Koelner Weinforum Aktivitäten: Leberhaken: Rhone und mehr auf der Bottle Party

Leberhaken: Rhone und mehr auf der Bottle Party



von Dominik Ziller




Wir muessen verrueckt sein!

Wie sonst koennte man auf die Idee kommen, sich bei mehr als 30 Grad im Schatten in den selbigen zu setzen und ausgerechnet die roten Kraftprotze von der Rhone zu verkosten?
Na gut, als die Probe angesetzt wurde, wusste ja noch keiner, was Petrus so alles an Scherzen auf Lager haben wuerde und dass mit einem saharesken Juni fast schon eine Wiederholung des klimatischen 03er-Desasters drohen wuerde.
Vielleicht sollte ich den Dornfelder, den ich in Terrassenlage anbaue (also auf meiner Terrasse), doch langsam durch Syrah ersetzen. Und wenn man den Syrah dann trinkt, wo er waechst, passt es wieder mit den roten Rhoneweine im Koeln/Bonner Sommer.

Aber die Koelner waeren nicht die Koelner, haetten sie nicht eine Antwort auf die Wetterkapriolen gefunden. Indem einfach der eine oder andere Weisswein eingeschoben wurde. Natuerlich nicht statt der Rotweine, sondern zusaetzlich.
Auch das gehoert zur Koelner Philosophie, dass man vor die Wahl gestellt, noch eine Flasche zu oeffnen, nie nein sagt.
Da sind sie eisern, die Koelner Kaempen: Immer feste druff, auf die Leber.
Nicht umsonst waere Jean Carmet, Pazifist und Schoepfer des nur zu unterstreichenden Credos "la seule arme qui minteresse est le tire-bouchon", um ein Haar in Koeln geboren worden.

Hier einige Verkostungsnotizen aus unserer bunten Probe:

1. Egly-Ouriet Champagne Grand Cru Ambonnay
Ring frei zur ersten Runde mit einem Glas Champagner.
Die Nase verspricht einen schon deutlich gereiften Grundwein, etwas oxidativ angehaucht.
Am Gaumen haelt der Champagner das Versprechen, bringt aber auch eine wunderbar cremige Frucht und eine feine Perlage.
Sehr gute Laenge und bis weit in den Abgang hinein sehr voll.
Auch diese Flasche gefiel mir nicht ganz so gut wie die vor Ort auf dem Weingut verkosteten, wohl aber etwas besser als die in der Champagnerprobe in der Koelner Seilschaft im letzten Jahr.
So an die 16,5 Punkte.
Sehr zu begruessen uebrigens, dass Egly-Ouriet stets das Degorgierdatum auf die Flaschen druckt - so vermeidet der Kunde leichter den Einkauf ueberlagerter Bouteillen.

2. Prieuré St.-Jean de Bebian Blanc 1998
Und gleich noch etwas aus der weissen Ecke, der schon sehr gereifte Prieur é St.-Jean de Bébian, den ich vor Jahren vom Gut mitgebracht hatte.
In der Nase schon ein wenig aeltlich, im Mund oelig, noch immer ist das Barrique zu schmecken, angenehm eingebunden allerdings.
Recht lang, duerfte aber im Abgang etwas dichter sein.
Weil er das nicht ist, sticht der Alkohol deutlich heraus. 14,5 Punkte.

3. Beaurenard Chateauneuf du Pape blanc 2000
Gleich noch ein Kandidat aus der weissen Abteilung, leider recht enttaeuschend.
In der Nase ein interessanter Duft von Fenchel und Anis.
Am Gaumen aehnliche Aromatik, nur leider sehr duenn und kurz.
Alkoholisch ist er auch noch, herrjeh, was habe ich denn da gekauft?
Na ja, mit der Zeit kommt der Wein noch ein wenig, es offenbaren sich einige Zitrusnoten. So richtig dicht und voll wird er aber nicht.
Fuer einen Chateauneuf aus gutem Jahr und Haus eine Enttaeuschung. 13,5 Punkte.

4. Janasse Terre de Bussiere Vin de Pays de la Pricipaute dOrange 2001
Nase eine Spur schweissig, dazu eine dunkle schwarze Frucht und zimtige Wuerze.
Im Mund eine kraeftige Kraeuterwuerze, zur Zeit etwas knapper in der Frucht als noch vor einen halben Jahr.
Dennoch vielschichtig und dicht und fuer einen Wein, der im Handel nur 7 Euro gekostet hat, ein wirklich ueberzeugendes Geraet.
14,5 Punkte

5. Janasse Terre de Bussiere Vin de Pays de la Pricipaute dOrange 2003
Da die Verkostung blind war, wusste keiner, dass wir den juengeren Bruder des Vorgaengers im Glas hatten.
Gemerkt hat es auch keiner, weil die Weine voellig unterschiedlich waren. Und dabei munter polarisierten.
Die meisten fanden diesen 2003er besser als den 2001er, weil der 03er trotz einem etwas stechenden Alkohol in der Nase dazu auch extrem opulente Pflaumen- und Johannisbeertoene aufwies, die sich auch am Gaumen wiederfanden.
Mich und ein paar andere stoerte aber der brandige Abgang und der etwas zu aufdringliche, parfuemierte Eukalyptus.
Ein typischer 03er halt auch hier, vordergruendig und alkohollastig bis zum Anschlag.
Selbst die, die ihn dem 01er vorzogen, raeumten ein, dass selbst ein Koelner kaum eine ganze Flasche von dieser Wuchtbrumme wuerde trinken moegen.
Von mir nur 13,5 Punkte, aus der Runde bis zu 15.

6.Gigondas Domaine Grand Romane 1999
Nase typisch fuer die suedliche Rhone, etwas stallige Frucht.
Im Mund nur leichter Schweiss und dafuer eine kraeftige Kirsche, sehr saeurebetont, ein Wein fuer Chiantiadepten.
Nicht mehr so frisch und saftig wie in seiner Jugend.
14 Punkte.

7. Gigondas Brusset Les Hauts de Montmirail 1999
Wieder ein sehr typischer Rhonewein der besseren Sorte, noch immer zu jung, noch immer etwas verhalten in der Nase, mit einem ganz leichten animalischen Ton auf einer satten Frucht.
Im Mund fleischig, saftig und ueppig, dabei aber gleichzeitig auch von einer erstaunlichen Feinheit.
Im Abgang koennte er noch eine Spur mehr bieten.
16,5 Punkte.

8. Gigondas Brusset Les Hauts de Montmirail 2000
Schoene, kuehle, dunkelfruchtige Nase mit etwas Kakao. Leichte Wuerze am Gaumen, nelkig, zimtig, etwas undefinierbar.
Dazu eine schoene Kirsche, recht saftig, leider im Abgang etwas kurz und deutlich weniger gehaltvoll als der 99er, dafuer aber zum jetzigen Zeitpunkt eleganter und balancierter.
16 Punkte.

9. Gigondas Brusset Les Hauts de Montmirail 2001
Der beste aus dem Trio.
In der Nase recht verschlossen, erst nach einer Weile im Glas kommt er richtig heraus.
Viel Substanz, schokoladig, saftig, rotfruchtig.
Feine Struktur, gute Balance, er hat die positiven Merkmale der beiden Vorgaenger in sich vereint.
Schoen! 17,25 Punkte;-).

10. Gigondas St.-Cosme Valbelle 1998
In der Nase noch recht verschlossen, beginnt sich jetzt abe zu oeffnen, schon deutlich schoener als noch vor einem Jahr, fast wieder auf dem Niveau von 2000, damals, bevor er sich verschlossen hat, als er mit sagenhafter Fruchtsuesse und Extrakt Windstaerke 10 auf das Gaumensegel gebracht hat.
Schoene Wuerze im Mund, tolle Fruchtsuesse, Kraft und Opulenz, nur im Abgang noch ein wenig rauh.
Noch 2 Jahre warten, dann ist er sicher sehr schoen.
17,5 Punkte

11. Gigondas St.-Cosme Valbelle 2001
Kork!
Kaum zu merken aber doch da.
Erst wollte ich keine zweite Flasche aufmachen, weil der Wein so wirkte als sei er "hinter dem Kork" noch voellig verschlossen. Auch die Freunde rieten ab.
Aber dann fiel mir wieder ein, wie lebendig er sich noch vor drei Monaten bei den Decouvertes an der Rhone praesentiert hatte.
Und wieder einmal zeigte sich, wie wenig man den Wein "hinter dem Kork" schmecken oder bewerten kann.
Denn was wir dann aus der zweiten Flasche im Glas hatten, war ganz koestlich und nur im Abgang ein wenig verschlossen:
Kraeuterwuerzig in Mund und Nase, tolle Struktur, sehr dicht, saftig, feine Frucht, kirschig, samtig, elegant und mit guter Zukunft!
17,5 Punkte.
Da ich den Wein erst ein wenig atmen lassen hatte und die zweite Flasche einige Positionen spaeter einschob, wusste zu dem Zeitpunkt niemand, dass es wieder der 01er Valbelle war, den wir im Glas hatten.
Erkannt hat ihn natuerlich wieder keiner, zu verschieden war er von der ersten Flasche.

12 Beaucastel Chateauneuf du Pape rouge 1998
Eine kleine Enttaeuschung.
Der Wein, der sich bei unserer Beaucastelprobe vor zwei Jahren noch als klarer Sieger (sieht man vom Hommage a Jacques Perrin ab) praesentiert hatte, wirkte bei weitem nicht mehr so voll und opulent wie damals.
Ich hatte zwischendrin schon eine solche Flasche, gut aber nicht mehr so ueberwaeltigend wie bei unserer Probe 2003.
Likoerige Kirsche in der Nase, schoene Saeure und ueppige Fruchtsuesse im Mund, beginnt, etwas oxidativ zu werden, relativ dicht, eingekochte Fruechte im Finish.
JLF-test verloren, es blieb einiges fuer den naechsten Abend uebrig, wo er sich noch etwas schlanker zeigte.
16,5 Punkte.

13. Beaurenard Chateauneuf du Pape Cuvee Boisrenard 1999
Noch sehr verschlossene, verhaltene Nase, im Mund aber sehr weich, leicht rauchig angelegt, dann kommt rumtopfige Frucht, saftig, sehr kraeftig und lang.
Dicht und samtig. Braucht noch Zeit.
16,75 Punkte.

14. Gugial Cote Rotie La Mouline 2001
Frisch auf dem Markt und schon gebabymordet.
Aber das hat sich gelohnt - ledrige Nase, im Mund extrem kraeftig, Eukalyptus, satte Frucht, toll eingebundenes Holz schon in diesem Stadium, der Wein hat das Fass weggesteckt wie nix.
Ewige Laenge mit dichtem, sattem Abgang.
Speckig, Raeuchernoten, viel Gewuerznelke. Toll.
Jetzt schon um die 18 Punkte mit Tendenz auf 19 in ein paar Jahren.

15. Prieure St.-Jean de Bebian rouge 1997
Den Mouline konnten wir natuerlich nicht mehr toppen, deswegen begannen wir nun Ausfluege in die der Rhone benachbarten Gemarkungen zu unternehmen.
Ins Languedoc zum Beispiel.
Sehr portig wirkte der Rote von der Prieure.
Schon deutlich gereift, fast etwas ueber den Punkt.
Aber mit beachtlicher Fuelle und Laenge, viel rote Frucht und eine Spur Tabak.
15 Punkte.

16. Pibarnon Bandol rouge 1998
Weiter mit dem Bandol und Pibarnon, starke Kaffeenoten in der Nase und im Mund, auch der Wein zeigte sich schon etwas portig, dabei aber im positiven Sinne gefaellig, gute Laenge, wenn auch etwas zu eindimensional im Abgang.

17. Languedoc Sylene des Peyrals rouge 1998
Nase samtig und fruchtbetont.
Im Mund etwas muede, trotz schoener dunkler Frucht.
Aber gute Laenge.
Am zweiten Tag zeigte er deutlich mehr, vielleicht ist er doch gerade erst dabei aus der Verschlussphase wieder aufzutauchen?
Saftig, dicke Frucht zwischen Kirsche und Pflaume, laaaaang!
17 Punkte - am Vortag haette ich ihm nur 15 gegeben.

18. Gardies La Torre 2001
Nun noch ins Roussillon.
Der Turm von Gardies machte wie immer viel Freude.
Sehr schoen gereift, tolle Fruchtsuesse, endlose Laenge, Roestaromen, etwas Kaffee, etwas suesse Brombeere, Kraeuter, eine Spur Eukalyptus, die 14 Prozent Alkohol sind bestens eingebunden, kaum zu merken.
Jetzt 17 Punkte, demnaechst vielleicht noch einen halben Punkt mehr.

19. Le Talisman de Murmurium
Ein raetselhafter Wein, gefaellige Nase, im Mund deutlich alkoholisch, ohne große Laenge und greifbare Frucht.
Irgendwie wirkt das gemacht. Und dann, am naechsten Tag, kommt er ploetzlich zimtig, brombeerig daher, noch immer bei weitem nicht gross und vor allem im Abgang zu alkoholisch.
Aber doch ein ordentlicher Tropfen und ploetzlich nicht mehr bei 13,5 sondern schon bei 14,5 Punkten.

20. Madiran Le Couvent 1990
Wirkte etwas suesslich und knapp.
Insgesamt eher alkoholisch.
Der edle Spender war etwas ungluecklich, hatte er sich doch mehr erwartet.
Aber auch hier musste man nur lange genug warten.
Der zunaechst doch schon mueder wirkende Wein zeigte sich am naechsten Tag viel frischer, mit feiner Fruchtsuesse und interessanten Rauch- und Teernoten. Etwas Anis dazu, gar nicht uebel.
15,5 Punkte.

21. Baron dArques Vin de Pays dAude 1999
Bei diesem Wein half leider auch das Warten nichts.
Die Muedigkeit, die er am ersten Abend an den Tag legte, steigerte sich bei der "Nachkontrolle" am zweiten Abend eher noch.
Wenig Ausdruck, noch weniger Druck. Ein ordentlicher Massenwein, aber leider ohne Charakter und Interesse (der edle Spender moege mir die sachlichen Worte verzeihen).
12 Punkte.

22. Philipp Kuhn Laumersheimer Mandelberg Viognier 2004
Viognier in Deutschland?
Na dann passt er ja in die Rhoneprobe.
Mir gefiel der Wein, weil er nicht so oelig und ueberfett-parfuemiert daherkam wie die meisten Condrieus.
Wenigstens beim Weisswein gibt es sie noch, die "deutsche Tugenden", Leichtigkeit, Spritzkeit, Frische.
Ein Hauch Birne, dazu etwas Apfel, saftig, mit nur einem ganz leichten Bitterton, der ihn noch interessanter macht.
Sehr schoener Sommerwein. 14,25 Punkte

23. Kroeber Winninger Uhlen Riesling Spaetlese 1999
Tolle Harmonie, was fuer ein dichter, harmonischer, saftiger Wein.
Wir haben ihn genau auf seinem Hoehepunkt erwischt, kurz vor den ersten Firnetoenen und ungemein vielschichtig.
Das Zeug kommt fast mit den besten Loewensteinen und Franzens mit!
16,25 Punkte. Jetzt trinken!

24. Willi Schaefer Graaacher Himmelreich Riesling Kabinett restsuess 2004
Na ja...
Kaum eine Nase, im Mund extrem kurz und schlank, kann der Wein nur andeuten, was der Herr Schaefer in seinen Topweinen so alles zustandebringt.
Gefaellig, glatt, ohne Ecken und Kanten, aber deutlich zu duenn.
12,5 Punkte.

25. Berres Uerziger Goldwingert Riesling Auslese trocken
Fuer 17 Euro aus meiner Sicht eine Frechheit, so duenn und breit wirkt der Wein.
Das schmeckt nach BSA.
Beim Moselriesling! Issesdennmoeglich?
Am zweiten Tag roch der Wein sogar nach faulen Eiern.
Eine fehlerhafte Flasche? Hoffen wir es!

26. Jurancon Clos Urolat 2000
Den hatte ich eigentlich nur auf den Tisch gebracht, weil er zum Teil mit in den Melonensalat gewandert war.
In der Nase traubig, typischer Jurancon der gehobenen Art, etwas Marzipan, Orangenzesten, beginnt gerade ein wenig zu reifen und an Frische zu verlieren, fuellig, vielleicht etwas alkoholisch, aber sueffig und lang.
15,5 Punkte.

27. Tyrell Karthaeuserhofberg Riesling Auslese 54 restsuess 2004
Saftige botrytische Frucht, ewig lang.
Frisch, dicht, opulent, Terroir!
Gefaellt mir viel besser als die einfacheren Tyrells aus diesem Jahr.
Von wegen 04 waere ein Jahr fuer die kleineren Praedikate...
17+ Punkte

28. Tyrell Karthaeuserhofberg Riesling Auslese 55 restsuess 2004
Noch besser!
Dicht, extrem saftig, feine, samtige Botrytis, ueppige Laenge, Aprikosenconfit, viel Charme und leicht mandelige Wuerze!
17,5+ Punkte.
29. Cos dEstournel 1986
Als einer der Gaeste dann seine Drohung wahr machte, ueber Nacht zu bleiben und wir beide sowie meine Madame nicht weiter diese suessen Dinger trinken wollten, von denen man ja eher nuechterner wird als alkoholisiert, haben wir uns noch einen Cos genehmigt.
Das war kein Fehler!
Wieder einmal ein kleines Monument.
Nase irgendwo zwischen Pflaume und Brombeere, dazu etwas Rauch und Leder.
Am Gaumen eine feine rote Frucht mit einem ganz kleinen rumtopfigen Einschlag.
Selbst am zweiten Tag noch extrem saftig und frisch, kirschig, noch immer jede Menge Tannin, aber weich und immer weicher werdend.
Der Wein braucht noch zwei, drei Jahre, bis er ganz da sein wird.
Aber das habe ich vor zwei, drei Jahren ja auch schon einmal behauptet...
18,5 Punkte.

Gruss aus Molwanien
Dominik