Wir Deutschen haben es wirklich schwer. Wir sind umgeben von Nachbarn, die
immer unbedingt irgendwo besser sein wollen als wir. "Wir haben das bessere
Pilsener (Tschechen), den besseren Wodka (Polen), den besseren Aquavit
(Dänen), den besseren Matjes (Holland, seitdem das mit dem Fußball nicht
mehr so klappt), die besseren Fritten (Belgien), die besseren Tresore
(Luxemburg), die besseren Liebschaften (Frankreich), die besseren
Nummerkonten (Schweiz)". Meistens stimmt das ja auch und wir haben wirklich
nichts dagegen, solange es nicht gegen unsere urdeutschen Errungenschaften
wie Rostbratwürste und Sauerkraut geht. Natürlich sahen wir uns auch beim
Fußball dereinst gezwungen, unserem nordwestlichen Nachbarn Cruyff einen
Gerd Müller in den Torraum zu stellen - aber mit dem Matjes können wir seitdem gut leben.
Im Süden dagegen häufen sich in letzter Zeit Aussagen anderer Art (als der
Matjes), die auf den ersten Blick gar nicht als Affront gegen uns armen
Preußen auszumachen sind. Man nimmt sich die Welt vor und behauptet a) der
beste Rotwein, b) der beste Grüne Veltliner und c) der beste trockene
Riesling dieses Globus würden aus Österreich kommen. Nachdem dieses sich
langsam auch ins Forum einschleicht und in Anbetracht des einen
Fußballspiels, an das sich hier keiner mehr erinnern kann (sie wurden
narrisch, unsere Ösis), zögerte die Kölner Seilschaft nicht lange, um wie
weiland Helmut Schön ein kompetentes Team zur Prüfung wenigstens der
Aussagen b) und c) aufzustellen. 11 Freunde sollt ihr sein, hatte Sepp
Herberger gefordert - und 11 Freunde waren es dann auch, die sich in den
Katakomben unseres geliebten Frischmarktes der Herausforderung stellten
Grüne Veltliner und Rieslinge aus der Wachau zu begutachten.
Mit der Bereitstellung des Leerstoffes hatten wir den Rösrather beauftragt.
Wir dachten, die guten Beziehungen des Konzerns, für den er tätig ist, zu
Lenz-Moser nutzen zu können ("Storch - Grüner Veltliner"). Als Steigerung
hatten wir mit Steinfedern vom Arnsdorfer Poigen, dem Jochinger Postaller
und dem Mauternbacher Ladoschen, ein paar nette Federspiele von den
Dürnsteiner Flohhaxen und dem sicher ebenso interessanten Katzensprung und
als Primus inter pares schließlich vielleicht ein Honifogli vom Zanzl aus
St. Lorenzi von den Freien Weingärtnern gerechnet.
Aber irgendwie lief das mächtig schief. Obwohl er schon so lange in diesem
Geschäft tätig ist, scheint der Rösrather den Sinn solcher Verkostungen noch
nicht verstanden zu haben: genau das zu bestätigen, was vorher erwartet
wird. Die obige Auswahl hätte das vermutlich perfekt erfüllt und uns mit
einem zufriedenen "nicht ganz so übel wie wir dachten" nach Hause gehen
lassen. Vielleicht hat ihn aber auch die Frage nach dem Honifogl
überfordert, war ja auch falsch gestellt. Von der Elisabeth aus Zöbing hat
er in Deutschland nichts bekommen können (wär ja auch vom Kamptal gewesen),
und so hat er beim Händler aus dem Ruhrgebiet angefragt, der einen Honivogl
bot. Und der Kierdorf vom Vino Grande hat ihm dann lauter Smaragde
eingepackt und was für welche !
Es ist so ungerecht !!! Ob der Knalli beim großen Treffen vor 2 Jahren oder
jetzt: nie bekommen wir den österreichischen Schrott zu trinken !!! Immer
nur Hirtzberger, Prager, Knoll. F.X. Pichler und Konsorten !!! Da wirst doch
bled, da kennst die Namen schon auswendig ohne es überhaupt zu wollen !!!
Als der Rösrather erkannte, was er da angerichtet hatte, hat er schnell die
Flucht ergriffen und wartet jetzt in Spanien wahrscheinlich bei drei Kisten
Cims de Porrera zitternd auf dieses Protokoll und das Urteil der Amici Vini
aus Colonia Claudia Ara Agrippinensis. Werden sie ihn wegen Hochverrats am
deutschen Wein verurteilen ? Werden sie die Rheinbrücken für immer vor ihm
hochziehen oder wird er gar für foglfrei erklärt werden ?
Davor stand allerdings erst die Probe der angestellten Weine. Alle stammen
aus dem Jahr 2001 und wir sind uns einig, das sie alle zu jung waren. Alle
sind es Smaragde, d.h. trockene Auslesen. Bis auf den ersten Wein alle im
Preissegment über 20,- Euro.
A) auf der Suche nach dem besten Pfefferl der Welt (Grüne Veltliner):
(Anmerkung: aus Gründen der Sittsamkeit weigert sich der Chronist, diese
Rebsorte abzukürzen !)
Schon der Einsteigerwein weckt hohe Erwartungen:
1. Loibner Garten, Weingut Donabaum, 13,5 % vol. Alk., 14,50 Euro:
Sattes Gelbgold, mineralische Nase, kraftvoll und recht dicht. Kein Pfefferl !
Milde Säuren, aber für einen Grünen Veltliner doch recht präsent. Fast
Riesling - Art. Die Runde wertet 14,0 - 15,0 Punkte
2. Hochrain, Rudi Pichler, 13,5 % vol. Alk., 23,- Euro:
brillante gelbe Farbe, attraktives Bukett nach Feuerstein, grünen Früchten und Ananas, im
Mund noch Kohlensäure und ein leichter Bitterton. Noch sehr jung. Würzig und
mehr das, was wir als Grünen Veltliner erwartet hatten. Noch ein bißchen
unharmonisch aber viel Potential. Die Runde wertet 14,5 - 15,5 Punkte.
3. Rotes Tor, Franz Hirtzberger, 13,0% vol. Alk., 20,50 Euro:
goldfarben mit schönem grünen Stich. Reiches Bukett nach Brot, gelben und exotischen
Früchten. Exotische rote Früchte, Mineralien, ein pikanter Bitterton und ein
klares Pfefferl im Abgang. Der noch junge Wein hat eine sehr feste Struktur.
Klarer Punktsieger der bisherigen 3 Weine. Das Kompetenzteam vergibt 15,0 -
16,5 Punkte.
Tja, und dann kam das Verhängnis unseres Rösrathers. Es zeigte sich dabei
auch, dass der Chronist sein Büchlein nur flüchtig gelesen hatte. Er hatte
die Weine sortiert und im Kopf die Spitzenlagen Singerriedel, Achleithen,
Schütt und Kellerberg. Von einem Honivogl hatte er noch nichts gehört und
außerdem hatte unser Gebietshein den Wein auch als Honigvogl angekündigt.
Wieso heißt das übrigens nicht Honifogl ? Und was für ein Vogel ist das
überhaupt Und trinkt man einen Federspiel nur zu einem Badminton - Match ?
Was ist eine Steinfeder - stein schwer oder federleicht ? Und was ist nun mit der Elisabeth aus Zöbing, die schuld ist, dass wir nun auf grünen Edelsteinen rumkauen müssen, wo die Weine doch alle gelb sind ? Mysterien, die die Frage nach dem Tod des Ötztalers bei weitem in den Schatten stellen. Langsam beginnen wir den Rösrather zu verstehen.
Auf alle Fälle kam dieser Wein hier viel zu früh:
4. Honivogl, Franz Hirtzberger, 14,0 % vol. Alk., 29,50 Euro:
brillantes, sattes Gold. Reiches, feines Bukett nach Honig. Im Mund noch sehr
verschlossen, doch alle Komponenten deutlich vorhanden. Kraftvoll und reich,
feste Säurestruktur. Viel Mineralität und ziemlich komplex. Sehr viel
Potential. Großer Wein. Mit einer Ausnahme wertet die Runde 17,0 - 17,5 Punkte.
Naja, auf dem Etikett stand dann noch, dass der Wein aus der alten Parzelle
Honivogl in der Ried Singerriedel stammt. Hätten wir das vorher gewußt ! So
hatte der nächste Wein natürlich weniger Chancen:
5. Loibner Berg, F.X. Pichler, 13,5 % vol. Alk., 23,50 Euro:
gelbgold, leichte Gumminase aber trotzdem recht attraktiv. Am Gaumen gelbe Früchte.
Eher schlank, süffig und im positiven Sinne gefällig. Der Wein polarisiert
etwas. Sehr gelungen, elegant meinen die einen und loben, dass der Alkohol
kaum zu spüren ist. Ein bißchen leicht und sehr reif für einen jungen Wein
meinen die anderen. Die Wertung liegt entsprechend bei 15,0 bis 16,5 Punkte.
Vermutlich aus der gleichen Lage, aber recht entgegengesetzt der nächste Wein. So sind wohl halt die Unterschiede zwischen Oberloiben und Unterloiben, den Wohnorten der beiden Winzer:
6. Loibenberg, Emmerich Knoll, 13,5 % vol. Alk, 20,- Euro:
brillantes Gelbgold. Reiches Bukett nach Honig, Maracuja und Mineralien. Feste Säuren,
die manche aber etwas rauh finden. Der volle, dichte Wein muß noch etwas
harmonischer werden. Einige zweifeln, ob die Bestandteile wirklich
zusammenfinden werden. Andere, wie der Chronist, ziehen ihn dem Pichler vor.
So 14,5 bis 15,5 Punkte.
7. Schütt, Emmerich Knoll, 14,0 % vol. Alk., 20,- Euro:
dichtes Gold, feines Bukett nach gelben Früchten und Mineralien. Am Gaumen noch hefige Brottöne,
der Wein ist sehr jung. Langer Nachhall. Die Säuren sind fest aber trotzdem
mild. Dadurch wirkt der Wein trotz seiner Kraft schon recht rund und
geschmeidig. Mit fester Struktur ist er recht kompex. Leider hat der
Chronist hier keine Punkte abgefragt, er selber vergibt 16,5 Punkte.
Und einige andere müssen diese Wertung teilen, wie der folgende Test zeigt.
Nach diesem letzten Grünen Veltliner spielten wir das Spiel: was waren denn
die 3 besten ? Die Kandidaten konnten bei den 11 Freunden folgende Plätze
für sich verbuchen:
Honivogl, Hirtzberger: 9 erste und 1 zweiter Platz
Loibner Berg, F.X. Pichler: 1 erster, 3 zweite und 1 dritter Platz
Rotes Tor, Hirtzberger: 1 erster, 2 zweite und 2 dritte Plätze
Schütt, Knoll: 4 zweite und 3 dritte Plätze
Hochrain, Rudi Pichler: 1 zweiter und 3 dritte Plätze
Loibenberg, Knoll: 1 dritter Platz
Und schließlich kam es zur finalen Antwort auf die Behauptung b): wächst der
beste Grüne Veltliner der Welt in Österreich. Atemlose Stille legte sich
über den Kelleraum,als die natürlich vom Gebietshein kontrollierten
Stimmzettel mit der Frage: Kennst du einen besseren Grünen Veltliner, der
nicht aus Österreich stammt ? ausgezählt wurden. Das Ergebnis lautete 11 mal
NEIN ! Um den Triumpf unserer österreichischen Weinfreunde auch richtig sichtbar zu machen und alle somit Unterlegenen bloßzustellen, wurde danach gefragt: aus welchen Ländern hast du bisher Grüner Veltliner verkostet? Das Ergebnis lautete 11 mal ÖSTERREICH !
Ist die Welt doch selber schuld ! Überall wächst Riesling. Wenn in der
Wachau Grüner Veltliner in den gleichen Lagen wie der Riesling solche
Ergebnisse hervorbringt, warum wird er nur da angebaut ? Also wir sind uns
einig und verkünden unser Urteil zu Aussage b) :
DER BESTE GRÜNE VELTLINER DER WELT WÄCHST IN ÖSTERREICH !!
B) §2: c) wie steht es mit den trockenen Rieslingen ?
Anmerkung: Rieslinge werden grundsätzlich nicht abgekürzt. Kurze Rieslinge
sind furchtbar.
8. Kirchweg, Rudi Pichler, 13,0% vol. Alk., 23,- Euro:
gelbgold, attraktives Pfirsichbukett, Pfirsich, Mineralien und Zitrus am Gaumen. Für einen
einjährigen Wein schon recht trinkbar. Mittlerer Körper, schöne lebendige
Säure, nicht groß aber macht Spaß. Einheitliche 14,5 - 15,0 Punkte.
Also wieder ein recht gelungener Einstieg. Der zweite Wein wird besser
bewertet, polarisiert aber etwas:
9. Hochrain, Franz Hirtzberger, 13,0 % vol. Alk., 29,50 Euro:
gelbgold, attraktives Bukett mit Mineralien, gelben Früchten und Grapefruit. Am Gaumen
wesentlich öliger und dazu Blütenaromen. Auch schon recht gut trinkbar.
Langer Nachhall, voll rund, dicht, elegant. Die einen loben den festen,
öligen, vollen Wein, die anderen vermissen ein wenig Ecken und Kanten.
Trotzdem recht einheitliche Wertung: 15,0 - 16,0 Punkte.
10. Wachstum Bodenstein, Franz Prager / Toni Bodenstein, 13,0 % vol. Alk.,
29,- Euro:
gelbgold, recht feines Bukett nach reifen Äpfeln und Ananas. Der junge Wein zeigt viel hefige Brottöne am Gaumen, ist aber trotzdem süffig rund und geschmeidig. Vielleicht aufgrund der tollen festen Säuren wirkt er eher schlank. Eindeutig anders als die vorhergehenden Weine und mancher hätte ihn blind für einen Pfälzer gehalten. 15,0 - 16,5 Punkte
Bei den beiden nächsten Weinen hatte der Gebietshein beim Nachhintengreifen
die Flaschen vertauscht. So kam das angeblich höherwertigere Gewächs des Starwinzers vor dem niederwertigeren. Aber wie immer haben wir uns eigenen Geschmack ! Für die kommende Beschreibung des Buketts möchte sich der Chronist bei allen Wachauer Patrioten schon jetzt entschuldigen - aber die Wahrheit und die getreue Schilderung der Ereignisse sind des Chronisten Brot
und Schicksal (gut das wir kein Visum mehr brauchen).
11. Loibner Berg, F.X. Pichler, 13,5 % vol. Alk., 32,- Euro:
dichtes Gold. Nase: verbrannte Gummireifen, schleifende Kupplung eines achtzigjährigen
Autofahrers, totgefahrenes Stinktier (mit Anmerkung der Kommentierenden:
kann jeder bestätigen, der mal in den USA war; Anmerkung des Chronisten: auf
in die USA, ihr Ösis, da riechts öfters nach F.X. Pichlers Loibner Berg! ).
Nur der Chronist vermerkt noch ganz dezent Aprikosen hinter dem Gummi. Der
Abgang ist lang, der Wein voll und rund - den einen tapeziert er schön den
Mund, die anderen vermeinen die vermeintlichen Fehltöne auch am Gaumen zu
entdecken. So 14,5 - 16,0 Punkte.
12. Oberhauser, F.X. Pichler, 12,5% vol. Alk., 20,- Euro:
gelbgold, mineralische Nase, Zitrus und Mineralien im Mund. Schlank und elegant,
saftig und nuanciert, delikat und dicht. Hat unserer Meinung nach alles, was
ein Wachauer Riesling braucht. 15,0 - 16,0 Punkte.
Nun kam ein Pirat, allerdings nur gerade die Ecke herum. Der Händler hatte
ihn als seinen Favoriten des Jahrgangs gepriesen und den Wachauern als
mindestens ebenbürtig. Im Preis war er das jedenfalls.
13. Riesling Privat Qualitätswein, Martin Nigl, Kremstal, 13,5 % vol. Alk.,
24,- Euro:
gelbgold, attraktives
Waldmeisterbukett, Marillen und Pfirsich am Gaumen. Süffig, recht elegant
und schon gut trinkbar. Im positiven Sinne gefällig, aber für die meistens
doch eher im unteren Bereich der zugegebenermaßen recht hochwertigen Probe:
14,0 - 15,5 Punkte.
Und nun zurück in die Wachau zu drei Grand Cru Lagen:
14. Singerriedel, Franz Hirtzberger, 13,5 % vol. Alk., 36,- Euro:
gelbgold, kräftiges Bukett nach Hefe und Mineralien. Viel Mineralik am Gaumen, aber
der Wein ist noch extrem verschlossen. Eleganz und Tiefe sind schon spürbar.
Im gegenwärtigen Stadium ganz schwer zu beurteilen. Trotz der recht
einheitlichen Wertung teilen sich die Meinungen: die einen meinen ein
vordergründige Süßigkeit zu schmecken, die anderen heben die Eleganz des
Weines hervor. 15,5 - 16-0 Punkte
15. Achleithen, Rudi Pichler, 13,0 % vol. Alk., 28,- Euro:
gelbgold, reiches attraktives Bukett nach Pfirsich und Mineralien, dazu würzige Brotnoten am
Gaumen. Sehr runder Wein: Frucht, Mineralien und eine lebendige milde Säure
sind sehr harmonisch zusammengeführt. Der schönste der 3 Weine diese Winzers
am heutigen Abend. 15,0 - 16,0 Punkte
16. Kellerberg, Emmerich Knoll, 13,5 % vol. Alk., 25,- Euro:
gelbgold, reiches, feines Bukett nach Mineralien und Pfirsich, die sich vollmundig
auch am Gaumen wiederfinden. Langer Nachhall, lebendige Säuren, Tiefe und
diese Mischung von Reichtum und Eleganz, die einen großen Wein ausmachen.
Beeindruckend ! Recht einheitlich: 17,5 Punkte.
Und wieder das Spielchen: unsere 3 Favoriten. Nur hatten diesmal die 15 *
13,0 - 14,0 % vol. Alk. ihre Wirkung nicht verfehlt und die Schreibe des
Chronisten noch etwas mehr ins Unleserliche verwandelt. Auf alle Fälle kann
er nur noch die Stimmabgabe von 10 Mitspieler identifizieren, so dass sich
jeder der 11 Freunde jetzt schmählich unerwähnt und unverstanden vorkommen
darf. Und so sahen wir die Kandidaten:
Kellerberg, Knoll, 10 erste Plätze
Loibner Berg, F.X. Pichler, 4 zweite und 1 dritter Platz (trotz dem Stinktier, dem toten)
Wachstum Bodenstein, Prager, 2 zweite und 4 dritte Plätze
Singerriedel, Hitzberger, 2 zweite und 2 dritte Plätze
Oberhauser, F.X. Pichler, 1 zweiter und 3 dritte Plätze
Riesling Privat, Nigl, 1 zweiter Platz
Soweit der Leerstoff. Aber sicher hat der Großteil der geehrten Leserschaft
bis hierhin nur durchgehalten, weil sie nun mit Spannung auf die
Beantwortung der zwei Kernfragen dieses Abends warten:
1.. haben die Österreich nun die besten trockenen Rieslinge der Welt ?
und
2.. welche Martern muss der Rösrather erleiden, wenn wir seiner habhaft werden ?
Beginnen wir mit b), dem Hochverratsprozess. Eindeutig ist der Rösrather
einem Zerrbild des österreichischen Rieslings aufgesessen und hat in
keinster Weise eine repräsentative Probe zusammengestellt. Wir denken aber,
dass er dabei eher Opfer als Täter war und in die Falle der Vinea Wachau und
ihrer Etikettiererei getappt: wer will schon Steine und Federn trinken, wer
denkt bei Federspiel nicht an Federball ? Da scheint Smaragd nun doch das naheliegendste zu sein, denn vergiften darf er uns ja auch nicht. Und beim Nigl hat er sich sichtlich bemüht, einen QbA und keine Spät- oder Auslese auf den Tisch zu bringen.
Außerdem möchten wir das mit dem Hochverrat auch ein wenig zeitgemäßer
sehen. Im gerade angebrochenen Zeitalter des Euro sollten wir vielleicht
doch mehr in die gemeinsame Zukunft blicken und außerdem hat uns Kölschen
die Alternative über die klein- oder großdeutsche Lösung unserer nationalen
Frage, die die Versammlung in der Paulskirche so erregte, immer schon eher
emotionslos gelassen: schließlich haben wir uns als Franzosen unter Napolium
am wohlsten gefühlt (die Reblaus kann heute noch französisch !).
Etwas ganz anderes ist es natürlich mit der Ehre des Rheinlandes, die zu
verteidigen uns die Türme unserer Hohen Domkirche jedes Jahr zu
Wieverfasteleer wieder ermahnen. Die Heiligen Drei Könige und der Riesling
gehören einfach zum Rhein und deshalb wird der beste Riesling der Welt nie
aus Australien oder Kalifornien kommen können.
In Bezug auf die Wachau hat der Chronist dieser Ereignisse aber das Problem
schon vor zwei Jahren nach dem Großen Treffen im Grundsatz gelöst, was im
sicher archivierten Beitrag "Himmlisches Donautröpfchen..." nachzulesen ist.
Inzwischen hat er weiter recherchiert und ist auf folgende sehr
aufschlußreiche Passage in der Literatur gestoßen:
"Die Zollpolitik Rudolfs II. und die wachsende Konkurrenz der bayerischen
Bierbrauer...taten das Ihre. Während die großen Klöster und Stifte ... mehr
und mehr das Interesse am Wachauer Wein verloren, gingen die Weinbauern...zu
reicher tragenden Sorten über, insbesondere zum nachmals berüchtigten
Wachauer "Groben". .Jenes dem Bußprediger Abraham a Sancta Clara Ende des
17. Jahrhunderts zugeschriebene geflügelte Wort "Sauer wie der Wachauer"
kursierte ebenso im 18. Wie im 19. Jahrhundert als wohlfeile Münze" (Dippel,
Die großen Weine der Wachau, ECON 1995, S. 19f.)
Der Aufstieg von "Groben" zu den Spitzenweinen unserer Probe hat also vor
noch nicht allzulanger Zeit stattgefunden und kann unserer Ansicht nach
ziemlich genau auf die 70er und 80er Jahre des 20. Jahrhunderts datiert
werden. Auslösendes Moment war damit der Durchstich des Rhein-Main-Donau
Kanals und so die Beimischung besten Rheinwassers in das südliche Gewässer !
Seit dieser Zeit betrachten wir Rheinländer die Wachau sozusagen als eines
der vielen Seitentäler und natürlich wächst dort guter Riesling ... wie
überall am Rhein.
So wollen wir den Rösrather denn vom Vorwurf des Hochverrats wegen
mangelndem zu verratenen Objekt freisprechen und ihm auch keine arglistige
Täuschung unterstellen. Vom Vorwurf einer gewissen Nachlässigkeit bei der
Zusammenstellung der Probe können wir ihn jedoch nicht befreien. So sei er
der Hexenprobe ausgeliefert und soll in nächster Zeit vor einem ausgewählten
Kreis der Kölner Seilschaft einen trockenen Riesling seiner Wahl aber aus
deutschen Landen öffnen und vor den Zeugen trinken. Sollte er den Wein nicht
bei sich behalten sondern ausspucken, sei er der Hexerei geziehen und soll
kopfüber solange in ein Faß mit Schilcher getaucht werden, bis dass seine
vom Verderber verdarbte Seele verdorben ist und aus seinem Leibe ins
Alpenland entfleucht. Sollte er jedoch ein weiteres Glas mit einem seligen
"nichts geht über einen guten Riesling" verlangen, werden die Augen der
Zeugen gnädig auf ihm ruhen und sie werden mit eigener Zunge testen, ob er
auch wirklich einen guten oder eine ungenießbare Plörre erwählt hat.
So geurteilt über eines ihrer Mitglieder und bekundet: die Kölner Seilschaft A.D. 2002.
Und nun zu a) auf deren Antwort sicherlich all diejenigen unter unseren
österreichischen Freunden warten, denen die unmenschlichsten Martern des
Rösrathers keine Träne entlocken würde, wenn die Antwort nur "ja" lautet:
HABEN DIE ÖSTERREICHER DEN BESTEN TROCKENEN RIESLING DER WELT ???
Nach allem oben gesagten, ist die Frage einfach läpsch:
GROSSE RIESLINGE WACHSEN NUR AM RHEIN UND DEN MIT IHM VERBUNDENEN SONSTIGEN GEWÄSSERN !!
Also auch in der Wachau, dem Kamptal und dem Kremstal.
ABER NICHT IN DER STEIERMARK !!
findet die Kölner Seilschaft,
die von der Qualität der angestellten Grüner Veltliner und Rieslinge durchweg beeindruckt war und den Kellerberg vom Knoll zusammen mit einigen trockenen Auslese vom Künstler, der Calmont Goldkapsel vom Franzen, manchem Achat vom Laible, dem ein oder anderen Pfälzer, mal hier und da ein Elsässer, wahrscheinlich auch ein Krems- oder Kamptaler dazwischen zu den besten trockenen Rieslingen dieser Welt zählt.