La Tasch in dr Fläsch... oder feuchtes Mädel auf΄m Pferd - (gereifte) Burgunder


"La Tasch in dr Fläsch, un leer is de Täsch", pflegte mein Vater zu sagen,warum er selig auch mehr beim Bier blieb und uns ein nur ziemlich lausig gefülltes Weinregal hinterließ. La Tach – der Prinz aus Burgund war der Seilschaft aus den Katakomben des Edeka - Marktes eine Sünde wert. Im Vorfeld hatte das Backbone des Kölner Internets geglüht, nachdem im ersten Probevorschlag ein Grand Echezeaux der Domaine Romanée-Conti aufgetaucht war. Öcher Zoo – dafür 300,- DM ausgeben und wenn es auch der große ist ? Nein. WENN SCHON, DENN SCHON ! Denn schon von einer der Monopollagen der DRC.
Wer den Edeka – Markt unseres Vertrauens kennt ahnt, warum an der Fleischtheke häufig dieser Suffkopp aus dem Stadtteil herumscharwenzelt, der nach dem 83er Haut-Brion auf dem Großen Treffen endlich mal wieder einen guten Wein trinken will. Steht doch direkt neben den Koteletts (die übrigens auch lecker sind) dieser kleine Klimaschrank mit dem gottverdammten Panzerglas, aus dem heraus die Flasche 1996er Romanée-Conti lacht. Der Versuche gab es viele, den 1996er Jahrgang als am 31.03.01 auf dem absoluten Höhepunkt und zu Ostern bereits auf dem absteigenden Ast befindlich zu erklären, aber leider konnte selbst die genial gefälschte Jahrgangstabelle (aus 1896 den unteren linken Bogen der 8 getippext) Fritz nicht von der Trinkbarkeit dieses Tröpfchens überzeugen. Das Thema lautete nun mal leider:
REIFE Burgunder und der Herrscher des Supermarkts meinte dazu nur lapidar: UNREIFEN Burgunder haben seit Weihnachten genug Leute im Keller !
Weil solcherart der König nun weggeschlossen blieb, konzentrierten sich die glühenden Drähte des citynahen World Wide Web auf den Prinzen. WENN SCHON, DENN SCHON und wenn nicht den, dann WENIGSTENS den. EJAL WAT ET KOSS !! Ejal, wat et koss ? Die bettelnden Augen meiner hungernden Kinder spiegeln sich im verhärmten Antlitz meiner Göttergattin im tiefen Teich meiner Seele und ich höre die Stimme meines Vaters: La Tasch in dr Fläsch... Sündhaft teuer ist er und vielleicht ja auch eine herbe Enttäuschung, wie so viele der Weine aus dieser Region: zwei von drei Burgundern enttäuschen und der dritte macht dann wieder süchtig. Cold Turkey statt dem Goldenen Schuß für 600,- DM ? Aber einmal das trinken, was dem Papa immer verwehrt blieb: NIE WAR DIE GELEGENHEIT SO GÜNSTIG ! Raus mit dem Grand Echezeaux, raus mit den geplanten 5 Weißen, jeder legt 5,- DM drauf, Clara muß nur einmal lächeln und es gibt: Einen fast kompletten Querschnitt durch die Rotweine der Côte d`Or und mit Leroy und Méo-Camuzet, dem Chambertin und dem Corton bekommt der Prinz der DRC auch einen ausreichenden Hofstaat zur Seite gestellt.
Damit die Verantwortlichen im Falle eines Korkschmeckers oder herber Enttäuschung einfach den am Ende am besten bewerteten Wein zum La Tache erklären konnten, wurde natürlich blind verkostet – schließlich ist nur die Blindprobe bekannter Weine in der Lage, auch den Verkoster nicht an der Richtigkeit vorher feststehender Bewertungen zweifeln zu lassen. Ach ja, wie immer muß der Chronist neutral bleiben. All das, was jetzt kommt, muß nicht mit seiner Meinung übereinstimmen.
Und diesmal ist dies besonders schmerzlich, denn es wurde gestritten wie noch nie im Dorf der Kölner Seilschaft. Unglaubliche Diskrepanzen taten sich auf, gegensätzliche Bewertungen schwirrten durch den Raum, jeder wollte Recht haben und dabei gab es doch nur einen, der immer Recht hatte: den Chronisten. Aber das muß er hier verschweigen, denn er hat die Chronik zu schreiben. Aber wartet,die erste Antwort auf diesen Bericht wird die seine sein, denn ein Vorrecht kann dem Chronisten keiner nehmen: als erster die Chronik zu kennen.
Und nun geht es los:

LA TASCH IN DR FLÄSCH oder FEUCHTES MÄDEL AUF΄M PFERD

Probe gereifter roter Burgunder Gewächse in den Katakomben des Supermarktes unseres Vertrauens
Es probierte die Kölner Seilschaft samt ihren Freunden aus Dortmund, Wuppertal, Koblenz, Bonn und selbst aus DusselDORF (wobei unsere Weinnase schmerzlich vermißt wurde) und Patrice, unserem Franzosen aus Halle, der Burgunder über alles liebt und keinen Weg scheut, um an sie heran zu kommen.
Als Aperitif gabs doch noch einen Weißen: einen 1998er Saint Véran der Domain des Deux Roches. Anständiger Wein mit nicht allzu aufdringlichem Holz. Die Faßprobe des 2000er Spätburgunders vom Weingut Schneider aus der Pfalz erstaunte durch ihre weiche und absolut trinkbare Art: ob so ein Wein lange halten wird ? Na ja, und dann ging es los mit den nummerierten Flaschen:

1. 1995er Santenay von Jaboulet-Vercherre, 12,5% Alkohol, 18,- DM
Ziegelrote, oxidierte Farbe, allerdings recht schön. Bukett nach Erdbeere und Zigarrenkiste. Die einst schöne Frucht schmeckt jetzt etwas metallisch – der Wein ist etwa ein Jahr zu alt, hat wenig Körper und etwas grüne Tannine. Trotzdem noch süffig, aber war bestimmt früher schöner. 12,0 – 12,5 Punkte

2. Der erste Pirat aus Neuseeland: 1999er Pinot Noir von De Redcliffe, 12% Alkohol, 27,50 DM
Ziegelrote, nicht allzu dichte Farbe. Kräftiges Bukett nach roter Beerenmarmelade, jung und süßlich in Nase und Geschmack. Einfacher, etwas eindimensional gestrickter Wein für alle Tage. Wurde nicht als Pirat erkannt, könnte ein allerdings sehr leichter Burgunder sein. 12,5 – 13,5 Punkte.

3. "En la Rue de Vergey" 1993er Morey-St.-Denis von Perrot-Minot, 13% Alkohol, 31,90 DM.
Hier geriet das kleine Dorf zum ersten Mal in Streit: kein europäischer Wein, bitter, ausgezehrte Frucht reklamierten die einen. Lecker, schöne rote Beeren, viel Säure, noch ein Jahr Entwicklungspotential schallte es aus der anderen Ecke. Unglaublich, diese beide Bewertungen, die so gar nicht zusammen passen. Und es gab kaum was in der Mitte. 12,5 Punkte für die einen, 14,5 Punkte für die anderen.

4. Ein weiterer 1993er Morey –St.-Denis, diesmal von Georg Lignier. 12,5 % Alkohol, 37,- DM
In der Farbe etwas dichter wurde er als der charaktervollere und kräftigere Wein bewertet. Die Nase wies etwas seltsame, aber nicht unangenehme Maggitöne und dunkle Beeren auf. Viele Tannine, dunkle Beeren und pfeffrige Töne fanden sich im Geschmack. Schnitt in der Bewertung gleichgut bis besser ab als der erste. Dabei drehten sich die Meinungen beinahe: die den Wein 3 schlecht fanden, bewerteten diesen besser und andersherum (ohne zu wissen, dass sie einen Wein ähnlichen Ursprungs im Glas hatten). Trotzdem einheitlichere Wertung: 13,5 – 14,5 Punkte.

5. 1990er Volnay von Louis Jadot, 13% Alkohol, 69,- DM
Granatrote, dichte Farbe, kräftige, attraktive Nase nach Pilzen und Waldboden, Lakritze und Kräuter. Vielleicht nicht allzu lang im Abgang könnte der Wein aufgrund seiner präsenten Tannine noch 2 Jahre Entwicklung brauchen. Ein pikanter und fest strukturierter Wein. 14,0 – 15,5 Punkte mit Durchschnitt bei 15 Punkten..

6. 1990er Gevry-Chambertin von Louis Jadot, 13% Alkohol, 69,- DM
Dichte, etwas bräunliches Purpur, Nase nach Schokolade und Pferdestall. Ein nachhaltiger Wein auf dem Höhepunkt, dessen viele Tannine gut eingebunden sind. Dunkle Beeren im Geschmack und der erste Wein mit etwas Feinheit. Trotzdem gegen die Wertungen weit auseinander: 13,5 – 16,0 Punkte, im Schnitt aber etwas besser als der vorhergehende Wein vom gleichen Erzeuger.

7. 1990er Hautes-Côtes-de Beaune von Jayer-Gilles, 13% Alkohol, 59,-DM.
Sattes Granatrot, sehr kräftiges Bukett nach dunklen Beeren und alter Kiste. Ein etwas einfach gestrickter, vollsaftiger Wein mit breiter Frucht nach dunklen Beeren. Die meisten halten ihn für einen Piraten aus Übersee. 13,0 – 15,0 Punkte mit Durchschnitt 14,5 Punkte.

8. 1990er Aloxe-Corton 1er Cru (ohne Lagenangabe) von Pierre André, 12,5 % Alkohol, 40,- DM
Ziegelrote Farbe, erstaunliche Nase nach Urinstein oder "roter Sauvignon Blanc" (ohne dabei unangenehm zu sein). Und wieder das Phänomen sehr unterschiedlicher Wahrnehmung: Süße Erdbeeren erkenne die einen, völlig über die Zeit finden ihn die anderen. Die Mehrheit denkt, er ist etwas über den Höhepunkt.
Punktevergabe: 11,0 – 14,5 mit 13,5 Punkten als Durchschnitt.

Jetzt war erstmal Pause, nachdem die stille Regie das Ende der Ortsappellationen festgestellt hatte. Auf Wunsch wurden die bisher getrunkenen Flaschen aufgedeckt, um auch einen kleinen Lerneffekt zu erzeugen. Alle schauten gespannt, ob er schon dabei war – der La Tache. Alle waren sich aber auch einig, dass wir "dann über die Leute lachen würden, die soviel Geld für so einen Wein bezahlen", wie Dirk (wie immer auf ein gutes Preis-Leistungsverhältnis bedacht) erklärte. Wie wir wissen, war er noch nicht darunter, der La Tache.
Die Barbaren konnten ihre Zigaretten rauchen und für aller Mägen kamen große Teller mit Haufen von Wiener und Mett-Würstchen, Käsewürfel und diesen interessanten in Aspik eingelegten Burgunderschinkenwürfeln, die der Herr des Edeka-Marktes unseres Vertrauens höchstpersönlich hergestellt hatte.
Vor die 1er Cru hatte die stille Regie zwei Piraten gesetzt:

9. 1996er Blauburgunder Q.b.A trocken von M. Leitner (Neusiedlersee), 12,5 % Alkohol, ca. 22,- DM
Nicht allzu dichtes Kirschrot. Fruchtige Nase nach roten Johannisbeeren. Leichter, schlanker Wein oder mager, lecker süß oder Hausfrauenwein waren die Kommentare unserer wie immer zerstrittener Kämpen. Viele erkannten den Piraten. Wertung. 11,0 – 13,5 Punkte mit einem Durchschnitt von 12,5 Punkten.

9a 1997er Nero di Nubi Igt Toscana vom Castello di Farnetella, 13,0 % Alkohol, Preis ???
Diesen Piraten hatte Pitter aus Düdo in letzter Minute herangeschafft. Dichtes Rubinrot und kräftige Nase nach dunklen Beeren, die sich auch am Gaumen wiederfinden. Kraft, Fülle und runde Kompaktheit bescheinigt im die Mehrheit, allerdings ist er etwas kurz. Für andere ist er leicht und brandig. Entsprechende Wertung: 12,0 über 14,0 – 15,5 Punkte mit Durchschnitt bei 14,5 Punkte.

Es folgen 3 Premier Cru aus Gevrey-Chambertin vom gleichen Erzeuger aus dem gleichen Jahr für ungefähr den gleichen Preis.

10. 1993er Gevrey-Chambertin La Bossiere von Harmand-Geoffroy, 13,0 % Alkohol, 39,70 DM
Dichtes Purpurrot, kräftiges Bukett nach Erdbeere und Pferdestall. Der Wein schmeckt vordergründig nach süßen Beeren. Etwas marmeladig und wahrscheinlich etwas zu alt, da der Wein ein wenig brandig schmeckt und nicht mehr allzu harmonisch wirkt. Im Geschmack ist er in der Mitte auch flach, aber der Geschmack kommt wieder. Trotzdem alles nur kleinere Fehler und noch 13,0 – 14,0 Punkte.

11. 1993er Gevrey-Chambertin La Perrière von Harmand-Geoffroy, 13,0 % Alkohol, 39,80 DM.
Dichtes Granatrot, kräftiges Pferdestallbukett. Im vollen Geschmack Waldpilze. Viel Holz erzeugt markante Tannine, gegen die aber genug Säure und Frucht steht. Ein kraftvoller, fester und straffer Wein. Viele halten ihn für einen Piraten. Die Wertung diesmal erstaunlich einheitlich 14,5 –16,0 Punkte.

12. 1993er Gevrey-Chambertin Clos Prieur von Harmand-Geoffroy, 13,0 % Alkohol, 39,90 DM
Sattes, schwärzliches Granatrot. Wieder eine kräftige Nase, in der der Pferdestall etwas dezenter erscheint. Pflaumen im nachhaltigen Abgang. Noch ein voller und kräftiger Wein mit einem schönen Säure / Süße-Spiel und zwei Jahren weiterer Entwicklungszeit. Für einen Kämpen allerdings ein oberflächlicher, gemachter Wein (13,0 Punkte), für den Rest zwischen 14,5 –16,0 Punkte.

13. 1993er Beaune Clos-des-Ursules von Louis Jadot, 13,5% Alkohol, 65,-DM.
Dichtes Granatrot. Attraktives, reiches Bukett nach dunklem Waldboden und Moos. Schöne, leicht marmeladige Frucht mit guter Länge und zwei Jahre Potential. Etwas Rasse. Es kommt der Kommentar: "der erste echte Burgunder". Die Wertungen reichen von 15,5 – 17,5 Punkte und liegen im Schnitt über 16,5 Punkte.

14. 1993er Aloxe-Corton Les Chaillots von Louis Latour, 13,5% Alkohol, 45,- DM
Ziegelrote Farbe, kräftiges Bukett mit Alterstönen. Ein sehr weicher und etwas müder Wein, der wohl vor 2 Jahren noch angenehmer zu trinken war. Trotzdem noch süffig rund. Ausnahmsweise ist sich die Bande fast einig:13,5 – 14,0 Punkte.

15. 1992er Vosne-Romanée Les Suchots von Mongeard-Mugneret, 13,0 % Alkohol, 43,30 DM
Sattes, funklendes Granatrot. Kräuter und Pferdestall in der Nase, Brombeeren und lebendige Säuren im Geschmack. Ein Wein, an dem alles dran ist, ohne das er groß zu glänzen vermag, sagen die einen. Die anderen bekritteln natürlich Alkoholnase und Säurestich – und wieder steht das Dorf gegeneinander: 13,0 Punkte für die einen, 15,0 Punkte für die anderen.

16. 1990er Savigny-Vergelesses La Bataillère von Albert Morot, 13,0 % Alkohol, 27,- DM.
Dichtes Purpurrot. Kräftige und sehr interessante, komplexe Nase nach dunklen Beeren und Tee. Auch im Geschmack Anklänge an Früchtetee. Der "größte kleine Wein bisher". Ein schwieriger, interessanter Wein, der natürlich wieder polarisiert: 13,5 Punkte die Minus-Minderheit, 15,0-15,5 Punkte die Mehrheit und schließlich 17,0 Punkte für die Plus-Minderheit.

17. 1986er Volnay Les Caillerets der Domaine La Pousse d΄Or, 13,0 % Alkohol, 59,- DM
Ziegelrote Farbe, alte Dosenerdbeeren im Bukett, ziemlich sauer im Geschmack. Der Wein ist weit fortgeschritten und mindestens 3 Jahre zu alt. Schade. 11,5 – 12,0 Punkte.

Für die Quarzer und die mit der kleinen Blase wurde eine erneute Pause eingelegt, da die stille Regie jetzt die Grand Cru und die Weine mit den großen Namen aufgereiht hatte. Aufgedeckt wurde aber nicht – der La Tache hätte ja schon dabeigewesen sein können. Geglaubt hat es aber keiner. Und wieder fangen wir in Gevrey an:

18. 1993 Charmes-Chambertin von Perrot-Minot, 13,0 % Alkohol, 57,90 DM
(wann war dieser Preis ??) Sattes, funkelndes Granatrot. Reiches Bukett nach dunklem Waldboden und Brombeere. Kork wird vermutet, aber ein schleichender. Das wird von anderen vehement bestritten, wir einigen uns: "wenn wir einen Kork trinken müssen, dann diesen". Sehr langer Abgang, Rasse, noch zwei Jahre Potential. Lecker. Nur einer findet ihn müde (13,0 Punkte), der Rest wertet 15,0 – 16,0 Punkte.

19. 1993er Chambertin der Domaine Bertagna, 13,0 % Alkohol, 98,- DM.
Sattes, funklendes Granatrot. Bukett nach Waldbeeren und gerösteten Mandeln. Langer Abgang, der Wein hält mehr im Gaumen als er in der Nase verspricht (wat΄n Glück !). Präsente Säuren. Lecker und elegant. Für einen ist er allerdings zu tanninlastig (14,5 Punkte), der Rest vergibt 15,5 –16,5 Punkte.

Es folgte ein Pirat, den alle sofort erkennen und den viele auch richtig nach Baden stecken. Sogar der Winzer wird erraten:

20. 1998er "R" Spätburgunder Q.b.A. trocken von Bernhard Huber, 13,5 % Alkohol, 75,- DM
Schwärzlich satt. Weißer Pfeffer und viel Vanille vom Holz in der Nase und am Gaumen. Langer Abgang, voll, fest, stämmig – ein guter Wein, aber die meisten beklagen das dominante Barrique. 15,0 – 16,0 Punkte.

21. 1989er Corton Grancey von Louis Latour, 14,0 % Alkohol, 66,- DM
Ziegelrote Farbe deutet schon auf das etwa 2 Jahre fortgeschrittene Alter des Weines. In der Nase altes Maggi und ein wenig Kloake, im Mund Lakritzbonbons. Den meisten ist der Wein zu alt, für einige aber ist er mit schöner Frucht gereift. Die Wertung variiert von 13,5 – 16,0 Punkte Vom Namen her erscheint er als Premier Cru, es ist sogar nur eine Gemeindeappellation – die allerdings von einem großen Erzeuger zu einem stolzen Preis:

22. 1994er Aux Lavières (AC Vosne-Romanée) von der Domaine Leroy, 13,0 % Alkohol, 170,- DM
Dichtes Granatrot. Zurückhaltende Nase nach Dill und Brombeeren, die sich auch im Geschmack wiederfinden. Ein geschmeidiger, sehr harmonischer Wein, der auf den Punkt gereift ist. Der Wein ist elegant und macht neugierig. Endlich sind wir uns mal einig und vergeben 16,0 – 17,0 Punkte.

FEUCHTES MÄDEL AUF΄M PFERD war die Freud'sche Fehlleistung des Abends, sollte es doch wegen des Buketts eigentlich "Mädel auf nassem Pferderücken" heißen. Aber GEILER WEIN war die andere Beschreibung und in der Tat – dieser Wein war sinnlich!! Ein CHAMBERTIN wurde geraten. Es war kein Chambertin, aber so elegant, wie diese in besten Tagen zu sein pflegen. Feuchtes Mädel auf΄m Pferd – das war:

23. 1991er La Tache der Domaine Romanée – Conti, 13,5 % Alkohol, 578,-DM
Sattes schwärzliches Rot. Reiches Bukett nach Pferdestall und dunklen Beeren. Im Geschmack schwarze Johannisbeere, Pflaume und dunkler Waldboden Schöne Frucht. Sehr langer Abgang, viel Fleisch, vollmundig und wunderbar harmonisch. Ein komplexer, eleganter, delikater und großer Wein. Keine Enttäuschung. Im Gleichklang 17,0 – 18,0 Punkte.

Der nächste Wein war wieder umstrittener. Einig war man sich, dass er sehr gut ist und dass er anders ist als sein Vorgänger. Gestritten wurde, ob er an Wein 23 heranreicht oder doch eine Klasse weniger hat. Dabei wieder diese unglaublichen widersprüchlichen Charakterisierungen: die einen halten Wein 23 für feminin und Wein 24 für maskulin, die anderen halten es genau umgekehrt:

24. 1988er Nuits-St-Georges Aux Boudots von Meo-Camuzet, 13,5 % Alkohol, 140,- DM.
Sattes Purpurrot. Kräftiges Bukett nach Waldboden. Waldboden und Pilze im Geschmack des ausgereiften Weines. Vollreife Tannine und viel Frucht. Ein tiefgründiger, und ausgewogener, kraftvoller Wein. Die eine Fraktion vergibt 16,0 – 17,0 Punkte, die andere 18,0 – 18,5 Punkte.

Den Abschluß bildete ein Pirat, schließlich wollte die stille Regie doch die Seilschaft mit dem letzten Wein als La Tache aufs Glatteis führen. Leider ließ sich keiner beirren und alle tippten sofort auf Pirat:

25. 1996er Meadowbank Pinot Noir (Tasmanien) von Henry James, 12,5 % Alkohol, 38,- DM
Sattes, schwärzliches Rot. Cassis im Bukett. Zu jung. Etwas bitter und relativ kurz. Die etwas eindimensionale ausgeprägte Frucht ließ viele die Neue Welt – Herkunft erraten. Das Interesse ließ nach. Wir vergaben 14,5 –15,0 Punkte.

Als dann ganz zum Schluß weit nach Mitternacht für die Übriggebliebenen eine Flasche 1993er Nackenheimer Rothenberg Riesling Auslese Goldkapsel von Gunderloch auf dem Tisch erschien, hatte dieses schöne Burgundermahl noch ein ebenso würdiges Dessert gefunden (ich vergab 17,5 Punkte).

Dabei zeugt von der großen Trinkfestigkeit der Kölner Seilschaft, dass sie nicht ab dem zehnten Wein anfing zu lallen: "hallo, der La Tach...und wieder ein La Tache... und noch ein La Tache, wo kommen nur die vielen La Tache her". Denn gespuckt wurde nicht und weggeschüttet wurde wenig – die meisten Weine waren einfach zu lecker.

Wolfgang