Roussillion von unserem Weinschreiber Wolfgang

Von Languedoc-Roussillon sprechen viele, meinen damit aber sehr oft nur Languedoc. Doch auch das Interesse am Roussillon scheint reichlich vorhanden zu seine. Schließlich platzte Fritz Zickuhrs Degustationskeller wieder mal aus allen Nähten, als sich rund 20 Weinfreunde am 19.1.02 zur Roussillon-Probe trafen. Der Protokollant hatte selbst für die Zusammenstellung der Weine gesorgt, ein bisschen was mitgebracht von einer Roussillon-Reise im letzten November, anderes nachträglich dort bestellt oder in Deutschland eingekauft.



1. Es begann mit einem Paukenschlag namens
2000er Muscat sec der Domaine Gardiés
(6,90 Euro). Ein Wein mit zarter Muskatnote, Aromen von gelben Früchten, würzigem, fast öligem Charakter, schöner Länge. Wirkte süßer, als er war (nämlich vollkommen trocken). 14 bis 15 Punkte wurden gleich zu Beginn verteilt.

2. 2000er Domaine de Paulilles Viognier/Grenache Vin de Pays: Viognier war zunächst mit floralen und Melonennoten spürbar, am Gaumen schlug dann Grenache blanc voll durch. Nicht allzu lang, aber tadellos gemachter Weißwein. 12-13 Punkte wurden fällig.

3. 2000er Château de Jau blanc. Einer der größten Produzenten der Region und für seine guten Standardweine bekannt. Ausgewogen, cremig, nussige Würze – deutlich Grenache blanc. Klang mild aus, für einen echten Spitzenwein fehlte die Komplexität. 11,5-13,5 Punkte waren bei den Juroren fällig.

4. 1999er Les Hauts de Força Real blanc: Mit 12,20 Euro einer der teuersten Weißweine, aber die Erwartungen konnte dieser Wein nur teilweise erfüllen. Blüten, cremige Grenache-Aromen, reife Früchte; am Gaumen erfreute das gut eingebundene Barrique, die Frucht kam gut zur Geltung, aber es fehlte der Kick, und ein wenig fad klang der Wein aus. Kurz: keine Spannung! 13-15 Punkte.

5. 2000er Domaine Gauby Vieilles Vignes blanc (15 Euro): Rauchige Noten, duftet nach Speck, später nach gelben Früchten; ölig, schmelzig, würzig, pikante Säure, toll eingebundenes Barrique. Ein für Roussillon-Verhältnisse teurer Weine, der aber seinen Preis wert ist. 14-16,5 Punkte.



6. Die Abteilung ROTWEIN wurde von zwei Alltagsweinen eingeleitet. Zunächst der 2000er Jaja de Jacques Château de Jau aus Merlot/Cabernet. Fruchtige Cabernet-Nase, wirkte etwas streng am Gaumen und klang belanglos aus. Zu starke Pressung? Zu hohe Erträge? Enttäuschung überwog, der Protokollant fand den Wein zwar nicht schlecht, aber auch alles andere als spannend. Na ja, Jacques Weindepot und seine Kunden sind offenbar zufrieden... 11-12,5 Punkte.

7. 2000er Jaja de Jau. Das Pendant aus Syrah und Grenache noir. In der Nase angenehme Würze, Syrah-typische Beerennoten, bleibt dann etwas dünn am Gaumen zurück. Allgemein als dem Vorgänger leicht überlegen empfunden, aber kein Star. 11,5-13 Punkte.

8. 1999er Côtes du Roussillon Villages, Maitres de Tautavel (4,60 Euro). Dem Protokollanten als guter, typischer Wein empfohlen und zum Schnäppchenpreis in Frankreich eingekauft. Zu diesem Preis durchaus akzeptabel: etwas unsaubere, muffige Nase, dahinter reife Würznoten: im Mund ein wenig streng, aber nicht unangenehm. 11-12,5 Punkte.

9. 2000er Côtes du Roussillon Talon rouge, Château de Jau: So etwas wie der Top-Wein von Jau und mit tiefer Farbe und saftiger Beerennase sogleich überzeugend. Dicht, saftig, im Nachklang etwas alkoholisch. Gut, aber ein bisschen zu sehr Mainstream. 14-14,5 Punkte.

10. 2000er Côtes du Roussillon Sarda-Malet (8,15 Euro): Ein Klassiker von einem ambitionierten Weingut. Kräftige Farbe, Cassis- und Kräuternoten, ein wenig Mandeln, würzig, deutliches Tannin, im Nachklang etwas ruppig. 13-14,5 Punkte.

11. 2000er Côtes du Roussillon Mas Crémat Tradition, Côtes du Roussillon (7,70 Euro): Noch etwas dunkler als der Vorgänger, konfitürig, Kirschen, dunkle Früchte; kompakt und dicht, typisch Mas Crémat eben; teilweise wurden bittere Tannine bemängelt, aber der Protokollant kennt dergleichen von anderen jugendlichen Mas-Weinen und hat sie später immer gut integriert gefunden. 13-15 Punkte unterm Strich.

12. 2000er Côtes du Roussillon Les Milléres, Domaine Gardiés (8,44 Euro): Jetzt begann es spannend zu werden. Gardiés gehört zu den Aufsteigern des Roussillon, die Weine sind schnell vergriffen. Kräftige Farbe, Überreifenoten, Würze, noch etwas verschlossen; saftig, gut eingearbeitetes Tannin, wirkte elegant, klang reif und dicht aus. Einhellige Zufriedenheit, die sich in 14,5-15,5 Punkten ausdrückte.

13. 1999er Côtes du Roussillon Temporis, Château Mossé (ca. 13 Euro). Bislang noch ein Insider-Tipp, dieses Weingut. Sehr dunkle Farbe, deutliche Kaffeenote, Röstaromen, Johannisbeere, saftiges Tannin, überzeugend durchgezeichneter Wein. Teilweise aus Carignan von uralten Reben gekeltert, vielleicht trug das zur Klasse des Weines bei. 14,5-17 (!) Punkte.

14. 2000er Côtes du Roussillon Patrimoine, Domaine Boudau (ca. 15 Euro). Sehr dunkel, duftete nach reifen Beeren und kandierten Früchten, leichte laktische Noten, saftiger, fast schokoladig-schmelziger Charakter, die über 14 Prozent Alkohol sind ebenso gut eingebunden wie das Tannin (kein Barrique!). 15-17 Punkte!

15. 1998er Côtes du Roussillon Sarda-Malet Réserve (ca. 13,50 Euro): Zunächst unzugänglich, nach drei Stunden Dekantieren aber sehr viel schöner. Dunkle, dichte Farbe, Schokolade und Kräuter, dann straffe Frucht und dichtes Tannin. Eleganter, charaktervoller Roussillonwein. 14,5-16,5 Punkte.

16. 1996er Côtes du Roussillon, Mas Crémat Fût de Chêne. Ein Fund aus dem Keller des Protokollanten. Dichte Farbe, Schoko- und Kräuternoten, noch sehr jung wirkend, straffes Tannin, hat noch Zukunft! 15-16,5 Punkte.

17. Als letzter Rotwein ein ehrwürdig gereifter 1994er Côtes du Roussillon der Domaine Cazes. Bereits in der Farbe deutet er das Alter an, ledrig-animalische Duftnoten, begleitet von milder, eleganter Frucht; etwas gezehrt, ein bisschen rustikal, im Nachklang ein klein bisschen malzig. Typisch für Cazes‘ Rotweinstilistik, bald zu trinken. 13,5-15 Punkte – die Meinungen waren geteilt.



18. Der erste SÜßWEIN des späten Nachmittags, der schon zum frühen Abend geworden war, brachte einen der seltenen weißen, reduktiv ausgebauten Banyuls, einen 2000er Banyuls blanc Mas Cornet, Cave de l’Abbé Rous (eine „Abteilung“ des Cellier des Templiers). Mittlers bis dunkles Gelb, üppige Fruchtnase (Äpfel, Aprikosenkonfitüre), etwas spritig, recht lang. Nicht der komplexeste denkbare Banyuls, aber ein interessanter Aperitif. 15 Punkte.

19. 2000er Banyuls Rimage, Clos des Paulilles. Ein reduktiv ausgebauter Banyuls aus Grenache noir. Rotschwarz; Schokolade- und Amarenakirschen, saftig, Honigwürze, etwas kurz. 13,5-14

20. 2000er Rivesaltes sur grain, Domaine Boudau (ca. 8 Euro ab Weingut). Welch ein Unterschied! Vom Herstellungsverfahren ähnlich, aber viel dunkler, fast schwarz, mit Kakao- und Schokotönen, sattem Tannin, straffer Frucht, viel Extrakt und Weinigkeit, sehr angenehme, seidige Süße. 16-17 Punkte

21. 1998er Banyuls Cap de Béar, Clos de Paulilles. Viel hellere Farbe als die beiden Vorgänger, bräunliche, fast lohfarbene Noten, spürbare Oxidation, milde Süße. Kontrovers beurteilt – die Noten reichten von 13-16,5.

22. 1989er Rivesaltes Vintage, Domaine Cazes (9,80 Euro). Ein rotbrauner Veteran, Aromen von Nüssen und Tabak, integrierte Süße, wirkte etwas streng, für manche rustikal. 13-15,5 Punkte.

23. Der Höhepunkt schließlich ein Banyuls Doux paillé Hord d’Age von L’Étoile (21,99 Euro). Hergestellt zum Großteil aus Grenache noir, wirkte aber hellbraun und licht, wurde von den meisten Teilnehmern als oxidativer Wein aus weißen Trauben angesehen. Eingelegte Früchte in der Nase, Walnüsse, finessenreiche Süße, entwickelt sich über Stunden. 17-17,5 Punkte.