Angela ist die Comtesse de Lalande-die Kölner trinken Bordeaux



von Dominik Ziller



Getrunken wurde :

1. Pavillon Rouge de Chateau Margaux 1986
2. Chateau Margaux 1986
3. Pavillon Rouge de Chateau Margaux 1986
4. Pavillon Rouge de Chateau Margaux 1988
5. Chateau Margaux 1988

6. Rausan Segla 1988
7. Rausan Segla 1990
8. Rausan Segla 1986
9. Rausan Segla 1989

10. Leoville Las Cases 1986
11. Leoville Las Cases 1989
12. Leoville Las Cases 1988

13. Pichon Comtesse 1990
14. Pichon Comtesse 1988
15. Pichon Comtesse 1986
16. Pichon Comtesse 1989


Tja Leute, am 27. September werden wir wohl alle Angela wählen müssen.
Damit der 2009er Bordeaux gut wird.
Denn eins ist klar - in Jahren, in denen CDU-Kanzler gewählt worden sind, war der Bordeauxjahrgang meistens ganz exzellent. Während das "Willy wählen", die Stimme für Schmidt Schnauze oder gar für Gerd Gasmann zu meist miserablen Bordeauxjahrgängen geführt haben.
Glaubt Ihr nicht?

Na dann:

1949 - Adenauer wird Kanzler, Riesenjahr im Bordelais, Bobby Parker bekommt zum zweiten Geburtstag von seinem Patenonkel eine Fassprobe von Petrus.

1953 - Wiederwahl Adenauers, wieder ein Riesenjahr, Bobby Parker lernt schreiben.

1957 - absolute Mehrheit für Adenauer, Bordeaux eher schwierig, offenbar darf man es auch nicht übertreiben, etwas FDP muss mit in die Regierung, Bobby Parker spielt mit dem Gedanken Bierjournalist zu werden.

1961 - wieder wird Adenauer gewählt, Bobby Parker macht den Mofaführerschein und kriegt feuchte Augen über die sagenhaften Bordeaux.

1966 - Kiesinger wird Kanzler, Parker hört angesichts des schon wieder großen Jahrgangs auf, Coca Cola in seinen Margaux zu schütten.

1982 - Kohl wird Kanzler, wieder ein Sensationsjahr, Parker dekantiert vor Glück erstmals einen Bordeaux.

1983 - Wiederwahl Kohls, wieder ein gutes Jahr, Parker schmeißt sein Senfkristall weg und ordert ein Bordeauxsommelierglas bei Riedel.

1990 - Nochmal Kohl, großes Jahr im Bordelais, Parker erkundigt sich bei Mario Scheuermann, ob die Gironde auch ein rechtes Ufer habe.

2005 - Merkel wird Kanzlerin, Bobby Parker fliegt bei der Primeurverkostung im Bordelais das Blech vollends weg.

Dagegen 1969, 1972 (Brandt, Bobby Parker steigt auf Whisky um),
1976, 1980 (Schmidt, Bobby Parker spielt 1980 mit dem Gedanken an Suizid)?
Aua, aua, alles grauslige Jahrgänge. 1998 und 2002 (Schröder, Bobby Parker fängt an,Rhone-Weine zu trinken) auch nicht berühmt.

Also muss es einen wissenschaftlichen Zusammenhang zwischen Kanzler und Bordeaux geben.
Den wollten die Kölner mal erforschen. Und trafen sich deshalb zum Bordeauxtrinken.
Aber was heißt "die Kölner"?

Kölner ist man ja nicht einfach so, etwa weil man dort geboren wäre oder dort wohnte. Kölner, insbesondere im oenologisch-degustatorischen Sinne wird man durch Amtseid auf den Diktator Egon I., durch das Verbreiten fröhlich-unverkrampfter Verkostungsstimmung und durch das benigne aber doch ein wenig kopfschüttelnde Herabsehen auf die Düsseldorfer.
Kölner in diesem Sinne waren an diesem Abend auch ein forumsnotorischer Bordeauxliebhaber mit ladungsfähiger Anschrift in der Schweiz, ein Herr vom Nordbalkan (Wien) und einige mit Kölner Tagespass versehene Weinwestfalen.
Und die begannen mit dem folgenden lieblichen flight, natürlich blind serviert:

1. Pavillon Rouge de Chateau Margaux 1986
Nase durchaus Appellationstypisch, recht viel Kaffee, insgesamt aber eher verhalten.
Am Gaumen etwas verhalten und herb, leicht säuerlich im Anklang, eher schlank.
Zwischendrin aber immer wieder auch noch frischere Frucht, kirschig, im Abgang dann schon recht trocknend, sehr tanninstreng.
Wurde jünger - zum Teil deutlich - geschätzt als er ist.
Einige mochten ihn gar nicht, im Mittel gab es 83 bis 84 Punkte aus der Runde.

2. Chateau Margaux 1986
Nase recht seltsam, etwas Graffit, florale Noten, Lilien (?), mit der Zeit würziger, beeriger.
Zwischendrin immer mal wieder ein Alterston, der dann aber auch immer wieder weggeht.
Am Gaumen recht differenziert, viel Frucht im Anklang, wo er mit der Zeit im Glas auch immer noch süßer und saftiger wird.
Im Abgang trocknet er allerdings mordsmäßig, dort teilweise sicherlich noch verschlossen, zum Teil aber auch einfach mit zu viel Tannin unterwegs.
Das wird sich, so vermuten wir, nicht wirklich jemals einbinden, und wenn, dann sollte bis dahin die Frucht tot sein.
Denn, wie gesagt, in der Nase hatte er teilweise durchaus schon Altersnoten. Genug Karaffenzeit hatte ich ihm eigentlich auch gegeben.
Einer der Verkoster erklärte gar: "Das Fasstannin hat den Wein fast völlig zerstört".
Ganz so hart wollte ich es nicht sehen, aber immerhin: Niemand hat den Wein oder auch nur die AOC richtig erkannt, einige zweifelten gar, ob es ein Bordeaux sei.
Zwei mochten ihn überhaupt nicht, die anderen vergaben - gleichmäßig gestreut - 85 bis 89 Punkte.

3. Pavillon Rouge de Chateau Margaux 1986
Ich kann ja fies sein. Warum nicht noch einmal denselben Wein wie den ersten im gleichen flight?
Und was hat doch dieser Wein für eine schöne Nase. Viel Kaffee, viel Würze, erste ganz leichte Alterstöne, dann auch reichlich Fleischextrakt und Liebstöckel.
Am Gaumen sehr samtig, viel Saft, Schmelz, harmonisch, kirschige Frucht, gute Länge, viel Fruchtsüße, nur am Ende etwas schlank.
Für gut zwei Drittel der beste Wein bis dahin, für alle deutlich besser als die erste Flasche (aus gleichem Haus, Jahrgang und Lagerkeller).
Recht einheitlich 86 bis 88 Punkte aus der Runde, einen Ausreißer nach unten gab es aber auch.

4. Pavillon Rouge de Chateau Margaux 1988
Nase eher schlank und nicht sonderlich ausdrucksvoll.
Wird im Glas aber noch deutlich besser, würziger.
Am Gaumen vorne unheimlich saftig und harmonisch, hinten heraus allerdings ein wenig bitter unterwegs.
Viel Paprika, etwas saftige rote Frucht dazu, mit der Zeit kommt immer mehr Fruchtsüße heraus.
Die meisten schätzten ihn jünger ein als er war.
Für fast alle der bis dahin beste Wein. im Schnitt gab es 90 bis 91 Punkte.

5. Chateau Margaux 1988
Nase leicht malzig, am Anfang auch ein wenig schweißig, doch das geht weg, statt dessen kommt Kakao, viel Kaffee.
Am Gaumen unglaublich süß, im Anklang vielleicht ein wenig schlank, dann aber herrliche Würze, noch immer reichlich Tannin, doch mürbes Schalentannin, weich und gut eingebunden.
Sehr, sehr lang. Viel Schmelz.
Gefiel fast allen sehr gut, auch er wurde deutlich jünger geschätzt als er war.
Von zweien sogar auf dem rechten Ufer verortet, weil so schön weich.
Von den meisten 92 bis 93+ Punkte, eine Minderheit sah ihn bei 85/86 und bemängelte fehlende Nuanciertheit.

Es folgte das Aufdecken und die Erkenntnis, dass die Frage, sieben oder acht Pavillon Rouges oder einen Chateau Margaux zu kaufen, nicht in allen Jahren zugunsten des Erstweines ausgehen wird.
Der sehr hochpreisige 1986er Chateau Margaux war die Enttäuschung des Abends.

Zweiter flight:
Während die Kölner sich fragten, womit denn Margaux im zweiten flight noch zu steigern sei, ließ ich unsere wunderbare Probenassistentin die nun zu bearbeitenden vier Karaffen in eine ihr genehme Reihung bringen, so dass die Probe auch für mich wenigstens halbblind war. Den Auftakt machte nun:

6. Rausan Segla 1988
Eine extrem schlechte Flasche. Eigentlich einer meiner Lieblingsweine der letzten Jahre, seit er, so vor vier, fünf Jahren aus dem Tannindickicht herausgekrochen kam.
Hier aber desaströs.
Nase recht würzig, relativ fein, aber schlank und ein wenig grün.
Am Gaumen zunächst vorne noch recht fein, leicht vanillig, gewisse Süße aber deutlich zu schlank.
Hinten heraus unglaublich grün, spröde und bitter im Abgang.
Für mich kaum erklärlich.
Aus der Runde kamen zum Teil wohlwollende 83 bis 84, da hatte ich aber den Eindruck, man wollte den Gastgeber schonen. Von mir nur 78.

7. Rausan Segla 1990
In der Nase zunächst ein kleiner Stinker, doch das gab sich sofort, dann roch er regelrecht süß, wenn das technisch geht.
Ihr wisst schon, was ich meine, die Frucht springt einen im Duft so an, dass man weiß: Der wird viel Fruchtsüße haben.
So wars dann auch. Wunderbar harmonisch am Gaumen, feinkörniges, gut eingebundenes Tannin, etwas Kaffee, viel Fruchtsüße, dazu Kakao, sehr schmelzig, dicht, elegant und wunderbar lang.
Für manche noch ein wenig zu jung, die gaben 88+ bis 90 Punkte, die meisten sahen ihn jenseits der 90, eine starke Fraktion vergab 94, einer zückte sogar die 95.

8. Rausan Segla 1986
Tolle Margauxnase, tolle Mineralität, rote Frucht, Graffit.
Am Gaumen extraktreich, dabei unglaublich weich rund und samtig-saftig.
Pflaumen, Brombeeren, höchst elegant, lang und dicht, wenn auch vielleicht nicht ganz so kräftig wie der 1990er.
Wurde durch die Bank jünger geschätzt, was für die Frische spricht, die er sich bewahrt hat.
91+ bis 95 Punkte aus der Runde, wobei die Mehrheit bei 94 lag.
Mit gefiel er einen Hauch besser als der Vorgänger, ausnahmsweise einmal Eleganz vor Power.

9. Rausan Segla 1989
In der Nase erst ein klein wenig schweißig, auch ein leichter Alterston - das aber beides sehr dezent.
Dann öffnet er sich, wird voller.
Am Gaumen etwas vordergründig, auch etwas viel Holzeinsatz, der ihm nicht so gut getan hat. Tannin überwiegt und drückt ihn im Abgang ein wenig in die Knie.
Dennoch kein schlechter Wein, Kraft und Druck hat er schon, auch Dichte.
Allerdings war die letzte Flasche, vor drei Wochen, deutlich besser. Vielleicht habe ich ihm diesmal etwas zu viel Luft gegeben.
84 bis 93 Punkte aus der Runde, wobei die 93 ein einsamer Ausreißer war, die Mehrheit gruppierte sich um die 86 herum.

Bevor wir zum dritten flight kommen, mal ein Wort zur Geschäftsordnung: Bordeauxprobe, das wissen wir nach einigen Forumsdiskussionen der letzten Wochen, Bordeauxprobe geht nicht einfach so.
Bordeauxprobe geht nach Regeln. Schreiben manche Menschen ins Internet hinein. Und halten fest, dass man zum Beispiel eine Umlage nehmen muss.
Hmm, Umlage, das klingt fast schon nach Umbettung. Kennt man vor allem bei Leichen. Tote Weine wollten wir aber gerade nicht trinken.
Also ist die Umlage Käse. Und so habe ich den Gästen konsequenterweise eine Käseumlage abverlangt. Jeder sollten einen Rohmilchkäse seiner Wahl herancatern.

Damit wir nach dem Wein etwas zu Stärkung haben. Und die Freunde meinten es gut mit mir und schleppten Käse in rauhen Mengen an - gefühlt zehn Kilo verteilten sich auf vier bis fünf Käseplatten.
Den gab es natürlich erst nach dem letzten flight. Doch ein Herr aus Bielefeld hatte wohl Sorge, er könne vom Fleische fallen, wenn es nur Käse gibt.
Er brachte also gleich auch noch ein kleines Zwischengericht mit - eine hervorragende kalte Gemüseterrine, dazu zart angebratene Garnelen an grünem Spargel und einer ganz leichten, die weiteren flights nicht beeinträchtigenden Senf-Sahne-Sauce.
Mindestens Zweisterneküche, aber ich habe gehört,die Haeberlins hätten auch schon angefragt -die suchen noch Kandidaten für Hexagons next Topcuisinier.
Klar, da steckte nicht der Bielefelder allein, sondern auch seine Frau dahinter! Ein ganz besonders warmer Dank daher an Claudette und Max für diesen Hochgenuss.
In der Küche bewies Max, assistiert vom Grantler, dass Anwälte durchaus mehr zu Bordeauxproben beizutragen wissen als der Maryland Bob. Leider blieb von den Garnelen noch etwas übrig, so dass ich heute noch einmal davon essen "musste".

Überhaupt die Käse-Umlage. Oder die Umlage ganz allgemein...!
War wohl Käse zu glauben, dass es ohne Umlage ginge. Irgendwie habe ich viel zu großzügige Freunde.
Die brachten mir glatt noch zwei unglaubliche Bordeauxgranaten aus 2005 mit. Für die übernächste Probe vielleicht. Hatten sie natürlich auch noch qua Umlage finanziert. Obwohl das verboten war.
Und Reparaturweine waren selbstverständlich obendrein noch im Gepäck. So reich wird man selten beschenkt. So viel umlegen macht verlegen.

Also schnell weiter zum dritten flight:

10. Leoville Las Cases 1986
Nase sehr kräutrig, ein wenig spröde, wird dann schnell besser, kirschig, likörig, kommt im Glas recht schön.
Am Gaumen schöne Süße, viiiel Mineralität, recht saftig, mit ganz leichtem,ein wenig störenden alkoholischem Stich.
Gute Fülle, schokoladig, schöner, ebenfalls leicht alkoholischer Abgang, leider am Ende auch wieder ein wenig trocknend.
Von den meisten nach 1994 bis 1996 verortet. Ein Grantler aus dem Nordbalkan fand den Wein etwas "gemacht" und "beliebig", die meisten anderen sahen ihn als sehr modern und international an, zweifelten sogar zum Teil, ob er aus dem Bordelais stamme.
83 Grantlerpunkte bis mehrheitlich 88 Punkte aus der Runde, im Schnitt etwa 87.
Sehr enttäuschend für den von Parker und anderen hochgehandelten Wein. Aber der Maryland Bob hat bei uns ja schon immer gewisse Zweifel hervorgerufen.

11. Leoville Las Cases 1989
Leider mit leichtem Korkschleicher im Hintergrund unterwegs. Aber wirklich nur sehr leicht, deswegen dennoch zumindest relativ gut zu bewerten.
Nase recht opulent, kirschige Frucht.
Am Gaumen sehr saftig und opulent, unglaublicher Druck, phantastische Länge.
Viel Frucht auch im Finale. Wäre da nicht dieses Korkwölkchen über allem gewesen, was den Wein einfach ein wenig stumpf machte, wäre es ein ganz großer gewesen.
Wahrscheinlich hätte er dann 94 Punkte bekommen.

12. Leoville Las Cases 1988
Nase ein wenig stumpf, Graffit, Staub.
Am Gaumen deutlich weicher, samtiger, auch hier das Graffit, dazu eine feine Frucht. Viel Paprika.
Seeeehr lang im Abgang, wobei er sich ein klein wenig verschlankt und ein ganz kleines Bitterl mitbringt.
Nicht der allerdruckvollste und allerdifferenzierteste Las Cases. Aber harmonisch und eben so unfassbar lang.
Der Jahrgang wurde von vielen fast erraten (1989, 1990 :-), das Gebiet nicht wirklich. Über 90 Punkte lagen alle, zwischen 91 und 95, recht gleichmäßig verteilt.
Sieger in diesem flight, wobei wir uns nahezu einig waren, dass der 89er ohne Kork wahrscheinlich noch stärker gewesen wäre.

Vierter flight:

13. Pichon Comtesse 1990
Von Parker mit 79 Punkten bedacht. Entweder sind da sehr unterschiedliche Flaschen im Umlauf (was auch einer aus der Runde bestätigte) oder der Herr Parker hat sich ein Spässle erlaubt.
Denn uns erschien dieser Wein einfach großartig. Gut, sicher, die Nase war ganz am Anfang eine Spur verhalten und fast staubig, doch dann legte das Gerät zu, dass wir die Ohren anlegen mussten.
Am Gaumen weich wie lambswool, schmelzig, sehr elegant. Vielleicht ohne den ganz großen Druck; vielleicht, wenn man wirklich kritisieren will, ein Spürchen vordergründig, wie so oft bei der Comtesse.
Aber ein hedonistischer Saufwein auf höchstem Niveau. Rund, saftig, weich, harmonisch, dicht und sogar sehr lang. Toll.
Selbst der gebürtige Grantler verstieg sich zu einem "einfach nuuuur schön!" Mit dem langen Wiener "UUUA" in nur.
Es regnete 95er und 93er Wertungen, so dass sich im Schnitt eine ziemlich genaue 94 ergab. Lächerliche 15 Punkte Differenz zum Anwalt aus Maryland. Schisma!!!

14. Pichon Comtesse 1988
Dem Vorgänger sehr ähnlich, wenn auch etwas leichter.
In der Nase beerig, würzig, fest.
Am Gaumen samtig, gleichzeitg aber auch mit etwas mehr Biss, nicht ganz so rund wie der 1990er unterwegs. Etwas vordergründiger, dafür aber auch noch etwas mehr "Maulvoll Wein".
Vielleicht mit einem ganz kleinen grünen Tick ganz am Ende, aber da musste man schon sehr suchen, um den zu finden. Einige erkannten den Jahrgang 1988 und waren sich auch recht sicher, dass es ein Pauillac sein müsse. Kompliment!
Nach dem Pech mit der schlechten Flasche 1988er Segla wurde es ja irgendwie Zeit, dass wir mal Glück mit ein paar besonders guten Flaschen hatten.
So war es hier, diese Flasche war deutlich besser in Form als die letzte desselben Chateaus und Jahrgangs, die wir vor zwei Wochen mit Wolfgang Martin probiert hatten.
Auch beim 90er Comtesse hatten wir wohl schon dieses Glück gehabt.
Den fanden die meisten noch etwas stärker, aber auch der 88er war der Runde 91 bis 94 Punkte wert, wobei sich die meisten eher in der 91 Punkte-Ecke aufhielten.

15. Pichon Comtesse 1986
Sehr fruchtbetonte Nase, kirschig.
Am Gaumen leichter Alkohol im Anklang, dann aber vor allem saftig.
Schöne Mineralik, dicht, dicht und nochmal dicht. Leider im Abgang etwas undifferenzierter als im Anklang und in der Mitte.
Besticht aber durch seine einmalige Harmonie. Ein wahres Wunder an Fruchtsüße.
Der liebenswürdige aber strenge Grantler krittelte noch ein wenig am "kurzen" Abgang herum und zückte dann magere 87 Punkte. Alle anderen lagen zwischen 90 und 95 Punkten, recht gleichmäßig verteilt.

16. Pichon Comtesse 1989
Der beste Wein des Abends zum Schluss.
Glück gehabt, da hat die Probenassistentin die Reihenfolge des letzten flights richtig ausgewürfelt.
In der Nase viel Kaffee, elegant und, auf die Gefahr hin, mich in Sachen Comtesse zu wiederholen, wunderbar harmonisch.
Am Gaumen fein, ziseliert wie ein Damaszenerdolch, hochelegant, dazu sehr mineralisch, dann wieder viel Kaffee.
Edel, saftig, pure Fruchtsüße im Finale, unglaublich.
Ich will von niemandem hören, dass diese Comtesse vordergründig wäre!
94 bis 97 Punkte, im Schnitt gute 96.
Den Wein packte die Corona zuverlässig nach Palmer, Montrose, Mouton, Margaux und Haut-Brion :-)
Der Comtesse hätte das Niveau wohl keiner zugetraut.

Danach gab es noch ein Dutzend "Reparaturweine", unter denen ich den Champagner "les vignes de vrigny" von Egly Ouriet besonders hervorheben möchte, den wir um Mitternacht zu Bernds Geburtstag öffneten. Solltet Ihr auch mal probieren!

Was bleibt, ist der Dank.
An die Gäste, dass sie den zum Teil sehr weiten Weg auf sich genommen haben. Und natürlich für die Käse-Umlage, die 2005er-Umlage, die Reparaturwein-Mitbringsel und die gute Stimmung. Fein, wenn man solche Freunde hat!
Dank auch an die Chefköchin im Bielefelder Rückraum - endlich mal ein Volltreffer aus dem Bielefelder Rückraum, könnte man als Fußballfan sagen:-)
Und dann ist die Probenassistentin zu nennen, die das Ganze perfekt und fleißigst vorbereitet und begleitet hat und auf deren Konto wieder einmal die weltbesten Muffins als Dessert gingen.

Bleibt eines festzuhalten: Wenn CDU-Kanzler gewählt worden sind, gab es fast immer gute Bordeauxjahrgänge. Die allerbesten waren die, in denen zudem Bayern München die Meisterschaft geholt hat (z.B. 1990!).
Aber ehe ich einen jubelnden Hoeness ertragen muss, sage ich mal: So gut muss der Jahrgang dann auch nicht werden. Auf geht´s Wolfsburg!!!

Liebe Grüße
Dominik