Lecker! Lecker! Lecker! (Siebeck) - rote Österreicher

Liebes Forum,

in den Katakomben unseres geliebten Frischmarktes versammelten sich zur Oktoberprobe 12 Jünger der Kölner Seilschaft um rote Österreicher zu trinken. Damit haben wir in Köln glücklicherweise nicht solche Probleme wie anderswo. Eins unserer prominenteren Mitglieder hatte dereinst in München studiert (und damit die politischen Weihen für seinen Job und die Weinproben im Schatten der Domtürme erworben) und berichtete, dass die Ösis für die Bayern das was die Holländer für uns Rheinländer sind. Kann aber nicht sein, wie jeder bestätigen wird, der einmal holländischen Wein getrunken hat. Die Bayern eben. Würde mich als Baazi ja auch ärgern, dass die da in Ösiland soviel mehr und besseren Wein machen als die paar Merseburger. Aber uns Kölsche stört das nicht weiter, solange die Ösis nicht behaupten, den besten Riesling der Welt zu haben (der wächst bekanntlich am Rhein). Und da war auf dieser Probe die Farbe vor und bei Blaufränkisch haben höchstens Württemberger (mit doppelt t wie T-Trollinger) Revierprobleme.

Da hätte sich die Seilschaft also einen schönen Nachmittag machen können, wenn, ja wenn da nicht das Forum wäre....

Als Regionalgruppe verfolgt die Kölner Seilschaft die weinweltbewegenden philosophischen Diskurse des Weinforums natürlich ganz genau und ist ­ offen, wie es der kölsche Charakter gibt ­ immer bereit, das eigene Handeln auf die Goldwaage zu legen und Besseres zu übernehmen, solange es nicht unseren Grundlagen widerspricht, die da heißen: et ess wie et ess, et kütt wie et kütt, et ess noch immer jot jejange!

So kam es, dass die unschuldige kleine Rotweinprobe mitten in die von Sam gestiftete Diskussion über den Fachbegriff "lecker" fiel. Gräben waren aufgerissen, Glaubenskriege wurden ausgefochten, Existenzialisten prallten auf Agnostiker und Scholastiker auf Anhänger der Sappho von Lesbos, während Platoniker nur Spiegelfechtereien sahen, eine Weinfreundin auf das archimedische Prinzip beim Champagnerbaden verwies und die Anhänger Virillos den Zusammenhang zwischen Weinqualität und Leergeschwindigkeit der Flaschen beklagten.

So wurde also auch in den Katakomben während des Schlürfens, Schmatzens, Schwenken, Schleuderns, Schniefens, Gurgelns, kurzum des Degoustierens der österreichischen Roten aufs heftigste gestritten, wie sich der Begriff des Leckeren zum kölschen Grundtenor " mach et jot ävver nit zo oft" verhält. Wir wälzten dazu die Werke von Albertus Magnus und die Frühschriften onrad Adenauers, die katholische Soziallehre und die Neue Rheinische Zeitung. Wir betrachteten die Forumsbeiträge im Lichte dieser kölschen Klassiker und fanden mit Hänneschen und Bärbelsche dat jolde Ei (das woanders vollkommen fälschlich dem Kolumbus zugeschrieben wird).

So bitten wir das Forum freundlichst dem Abschlussprotokoll dessen zu lauschen, was in den Katakomben geschah und als Lindenthaler Frieden den dreißigminütigen Krieg beendete und in die Kölner Chronik eingehen wird.

Die Kölner Seilschaft erkennt im Schatten der Hohen Domkirche und in der Nähe Ihrer Exzellenzen, der Heiligen Drei Könige, folgendes als wahr und folgendes als unwahr an:

1.. der Begriff "lecker" ist als Beschreibung des Göttertrankes nicht zu verwenden, weil überaus ungeeignet und von konkreten Aromen ablenkend. Er kann die Fachsprache mit ihren fest definierten Begriffen wie: Rote Beete, Schweinebraten mit Klößen, Brötchen mit Konfitüre (Erdbeer, Himbeer, Aprikosen, Sauerkirsche), Kartoffelbrei, Frischkäse, Meerrettich, Mohrrüben, Kaffe (mit Betonung auf "a") nicht ersetzen.

2.. der Begriff "lecker" ist als urkölscher Begriff dagegen zur Bewertung des Göttertrankes nicht nur geeignet sondern wegen seiner vielseitigen Differenzierbarkeit geradezu prädestiniert. Insbesonders kann er auch der Globalisierung der Weinansprache zumindest im deutschsprachigen Raum Rechnung tragen, wenn entsprechende Synonyme verwendet werden, die allerdings genauestens auf ihre Wertigkeit zu prüfen sind

3.. die Kölner Seilschaft wird ab sofort sowohl das 20er wie das 100er als auch das 5er System nicht mehr zulassen und auch keine artverwandten Trauben, Trinkgefässe, Sterne, Kriechtiere und Dionysosputten verwenden. Alle Weinbewertungen werden nur noch anerkannt, wenn sie sich auf die zu erstellende Leckertabelle stützen. (Womit wir es allen unsäglichen Schreiberlingen wie Armin Diehl und Bobby Parker, Eichelmann und Wine Spectator, Stuart Pigott und Markus Hofschuster, Michael Broadbent und Hans O. Knall, Gambero Rosso und Mario Scheuermann, Michel Bettane und Koal Bajano, Alfred Biolek und Werner Elflein so richtig gezeigt haben !)

4.. die Kölner Seilschaft hat den Chronisten mit der technischen Ausarbeitung der Tabelle, den Rösrather mit der journalistischen Formulierung, den Frischmarktbesitzer mit der Bewertung des Preis-Lecker-verhältnisses und die Reblaus schließlich mit der juristischen Prüfung beauftragt. Das Ergebnis ist dem Gebietshein vorzulegen, um von diesem einstimmig angenommen zu werden.

5.. ab dem Zeitpunkt der einstimmigen Annahme der Leckertabelle durch den Hein soll in der Kölner Chronik eine neue Zeitrechnung beginnen mit den Initialen A.L. (Anno Leckerli)

6.. die neue Form ist ab sofort in die Kölner Chronik einzuführen. Dies gilt auch für das anstehende Protokoll Beschluß der Kölner Seilschaft im Jahr 1 B.L. (before Leckertable)

Mit Stolz möchten wir dem Forum berichten, dass das Werk gelungen und unser Hein, nachdem er zweimal zweistimmig und einmal vierstimmig abgestimmt hat, vor 2 Tagen der im Anhang aufgeführten Leckertabelle einstimmig seinen Segen gab. So konnte der wegen Punkt 6 des Lindenthaler Friedensabkommens bisher gehemmte Chronist sich endlich ans Protokoll der österreichischen Roten machen.

Aber gemach ­ bei solch historischen Ereignissen bedarf es doch der geschichtskritischen Rückschau: was bewog die Seilschaft, Althergebrachtes über den Haufen zu werfen und sozusagen die kopernikanische Wende im Bewertungsritual des Göttergetränkes einzuläuten ?

Zudem wollen wir dem geschätzten Forum zeigen, wie überaus ernst wir uns mit seinen Anregungen auseinandergesetzt haben und wie die entstandene Lösung als direkte Synthesis des weltweiten Diskurses (zumindest im deutschsprachigen Raum) betrachten werden kann.

Zuerst stellt sich die Frage nach dem Sinn und Zweck von Weinbewertungen überhaupt. Hat doch schließlich schon mancher sich der Punkterei verweigert, darunter unser aller Hein. Wir denken aber, dies ist mehr aufs unzureichend weil abstrakte Zahlenwerk zurückzuführen, was auch durch Träubchen und Gläschen nicht verändert wird, weil dort ja immer noch der Abzählreim: eins, zwei, drei...Das hat uns übrigens auch bewogen, den erst lange geprüften Vorschlag der Übertragung von Punkten auf das ck in lecker abzulehnen (also lecker bis leckckckckckckckckckckckcker) weil es qualitativ nur das Hergebrachte ist und unsere älteren Mitglieder selbst nach zwei Flaschen Wein nicht mehr gut genug gucken können, um da korrekt abzuzählen.

Die Beschreibung eines Weins alleine tut es aber nicht, so exakt sie auch sein mag. Zu einem Blaufränkisch etwa: Farbe von Roter Beete, geschmorter Pferdebraten in der Nase, Brötchen mit Sauerkirschkonfitüre im Mund.... da geht dem einen das Geimpfte auf und dem anderen vergeht der Appetit. Die würden nie darauf kommen, dass der Wein wirklich lecker war, wenn man es nicht drunter schreibt. Andererseits fragt sich die Seilschaft bei gelegentlichen "weichselfarbig, Marillenknödel im Bukett, Pfefferl im Mund" ziemlich verloren, ob die den Wein nun lecker fanden oder nicht.

Schärfstens müssen wir der Einzelmeinung widersprechen, dass lecker "ein undifferenziertes Wort aus der Spracharmut und Sprechblasengesellschaft" wäre. Wir denken, schon die Diskussion im Forum hat gezeigt, wie vielschichtig das Wort mit seinen Zusammenstellungen und sinnverwandten Synonymen zu gebrauchen ist. Die Ausführungen zur Leckertabelle im Anhang werden verdeutlichen, wie hier wortgewaltig Unterschiede zu benennen sind, die im 20er System nur in Hundertsteln auszudrücken wären. Weiterhin besteht fast die gesamte Kölner Seilschaft aus 35-jährigen, alleinstehenden 1,5 m großen sehr sehr emanzipierten nörgelnd-nervigen Frauen Typ Alice Schwarzer (auch eine Wahlkölnerin), die mit großem Getöse ihre Weine mit viel Spaß durch die Gurgel jagen...

Wilde Aufschreie von Sam und Koal, wie sie ein Proband beschreibt, sind uns bei den beiden nichts neues sondern alltägliche Erfahrung, die der Chronist schon seit seiner Bewertung des 1983er Haut Brion auf Schloß Aul kennt, und somit kein Gegenargument.

Wir geben Sam natürlich recht, dass ein großer Wein nicht trivial mit "lecker" zu bewerten ist. Aber ein großer Wein ist auch nicht groß, zumindest normalerweise nicht größer als die Plörre von nebenan, nämlich immer nur 0,75 Liter (wobei viele Schweizer Weine kleiner sind) und in der Imperial auch Jauche stecken kann. Das was Sam mit "groß" meint, heißt natürlich korrekt "superjeil". Schließlich singen Brings in: "Ach wat war dat doch fröher ne superjeile Zick" von der Zeit, wo Latour und Lafite noch für unter 50,- DM ( = < 350 Schilling, 35,- Fränkli und 25,- Euro) für jedermann erschwinglich war.

Über eine gewisse soziokulturelle Abhandlung des Begriffs "lecker" finden wir die Beschreibung "pubertäres, gymnasialoberstuflerisches, arrogantes, zutiefst populärphilosophisches, ja populistisches, sich in Unverbindlichkeiten vermummendes, auf traditionalistischen Elitärvorstellungen wurzelndes und sich hinter pseudofortschrittlichen Rückwärtsgewandheiten versteckendes Pamphlet" zwar stilistisch recht gelungen, aber dem Artikel insofern nicht angemessen, da der Autor dieser Abhandlung weder in soziologischer noch in kultureller Hinsicht irgendeinen blassen Schimmer von Kenntnis erkennen läßt. Dazu gleich mehr.

Wobei der Vorschlag: " .. ich glaub es ballert !" eine Weile für die Weinwertung in Erwägung gezogen wurde, dann aber doch als beschreibender Terminus des Alkoholgehaltes bessere Verwendung fand.

Sehr überzeugend und auch nahe am Kern der Sache fanden wir die Geschichte von dem süßen Mädel, dass den feinen Wein einfach lecker fand und der Weinfreund trotz dieser Beschreibung seine Finger nicht vom Weinglas nahm. Wir fragen uns nur, ob der Abend nicht noch schöner geworden wäre, wenn er seine Finger doch vom Weinglas genommen hätte....

Absolut überzeugt aber hat uns die Stellungnahme aus Österreich: "südlich des Weißwurstäquators sind nahezu alle Sätze, in denen das Wort "lecken" vorkommt, entweder obszön, oder beleidigend, oder beides. Das von "lecken" abgeleitete Wort "lecker" provoziert daher bei uns alle möglichen Assoziationen, nur keine anständigen"

Genau das ist das Argument für unsere Leckertabelle. Und kommen wir zurück auf die Soziologie und die Kultur. Seit Alters her (also schon unter Denkmalsschutz ­ Kulturamt !) gibt es in Köln für gewisse Exemplare des anderen Geschlechtes ( Paarbeziehungen ­ Keimzelle jeder soziologischen Betrachtung!) den Ausdruck "ne lecker Mädsche, ne lecker Jong". Dies ist keine Beschreibung dieses Mädchens oder Jungen (die besonders als "junge Frau und junger Mann" durchaus schon respektables Alter erreicht haben dürfen, was außer dem Chronisten in der Seilschaft aber auch keiner mehr weiß) sondern eine Wertung ! Wir Kölner haben nie ein Hehl daraus gemacht, dass uns beim anderen Geschlecht nicht nur visuelle Gesichtspunkte (anstieren, anglotzen, mit Blicken verzehren) wichtig sind sondern der gesamte organoleptische Erlebnisbereich. In der Tat legen wir auf Erscheinung viel weniger Wert als auf Duft und Geschmack.

Egal ob schwarz, blond, braun oder henna ­ lecker Mädscher sind lecker Mädscher und lecker Jongs sind lecker Männa. Lecker ist also das organoleptische Bewertungskriterium schlechthin, der Pfeiler, um den sich alles rankt. "Schmeckert" ist nicht weit davon weg. "Affentittenlecker" und "knackarschschmeckert" sind natürlich erhebliche Übersteigerungen des einfachen "lecker" während das (burgtheaterdeutsch korrekt ausgesprochene) "schmeckt mir" nur ein ebenso bescheidenes Wesen beschreibt, wie es der Österreicher nun mal ist.

Liebe Bacchanten, wer einen guten Wein im Glase hat, der nur anständige Assoziationen provoziert, hat keinen guten Wein im Glase ! Champagnersaufen war noch nie anständig und ein wirklich guter Wein ist meist ­ mal weiblich, mal männlich ­ ziemlich sexy. "Feuchtes Mädel auf´m Pferd" war der Freudsche Ausrutscher bei der Blindverkostung des La Tache ­ da war ein "richtig lecker Mädsche" im Glas. Und der Nuits-St-Georges von Meo sprach mit seinem Muskelspiel halt die andere Fraktion mehr an ... ist mal so im Leben.

So gerüstet mit neuer und exakterer Begrifflichkeit können wir uns nun den roten Österreichern widmen.

1.. 2002er Blaufränkisch, Wg. Pittnauer, Burgenland, 13,5% vol Alk., 7,- Euro:
sattes granatrot, kräftige Nase nach süßen Brombeeren und Himbeeren, im Mund dazu Vanille. Ein schöner Anfang der Probe und die Runde wertet ziemlich einheitlich: nie, nie, nie, niemals nicht lecker bis echt lecker.

2.. 2001er Blaufränkisch, Wg. Wohlgemuth, Südsteiermark, 13,5% vol Alk., 8,- Euro:
schwärzlich rot, Brombeeren und weißer Pfeffer im kräftigen Bukett als auch am Gaumen. Saftiger, geschmeidiger Wein, der noch ein wenig interessanter als der Vorgänger scheint. Einheitlich: Lecker

3.. 2002er Schlossweingut Bockfliess, St. Laurent, Wg. Pfaffl (Abfüller), Weinviertel, 13,0% vol Alk., 8,50 Euro:
kirschrot, kräftige Nase nach Erdbeer und Himbeer, im Mund dazu etwas bitter. Recht gradliniger, einfacher Wein, der der Runde ein schmeckt mir bis pfaa guat entlockt.

Eigentlich hat der Chronist ja immer schon gewußt, dass er den Blaufränkisch dem Rest der roten Sorten Österreichs vorzieht. Doch jetzt kam einer, der eigentlich auch an der Ahr wächst, aber doch ganz anders. Man beachte die Wortwahl des Weinguts, die wahrscheinlich weder zu Spät- noch zu Blau- burgunderhaft daherkommen wollten. Eben Fronkreisch (Baguette / Jeanette olalala !):

4.. 2000er Pinot Noir, Wg. Juris / Fam. Stiegelmar, Neusiedlersee, 13,0% vol Alk., 15,- Euro:
sattes Purpur, attraktives, aber etwas zurückhaltend es Bukett nach Erdbeer und Pfeffer. Vollsaftig, süffig, rund und dicht. Der Wein polarisiert auf hohem Niveau: etwas vordergründig kräftig für die einen, eine Maulvoll Wein für die anderen. So reicht die Wertung von nie, nie, nie, nie, niemals nicht lecker über sauguat bis zum vollen uuurks.

Die Schweizer haben ihren Müller, die deutschen ihren Scheu und die Ösis halt ihren Dr. Zweigelt. Züchter nicht von irgendwelchen Welpen oder Pferden sondern von neuen Rebsorten. Der Doktor Zweigelt machte es mit Blaufränkisch und St. Laurent. Wollen wir sehen, ob das Ganze besser ist als die Teile:

5.. 2001er Steinberg, Zweigelt, Wg. Tement, Steiermark, 13,0% vol Alk., 20,- Euro:
dichtes Schwarzlila, Pfeffer und Kirsche in der Nase, wilde schwarze Beeren am Gaumen. Feste Tannine, kraftvoll, dicht. Recht einheitlich: Lecker bis megasuperlecker.

6.. 2002er Strassertal, Zweigelt, Johann Topf, Kamptal, 13,0% vol Alk., 10,- Euro:
schwarzlila, opak. Kräftige, parfümierte Nase nach süßen Fruchtbonbons. Im Mund ebenfalls Bonbons und schon recht reif. Nur gefälliger Wein, einem deutschen Dornfelder nicht unähnlich. Nie, niemals nicht lecker bis nie, nie, niemals nicht lecker.

7.. 2002er Dornenvogel, Zweigelt, Wg. Glatzer, Carnuntum, 13,0% vol.Alk., 15,- Euro (kostete vor 4 Jahren auch mal 15,- DM !):
purpurschwarz, Kaffee und Pflaumenmus in der Nase, Kaffelikör und Rauch im Geschmack. Recht nachhaltig, lebendige Säuren. Die Runde meint: ein positiver, würziger Beau: sau guat bis boaah guat. Nur der Chronist vergibt ein einfaches Lecker.

8.. 2000er Schwarz Rot, Zweigelt, Johann Schwarz, Burgenland, 13,5% vol Alk., ca. 35,- Euro:
vom Namen bleibt in der Farbe nur Schwarz. Würziges Bukett mit Kardamon, Pfeffer, Brombeer, Röstaromen und Rosinen. Am Gaumen Rosinen, Brombeer, reife Trauben, Bitterton. Kraftvoller, mostkonzentrierter Wein. Ein Dreigelt für Vielgeld: kompakt, dicht, aber vielleicht nicht komplex genug. Der Runde wertet uuurks bis Schmackofatz (Siebeck).

9.. 1999er Gigama, Zweigelt, Wg. Leth, Donauland, 13,5% vol Alk., 17,- Euro:
opakes schwarz, kräftige Nase nach Rosinen, Vanille und Pfeffer. Im Mu nd süße Mokkaschokolade, schwarze Früchte und ein pikanter Bitterton. Der Wein ist harmonisch rund, zeigt Tiefe und Eleganz. Schlägt seinen konzentrierten Vorgänger, weil er alles hat und von nichts zu viel. Der beste Wein bisher und die Runde meint: nie, nie, nie, nie, nie, nie, niemals nicht lecker bis des isch wie wenn oim en Engel off d´Zong bronst hätt.

Nach den Neu- und Altzüchtungen schritten wir nun zum Test des Verschneidens: Cuvées waren angesagt:

10.. 2001er Cuvée in Rot, Zweigelt / Blauburgunder / Portugieser, Wg. Spätrot, Thermenregion, 13,0% vol Alk., 6,- Euro:
schwarzlila, kräftige Zweigeltnase, süße Marmelade im Mund. Ein einfacher, parfümiert wirkender Wein. Murks bis nie, nie, niemals nicht lecker

11.. 2000er Wiener Komposition, Wg. Zahel, Wien, 12,5% vol Alk., 6,- Euro:
das was wie eine Kaffeemischung klingt, zeigt in der Nase Böcksertöne und Katzenpippi und ist auch im Mund sehr unsauber. Auf alle Fälle eine schlechte Flasche, so oder so...

12.. 2000er Pannobile, Blaufränkisch / Zweigelt / Cabernet Sauvignon, Wg. Leitner, Neusiedlersee, 13,5 % vol Alk., 13,- Euro:
schwärzlich funkelnd, kräftiges Brombeerbukett, im Mund blaufränkisch dominiert (Brombeer, Schoko,) und ein Bitterton. Herbe Tannine, kraftvoll, lang. Der Bitterton macht den Wein nicht unbedingt gefällig und Konzentration ist nicht alles. Die Wertungen gehen wild durcheinander: gschmackig, schmeckt mir (burgtheaterdeutsch ausgesprochen), booaaah, nie nie nie niemals nicht lecker, total lecker, echt lecker, nie nie nie nie niemals nicht lecker, sau guat.

13.. 1998er Foggathal No.6, Zweigelt / Cabernet Sauvignon / Merlot, Weinberghof Fritsch, Donauland, 13,0 % vol Alk., ca. 15,- Euro:
schwärzlich, kräftige Nase aber was für ein Pferd, Brombeeren im Mund. Der Wein wirkt reif und auf einige fortgeschritten. Die einen stößt die Nase ab, den anderen gefällt die Fruchtsüße im Mund. Trotzdem nicht soweit auseinander: pfaa guat bis schmeckert.

14.. 1999er Arachon Evolution, Blaufränkisch / Cabernet Sauvignon / Zweigelt / Merlot, Vereinigte Winzer Horitschon (Tement, Szemes, Tibor), Burgenland, 13,5 % vol Alk., 25,- Euro:
opak schwarz, attraktive Nase nach Brombeer und Cassis, dies zusammen mit fruchtsüßen, doch noch kernigen Tanninen auch im Mund. Kraftvoller, saftiger, dichter Wein mit Tiefe. Wein hat noch Potential. Für manche vielleicht etwas kurz. Sau guat bis nie, nie, nie, nie, nie, niemals nicht lecker.

Wer hätte gedacht, dass ein Weißweinkönig auch Roten macht. Wenn das nur nicht so wie die roten Möselchen wird. Danach dann die (auch uns ? ) teuersten Cuvées :

15.. 2000er Dechant, Blauburgunder / Merlot, Wg. Bründlmayer, Kamptal, 12,5 % vol Alk., 20,- Euro:
purpur, attraktives Bukett mit Pfeffertönen. Im Mund typisch Spätburgunder. Der mittelsaftige Wein wirkt etwas langweilig nach den Vorgängern: booaaah bis wohlschmeckend.

16.. 2000er Bela Rex, Cabernet Sauvignon / Merlot, Wg. Gesellmann, Burgenland, 14,0% vol Alk., 31,- Euro:
undurchdringliches Schwarz, kräftige Nase nach Vanille und schwarzer Frucht. Im Mund Vanille, Cassis und Hustensaft. Sehr voller, dichter, langer Wein, der einer Minderheit aber ein Stück zu dick ist: uuurks hier, aber Des isch wie wenn oim en Engel off d'Zong' bronst hätt bis nie, nie, nie, nie, nie, nie, nie, niemals nicht lecker da.

17.. 1999er In Signo Leonis, Rebsorten ?, Heribert Bayer, Mittelburgenland, 13,5 % vol. Alk., 36,- Euro:
schwarzpurpur, kräftiges Bukett nach schwarzen Früchten. Schwarze Beeren, Schoko- und ein nicht störender Bitterton am Gaumen, nachhaltig, saftig, elegant, rund und tief. Die den Vorgänger zu dick fanden mögen diesen, die anderen aber auch: Lecker ! Lecker ! Lecker ! (Siebeck) bis nie, nie, nie, nie, nie, nie, niemals nicht lecker.

So endete unser kleines Pröbchen im Vergleich mit einer Perlhuhnbrust und fand zum Schluß auch ein Gesamturteil. Der Chronist hofft, die Chronik hat euch gefallen und Ihr seid mit den Wertungen einigermaßen d´accord


Chronik geschrieben im Jahr 1 A.L.
Wolfgang


Leckertabelle

(eingereicht und begründet zur einstimmigen Stimmabgabe des Hein)

(in Klammern die auf ein Hunderstel gerundete Äquivalenz im zwanziger System, soweit dies überhaupt äquivalent dazu genannt werden kann)

schlecht: ein schlechter Wein ist einfach schlecht, kurz, knapp, vernichtend, wegschüttend 10,0 Punkte
boooäh: keine Erleuchtung, eher grottenschlecht, anfangs noch Erwartung, dann nur noch Enttäuschung
Beachte erheblichen Unterschied zu booaaah. Geht auf Koals System zurück
10,02 Punkte
(nie...)niemals nicht lecker: diese Anregung von Sam haben wir aufgenommen. Für ihn ist ein großer Wein nie, nie, nie, nie, nie...niemals nicht lecker. Die Verstärkung liegt hier wohl in der mehrfach verdoppelten Verneinung: je mehr nie´s desto höherwertiger der Wein, wobei niemals nicht als erste doppelte Verneinung schon einen gewissen Grundstein legt (10,5 Punkte). Jedes nie entspricht dann einem Punkt mehr, (also nie, nie, niemals nicht lecker = 12,5 Punkte, nie nie, nie, nie, nie, nie, nie, nie, nie, niemals nicht lecker = 19,5 Punkte). Hier kommen wir den Unentschlossenen entgegen, die früher nie die volle 16 zücken wollten und darum 15 ein, ein, ein... halb ! von sich stießen. Außerdem kommen hier auch die Abzähler auf ihre Kosten ­ sozusagen zum Umsteigen.  
murks: nicht berauschend, aber auch nicht unbedingt zum Wegschütten.
Eben murks (nicht mit uuuurks zu verwechseln)
11,02 Punkte
supergeil: wer diesen Ausdruck verwendet hat sicher keine Ahnung von gutem Wein. Der Terminus somit den Weinen vorbehalten, die wir solchen Leuten zu ihrem Wohle wünschen 11,2 Punkte
gschmackig: hier legen die Österreicher einen Terminus nahe, der einen einfachen, gefälligen Wein bezeichnet 11,9 Punkte
schmeckt mir (burgtheaterdeutsch ausgesprochen): ein Wein von ebensolcher Bescheidenheit, wie es dem Österreicher an sich nun mal eigen ist (laut Koal) (12,0 Punkte) urksmurks: diese Mischung aus dem positiven uuurks und dem abwertenden murks kann Weinen gerecht werden, die auf der Kippe stehen: entweder im Alter oder mit Potential. Jetzt nicht schön zu trinken 12,05 Punkte
super guat: wie supergeil, aber doch besser, weil wenigstens guat 12,1 Punkte
ma guat: schon besser etwa 12,22 Punkte
guat: halt guat 12,27 Punkte
echt guat: wirklich guat 12,35 Punkte
booaaah: das Beste, was ein supergeil-Trinker noch schmecken kann und nie dachte, dass so was so gut schmecken könnte. Wertung kommt von Herzen und ist deshalb ernst zu nehmen 12,9 Punkte
pfaa guat: ein Kenner ­ zwar nicht von Wein sondern der österreichischen Sprache und einfach liebenswert wie der Wein im Glas 13,16 Punkte
total lecker: die Vorsilbe verhunzt das Hauptwort etwas 13,6 Punkte
wohlschmeckend: die Dudenübersetzung von lecker. Der Wein, der einen noch Dudendeutsch reden läßt, hat einen klitzekleinen Abstrich verdient 13,98
schmeckert: das österreichische Äquivalent von lecker. Der Wein, der einen österreichisch werten läßt hat einen klitzklitzekleinen Abstrich verdient 13,99 Punkte
lecker: na endlich, klar 14,0 Punkte
echt lecker: die Vorsilbe betont noch um etwa 9% 14,12 Punkte
superlecker: hier doch eine Verstärkung um 21% 14,3 Punkte
megalecker: millionenfach ist hier nur etwas mehr 14,7 Punkte
megasuperlecker: nur noch ein klitzekleines mehr 14,75 Punkte
echt megasuperlecker aber jetzt wirklich nur noch ganz wenig mehr 14,76 Punkte
sau guat: das sind zwei Worte von Herzen! 14,9 Punkte
uuuurks: fast ein Rülpser, wird hier spontane Begeisterung deutlich 15,45 Punkte
booaaah guat: das beste was der guat Mensch sich nie vorstellen konnte, aber doch noch merkt 15,85 Punkte
Lecker ! Lecker ! Lecker ! (Siebeck): dieses Urteil verdanken wir dem Verzehr eines Perlhuhnbrüstchens, ist eindeutig Siebeck und sogar dem Slowfood aufgefallen (die sind so langsam dass man alles dreimal wiederholen muss). Wir mögen Perlhuhnbrüstchen auch 16,2 Punkte
Schmackofatz (Siebeck): dies wird dem Siebeck von einer Weinfreundin zugeschrieben. Könnte durchaus sein für einen Wein wie diesen 16,45 Punkte
Des isch wie wenn oim en Engel off d'Zong' bronst hätt: ein Großvater wußte, was richtig gut ist 17,23 Punkte
knackarschschmeckert: die Überhöhung, von Menschen gebraucht, die sonst nur schmeckert und schlecht kennen und normalerweise Angst vor fremden Ärschen haben. Aber hier können sie nicht widerstehen 18,175 Punkte
affentittenlecker: die Überhöhung, von Menschen gebraucht, die sonst nur lecker und schlecht kennen und normalerweise Angst sowohl vor Affen als auch vor Titten haben. Aber hier können sie nicht widerstehen 18,2 Punkte
superjeil: Erklärung siehe oben und wehe, es verwechselt einer mit supergeil !!! Dem werden sofort die Domtürme auf die Senkel fallen !!! 19,9 Punkte
grruuuuuuaaahurks: falls irgendwann der ideale Wein den Weg in meine Gurgel findet, werde ich nichts anderes mehr von mir geben können 20,0 Punkte