Elsässer Beutegut unter den Domtürmen


Leider muß der Chronist dem Forum zu allererst berichten, was er lieber verschwiegen hätte: die Kölner Seilschaft trinkt manchmal mehr als ihren Kellern gut tut. Und so ergab es sich, dass nach dem Grillefeste der Gebietshein eine schreckliche Botschaft in die Tasten klopfte, die wir Kölner World Wide Weg - Klicken wollten und die wir weder Inter- noch sonstwie -nett fanden: wir sind leer getrunken ! Alleine die Vorstellung, uns beim nächsten Treffen ohne Weine gegenüber zu sitzen und verzweifelt nach Gesprächsthemen suchen zu müssen, jagte den Insidern unseres chaotischen Haufens den Angstschweiß auf die Stirne und so wurden in Langen Abenden und Nächten (LAN) nach Abhilfe gesucht.

Schlußendlich schickten wir eine Schar unserer Verwegensten den Rhein hinauf neuen Leerstoff zu besorgen. Mit dem Schlachtruf " Aller Wein nach Köln am Rhein !" verließ diese Truppe versehen mit den besten Wünschen und inständigstem Flehen der Daheimgebliebenen die Urbs Colonia Claudia Aggripensis. Die Heldensaga dieser Reise ist auf den Seiten der Seilschaft (www.koelnerweinforum.de) im pdf. Format aller Welt kundgetan.

Allerdings kann sich der Chronist aus der Sicht der zu Hause Dürstenden einige Bemerkungen nicht verkneifen: dem Zweck der Reise hätte es vollkommen gereicht, in Bonn in einem der dort ansässigen Weinläden ein paar Kisten Leerstoff zu ordern oder in Meckenheim in einem von mehreren Importgeschäften den Kofferraum voll zu laden oder noch einfacher in den Weinkeller der Reblaus einzubrechen ( wobei das Schloß übrigens nur dann Schaden genommen hätte, wenn der Besitzer als Anführer unserer Schar den Schlüssel verschludert hätte). All das hätte die folgende, schwierige Überquerung der Eifel völlig überflüssig gemacht.

Aber nein, von messianischem Geist erfüllt (das überkommt den Rheinländer besonders im Frühsommer) wollte unsere Truppe ins Gelobte Land. Geduldig wurde deshalb einem noch nicht so ganz gefestigtem Weinfreund, der etwas ängstlich auf die jüngsten Konflikte zwischen Palästinensern und Israelis hinwies erklärt, dass es sich dabei nicht um das Land, in dem Milch und Honig ( igitt !!) fließt, sondern nur um das Land mit den meisten, größten, kleinsten, schönsten und besten Weinfässern handeln könne. Man zog also nach Fronkreisch, und da es ja den Rhein herauf ging, landete man im Alsace.

Wie schon angedeutet gestaltete sich die Überquerung der Eifel mehr als schwierig. Im Elsaß angekommen, verspürte die Schar erst einmal ein heftiges Hungergefühl und ließ sich beim Meister Haeberlin zu einer - wie man in Österreich wohl sagen würde - kräftigenden Jause nieder. Danach war an den Erwerb von "vendage tardive" oder "selection a grains nobles" aus Gründen des ausgezehrten Spesenkontos natürlich nicht mehr zu denken.

Aber auch so brachten unsere Reisenden manche Pretiose mit zurück nach Kölle am Ring. Über die Art des Erwerbs mochten wir sie nicht allzu genau befragen. Aber ausdrücklich möchten wir ihren Mut hervorheben, sich im fremden Land mit Heerscharen von Weinproben herumgeschlagen, todesverachtend die unbekannten Flüssigkeiten in den Mund geschüttet, die schlechten mit einem gezielten Luftstoß ausgespuckt und die guten gleich für die Lieben daheim eingesackt zu haben.

Zurück empfingen wir unsere Kämpen natürlich gleich mit einem Festbankett. Wohl durch die Urlaubszeit konnten diesmal auf den streng limitierten Plätzen in den Katakomben des Frischmarkts Zickuhr auch einige neue Gesichter Platz nehmen, darunter mit den beiden Ehepaaren Schmitz einheimischer Hochadel und mit Thomas Deck ein Reisender aus dem Fernen Osten. Bernhard Schmitz konnte mit einigen Weinen aus seinem Keller die Auswahl noch etwas vergrößern und brachte auch noch ein ganzes Blech besten Zwiebelkuchens mit. Fritz tischte dann ein Choucroute auf, wie ich es im Elsaß immer gerne gegessen hätte, aber nie auf den Tisch bekommen habe.

Und dazu gab es dann unsere Probe Elsässer Weine:

Es begann mit einer Runde Riesling und der erste Abschnitt gehörte dem Weingut Trimbach aus Ribeauvillé. Das große Gut verzichtet auf jede Lagenklassifizierung (das glatte Gegenteil unserer Rheingauer / Pfälzer also) und auch sein parzellenreiner Spitzenriesling "Clos St. Hune" wird nur als AC Alsace etikettiert.

1.. 1997er "Reserve" von Trimbach, ca. 22,50 DM
Gleich der erste Riesling überraschte den Chronisten durch seine kraftvolle, mineralisch-fruchtige Art und seine festen Säuren. Letztere mag der Moselfreund. Manch anderem war er zu säurebetont, aber dies ist nach Aussagen unserer Reisenden halt Trimbachs Art, die ihn von anderen Elsässern unterscheidet: er baut seine Rieslinge betont trocken aus und fürchtet auch knackige Säuren nicht. Allgemein wurde der Wein als guter Essensbegleiter, aber auch als mehr gelobt und je nach Säureleidenschaft erhielt der Wein 12,5 - 14,0 Punkte

2.. 1997er "Cuvée Frederick Emile" von Trimbach, ca. 43,50 DM
Der dichte gelbgoldene Wein kommt total verschlossen daher - sowohl im Bukett wie am Gaumen. Pfeffrig, herb, aber eine feste Struktur. Entweder ein Beispiel für Trimbachs Aussage, daß ihre Weine viel zu früh getrunken werden oder ein Flaschenfehler. 12,0 - 13,0 Punkte

3.. 1996er "Cuvée Frederick Emile" von Trimbach, Magnum, ca. 97,00 DM
Jawohl, dieser Wein geht im Glas auf. Zart gelbgold ist ein Zitronenschalenton im Bukett ein wenig plump, aber am Gaumen sehr schön und pikant. Nervige, feste Säuren nach Trimbach Art aber schön abgepuffert. Dichter, schöner Wein, der recht einheitlich Gefallen findet: 14,0 - 14,5 Punkte

4.. 1983er "Cuvée Frederick Emile" von Trimbach,, ca: 90,- DM (frisch gekauft)
Der älteste dieser kleinen Vertikale: gelbgolden dichte Farbe und Alterston in der Nase zusammen mit Birnen. Im Mund aber einiges jünger: Dörrobst, voll, nur etwas Firne und für einen trockenen Riesling erstaunlich gut erhalten. Der Wein macht noch viel Freude: 14,0 - 15,0 Punkte

5.. 1991er "Clos St. Hune" von Trimbach, ca. 60,- DM
Freund Reblaus konnte uns natürlich seinen persönlichen Favoriten nicht vorenthalten, wollte aber auch keinen Perlen vor uns Säue werfen. Also hat er den anerkannt schlechtesten Jahrgang des Jahrzehnts aus seinem Keller vorgekramt und wird sich trotzdem geärgert haben: der Wein war gut und sofort der Freund unserer Weinnase. Sattes Gold zeigt, daß der Wein getrunken sein will, in der Nase kommen Kindheitserinnerungen an Salmiakpastillen auf (die man sich auf die Hand klebte). Mineralisch und nachhaltig am Gaumen zeigt sich hier ein runder, reifer Riesling. 13,0 - 15,0 Punkte.


Kientzheim liegt für die ortsunkundigen Probanden seit diesem Abend Ribeauvillé diametral gegenüber. Denn was uns die Reisenden hier an Rieslingen vom Weingut Paul Blanck vorsetzten, war das absolute Gegenteil der zuvor probierten. Vom Winzer haben sich unsere Reisenden einen Bären aufbinden lassen: dass diese Weine nur 10 g/l Restsüße haben sollen, glaubte an diesem Abend keiner.

6.. 1998er Grand Cru "Fürstentum Vieille Vigne" von Paul Blanck, ca.43,50 DM
Durch ein Versehen des Probenleiters geriet dieser Spitzenwein des Weinguts an den Anfang der Probe. Und der Moselfreund staunte Bauklötze: von der Nase her könnte dieser Wein neben einer Piesporter edelsüssen Auslese stehen. Reiches Bukett nach Pfirsichen und Aprikosen, die sich mit geschmeidiger Saftigkeit auch am Gaumen wiederfinden. Ein delikater, runder, barocker Wein. 14,5 - 15,5 Punkte

7.. 1998er Grand Cru "Fürstentum" von Paul Blanck, ca. 27,- DM
Gold und satt in der Farbe, Pfirsich und Zitrustöne in der Nase, saftige Birnen und mineralische Töne im Mund. Nicht ganz so barock und rund wie sein Vorgänger, was einem Teil der Truppe besser gefällt. Für manche der Wein des Abends. Andere aber geben hier ein halbes Pünktchen weniger und sind die, die den ersten Wein am höchsten bepunkteten. So bekommt der Wein 15,0 - 16,5 Punkte.

8.. 1998er Grand Cru "Sommerberg" von Paul Blanck, ca. 33,- DM
Von der brillanten Farbe der schönste der 3 Blanckschen Rieslinge und mineralische Honigtöne lassen auch in der Nase viel erhoffen. Leider wirkt der Wein dann im Geschmack etwas verschlossen. Es ist der süßeste der 3 Weine und besitzt große Cremigkeit. Für andere ist das allerdings zu breit und zu glatt. So 14,0 - 15,0 Punkte


Dankenswerter Weise hatte uns Bernhard Schmitz aus seinem Keller noch 2 ältere Rieslinge anderer Winzer mitgebracht, so daß wir auch zwischen den Extremen etwas zu kosten bekamen:

9.. 1995er Grand Cru "Zinnkoepfle" von Seppi Landmann, Soultzmatt ca.30,- DM
Mit dichtem Gelb präsentiert sich der Wein in der Nase schon sehr gereift: Gummi und Feuersteinfunken sind die Assoziationen. Am Gaumen vermag der Wein auch nicht mehr zu begeistern: grüner Apfel ist aufgrund der Säuren noch die beste, Mansarde und verbrannter Schnäuzer die abfälligeren Kennzeichnung. Der Wein erhält 11,5 - 12,5 Punkte

10.. 1993er Grand Cru "Hengst" von Josmeyer, Winzenheim, ca. 24,- DM
Mit seinen lebendig milden Säuren, der herzhaften grünen Äpfel-Art war dieser Wein vor 2 Jahren vielleicht noch etwas besser, erscheint aber auch heute deutlich jünger als sein Vorgänger. Ein trockener, reifer Wein, der noch gefällt: 13,0 - 13,5 Punkte


Dem Weingut Paul Blanck gehörte an diesem Abend unser besonderer Dank, hatte es doch unseren Reisenden einfach so ein Probenpaket "dies und das aus 1999" mitgegeben, was uns einen kleinen Querschnitt durch den Rebsortenspiegel des Elsaß verschaffte:

11.. 1999er Sylvaner "Vieilles Vignes" von Paul Blanck, ca. 12,80 DM
Der saubere, einfache, feste Wein entwickelte Pfirsichtöne im Bukett und am Gaumen typische weinige, etwas neutrale Silvaner-Art. Durch seine erstaunlich markanten Säuren wurde er spielend mit dem Choucroute und seinen Schweinereien fertig. Allemal seinen Preis wert: 12,5 - 13,5 Punkte

12.. 1999er Pinot Auxerrois "Vieilles Vignes" von Paul Blanck, ca. 17,50 DM
hatte leider Kork

13.. 1999er Muscat dŽAlsace von Paul Blanck, ca. 17,80 DM
Typische, sehr attraktive, reiche, aromatische Muskateller-Nase. Am Gaumen eher dezenter Muskat- und Rosenton. Süffiger, gradliniger, recht nachhaltiger, schöner Muskateller: 13,0 - 14,0 Punkte

14.. 1999er Tokayer Pinot Gris "Patergarten" von Paul Blanck, ca. 21,50 DM
Ein süffiger, geschmeidiger Wein ohne allzu viel Charakter, der aber einfach o.k. ist. 13,0 - 14,0 Punkte

15.. Ein 1994er Klevner (Weißburgunder) de Heiligenstein von Jean Heysang
war firn und nicht mehr bewertbar


Zwei Pinot Noir brachten dann auch etwas rote Farbe ins ansonsten gelbgoldene Spiel:

16.. 1995er Pinot Noir Barrique von Bruno Sorg, Eguisheim, ca. 17,50 DM
Kirschrot, recht hell. Kräftige Nase nach alten Erdbeeren, am Gaumen kommen pfeffrige Töne hinzu. Eher leichter Körper, artige, gradlinige Art. Je nach Meinung ein sehr einfacher bis einfach sauberer Wein und 10,5 - 13,0 Punkte

17.. 1995er Pinot Noir von Seppi Landmann, Soultzmatt, ca. 18,- DM
Ziegelrot, aber von schöner Brillianz. Süße rote Beeren in der Nase, würzige Pfeffernoten am Gaumen. Trotz gleicher Bewertungsbreite für die Mehrheit der passablere der 2 Spätburgunder: 10,5 - 13,0 Punkte


Die letzte Runde war dann ganz den Gewürztraminern gewidmet und unter diesen besonders denen des Weinguts Paul Scherer aus Husseren-Les Chateaux. Die, die solche Weine nicht mochten, hatten ab jetzt schlechte Karten und enthielten sich der Wertungen. Punkte ab jetzt also nur noch von Gewürztraminer
Freunden.

18.. 2000er Gewürztraminer von Paul Blanck, ca. 18,- DM
Blumiges, noch etwas hefiges Rosenbukett. Dezente Rosentöne am Gaumen. Süffiger, artiger Wein. Für die einen ein wenig breit und gefällig, für die anderen ein typischer, einfacher, schöner Traminer. 12,5 - 14,0 Punkte

19.. 1999er Gewürztraminer "Altenbourg" von Paul Blanck, ca. 23,50 DM
Sattes Gold im Glas, attraktive Rosen im Bukett und Lychee am Gaumen ist der Wein nicht ganz so gefällig wie der zuvor. Er hat den leichten Bitterton, den ein Gewürztraminer (nach Ansicht einiger Experten) braucht.
Einheitlichere Wertung: 13,5 - 14,5 Punkte

20.. 1998er Gewürztraminer "Vieilles Vignes" von Paul Scherer, ca. 13,-DM
Typische, attraktive Nase nach Rosen und Lychee, auch im Geschmack. Recht lieblich und süffig, aber feste Struktur. Uneinheitliche 12,0 - 15,0 Punkte.

21.. 1998er Gewürztraminer Grand Cru "Eichberg" von Paul Scherer, ca.15,80 DM
Sattes Gold im Glas, kräftiges Rosenbukett, aber filigran und recht fein. Voller, dichter Wein mit schöner Säure. Für die meisten besser als der Wein zuvor: 13,0 - 15,0 Punkte.

22.. 1998er Gewürztraminer Grand Cru "Pfersigberg" von Paul Scherer, ca.17,50 DM
Runder Rosenduft, milde, feine Rosenaromen am Gaumen. Langer Nachhall, recht harmonisch. Ein voller, dichter und eleganter Wein. Delikat. 13,5 - 15,5 Punkte

23.. 1996er Gewürztraminer Grand Cru "Pfersigberg" von Paul Scherer, ca. 17,50 DM
Eher Lychee-Aromen, durch sein Alter nicht ganz so breit wie seineVorgänger. Fast etwas attypisch. Trotzdem gut bis sehr gut: 14,5 - 15,5 Punkte

24.. 1994er Gewürztraminer Grand Cru "Eichberg" von Paul Scherer, ca.17,50 DM
Für die meisten der beste Wein des Abends: sattes Gold, komplexe Rosenaromen in Nase und am Gaumen, mild präsente Säure, recht körperreich und rund. Durchaus noch lagerfähig. Viel Eleganz und Delikatesse. 15,5 -
16,0 Punkte

25.. 1995er Gewürztraminer Grand Cru "Pfersigberg" von Bruno Sorg, Eguisheim, ca. 16,50 DM
Ausgereifter typischer Gewürztraminer mit Rosenbukett, rund und dicht. Hat es nach dem Vorgänger schwer und polarisiert etwas: 13,5 - 15,0 Punkte

26.. 1990er Gewürztraminer Grand Cru "Pfersigberg" von Paul Ginglinger, Eguisheim, ca. 27,- DM
Die Rosenaromen sind verflogen und haben gelben Früchten Platz gemacht. Einiges erscheint ein wenig müde und der Wein ist wohl 2 Jahre über den Höhepunkt. Trotzdem noch viel Kraft und Eleganz. Uneinheitliche 13,0
- 15,0 Punkte

27.. 1996er Gewürztraminer "Cuvée des Seigneurs de Ribeaupierre" von Trimbach, ca. 36,- DM
Eher zurückhaltend in Farbe und Bukett, Lychee am Gaumen. Geschmeidig und rund. Kein eindimensionaler Wein sondern recht dicht gewirkt. Schöner, leichter Bitterton. 14,0 - 15,0 Punkte.


Fazit der Probe: bei den Rieslingen bekamen wir mit Trimbach und Paul Blanck zwei Extreme vorgesetzt, die jeder auf seine Art sehr gute und in den Spitzen auch exzellente Weine hervorbringen können. Trimbach zumindest nimmt dafür allerdings auch stolze Preise.

Die zweite Runde tischte sehr anständige Essensbegleiter auf, wenn wir auch nicht glauben, daß aus diesen Rebsorten große Weine zu keltern sind.

Die Spezialität des Elsaß ist aber sicher der Gewürztraminer: den trifft man selten so strahlend außerhalb dieser Region an. Sehr interessant der Wettstreit zwischen den beiden Grand Cru Lagen Pfersigberg und Eichberg, der unentschieden ausging. Und d Weine zumindest von Paul Scherer sind auch preislich echte Schnäppchen.