertrinkerei. Die Runde vergibt 15,5 ­ 16,5 Punkte mit der bekannten Einzelmeinung (ist aber jedesmal ein anderer) auf 17,0 Zurück ging es zum eigentlichen Thema der Probe und diesmal standen 2 Weine des Jahrgangs 1998 an. Die normale Cuvée und die Spezialcuvée Hommage a Jacques Perrin, die nur in guten Jahren und in homöopathischen Dosierungen abgefüllt wird:

5.. 1998er Beaucastel Rouge, ca. 40,- Euro:
Granat und Rubin finden sich in der Farbe, Kardamon und Kirsche im Bouquet. Am Gaumen konstatiert man Monchérie, Fruchtkompott, hellen Tabak und Minze. Sehr langer Abgang, Dichte und Tiefe. Die Seilschaft ist begeistert und vergibt ähnlich dem Herrn Parker (96 Punkte) 18,0 ­ 18,5 Punkte. Nur der Chronist kommt mit der Mischung aus süßer Kirsche und Minze nicht klar und wertet 16,5.

6.. 1998er Beaucastel Hommage a Jacques Perrin, ca. 115,- Euro:
sattes, dunkles Granatrot. Reiches komplexes Bouquet nach Wild, wilden Beeren und Schokolade. Am Gaumen dazu Noten nach rohem Hirschfleisch. Der Wein ist sehr jung, hier glauben wir auch an 25jähriges Potenzial. Herausragende Länge, schön eingebundene lebendige Säuren, vollsaftig, vollmundig und dabei Eleganz und Nuancenreichtum. Hier sind sich beide Fraktionen einig: ein großer Wein: 19,0-19,5 Punkte und auch Bobby Parker liegt mit 100 Punkten im Soll.

Danach hat es jeder Wein natürlich schwer und die Reblaus stellte deshalb den dritten Piraten an: purpurfarben, ein Gewürzladen in der Nase, schwarze und rote Beeren dazu im Mund. Einige stellten dazu einen scharfen Alkohol- und Bitterton fest. Der Wein wirkt insgesamt noch sehr verschlossen und noch nicht vollständig harmonisiert. So teilt sich die Runde, wobei die Mehrheit auf der besseren Wertung zu finden ist:

7.. 2000er Vieille Vignes, Château Vieille Julienne, Châteauneuf du Pape, ca. 60,- Euro:
hie 15,0-16,0, da aber 17,0-17,5 Punkte
Danach ging es zurück zur schönen Burg:

8.. 1997er Beaucastel Rouge, ca. 40,- Euro:
dichtes karmesinrot, kräftige Nase nach Unterholz und Waldpilzen, letztere auch am Gaumen, dazu Herbstlaub und Pflaumenkompott. Recht saftiger Wein mit mild lebendigen Säuren, einer gewissen Eleganz und viel Harmonie. Es fehlt ein bißchen Charakter und so wertet die Runde ziemlich einheitlich 16,0 ­ 16,5 Punkte (Parker meint 92+)

Na ja, wir konnten es nicht lassen mit den störenden Weinen dazwischengeschoben und nach der Alten Julie kam jetzt noch ein Weingut aus der unmittelbaren Nachbarschaft auf den Tisch. Dazu war das mal der Monatswein des Forums, ausgewählt von der Seilschaft (wobei es eine Preislimitierung bei 40,.- DM gab ­ da fiel der Beaucastel schon raus):

9.. 1998er La Nerthe, Chateauneuf du Pape, 14% vol.Alk, ca. 20,- Euro:
purpurfarben, kräftiger Maggiton in der Nase, im Mund viel Fruchtsüße und Waldpilze, dazu die Liebstöckel aus dem Bouquet. Fast schon ausgereift, daher recht harmonisch. Dicht und saftig, aber nicht die Klasse seiner Vorgänger. Kostet ja auch nur die Hälfte: 15,0 ­ 16,0 Punkte
Zurück zum eigentlichen Wein des Abends, mittlerweile 8 Jahre alt:

10.. 1995er Beaucastel Rouge, war in Paris mal 25,- Euro:
wie beim 97er meint Bobby Parker auch hier 92+ Punkte zu erschmecken. Wir wollen sehen: granatrot, d.h. sieht jünger aus als der 97er. Attraktives Bouquet nach Liebstöckel, Pech und Schwarzkirsche. Am Gaumen schwarze Frucht,Asphalt und ­ erstaunlich für einen Rotwein ­ Apfelaromen. Schöne Länge, lebendige Säure, Eleganz. Auch kein großer Wein, aber wir werten ein bißchen höher als beim 97er: 16,5 ­ 17,0 Punkte
Und wieder ein Pirat: granatrot, verhaltene Nase nach roten Beeren und Kirsche. Diese zusammen mit Holunderbeeren auch im Mund. Der Wein ist reif und geschmeidig:

11.. 1994er Reserva, Casa Ferreirinha, 33,- Euro.
Den meisten 15,5-16,0 Punkte wert, dem Chronisten gar nur 14,5 Damit war es weg, das störende Beiwerk und wir konnten uns endlich an unserem Wein festhalten und zusammen mit ihm älter werden.

12.. 1994er Beaucastel Rouge, ca. 40,- Euro bei ebay:
ziegelrot, in der Nase Brett und wilde Beeren, am Gaumen Leder und wilde Beeren. Rund, saftig, ein bißchen elegant und trotzdem vielleicht der schwächste Beaucastel bisher. Das sieht auch Parker so (90 Punkte) und wir werten 15,0 ­ 16,0 Punkte.

13.. 1990er Beaucastel Rouge, war in Paris mal 30,- Euro:
brillantes Granatrot, kräftiges Bukett nach Brett und Wildtönen. Im Mund Brombeere, Schweiß, Asphalt und Rauch, langer Nachhall. Der Wein ist reif, kann aber noch lagern. Es ist nuanciert und elegant. Ob er Finesse hat, darüber scheiden sich die Geister. Parker gibt 96, wir in allen Abstufungen 16,5 / 17,0 / 17,5 / 17,75 / 18,0 und für die Höherwertenden ein wunderbarer Wein.

14.. 1989er Beaucastel Rouge, ca. 35,- Euro bei ebay:
ziegelrot mit schwarzem Kern, kräftige Nase nach Beeren und Rumtopf. Im Mund ein komplexer Korb voll Beeren und Früchten. Reifer Wein, schön eingebundene mild lebendige Säuren, viel Harmonie, Feinheit, Nuancenreichtum. Parker wertet ihn mit 97 Punkten von den Standardcuvées am höchsten. Bei uns sorgt er für Einheitlichkeit und 17,0 ­ 18,0 Punkten.

15.. 1988er Beaucastel Rouge, keine Preisangabe:
granatrot, reiches attraktives Bukett nach Erdbeer und Brombeer. Im Mund Waldpilze, schwarze und rote Beeren ­ der Wein erinnert nicht nur den Chronisten an gereifte Burgunder, weshalb ihn Parker wohl nur mit 89 Punkten bedachte. Saft Eleganz, Tiefe sind vorhanden. Trotzdem polarisiert der Wein wie der 90er: bei zu wenig Körper, nicht lang genug, atypisch beginnt es mit mit 16,0 / 16,5 / 17,5 und endet mit 18,5 komplex, harmonisch, elegant, geil.

16.. 1983er Beaucastel Rouge, ca. 40,- Euro bei ebay:
purpurfarben, kräftige Nase nach Gewürzen und Erdbeer. Erdbeere und erdige Töne am Gaumen, langer abgang, eher schlank. Der Wein sollte jetzt getrunken werden, braucht aber trotzdem ein wenig Zeit im Glas. Parker hat ihn von 91 auf 89 Punkte abgewertet. Uns ist er 16,0 ­ 17,0 Punkte wert, einem einzelnen sogar 17,5.
Das war die letzte Flasche von der schönen Burg. Und wie immer, hatte die Seilschaft trotzdem noch Doosch. Also wurde die Reblaus gezwungen aus den Kellergewölben noch etwas hervorzuholen. Einzige Bedingung: es sollte rot sein und in Glas verpackt (letztere Forderung wurde vom Chronisten vertreten). Granatrot ergoss sich der Wein in Glas, deutlich jünger als die Vorgänger. Basilikum und Liebstöckel in der Nase, am Gaumen kommen wilde Brombeeren dazu: ein Rhone-Wein, wie man sich ihn vorstellt.

17.. 1998er Cuvée Valbelle, Saint Cosme, Gigondas, war mal 14,- Euro:
je nach Blutalkohol und Rhonefanatismus wertet die Runde nicht mehr ganz objektive 15,0 ­ 17,0 Punkte
Gemeckert wurde viel, wie immer. Aber es wurde auf höchstem Niveau gemeckert und ging eigentlich immer nur darum, ob der Wein superjeil oder doch nur nie, nie, nie, nie, nie, nie, nie, niemals nicht lecker sei. Erstaunlicherweise wurde es auch nicht langweilig, obwohl es doch nur einen Wein gab. Gut das Beaucastel bei der Cuvéebereitung eine andere Philosophie verfolgt wie die Champagnerhäuser.

Wenn den Bischof Bertrand solche Weine vom Chianti abgehalten haben sollten, hatte natürlich der große Verführer seine Hände im Spiel - es wäre sozusagen ein Apfelwein von jener Apfelsorte, die uns der Kollege Chronist der Schöpfungsgeschichte leider vergessen hat mitzuteilen. (Ich tippe auf Pink Lady). Bei diesem Wein konnte man sogar vergessen, am A...der Welt zu sein und wir erreichten unsere Straßenbahn in die Domstadt nur mit Müh und Not. Trotzdem: wäre Bertrand weiter nach Rom gezogen, wäre ihm auch dieser Wein nach Rom gefolgt, denn damals führten noch wirklich alle Wege nach Rom. Erst durch den ungetreuen Papst wurde einer dieser Wege abgeschnitten und führt heute nach Wisconsin statt nach Rom. Dies wird erst zu ändern sein, wenn das große abendländische Schisma vollständig aufgehoben, die Frankreich- und Italienfraktion friedlich vereint, der Messwein vom gleichen Weinberg stammt und ein einig Papst über die Christenheit herrscht.

Wobei wir nicht hoffen wollen, dass nach dem Ableben des jetzigen Amtsträger das Konklave den Bobby wählt. Dann lieber unseren Hein

meint
Wolfgang