Liebes Forum,
sie drängen, die Freunde der Kölner Seilschaft. Weil ja die Augsburger schon vorgelegt haben und schwupps-di-wupp ihr Protokoll auf ihrer Homepage veröffentlicht. Und fürs Forum warten wollen auf uns - die kölschen Jecken, die diesmal kein Möselchen, keinen Hock, keinen Nahe- und keinen Mittelrheinriesling auf den Tisch stellten sondern Württemberger. Riesling
wohlgemerkt, kein Trollinger. Obwohl die aus dem Ländle doch nur Trollinger trinken, wie uns allen Michael Stricker neulich noch bestätigt hat (wobei Mouton, Rausan-Segla, Chasse Spleen, Cantemerle wirklich schöne Namen für eure Weine sind - könnt ihr uns diese Trollinger-Proberunde mal vorbeischicken ???)
Also entfällt zugunsten der Aktualität die übliche Berichterstattung über die Begebenheiten rund um die Domtürme und sei auch nur kurz angemerkt, dass der eFZeh nächstes Jahr beim PfaueFBäh zur Probe antanzen darf. All dies weicht einer nüchternen Auflistung der Erlebnisse rund um das Probenpaket, dass uns Jürgen Steinmeyer so fürsorglich zusammengestellt hatte - Dank sei ihm gewiß. Drei Tage benötigt es natürlich, bevor nach der Probe an Nüchternheit zu denken ist. Aber nun hofft der Chronist doch, alle rauschhafte Poesie aus seinem Hirn verbannt zu haben und seine Zeilen so zu setzen, wie die 2001er Spätlesen waren - trocken nämlich.
Zwei weitere Tage waren notwendig den Tippfehler auszumerzen, der immer in diesem einen Wort auftreten wollte - Württemberg. Sollte doch eigentlich Würtenberg heissen. Wieso schreibt sich das mit 2 Tee und eMM statt eNN. Mühselig versucht der Chronist, die Regeln der deutschen Rechtschreibung an seinen Schreibernachwuchs weiterzugeben. Doppelkonsonant kommt nach kurzem, einfacher Konsonant nach langem Vokal. Nun ist das "ü" in Württemberg wahrhaftig nicht kurz und außerdem müßte es dann mit zwei "rr" geschrieben werden. Fragt der Sohn des Chronisten den Chronisten: also warum ?? Fällt dem Chronisten nur ein: wegen dem Trollinger, die schreiben das mit zwei T um an den Trollinger zu erinnern, weil sie davon nicht genug kriegen können. Für das eMM hatte der Chronist sich eine mehr oder minder gelehrige Abhandlung über Akkusativ- und Dativendungen im regionalen Unterschied des indogermanischen Sprachraums im Wandel der Zeit erarbeitet. Nach der Trollinger - Erklärung hat der Sohn des Chronisten allerdings nach dem eMM nicht weiter zu fragen gewagt.
Also Riesling aus dem Ländle (ist doch viel einfacher als Württemberg !). Ohne direkte Sicht auf den Rhein und keinen Krumen Schiefer aus dem rheinischen Schiefergebirge. Das das da überhaupt wächst... Wir sind gespannt. Und der Jürgen hat uns wohl das Beste vom Besten eingepackt, was es 2001 im Ländle an Riesling zu erwerben gab.
Ach so, unsere Runde: 13 Mitglieder der Kölner Seilschaft in den Katakomben des Frischmarktes. Außer Werner Kistenbrügge (Produktion ca. 1 Kiste pro Jahr aus dem Bereich Siebengebirge, Anbaugebiet Mittelrhein ) kein Erzeuger, da in Köln vor dreihundert Jahren den Säuretod gestorben. Einige Händler dabei, aber besonders furchtbar viel Laien, die den Lehrstoff eifrigst in Leerstoff zu verwandeln suchten und dabei nach den richtigen Worten rangen. Die Augsburger Bewertung hatten wir vorher ausdrücklich nicht zur Kenntnis genommen. Sie wurde aber in der Pause ausgedruckt und hinterher mit unseren Wertungen verglichen. Ein kleines Resümee am Schluß.
Los geht's:
1.. 2001er Fleiner Altenberg Riesling Spätlese trocken, Weingärtner
Flein-Thalheim e.G. , 12,5 % vol. Alk. 5,98 Euro
"Wie ein schlechter Elsässer", war die erste Äußerung, die aber sofort auf Protest stieß. Sie
zeigt allerdings, dass wir Kölschen, die ja so knapp am rheinischen
Schiefergebirge wohnen, erstmal etwas Gewöhnungsbedarf an diese Art Riesling
hatten. Sattes Gold ist für einen jungen Riesling aus dem Schiefergebirge
auch nicht normal, die 12,5% vol. Alk. für eine Spätlese allerdings auch
nicht unbedingt. In der Nase Heu, am Gaumen dazu Zitrusnoten. Recht rund und
entwickelt. Bis auf die Farbe ähnliche Einschätzung wie in Stuttgart und
Augsburg: 13,0 - 13,5 Punkte.
2.. 2001er Großheppacher Steingrüble Riesling Spätlese trocken, Bernhard
Ellwanger, 12,5% vol. Alk, 6,00 Euro:
die UTA-Anklänge, die die Stuttgarter reklamieren, können wir in der Nase bestätigen. Am Gaumen ist es dann leider nur noch Kork. Nicht bewertbar
3.. Strümpfelbacher Nonnenberg, Riesling Spätlese trocken, Wg. Kuhnle,
12,0% vol.Alk. 6,70 Euro:
strohgelb, Heu in der deutlichen Nase. Zitrus,
Heu, Mineralik und im Abgang ein Bitterton nach Grapefruit. Entwickelt, aber
noch Potential. Schlank aber doch saftig. Pikanter Wein, den wir höher
werten als unsere süddeutschen Freunde: 13,5 - 14,0 Punkte.
4.. Schnaiter Altenberg, Riesling Spätlese trocken, Jürgen Ellwanger,
12,5% vol.Alk., 7,80 Euro:
strohgelb, Pfirsich und Zitrus in der Nase. Der Gebietshein besteht auf grüner Frucht wie die Augsburger, alle anderen aber beharren auf gelben Früchten mit Zitrus und leichtem Bitterton. Lebendige Säuren, eher schlanker Körper. 14,0 - 14,5 Punkte
5.. "Katharina", Riesling Spätlese trocken, Weingärtnergenossenschaft
Rotenberg, 13% vol.Alk., 9,00 Euro:
dichtes Goldgelb, Gummibärchen in der
Nase, weinig, etwas breit, anfangs Bitterkeit, die verschwindet. Kraftvoller
Wein, der Gegensatz zum schlanken Vorgänger, aber nicht unbedingt überlegen
und uns nicht so viele Punkte wert wie den Freunden aus Süddeutschland.
13,5 - 14,0 Punkte
Aus Untertürkheim kannten wir bisher nur das Auto, das unser Hein sich von unseren überteuerten Probebeiträgen gekauft hat (nehmen wir zumindest an). Das da zwischen den Produktionsbändern auch noch Weinreben wachsen, hätten wir nicht gedacht (und der Wöhrwag mit Nr.8 kommt auch da her). Die Trauben werden aber sicher mit der Hand gelesen- oder warum heißt die Genossenschaft Manufaktur ??
6.. Riesling, QbA trocken, Weinmanufaktur Untertürkheim, 13,0% vol. Alk,
9,50 Euro:
goldgelb, Honig und Melone in der Nase. Wir finden ihn sehr
gefällig süffig, aber nicht unbedingt rieslingtypisch (es fällt das Wort
Burgunderart). QbA - Charakter im Gegensatz zu den Spätlesen wird ebenfalls
bescheinigt. Hier unterscheiden wir uns stark von den beiden anderen
Proberunden und vergeben 12,5 - 13,5 Punkte
7.. Besigheimer Wurmberg, Riesling QbA trocken, Ernst Dautel,
Bönnigheim, 13,0% vol.Alk., 9,90 Euro:
goldgelb, blumige Nase mit Kräutertönen. Am Gaumen Wiese, Kräuter, Erde und hintenheraus ein schöner Bitterton. Gut eingebundene Säuren. Der Wein polarisiert unsere Runde: etwas
wenig Substanz hier (13,5 Punkte) gegen recht eleganter Wein mit Komplexität (14,5 - 15,0 Punkte)
8.. Untertürkheimer Herzogenberg, Riesling Spätlese trocken, Wg. Wöhrwag, 13,0% vol.Alk., 10,44 Euro: strohgelb, verhaltener Duft nach Heu. Weiße Pfirsiche und Kräuter am Gaumen. Langer Abgang, große Fruchtsüße, eleganter, delikater Wein mit Tiefe. 14,5 - 15,5 Punkte und wir stimmen zu: bis dahin der beste Wein der Probe.
8a. Pirat: Lengenfelder Donatus, Riesling, Kurt Angerer, Kamptal / Niederösterreich, 13,0%, ca.12,00 Euro: goldgelb, verbranntes Gummi in der Nase (aber nicht allzu unangenehm), im Mund eher neutral. Ein voller, fester und auch gefälliger Wein, der aber keine Begeisterungsstürme hervorruft: 13,0 - 14,0 Punkte
9.. Württemberg Riesling, Spätlese trocken, Rainer Schnaitmann, 14,0%
vol.Alk., 11,00 Euro:
ein wenig hochfarbiges goldenes Erscheinungsbild, blumig in der Nase nach Honig und Blüten, am Gaumen ein Bitterton. Ein voller, dichter kraftvoller Wein der polarisiert: die einen finden, dass der Wein auseinanderfällt (dann aber im Glas wieder zusammenfindet), die anderen
erkennen seine kraftvoll Art an. In Farbe und Nase wirkt der Wein alt und läßt uns insgesamt eher etwas ratlos: 13,0 - 14,0 Punkte
10.. Stettener Pulvermächer, Riesling Spätlese trocken, Wg. Beurer,
13,5% vol.Alk., 11,- Euro:
helleres Gelb, recht attraktive Pfirsichnase.
Diese Früchte finden sich auch - mit dem anscheinend typisch
württembergischen Bitterton am Gaumen. Sehr lebendige, vielleicht etwas
rauhe Säuren. Der Wein unterscheidet sich deutlich von den vorhergehenden
und kommt dem rheinischen Schiefergebirge näher. Der Wein polarisiert sehr.
Hie: verspricht in der Nase mehr als er im Mund hält 13,0 Punkte. Da: ein
rassiger Wein mit Spiel und Tiefe 15,0 Punkte.
11.. Bönnigheimer Sonnenberg, Riesling QbA trocken, Wg. Dautel, 12,0%
vol.Alk., 12,50 Euro:
gelb-golden, attraktive fruchtige Nase mit Aprikose,
am Gaumen überreife Äpfel und Abate-Birnen. Langer Nachhall, feste Struktur
und Säuren, schöner Spätlese-Charakter. 14,0 - 14,5 Punkte
12.. Kleinbottwarer Süssmund (Brüssele); Riesling Spätlese trocken, Graf
Adelmann, 13,0% vol.Alk., 15,66 Euro:
goldgelb, Kräftiges Bukett nach gelben
Früchten und einem anfänglichen Muffton, der aber nach einiger Zeit
verfliegt. Am Gaumen gelbe und rote Früchte. Manche halten den Wein für
etwas nichtssagend, anderen halten ihn wegen seiner kraftvollen Art und den
milden, aber festen Säuren für den besten Wein bisher. 14,5 - 16,0 Punkte
13.. Württemberg "M", Riesling Spätlese trocken, Wg. Beurer, 14,0%
vol.Alk., 17,00 Euro:
dichtes Gold, kräftige Nase nach Honig und reifen
Früchten, im Mund Apfeltöne, die viele als verdorbenen Apfelsaft bezeichnen.
Konzentrierter aber fehlerhafter Wein, befindet die Mehrheit der Runde, und
vergibt 12,5 - 13,0 Punkte. Nur der Chronist ist gnädiger, erkennt eine
eigenständige Art an und vergibt 14,0 Punkte
14.. Schwaigerner Ruthe, Riesling Spätlese trocken, Wg. Grafen Neipperg,
12,5% vol.Alk., 18,00 Euro:
strohgelb, blumiges Bukett nach Pfirsich und
Limone. Am Gaumen Pfirsich und mineralische Noten. Lebendige, aber milde
Säuren. Der Wein stößt auf sehr geteiltes Echo: von fast schon tot (12,0 -
12,5 Punkte) bis recht lebendig (13,0 - 14,0 Punkte)
15.. Stettener Pulvermächer, Riesling Selektion, Kurt Haidle, 13,0%
vol.Alk., 20,00 Euro:
gelb, Pfirsichbukett. Pfirsich, Aprikosen, viel
Mineralik und ein nicht störender Bitterton am Gaumen. Lebendige Säuren,
viel Saft, Rasse und Eleganz, dabei schon rund. Uns allen gefällt der Wein
und erhält 15,5 - 16,5 Punkte
16.. Fellbacher Lämmler, Riesling Spätlese trocken, Gerd Aldinger, 13,0%
vol.Alk., 23,00 Euro:
(Lömmler hatte der Gebietshein auf die Probenliste
geschrieben, aber je mehr des Lehrstoffes desto besser konnten wir die
Sprache aus dem Ländle: Lämmler, kommt von Lamm, Hein - du Lümmler): dichtes
Gelb, verhaltene Nase nach Pfirsich. Süße Pfirsich am Gaumen und der Wein
wirkt so eher halbtrocken. Sehr langer Nachhall, schön eingebundene
lebendige Säuren, saftig, rund. Einige bemäkeln einen oxydativen Ton, aber
die meisten loben seine Eleganz und Komplexität. 15,0 - 16,0 Punkte.
Ein kurzes Resümee: über das doch recht konstant hohe Niveau aller Weine
waren wir recht erstaunt. Bis auf den Korkfehler gab es eigentlich keinen
richtigen Ausreisser nach unten. Allerdings hatten wir wohl auch die
Ausnahmeweine der Spitzengüter des Anbaugebiets, was sich ja auch in den
teilweise recht hohen Preisen niederschlägt.
Klar mußten wir schiefergeprägten Konsumenten uns erst einmal ein wenig auf den neuen Typus Riesling einstellen. Besonders fiel uns der kleine Bitterton auf, den wir im Abgang der meisten Weine feststellten und der meist aber nicht störend wirkte. Vielen unseren Favoriten bescheinigt der Jürgen BSA - das hätten wir nicht gedacht.
Das wir in der Bewertung durchschnittlich ein wenig unter den anderen Proberunden liegen, mag an unterschiedlichen Wertungspraktiken liegen: 16 Punkte werden bei uns nicht allzu oft vergeben. Schaut man sich die Einzelbeschreibungen und -wertungen an, gibt es einiges an Übereinstimmung. Interessanter sind natürlich die Unterschiede. Deutlich weniger gut bewerteten wir den Riesling der Weinmanufaktur, den Württemberg Riesling von Rainer Schnaitmann und die Schwaigerner Ruthe der Grafen Neipperg, wobei besonders letzterer uns alle enttäuschte. Besser werteten wir den Strümpfelbacher Nonnenberg von Kuhnle, den Kleinbottwarer Süssmund vom Grafen Adelmann und unsere beiden Favoriten, den Pulvermächer vom Haidle und den Lämmler vom Aldinger;
fasst in nüchterner Trockenheit und vollster Objektivität (der übliche Moselriesling hat einer 1999er Duttweiler Mandelberg Gewürztraminer Auslese vom Wg Mohr-Gutting Platz machen müssen) zusammen
Wolfgang
der für beide Stettener Pulvermächer ein Faible entwickeln könnte