Chardonnays von Wolfgang

Liebes Forum,

wir haben es getan ! Wir Mosel-, Rheingau-, Pfälzer-Riesling-Freunde haben meine Chardonnays verkostet und wir haben kein gutes Bild dabei gemacht. All but Chardonnay - nä, nä - nur wir hatten keine Ahnung davon.
Um das nicht ganz so sichtbar werden zu lassen, haben wir uns im privaten kleinen Kreis getroffen und werden die Identität einiger Probanten auch nicht aufdecken, da sie - nicht geschäftliche , aber dennoch imagepflegende Interessen zu wahren haben.

Helga kann frisch, fröhlich, frei ihre Meinung äußern, da nur Insider wissen, daß eigentlich sie und nicht jemand anders die entscheidende Rolle spielt. Eine sehr renommierte regionale Persönlichleit der Kölner Seilschaft muß aufgrund ihrer Verquickung in Riesling-Geschäfte die Sonnenbrille aufbehalten. Der Rösrather mag sich aufgrund der amigos espanoles ebenfalls nicht outen und nur ich mitsamt meiner Göttergattin Ronny können sich aufgrund früherer Kritiken (1983er Haut Brion gar nicht so schlecht - das bleibt dem Forum 10 Jahre erhalten) frei äußern : ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert.

Dazu muß man wissen, daß ich meine Weine in der Besenkammer aufzubewahren pflege, soll heißen: 3 Jahre Lagerzeit sind 6 Jahre Entwicklungszeit und die Familie ist damit zufrieden (meine Kinder haßen Chambrair Diskussionen und wollen endlich ihre Pokemon-Karten).

Wir hatten blind (da die Weine mir und dem Rösrather, nicht allerdings der renomierten Persönlichkeit des Kölner Weinlebens einiges sagten) :
1. Roxburgh 1995 Rosemount, NSW, Australien ca. 60,- DM
2.Chardonnay d´Honneur,1995, Wg. de Wetshof, Robertson, Südafrika ca.25,-DM
3. Hunter Valley Chardonnay 1995 Rosemount, NSW, Australien, ca. 25,- DM
4. Byron, Chardonnay Reserve, Sta. Barbara Valley, California, ca. 60,- DM
5. Rully, Chardonnay 1994, Faiveley, ca. 20,- DM
6. Giants Creek, 1996, Rosemount, Upper Hunter Valley, Australien, ca, 30,- DM
7. Chateau de Davenay, 1998, Montagny 1er Cru, Michel Picard, Burgund 20,-DM
8. Corton-Charlemagne, 1992, Maurice Chenu, Burgund 38,- DM
9. als Pirat: Weißburgunder QbA 1999, Wg Lehnert-Veit, Piesport, 9,60 DM



1. Der Roxburgh war schon das Flaggschiff des australischen Chardonnays un d dieses Potential entschließt sich eben nicht jedem. Ihr seid zu früh gegangen, liebe Freunde, und habt nur das Holz geschmeckt. Das war der jüngste Wein der Probe und nachts um 2 schmeck ich mehr als nur Holz. Das renommierte Mitglied der Kölner Seilschaft (demnächst kurz rMKS genannt) gab ihm nur 13,5, während der Rösrather und ich uns anfangs bei 15,5 / 20 einig waren. Nachts um 2 schmeck ich 16,5/20: Vanille, gelbe Äpfel, einen Superabgang, Fülle, Feinheit, Kraft.

2. Der Südafrikaner gefiel dem rMKS besser: er wäre fruchtiger und er könne eine ganze Flasche davon trinken, was Pitter, aus der Eifel freuen wird. Trotzdem gab er ihm nur 14,0 wie auch der Rösrather, während ich ihm ein halbes Pünktchen mehr zubilligte

3. Der Hunter Valley war der Star des Abends zu meinem Erstaunen:ich erinnere mich noch wie ich ihn gegen den Giants Creek vor 2 Jahren bei Rosemount jung probiert habe: der Hunter war für mich der absolut vollgeholzte Australier, während der Giant Creek der europäisch feinere Chardonnay war. Hier jetzt toll eingebundenes Holz, delikat, fein, am Höhepunkt und einstimmige Wertung mit
16,0 / 20 Punkten

4. Der Byron: blind und gerade aufgemacht hat er der rMKS und dem Rösrather gar nicht so gut gefallen (13,5 Punkte). Ich gab ihm 15 und war auf Schläge wie nach dem 83er Haut Brion gefaßt, als die beiden plötzlich auf 16 erhöhten. Ob sie diesmal zu früh gegangen sind, kann ich nicht beurteilen, da sie die Flasche vorher ausgetrunken haben.

5. Der Rully von Faiveley: ein Opfer meiner Besenkammer. Ich kenne sie vor 4 Jahren mit viel Potential, wunderbarer Säure und Frische. Heute einiges über den Höhepunkt hinaus, mit spitzen Säuren, allerdings noch trinkbar: 12,5 /20 Punkten

6. Der Giants Creek von Rosemount: Einzellagenwein im Upper Hunter (wovon rMKS und der Rösrather natürlich keine Ahnung haben), polarisiert der Wein, der mir einst so gut gefallen. Er ist merklich älter geworden und auch mehr als der geholzte Hunter Chardonnay. Für den rMKS nur eine 12,5, der Rösrather gibt 14,5 und ich 15,5 / 20.

7. Das Desaster. Eigentlich gehören wir alle (bis auf meine Göttergattin) nach Burgund ins Kloster. Helga fing an: "oh, der ist aber ganz anders, ein Weißburgunder". Das rMKS pflichtete bei: "ein Weißburgunder, der Pirat" .
Der Rösrather: "und kein toller Weißburgunder dazu". Und ich Idiot, weil ich wußte, daß der Pirat ein Weißburgunder von der Mosel war: "ja;ja, ein Weißburgunder für wenig Geld, ich wollte nur mal gucken, ob ihr die Rebsorte rauskennt". Meine Göttergattin, die den Wein gebracht hat und weiß, was es ist, guckt mich so sardonisch an und ich merk es nicht: es ist kein Weißburgunder, es ist der Montagny und wenn man ihm alleine trinkt, merkt man auch das dezente Holz (ihr seid zu früh gegangen, amis). Schande über unser Haupt, der Wein wird erst als unbewertbar hingestellt und bekommt später von mir allein knappe 14,0 Punkte

8. Der 1992er Corton vom Handelshaus Chenu war leider absolut hinüber: 10,5 bis 11,5 Punkte. Teils Schuld meine Besenkammr (mit 3 Jahren Lagerzeit) aber mehr noch das Handelshaus.

9. Der wirkliche Weißburgunder von der Mosel war dann eine angenehme Überraschung, konnte viel besser gegen die barriquelastigen Großen anstinken als der arme Montagny. Es war klar, daß war nur ein Schoppen, aber ein anständiger. 13,5 / 20

Die anwesenden Vertreter der Kölner Seilschhaft waren sich nicht einig:das rMKS liebte spontan Südafrikaner und Burgunder, der Rösrather entschied sich spät für den Kalifornier, ich liebte meine Australier und alle fanden wir den kommerziellsten Australier spontan für den besten. Ein kleiner Wink von Helga genügte, nicht vollgeholzte Weine als Weißburgunder zu diffamieren.

Nä, nä, wir Kölschen und Chardonnay sinn noch jet zwei paar schuh! Vielleicht kennt ja einer dat Leroy Anne und die zeigt uns mal, was Montrachet dem Monzeler Kätzchen voraus hat.

Bis dahin
Wolfgang